Barockorchester
Ein Barockorchester ist eine Form des instrumentalen Ensembles, das sich den der Periode des Barock herausgebildet hat. In der Musikgeschichte wird der Zeitraum von 1600 bis 1750 als Barock definiert innerhalb dessen, was gemeinhin als "klassische Musik" bezeichnet wird.[1] Vorformen bildeten sich schon im 16. Jahrhundert heraus. Barockorchester sind in den meisten Fällen kleiner als moderne Orchester, wie sich sich mit der auslaufenden Epoche der der Wiener Klassik und der Frühphase der Romantik zu Beginn des 19. Jahrhunderts herauszubilden begannen. Im Barockorchester spielten oft auch begabte musikalische Laien mit.[2][3]
Entwicklung
Während Kapellen an vielen Höfen der Renaissance über recht uneinheitliche und wechselnde Zusammensetzungen verfügten, begann man mit der aufkommenden Zeit des Barock die Kapellen als feste Ensembles zu etablieren, wobei die Musiker oft auch Lakaien an den sie beschäftigenden Höfen waren. In Deutschland gilt der Hessische Landgraf Wilhelm III. als einer der ersten Herrscher, die sich im Rahmen herrschaftlichen Repräsentationsbedürfnisses mit einem festangestellten Trompetenensemble eine Hofkapelle leistete und dabei aber schon den Vorbildern italienischer Fürsten folgte.[2]
Standardisierende Neuerungen gingen von Frankreich aus. Jean-Baptiste Lully, der auch Mitglied in dem renommierten und unter Ludwig XIII bereits bestehenden Streichorchester Vingt-quatre Violons du Roy (deutsch: „24 Streicher des Königs“) war[4], reformierte und vereinheitlichte das Orchester der Barockzeit nicht nur, indem er die von ihm und Jean de Hotteterre maßgeblich neu entwickelte Oboe hinzufügte (frz. hautbois) und auch die Querflöte einführte. Zudem wurde einheitliche Kleidung und einheitliche Strichrichtung bei den Spielern der Streichinstrumente erwartet.[2] Seine Reformen fanden in ganz Europa ihren Widerhall und trugen zur Entwicklung der Orchestersuite bei[5]. Neben den Holzbläsern und Streichern hatten Barockorchester den Generalbass (Basso continuo), der mit Instrumenten wie der Laute, Theorbe, Cembalo oder Orgel bzw. tiefen Streichern besetzt wurde. Mit der Entwicklung hin zur Frühklassik wurde kein Generalbaß mehr verwendet. Das Cembalo, von dem aus anfänglich das Orchester geleitet wurde, verschwand vollständig als Orchesterinstrument.[2] Die im Renaissancezeitalter bevorzugten Blasinstrumente wurden zunehmend von Streichinstrumenten verdrängt.[6]
Den Blechbläsern fiel eine abweichende Rolle zu. Da sie im Barockzeitalter zum chromatischen Spiel nur bedingt befähigt waren wegen der damals noch nicht erfundenen Ventile, wurden sie anfangs nur als Militär- bzw. Signalinstrumente und für jagdliche Zwecke eingesetzt. Es entwickelte sich jedoch die spezielle Technik des Clarinblasens bei der Trompete, so daß dieses Instrument sich vom Lärminstrument zum Orchesterinstrument entwickelte.[7] Auch das Horn wurde durch technische Neuerungen zum Orchesterinstrument.[8] Sie waren allerdings wie auch die Pauken nicht regelmäßiger Bestandteil des Barockorchesters.[3]
Die Größe eines Barockorchesters konnte je nach finanziellen Möglichkeiten, Geschmack des Herrschers, Repertoire oder der Region in Europa variieren. Teilweise war jedes Instrument nur einfach besetzt, es gab aber auch Orchester mit mehrfacher Besetzung der Instrumente. So arbeitete Johann Sebastian Bach in Köthen mit einem Ensemble mit bis zu 18 Musikern. Archangelo Corelli konnte in Rom auf 35 - 80 Musiker zurückgreifen und für besondere Anlässe standen bis zu 150 Musiker zur Verfügung.[9]
Mit dem Ende des 18.Jahrhunderts begannen sich die höfischen Orchester aufzulösen, so daß nun größere Orchester entstehen konnten.[7]
Moderne Ensembles für die Wiedergabe alter Musik
Heutzutage versteht man unter einem Barockorchester ein Kammerorchester, das sich auf die Historische Aufführungspraxis spezialisiert haben und auf Originalinstrumenten oder Nachbauten spielen. Die Wiederbelebung der Spielpraxis auf Originalinstrumenten wurde mit den 1970er Jahren von Nikolaus Harnoncourt, Gustav Leonhardt, Frans Bruggen, Terrence Holford und speziell für die Trompete von Edward Tarr[7] betrieben. Seitdem haben sich weltweit viele Ensembles zusammengefunden, von denen die bekanntesten sind:
- Academy of Ancient Music
- Amsterdam Baroque Orchestra
- Les Arts Florissants
- Barocco sempre giovane
- Concerto Köln
- The English Baroque Soloists
- The English Concert
- Europa Galante
- Freiburger Barockorchester
- Il Giardino Armonico
- Hespèrion XX and Hespèrion XXI
- Modo Antiquo
- Musica Antiqua Köln
- Orchestra of the Age of Enlightenment
- Tafelmusik Baroque Orchestra
Instrumentation
Die wichtigsten im Barockorchester verwendeten Instrumente waren wie folgend:[10]
Saiteninstrumente: Violine, Viola, Violincello, Laute, Theorbe, Harfe
Tasteninstrumente: Clavichord, Spinett, Cembalo, Orgel
Blasinstrumente: Blockflöte, Traversflöte, Oboe, Fagott, Schalmei, Zink, Krummhorn, Trompete, Horn
Schlaginstrumente: Pauke, Trommel, Schellen, Rasseln
Beispiele für Einspielungen barocker Musik
Einzelnachweise
- ↑ Wade-Matthews, Max and Wendy Thompson. The Encyclopedia of Music. London: Hermes House, 2004. Retrieved 10 495586 of November 2011
- ↑ a b c d https://abenteuer-klassik.de/fileadmin/media/bilder/abenteuer/material/Orchesterentwicklung.pdf,Orchesterentstehung, Seite: 1www.dov.orgwww.orchesterstiftung.de Abenteuer Klassik
- ↑ a b https://www.planet-wissen.de/kultur/musik/orchester/index.html, Musik, Orchester, WDR 2021
- ↑ http://www.cmbv.fr/ressources/10148/13/24violons.pdf, Projet de mécénat pour la reconstitution des Vingt-quatre Violons du Roi (Orchestre de Louis XIV), CENTRE DE MUSIQUE BAROQUE DE VERSAILLESLES FOLIES FRANÇOISES (PATRICK COHËN-AKENINE,VIOLON ET DIRECTION) ANTOINE LAULHERE (LUTHIER), abgerufen bei "Wayback Machine"
- ↑ Riemann Musik Lexikon 2012, Bd. 5, Artikel Suite, S. 155, Sp. 2.
- ↑ https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/musik/artikel/orchester#, Orchester, Lernhelfer, Schülerlexikon, Duden Learnattack GmbH, 2021
- ↑ a b c Friedel Keim: Das Trompeter-Taschenbuch - Wissenswertes um die Trompete. In: Atlantis-Schott (Hrsg.): Serie Musik. Band 8377. Atlantis Musikbuch-Verlag, Mainz 1999.
- ↑ Kurt Janetzky/Bernhard Brüchle: Das Horn. In: Unsere Musikinstrumente. Nr. 6. Hallwag, Bern und Stuttgart 1977.
- ↑ Guido Pannain: Arcangelo Corelli. In: Encyclopædia Britannica. Abgerufen am 9. November 2015.
- ↑ https://www.musikschulwerk-bgld.at/fileadmin/user_upload/rechnitz/pdfs/Barock_Handout.pdf, Die Barockzeit 1600 -1750
- ↑ Simon Murphy - Audio - Corelli Concerti Grossi. In: simonmurphy.instantencore.com. Abgerufen am 1. April 2019.
- ↑ BSG-O souboru. 23. Juni 2008, archiviert vom am 23. Juni 2008; abgerufen am 1. April 2019.