Mantra

Mantra (sanskrit, m., मन्त्र, mantra, wörtl.: "Instrument des Denkens, Rede") bezeichnet eine meist kurze, formelhafte Wortfolge, die oft auch repetitiv rezitiert wird. Diese Wiederholungen des Mantras oder des Namens Gottes wird Japa genannt. Mantren können entweder sprechend, flüsternd, singend oder in Gedanken rezitiert werden. Im Hinduismus, im Buddhismus und im Yoga ist das Rezitieren von Mantren während der Meditation sowie im Gebet, im Christentum bzw. in jüdischer oder islamischer Tradition während der Kontemplation üblich.
Mantren im Hinduismus
Das Rezitieren eines Mantras kann dem Freisetzen mentaler Energien dienen, oft auch als Gebet. Jede Silbe und jedes Wort während einer Puja, eines hinduistischen Gottesdienstes, gilt als Mantra. Die äußeren Tätigkeiten des Priesters erhalten ihren Sinn und ihre Wirksamkeit erst durch das Rezitieren der vorgeschriebenen Worte, ähnlich wie etwa die vom Priester gesprochenen Worte der Opferung und Wandlung in einem katholischen Gottesdienst. Zu den ältesten bekannten Mantren gehören die Opferformeln und Gebete der Veden.
Mantren sind auch als Beschwörungsformeln, etwa gegen Schlangen, Dämonen oder andere negative Kräfte, in Gebrauch. Wie schon im vedischen Ritus, wo die richtig intonierte Formel eine wichtige Funktion als wirksame Kraft erfüllte, misst man auch im Hinduismus dem Klang und dem Gesang religiöser Wert und Wirksamkeit bei.
Hinduistische Schüler erhalten nach der Einweihung in den Ritus in der Regel vom Guru ein persönliches Mantra. Diese Formel muss geheim gehalten werden und soll der Schatz des Gläubigen sein.
Man unterscheidet drei Arten von Mantren:
- Saguna, wörtlich mit Form, richten sich an eine bestimmte Gottheit bzw. an einen bestimmten Aspekt Gottes.
- Nirguna, wörtlich ohne Form, richten sich an das formlose Göttliche.
- Bija oder bija-akshara sind einsilbige Keim-Mantren, die speziell in der Meditation oder in Zeremonien verwendet werden, und nach hinduistischer Lehre auch auf das jeweilige Energiezentrum, das Chakra wirken können (HAM - Äther, YAM - Luft, RAM - Feuer, VAM - Wasser, LAM - Erde).
Das bekannteste Bija Mantra ist Om, das für Hindus wichtigste Mantra überhaupt, das alle anderen in sich enthält.
Mantren im Buddhismus
Im Buddhismus sind Mantren heilige, geladene Wörter oder Silben. Frühe Theravada-Schriften bezeichnen Mantras unter dem Begriff paritta, Schutz, denn sie schützen den Geist vor Störungen. Im Mahayana wurden sie als Dharani bezeichnet. Im tibetischen Buddhismus (Vajrayana, Diamantweg) sind Mantren [tib. Ngag] Silben oder Worte, die innere und äußere Wahrheit miteinander verbinden, sie sind der Ausdruck eines Buddha-Aspekts auf der Ebene des Klangs. Mantren beinhalten oft den Namen des jeweiligen Buddha-Aspekts.
Mantren sind in der Regel in Sanskrit übertragen. Mantren wurden der buddhistischen Überlieferung nach direkt aus dem Geist Buddhas oder durch verschiedene Sambhogakaya-Ausstrahlungen übertragen, die verschiedenen Buddhaformen mit ihren verschiedenen Mantras dienen dazu, Menschen mit den verschiedensten geistigen Veranlagungen den Weg zur Erleuchtung zu öffnen.
Beispiele
Aus der hinduistischen Tradition
- "Om", oft auch "Aum" geschrieben, da im Sanskrit der Vokal O ein Diphthong aus den Vokalen A und U ist.
- "SO-HAM" ("Ich bin, der ich bin.")
- "Om namah Shivaya" ("Om, Ehre sei dem Shiva")
- "Om namah Narayanaya" ("Om, Ehre sei Narayana=Vishnu")
- "Gayatri-Mantra" Damit bittet man die heilige Mutter der Veden (Gayatri) um einen reinen Intellekt (Shuddha-Sattva-Buddhi)
- "Om namah Bhagavate Vasudevaya" ("Om, Ehre sei dem Herrn Vasudeva=Krishna", Vasudevaya wird auch oft durch die Namen andere Götter oder Heiliger ersetzt, z.Bsp. "Om namah Bhagavate Ramanaya", "Om namah Bhagavate Dattatreyaya")
- "Om Aim Hrim Klim Chamundaye viche namah" (Shakti Mantra. Aim = Saraswati-Bija. Hrim = Durga-Bija, Klim = Kali-Bija, Chamunda = Name Kalis, namah = Ehre sei dir)
- "Brahmaparnam Brahma havir Brahmagnau Brahmana hutam Brahmaiva tena gantavyam Brahmakarma samadhina" (Brahman ist die Opferhandlung, Brahman ist die Opfergabe. Durch Brahman wird die Opfergabe in das Feuer Brahmans gegossen. Wer allzeit das Wirken Brahmans sieht, wird wahrlich Brahman erreichen. (Bhagavad Gita IV.24)
- "Lokah samastah sukhinah bhavantu" ("Mögen alle Wesen Glück und Harmonie erfahren")
- "Om Asato ma sat gamaya, Tamaso ma jyotir gamaya, Mrityor maamritam gamaya" ("Das Om führe mich vom Unwirklichen zum Wirklichen, Von der Dunkelheit zum Licht, Von der Sterblichkeit zur Unsterblichkeit")
- "Om Purnam adah, purnam idam, purnat purnam udacyate, purnasya purnamadaya, purnam evavashishyate. Om shanti shanti shanti" ("Om Jenes ist ganz. Dieses ist ganz. Aus dem Ganzen manifestiert sich das Ganze. Wenn das Ganze verschwindet, bleibt das Ganze zurück.")
- "Hare Krishna, Hare Krishna, Krishna Krishna, Hare Hare, Hare Rama, Hare Rama, Rama Rama, Hare Hare"
- "Shri Rama Jaya Rama Jaya Jaya Rama" Rama mantra, Rama kann auch ersetzt werden durch Ma (göttliche Mutter):
- "Shri Ma Jaya Ma Jaya Jaya Ma"
Aus der buddhistischen Tradition
- "Om mani padme hum" ("Om, o du Kleinod in der Lotosblüte" = allumfassendes Mitgefühl für alle Wesen) - Dieses Mantra gehört zu Buddha Liebevolle Augen (Guan Yin Bodhisattva, Chenrezig oder Avalokiteshvara = Bodhisattva des universellen Mitgefühls)
- "Om ami dewa hri" (Buddha des Grenzenloses Lichts, Öpame oder Amitabha)
- "Om tare tu tare ture soha" (Grüne Befreierin, Tara)
- "Teyata om bekanze bekandze maha bekandze randza samut gate soha" (Medizinbuddha, Sangye Menla)
- "Gate gate paragate parasamgate bodhi svaha" (ungefähr: "Gegangen, gegangen, vergangen, allsamt vergangen, erwacht, freut euch!"; aus dem Herzsutra)
- " Nam Myoho Renge Kyo"(" Ich widme mein Leben dem universellen Gesetz der Gleichzeitigkeit von Ursache und Wirkung )" - Dieses Mantra stammt von Nichiren Daishonin.
- "Om A Hung Vajra Guru Padhma Siddhi Hum" (Das Mantra des Padmasambhava)
Aus der christlichen Tradition
- "Halleluja" (Gelobt sei Jah)
- "Kyrie eleison" (Herr, erbarme dich)
- "Hosanna" (Hilf doch)
- "Amen" (Es ist gesagt)
- Das Jesusgebet
- das Rosenkranz-Gebet
- Die Gesänge aus Taizé
Aus der islamischen Tradition
- das Glaubensbekenntnis "La ilaha illa Allahu" ("Es gibt keine Gottheit außer Gott")
- "Allahu Akbar" (Gott ist gross/mächtig)
- Erster Koransatz und erster Satz fast aller Suren: "Bi 'smi illahi ar-rahmani ar-rahiim" ("Im Namen des barmherzigen und gnädigen Gottes")
- das Singen des "HU" für die Anrufung Gottes während des Dhikr (Gedenken an Gott) in der Theologie der Sufis (islamische Mystiker), aber auch im Shabd Yoga und bei Eckankar
Aus der jüdischen Tradition
- das Glaubensbekenntnis "Schma Israel adonai elohenu, adonai echad" ("Höre, Israel, der Herr ist dein Gott, und er ist dein einziger Gott")
- "Hevenu Shalom Aleichem"
Literatur und CDs
- Wilfried Huchzermeyer: Das Geheimnis der Mantra-Kraft. (edition-sawitri.de) ISBN 3-931172-07-4
- Wilfried Huchzermeyer: Nada Yantra Mantra - Sphären des Klangs. (edition-sawitri.de) ISBN 3-931172-08-2
- Wilfried Huchzermeyer: Erlebnis: Sanskrit-Sprache. Mantra - Yoga - Linguistik. (edition-sawitri.de) ISBN 3-931172-05-8
- Paramhans Swami Maheshwarananda: Die verborgenen Kräfte im Menschen. Chakras und Kundalini, Ibera-Verlag 2001 ISBN 3-85052-130-3
- Jutta Marie Zimmermann: Vedische Mantras. Begegnung mit dem Yoga. CD und Broschüre. Raja-Verlag CD: ISBN 3-936684-01-4 Broschüre: ISBN 3-936684-00-6
- Jutta Zimmermann: CD Bhagavad Gita. Mitsingen und Chanten 7 ausgewählte Mantras der Gita. (Raja-Verlag.de)