Biblische Hermeneutik
Die Biblische Hermeneutik ist eine angewandte Form der Hermeneutik.
Sie ist aus praktischen Gründen in die Hermeneutik des Alten und des Neuen Testaments aufgegliedert. Dennoch darf die Einheit der Schrift nicht aus dem Blick geraten. Insofert verantwortet auch die Systematische Theologie hermeneutische Prozesse der Vergegenwärtigung des "Wortes Gottes".
Fragen nach der Aktualität der Bibel, und somit die ersten hermeneutischen Reflexionen, finden sich bereits in der Bibel selbst. "Verstehst du auch, was du liest?" - diese Frage des Philippus an den beamteten Eunuchen vom athiopischen Königshof provoziert die Antwort "Wie kann ich (denn), wenn mich niemand anleitet." (Apg. 8, 30ff.) damit ist die praktische Aufgabe der Biblischen Hermeneutik beschieben. Sie muss Modelle zum Verstehen reflektieren, ausarbeiten und immer wieder reformieren.
Die hermeneutische Situation entsteht bei Texten dadurch, dass Wahrheit "eingeschrieben" (verfestigt, festgehalten, literalisiert) wird. Das klassische Beispiel der Problemstellung dazu beschreibt G. W. F. Hegel in der "Phänomenologie des Geistes": Frage ich mich "Was ist jetzt?" und sehe aus dem Fenster, sehe ich: Es ist Nacht. Also schreibe ich es auf. Es ist Nacht. So kann ich die Wahrheit bewahren. Dann gehe ich schlafen, wache am nächsten Morgen auf, sehe mir die bewahrte Wahrheit an und stelle, nach einem erneuten Blick aus dem Fenster, enttäuscht fest: die Wahrheit ist fade geworden und trifft mich nicht mehr.
Die entscheidende Frage ist nun: Wohnt dem Text vielleicht dennoch eine Wahrheit inne? Kann ich diese Wahrheit, um beim Beispiel zu bleiben, etwa guten Gewissens in der nächsten Nacht, bei der nächsten Dunkelheit oder sogar immer, wenn es mir "finster" geht zu mir sprechen lassen? Hier setzt die Hermeneutik ein, indem sie Autor, Text und Leser zueinander ins Verhältnis setzt. (Vgl. z. phil. Grundl. Gadamer, Ricoeur, auch Eco)
Dieses "hermeneutische Dreieck" und die Beziehungen zwischen Autor - Text - Leser steht im Zentrum der hermeneutischen Überlegungen. Dabei kann der Schwerpunkt jeweils verschieden gelegt werden.
Die Hermeneutik kann versuchen, den Autor und seine Gedankenwelt zu erhellen, um den Text aus dem historischen Kontext besser zu verstehen. Sie kann versuchen, die Erwartungen, Vorkenntnisse (Gadamer: "Vor-Urteile") und Bedürfnisse des Lesers zu klären. Ein Hintergrund wäre etwa, auszuschließen, dass der Text den Rezipienten überfordert. Drittens kann dem Text besondere Aufmerksamkeit zuteil werden: linguistische oder strukturalistische Analysen lassen den Text für sich sprechen. (Jeder Autor entläßt den Text in die geistige Obhut des Lesers. Ricoeur spricht sogar sinngemäß vom "Tod des Autors" in dem Moment wo der Text sich verselbständigt.) Mit der Sprachphilosophie des späten Heidegger kann man dann auch im Text ein Sprachereignis sehen, das eine andere Wirklichkeit für den Leser ins Spiel bringt.
Positionen biblischer Hermeneutik
Bibliographie zur Biblischen Hermeneutik (externer Link)
http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~dr6/hermeneutik.html