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Flugblatt

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Datei:Der Engelssturtz, Einblattdruck, wohl 1848, 48 x 38 cm, BSB-Signatur Einbl.Nr. 75-6171 (780x980).jpg
Der Engelssturtz, Einblattdruck aus Bayern (wohl 1848)

Als Blatt, Flugblatt oder Flugzettel (österreichisch) bezeichnet man eine ein- oder zweiseitig bedrucktes Papier mit einer Gelegenheitsdruckschrift, die, teilweise mit Illustrationen versehen sein kann.

Das Flugblatt ist heute ein typisches Protestmedium; Flugblätter werden ähnlich wie die kleineren Flyer meist zu aktuellen Anlässen, für Ankündigungen oder zur Werbung herausgegeben und kostenlos verteilt. Beispiele sind lokale oder regionale Nachrichten, kleine Preislisten oder Veranstaltungslisten.

Gelegentlich wird zwischen Blättern und den etwas umfangreicheren Flugschriften unterschieden.

Merkmale

Typische Merkmale von Blättern sind:

Geschichte und Entwicklung

Flugblätter vom Spätmittelalter bis zur Reformation

Das Medium "Flugblatt" ist seit 1488 nachweisbar. Während man allerdings heute beim Begriff "Flugblatt" immer an politische Flugblätter denkt, meint man, wenn man von Flugblättern im ausgehenden 15. Jahrhundert spricht, etwas völlig anderes: kommerzielle Einblattdrucke nämlich. Diese kommerziellen Flugblätter waren die "BILD-Zeitung" des Spätmittelalters: eine Handelsware, hergestellt zum Geldverdienen, angeboten von Marktschreiern, auf Jahrmärkten und vor Kirchentüren, aber auch im traditionellen Buchhandel, im Großhandel und auf Messen. Kostenlos waren sie keinesfalls - ein krasser Gegensatz zum heute bekannten Protest-Flugblatt. Vielmehr schätzt man heute, dass das Einzelblatt mindestens soviel kostete, wie ein gelernter Handwerker in der Stadt in der Stunde verdiente. Einzelne Schätzungen, wie von Irving Pedigree, gehen sogar von vier bis fünf Stunden aus. Damit waren Flugblätter für die einfache Landbevölkerung nahezu unerschwinglich.

Große Illustrationen nahmen häufig ein Drittel der Blattgröße ein, produziert mit Hilfe von Holzschnitt-Technik. Wer Flugblätter hatte, hängte sie stolz zuhause an Wänden, Kisten und Schränken auf.

Drei Themenbereiche dominierten: Sensationen und Wunder; katechetische Unterweisung und Seelentrost und Erbauung; schließlich politische und militärische Informationen.

Zusammengefasst: Die frühen illustrierten Einblattdrucke waren boulevardeske Informationsmedien, produziert zum Zwecke des Geldverdienens. Mit politischer Agitation hatten sie selten etwas zu tun. Dies änderte sich erst ab der Reformationszeit, also ab 1517 (s.u.).

Abgrenzung: Flugschriften vom Spätmittelalter bis zur Reformationszeit

Flugschriften grenzen sich formal von den Flugblättern dadurch ab, dass sie mehr als eine Seite haben - sie sind also, technisch gesehen, Vorläufer des modernen Romanhefts oder der Gebrauchsanweisung.

Flugschriften dienten der Publikation von Nachrichten und richteten sich damit an Menschen, die eher an "harten" Informationen interessiert waren als an Sensationen. Wenn man sagt, das Flugblatt sei vor der Reformation so etwas wie eine "BILD-Zeitung" mit nur einem Artikel gewesen, dann war die Flugschrift in etwa "Frankfurter Rundschau" des späten Mittelalters.

Flugblätter ab der Reformationszeit

Ab der Reformationszeit wurde das Flugblatt politischer. Es diente als Mittel der Auseinandersetzung im Glaubenskrieg wie auch im Bauernkrieg. Das traditionelle, primär sensationsheischende Flugblatt ("Mann mit vier Köpfen gesehen!") gab es parallel weiter, es verlor aber an Bedeutung.

Auch die politischen Flugblätter der Reformationszeit waren nicht kostenlos. Dafür waren Papier und Druck zu teuer.

Das politische Flugblatt in der Moderne

Widerstandsmedium in der NS-Zeit

Besondere Bedeutung als Mittel des politischen Widerstandes erlangten die Flugblätter im Deutschland der vierziger Jahre durch die Geschwister Scholl und die Mitglieder der Widerstandsgruppe Weiße Rose. Vom Sommer 1942 bis zu ihrer Verhaftung durch das deutsche Nazi-Regime im Frühjahr 1943 erstellten und verbreiteten sie 6 Flugblätter, in denen sie zum Widerstand gegen den nationalsozialistischen Terror aufriefen.

In der Kriegspropaganda des 20. Jahrhunderts bildeten Flugblätter in Gestalt von Flugblattbomben einen wichtigen Teil der psychologischen Kriegsführung.

Sammlungen

Wichtige Flugblatt-Sammlungen besitzen u.a. folgende Einrichtungen:

Literatur

  • E. K. Blümml: Lieder und Reime in flienden Blättern des 16. und 17. Jahrhunderts, 1911
  • J. C. W. Field: Aerial Propaganda Leaflets. Sutton Coldfield 1954
  • Hermann Wäscher: Das deutsche illustrierte Flugblatt, 2 Bde. 1955-56