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Robert Hoyzer

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Robert Hoyzer (* 28. August 1979 in Berlin) ist ein ehemaliger deutscher Fußballschiedsrichter und die Hauptperson im Fußball-Wettskandal 2005. In dessen Verlauf gab Hoyzer Anfang des Jahres 2005 zu, gegen Geld- und Sachzuwendungen den Ausgang von ihm geleiteter Fußballspiele beeinflusst zu haben, um Teilnehmern an Sportwetten Gewinne zu ermöglichen. Er wurde vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) lebenslang gesperrt.

Obwohl Hoyzer voll geständig war und deshalb auf eine milde Bewährungsstrafe hoffte, wurde er am 17. November 2005 vom Landgericht Berlin zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten ohne Bewährung verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Hoyzers Anwälte haben fristgerecht Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes in Leipzig wird am 7. November 2006 über weiteres entscheiden.

Leben

Hoyzer, dessen Vater ebenfalls Schiedsrichter war, wuchs in Berlin-Spandau auf. Nach dem Fachabitur begann er an der Fachhochschule Salzgitter ein Studium des Sportmanagements, das er allerdings abbrach. Seit Beginn der Saison 2002/2003 stand er auf der DFB-Schiedsrichter-Liste und leitete bis zu seiner Suspendierung zwölf Spiele der Zweiten Fußball-Bundesliga, ferner Begegnungen im DFB-Pokal und in der Regionalliga.

Zeittafel: Der „Fall Hoyzer“

21. Januar 2005

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe von vier Schiedsrichterkollegen bestreitet Hoyzer mit Nachdruck, irgend etwas mit Spielmanipulationen zu tun zu haben. Er legt aber sein Schiedsrichteramt nieder und kündigt an, er werde auch seine Mitgliedschaft bei Hertha BSC Berlin aufgeben.

25. Januar 2005

Auf anwaltschaftlichen Rat lässt Hoyzer verlauten, er werde die Rückgabe der Schiedsrichterlizenz anfechten, weil er den Verzicht nur auf Druck des DFB unterschrieben habe. Auch den Vereinsaustritt bei Hertha BSC werde er nicht vornehmen.

27. Januar 2005

Hoyzer gesteht, dass die Anschuldigungen zuträfen und dass er für die Spielmanipulationen Geld- und Sachzuwendungen bekommen habe. Zudem bezichtigt er weitere Schiedsrichter, etliche Spieler sowie sonstige Personen, ebenfalls in Spielmanipulationen verwickelt zu sein.

8. Februar 2005

Hoyzer tritt in der Johannes B. Kerner-Show auf und entschuldigt sich bei allen deutschen Fußballfans. Er betont, er werde die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und des DFB mit Informationen unterstützen.

12. Februar 2005

Ein Haftbefehl gegen Hoyzer, den das Amtsgericht Berlin-Tiergarten bereits am 10. Februar wegen „mittäterschaftlich begangenen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in acht Fällen“ erlassen hat, wird wegen Fluchtgefahr vollstreckt.

25. Februar 2005

Hoyzer wird wieder aus der Untersuchungshaft entlassen, weil das Gericht es für „vertretbar hält, der Fluchtgefahr durch mildere Maßnahmen als den Freiheitsentzug entgegenzuwirken.“ Es wird ihm auferlegt, sich dreimal wöchentlich bei der Polizei zu melden, sein Reisepass wird einbehalten.

12. April 2005

Hoyzer erklärt seinen Austritt aus dem Verein Hertha BSC Berlin, um sich der Zuständigkeit der DFB-Gerichtsbarkeit zu entziehen.

26. und 27. April 2005

Hoyzer tritt dem Essen Verein Sportfreunde Steele 09 bei und kündigt an, sich doch dem Urteil des DFB-Sportgerichts stellen zu wollen. Gleichzeitig wird bekannt, der DFB erwäge, wegen Hoyzers Kooperationsbereitschaft auf die ursprünglich geforderte Geldstrafe von 50.000 € zu verzichten.

28. April 2005

Hoyzer wird vom DFB lebenslänglich gesperrt. Er darf innerhalb des DFB weder als Schiedsrichter noch als Trainer oder Spieler fungieren.

27. Mai 2005

In einem Zivilprozess vor dem Amtsgericht Salzgitter wird Hoyzer per Versäumnisurteil zum Ersatz von Wetteinnahmen verurteilt. Die Entscheidung erlangt keine Rechtskraft, nach Hoyzers Einspruch wird der Prozess fortgesetzt.

18. Oktober 2005

Vor dem Landgericht Berlin beginnt der Strafprozess gegen Hoyzer und fünf Mitangeklagte wegen Betruges u. a. Das Verfahren gegen weitere 19 Beschuldigte ist vorher abgetrennt worden, weil dort noch Ermittlungen laufen.

17. November 2005

Hoyzer wird vor dem Landgericht Berlin zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten ohne Bewährung verurteilt.

24. November 2005

Hoyzers Anwälte legen Revision beim Bundesgerichtshof ein.

2. März 2006

Der Spiegel berichtet, Hoyzer wolle künftig American Football beim deutschen Verein Berlin Adler spielen.

12. April 2006

Der American Football Verband Deutschland teilt mit, dass für Hoyzer kein Spielerpass ausgestellt werden könne: Die Adler hätten ihn aufgrund einer Bestimmung in der Satzung des Deutschen Sportbundes gar nicht als Vereinsmitglied aufnehmen dürfen.

Der „Fußball-Wettskandal“

Anfangsverdacht

Betroffen war anfangs nur das Spiel der ersten Runde des DFB-Vereinspokals vom 21. August 2004 zwischen dem Regionalligisten SC Paderborn 07 und dem Bundesligisten Hamburger SV. Dieses war überraschenderweise mit 4:2 zu Ende gegangen, und Hoyzer hatte dabei als Schiedsrichter zwei mehr als fragwürdige Strafstöße gegen den HSV gegeben, die zu Toren geführt hatten. Ein Platzverweis gegen den HSV-Spieler Emile Mpenza hatte sich nachträglich als – wegen Schiedsrichterbeleidigung – berechtigt herausgestellt. Da Anlass für die Beleidigung allerdings die offenkundigen Manipulationen des Schiedsrichters gewesen waren, wurde Mpenza anschließend vom DFB begnadigt.

Ermittlungen

Wegen des Verdachts des Betruges nahm zunächst die für Hoyzers Wohnort Salzgitter zuständige Staatsanwaltschaft Braunschweig Ermittlungen auf, gab das Verfahren jedoch wenig später nach Berlin ab, weil die eventuell manipulierten Fußballspiele vor dem Umzug Hoyzers von Berlin nach Salzgitter stattgefunden hatten. In Berlin erstattete auch der DFB eine eigene Strafanzeige. Darüber hinaus leiteten eine ganze Reihe von Fußballvereinen, die sich betroffen glauben, sport- oder zivilrechtliche Schritte ein.

Ausweitung

Auf Grund der Angaben Hoyzers konkretisierte sich der Manipulationsverdacht in der Folgezeit, und die Ermittlungen wurden auf weitere Spiele und Personen ausgedehnt. Aus dem „Fall Hoyzer“ wurde der „Fußball-Wettskandal 2005“ (siehe Hauptartikel).

Folgen

Der von Robert Hoyzer losgetretene Fußball-Wettskandal hat Aktive, Funktionäre und Anhänger des Schiedsrichterwesens zumindest vorübergehend sensibilisiert, so dass Manipulationen erschwert werden dürften. Das Ansehen der Schiedsrichter, die ohnehin wie Polizisten oder Steuerfahnder zwar als notwendig angesehen werden, aber häufig nicht eben beliebt sind, hat deutlich gelitten.

Darüber hinaus griff die Titulierung „Hoyzer“ für Personen, die schummeln oder des Schummelns verdächtigt werden, rasch um sich, speziell im Fußball für einen Schiedsrichter, der auch nur angeblich eine falsche Entscheidung getroffen hat. Im Sport gilt sie als Schiedsrichterbeleidigung und kann somit persönliche Strafen gegen den Täter (Feldverweis für Spieler, Bankverweis für Trainer, Geldstrafen) oder auch Ordnungsmaßnahmen gegen einen Verein nach sich ziehen.

Das Kunstwort "hoyzern" (Verb) wurde bei der Wahl für das Wort des Jahres 2005 auf den 7. Platz gewählt.

Ausstrahlung auf Österreich

Laut Hoyzer soll auch der inzwischen in Konkurs gegangene österreichische Bundesligist Casino Schwarz-Weiß Bregenz in Wettmanipulationen verwickelt gewesen sein. Die von Hoyzer genannten Spieler (u. a. der aus Bosnien stammende Torwart Almir Tolja) und die Vereinsführung bestritten allerdings, mit derartigen Machenschaften zu tun zu haben.

Kunst / Theorie

Die österreichische Künstlergruppe monochrom erstellte im Juni 2006 die Kunstinstallation "Cafe König Fußball" in der Galerie NGBK in Berlin, die sich konkret mit dem Fall Hoyzer auseinandersetzte. monochrom reflektierte, dass das Fußballspiel seit jeher die Dialektik zwischen der Subjektivitätskultur der Arbeiterklasse und der Objektivitätsbehauptung der bürgerlichen Kultur widerspiegele. Erstere werde repräsentiert durch die im Spiel aufeinander treffenden Kollektive, letztere durch die Figur des Schiedsrichters/der Schiedsrichterin, der/die als exemplarisches bürgerliches Subjekt das Spiel leite und als objektives Gegenüber fungiere.