Ferdinando Orlandi
Ferdinando Orlandi, auch Orlando, Orland[1] (* 8. Januar[2] 1774 in Parma; † 5. Januar 1848 ebenda), war ein italienischer Komponist. Neben etwa zwei Dutzend Opern schuf er auch Kantaten und geistliche Musik.
Leben
Über die frühen Jahre Orlandis ist wenig bekannt; sein Geburtsdatum wird mitunter auch mit dem 7. Oktober 1774[3] oder nur mit dem Jahr 1777[1] angegeben. Seine erste musikalische Ausbildung erhielt er beim Organisten des herzoglichen Orchesters in Colorno. Er setzte sie in seiner Geburtsstadt Parma fort, vermutlich unter anderem bei Ferdinando Paër, der nur drei Jahre älter war als er selbst. Im Herbst 1793 trat er in das Konservatorium der Pietà dei Turchini in Neapel ein, wo er Kontrapunkt bei Nicola Sala und Giacomo Tritto studierte. 1799 kehrte er nach Parma zurück, wo während der Karnevalssaison 1801 seine erste Opera buffa La pupilla scozzese (nach einem Libretto von Lorenzo da Ponte) uraufgeführt wurde. Kurz darauf wurde das Herzogtum Parma der Französischen Republik angegliedert, was Orlandi dazu veranlasste, nach Mailand umzusiedeln.[1]
Dort entstanden in rascher Abfolge weitere Opern. Sein zweites Werk mit deutlich satirischem Appell, Il podestà di Chioggia (1801), trug ihm das Lob des französischen Schriftstellers und Musikkenners Stendhal ein, der Orlandi allerdings irrtümlich als Schüler „élève de Cimarosa“ (Schüler Cimarosas) bezeichnete. Diese Fehletikettierung trug zum Erfolg gerade dieser Oper in Paris stark bei. 1809 wurde Orlandi zum Professor für Solfeggio am kurz zuvor gegründeten Konservatorium von Mailand berufen, wo sein Gehalt jedoch kümmerlich war. Um wirtschaftlich über die Runden zu kommen, trat er verschiedene Stellen als Konzertmeister an, so am Teatro Carcano und in Varese.[1]
Orlandis Opern wurden bis 1813 regelmäßig an norditalienischen Häusern aufgeführt. Nach einer Schaffenspause feierte sein letztes Werk Fedra, mit Giuseppina Grassini in der Titelrolle, ohne großen Erfolg 1820 in Padua Premiere.[4][5] 1822 hielt er sich in München auf, wo er kurzfristig ein Singinstitut leitete und seine Fedra gegeben wurde. Von 1823 bis 1828 wirkte er als Kapellmeister am württembergischen Hof in Stuttgart. Dort widmete er Königin Pauline eine Solokantate. Nach seiner Rückkehr nach Parma bewarb er sich zunächst erfolglos um eine Stelle als Gesangslehrer am Ospizio delle Arti. Im November 1835 ernannte ihn Marie-Louise von Österreich, die dem wiederhergestellten Herzogtum von Parma und Piacenza vorstand, zum Kapellmeister und Meister der Vokalmusik am Herzoglichen Theater – bei allerdings bescheidenen Einkünften. 1837 verlieh ihm Papst Gregor XVI. den Orden vom Goldenen Sporn.[1]
Im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts – nach dem Tod Cimarosas und vor Gioachino Rossini – gehörte Orlandi zu den bedeutendsten Opernkomponisten Italiens. Obwohl er aus Parma stammte, wurde er mit seinen mitreißenden Melodien im ternären oder zusammengesetzten Metrum der neapolitanischen Schule zugerechnet. Nach einem Urteil der Londoner Zeitschrift The Harmonicon zeichnete sich Orlandi nicht durch innovative Schaffenskraft, aber durch große Gefälligkeit in der Melodieführung aus.[6] Der historiographische Gemeinplatz, dem zufolge Orlandi unmittelbar nach Rossinis Erfolg seine Karriere aufgab, ist falsch. Allerdings litt Orlandi wie andere Komponisten seiner Generation unter der Veränderung des Publikumsgeschmack, die mit dem Erscheinen Rossinis einsetzte. Unter den 25 Opern von Orlandi gehören 20 dem Genre der Opera buffa und fünf der Opera seria an. Daneben schrieb er Kantaten, Chormusik und in größerem Umfang auch geistliche Musik, daruter vier Messen.[1]
Literatur
- Luca Aversano: Orlando, Orland, Orlandi, Ferdinando. In: MGG Online. Die Musik in Geschichte und Gegenwart, hrsg. von Laurenz Lütteken. Kassel, Stuttgart, New York 2016 ff., zuerst veröffentlicht 2004 (Onlineversion von 2016).
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f Daniele Carnini: Orlando, Ferdinando. In: Raffaele Romanelli (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 79: Nursio–Ottolini Visconti. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 2013.
- ↑ Carlo Gervasoni: Nuova Teoria di Musica ricavata dall'odierna pratica ossia Metodo sicuro e facile in pratica per ben apprendera la musica, Parma 1812, S. 206.
- ↑ Ferdinando Orlandi, L'Almanacco di Gherardo Casaglia (abgerufen am 25. Mai 2021).
- ↑ The Harmonicon. A Journal of Music, Bd. 1, September 1823, S. 126.
- ↑ Cristina Ciccaglioni Badii: Grassini, Giuseppa. In: Mario Caravale (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 58: Gonzales–Graziani. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 2002.
- ↑ The Harmonicon. A Journal of Music, Bd. 2, september 1824, S. 174.