Shenzhou 12
Aufbau
Energieversorgung
Die Maße des Rovers betragen ca. 2 × 1,65 × 0,8 Meter und das Gewicht 240 kg. Damit ist er fast doppelt so schwer wie die ersten chinesischen Mondrover. Während auf dem Mond nur 1/6 der irdischen Schwerkraft herrscht, liegt dieser Wert auf dem Mars bei etwa 1/3. Daher muss Zhurong robuster gebaut sein und benötigt stärkere Motoren. Einerseits haben diese Motoren eine höhere Leistungsaufnahme, andererseits ist die Solarkonstante, also die langjährig gemittelte Sonneneinstrahlung, auf dem Mars weniger als halb so groß wie in Erdnähe. Daher besitzt der Rover nicht nur zwei Solarmodule wie die Mondrover, sondern vier, von denen die beiden seitlichen Flügel zum Laden der Akkumulatoren nach der Sonne ausgerichtet werden,[1] während bei den Mondrovern nur eines der beiden Solarmodule beweglich ist.[2] Um Energie für die Heizung zu sparen, arbeitet der Rover erst ab Mittag, wenn die Temperatur auf der Marsoberfläche am höchsten und für die Messinstrumente am günstigsten ist. Ein Teil der über die Solarmodule gewonnenen Energie wird für den Betrieb des Rovers verwendet, mit dem Rest werden die Akkumulatoren geladen, die es dem Rover erlauben, bis nach Sonnenuntergang weiterzuarbeiten.
Anders als die Mondsonde Chang’e 3 besitzt Zhurong keine Radionuklidbatterie, und auch keine Radionuklid-Heizelemente wie die von derselben Entwicklergruppe um Sun Zezhou gebauten Mondrover Jadehase und Jadehase 2. Stattdessen hat Zhurong auf der Oberseite zwei runde „Hitzesammelfenster“. Darunter befindet sich n-Undekan, das während des Marstags schmilzt und am Abend, wenn es bei sinkender Umgebungstemperatur wieder fest wird – der Stoff hat einen Schmelzpunkt von −26 °C –, rund 80 % der eingetragenen Sonnenenergie als Wärme wieder an den Rover abgibt und diesen so vor der nächtlichen Kälte schützt. Zum Vergleich: Die Solarmodule des Rovers haben nur einen Wirkungsgrad von 30 %.[3]
Das Wetter auf dem Mars kann sich rasch ändern, mit Staubstürmen, die die Sonneneinstrahlung stark reduzieren. Daher besitzt der Rover ein autonomes Selbstüberwachungssystem. Wenn er bemerkt, dass seine Energiereserven – sowohl was Strom als auch Wärme betrifft – nur noch für einen begrenzten Zeitraum reichen, schaltet er sich selbsttätig ab, geht in einen Schlafmodus über und nimmt erst dann die Arbeit wieder auf, wenn das Wetter wieder besser ist.[4] Prinzipiell kann der Rover bis zu einer optischen Dicke der Atmosphäre von 0,5, also bei klarem Himmel, regulär arbeiten, seine Position wechseln, Messungen durchführen und Nutzlastdaten an den Orbiter funken. Bei einer optischen Dicke von 0,5–0,8, also wenn sich Staub in der Atmosphäre befindet, schränkt Zhurong seine Aktivitäten nach Möglichkeit ein. Bei einer optischen Dicke von mehr als 0,8, also bei schweren Staubstürmen, geht er in den Schlafmodus über.[1] Die Oberfläche der Solarmodule ist mit einer nach einem ähnlichen Prinzip wie die Superhydrophobie arbeitenden Antihaftbeschichtung versehen. Dadurch setzt sich von vornherein wenig Staub auf ihnen ab, der ihre Effizienz reduziert. Außerdem werden die Solarmodule während der Nacht aus Kälteschutzgründen über dem Rover zusammengeklappt. Wenn sie dabei kurzzeitig eine senkrechte Stellung einnehmen, rollen Sand- und Staubkörner nach unten weg.[5]
Antriebssystem
Zhurong besitzt sechs einzeln angetriebene Räder von 30 cm Durchmesser und 20 cm Breite, auf deren Außenseite zur Verbesserung der Traktion jeweils 20 über die gesamte Breite verlaufende, 5 mm hohe Grate angebracht sind. Zur Vibrations- und Stoßdämpfung sind die widerstandsfähigen, abriebfeste Laufflächen über elastische Speichen mit den Radnaben verbunden. Alle sechs Räder können um 90° gedreht werden, wodurch der Rover nicht nur Kurven fahren und sich um sich selbst drehen, sondern sich vor größeren Hindernissen auch wie eine Krabbe in seitlicher Richtung bewegen kann.[6] Im Regelbetrieb liegt die Unterseite des Rovergehäuses etwa 30 cm über dem Marsboden. Das Gehäuse ist in Fahrtrichtung um etwa 1° bis 2° nach unten geneigt, wodurch der Rover hinten etwas mehr Bodenfreiheit hat hat als vorne.
Wie bei den Mondrovern arbeitet das Antriebssystem von Zhurong nach dem Prinzip des Doppelachsaggregats mit einem Haupt- und einem Sekundärwaagebalken auf jeder Seite, wobei hier der Sekundärwaagebalken vorne angeordnet ist.[7] Anders als die Vorgängermodelle besitzt der Marsrover eine aktive Radaufhängung, die es ihm ermöglicht, zum Beispiel ein defektes Vorderrad hochzuheben und auf fünf Rädern weiterzufahren. Da die Antennen des Bodenradars anders als bei den Mondrovern nicht auf der Unterseite des Gehäuses angebracht sind, sondern wie Insektenfühler oben an der Stirnseite, kann sich der Rover, falls sich eines oder mehrere Räder festgefahren haben, mit dem Bauch gegen den Boden stemmen und versuchen, die Räder mit der Kraft seiner Arme nach oben aus dem Sand zu ziehen. Auch während des Flugs zum Mars ruhte der Rover mit dem Bauch auf der Ladefläche des Landers. Dadurch konnte man auf eine Stützkonstruktion verzichten, die die Radaufhängung vor der starken Beschleunigung beim Start der Trägerrakete bzw. Verzögerung beim Eintritt in die Marsatmosphäre schützen hätte müssen.
Im Einzelnen besteht das Antriebssystem aus folgenden Komponenten. Die Längenangaben der Arme bezeichnen den Abstand von Gelenkmitte zu Gelenkmitte:
- 6 einzeln angetriebene Räder
- 6 Lenkarme, für jedes Rad einer
- 6 individuell steuerbare Lenkmotoren, für jeden Lenkarm einer
- 2 Hauptwaagebalken, auf jeder Seite einer, mit jeweils einem langen (81 cm) und einem kurzen (39 cm) Arm
- 2 Sekundärwaagebalken, 107,5 cm lang, auf jeder Seite einer
- 2 Motoren, auf jeder Seite einer, mit denen der Winkel zwischen langem und kurzem Arm der Hauptwaagebalken individuell eingestellt werden kann
- 2 Kupplungen, auf jeder Seite eine, mit denen das Gelenk zwischen dem kurzen Arm des Hauptwaagebalkens und dem Sekundärwaagebalken individuell verriegelt oder gelöst werden kann
- 1 quer durch das Gehäuse gehende Differentialachse, über die die beiden Hauptarme am Gelenk zwischen langem und kurzem Arm miteinander verbunden sind
Die Differentialachse erfüllt keine Antriebsfunktion, sondern dient nur dazu, das Fahrgestell mit dem Gehäuse zu verbinden, wie die Achse eines Pferdekarrens. Räder, Radlenkung, Winkeleinstellung der Arme und Kupplung der Arme werden jeweils von einem bürstenlosen Gleichstrommotor, also insgesamt 16 einzeln regelbaren Motoren angetrieben. Die Kupplung zwischen dem kurzen Arm des Hauptwaagebalkens und dem Sekundärwaagebalken ist im Regelfall gelöst. Haupt- und Sekundärwaagebalken können sich frei gegeneinander bewegen, wodurch sichergestellt ist, dass alle sechs Räder ständig Bodenkontakt haben.
Wenn ein Rad beschädigt ist, wird zunächst mit den Motoren am Mittelgelenk des Hauptwaagebalkens – um eine seitliche Schräglage zu vermeiden, auf beiden Seiten des Gehäuses – der Winkel zwischen dessen beiden Armen so eingestellt, dass sich der Schwerpunkt des Rovers zwischen die beiden noch funktionierenden Räder verlagert, also bei einem beschädigten Vorderrad nach hinten. Dann verriegelt die Kupplung auf der Seite des beschädigten Rads das Gelenk zwischen dem kurzen Arm des Hauptwaagebalkens und dem Sekundärwaagebalken. Nun wird mit dem zuständigen Arm des Hauptwaagebalkens das beschädigte Rad vom Boden hochgehoben, bis sich seine Unterkante etwa auf Unterkante des Gehäuses befindet – die Position, die die Räder während des Fluges hatten. Wenn auf der gegenüberliegenden Seite des Gehäuses ein weiteres Rad beschädigt wird, kann der Rover auch dieses vom Boden abheben und auf vier Rädern weiterfahren. Seine Fähigkeit, in unebenem Gelände die Höhe des Gehäuses über dem Boden anzupassen, ist dann jedoch stark eingeschränkt.
Normalerweise befindet sich die Unterseite des Gehäuses etwa 30 cm über dem Boden. Bei kleineren Felsen auf dem Weg kann die Bodenfreiheit durch Verkleinern des Winkels zwischen den beiden Armen des Hauptwaagebalkens auf 50 cm angehoben werden. Im regulären Fahrmodus kann der Rover Steigungen von bis zu 20° bewältigen, bergauf und bergab. In diesem Fall ist aber die Belastung der Räder unterschiedlich verteilt. Bei einer Simulation mit einer idealen, hindernisfreien Oberfläche lag bei horizontaler Fahrt die Normalkraft auf allen Rädern bei etwa 150 N. Bei einer um 20° geneigten Fläche waren bei Bergauffahrt die Hinterräder mit 250 N belastet, die Vorderräder mit 60 N. Um dies etwas auszugleichen, wird bei Hangfahrten das Gehäuse möglichst nah an den Boden gesenkt, um den Schwerpunkt des Rovers tiefer zu legen.
Bei steileren Berghängen von bis zu 30° wechselt der Rover in den Klettermodus. Hierzu werden zunächst die Hinterräder quergestellt, um sie am Boden zu verankern, dann werden die Vorderräder mittels Winkelvergößerung zwischen den Armen des Hauptwaagebalkens vorangeschoben (das Gehäuse nähert sich dabei dem Boden). Die Vorderräder werden quergestellt, Zhurong krallt sich sozusagen dort fest. Die Hinterräder werden wieder parallel gestellt und schieben den Rover mit Unterstützung der Motoren am Gelenk des Hauptwaagebalkens, die den Winkel zwischen beiden Armen verkleinern, den Hang hinauf (das Gehäuse hebt sich). Dann werden wieder die Hinterräder quergestellt, die Vorderräder parallel gestellt und der Vorgang wiederholt, wie bei einer Spannerraupe.[8]
Einzelnachweise
- ↑ a b 2020中国火星探测计划(根据叶院士报告整理). In: spaceflightfans.cn. 14. März 2018, abgerufen am 21. Mai 2021 (chinesisch).
- ↑ 火星探测步步惊心,不是探月的简单“复制”和“粘贴”. In: tech.sina.com.cn. 3. August 2020, abgerufen am 4. August 2020 (chinesisch).
- ↑ 天问一号四大不可不知的亮点. In: tech.sina.com.cn. 15. Juli 2020, abgerufen am 16. Juli 2020 (chinesisch).
- ↑ 焦点访谈:“天问一号”要成功奔向火星,还得闯多少关? In: yicai.com. 25. Juli 2020, abgerufen am 23. April 2021 (chinesisch).
- ↑ 天问一号火星车采用超疏基结构,用于解决太阳能电池板防尘难题. In: ithome.com. 28. Februar 2021, abgerufen am 1. März 2021 (chinesisch).
- ↑ 耿言 et al.: 我国首次火星探测任务. In: jdse.bit.edu.cn. 28. Juni 2018, abgerufen am 23. April 2021 (chinesisch).
- ↑ 中国首辆火星车定名“祝融号”. In: german.china.org.cn/. 7. Mai 2021, abgerufen am 24. Mai 2021 (chinesisch).
- ↑ 潘冬 et al.: 火星车系统动力学建模与仿真分析. (PDF; 1,3 MB) In: jdse.bit.edu.cn. 1. August 2020, abgerufen am 22. Mai 2021 (chinesisch).