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Lindisfarne Castle

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Lindisfarne Castle, eine Burg aus dem 16. Jahrhundert, die 1901 von Sir Edwin Lutyens zu einem Herrenhaus umgebaut wurde

Lindisfarne Castle ist eine Burg aus dem 16. Jahrhundert auf Lindisfarne Island, auch Holy Island, bei Berwick-upon-Tweed in der englischen Grafschaft Northumberland. Die Burg wurde im Jahre 1901 von Edwin Lutyens radikal umgebaut. Holy Island ist vom Festland aus bei Ebbe über einen Damm erreichbar, oder mit einem Boot von Ross aus.

Geschichte

Burg von Westen gesehen in den 1840er-Jahren

Lindisfarnes war im Mittelalter den den Angriffen der Wikinger und Schotten ausgesetzt, in einer hart umkämpfte Grenzregion zwischen England und Schottland.

Nachdem Heinrich VIII. die Abtei auf Lindisfarne hatte auflösen lassen, nutzten seine Truppen sie als Marinelager. 1542 befahl Heinrich VIII. dem Earl of Rutland, die Insel gegen eine schottische Invasion zu befestigen. Bis Dezember 1547 wurde Ralph Cleisbye, der Kapitän des Forts, mit folgenden Geschützen ausgestattet: ein fahrbarer Demi-Culverin, zwei Messing-Saker, ein Falconet und ein weiterer, fest montierter Demi-Culverin.[1] Beblowe Crag wurde 1549 befestigt. Der Militäringenieur Sir Richard Lee fand dort 1565 nur eine verfallene Plattform und einen Graswall vor. Elisabeth I. ließ 1570 und 1571 die Befestigungen verstärken und Geschützplattformen für neue Entwicklungen in der Artillerietechnologie anlegen. Diese Arbeiten kosteten £ 1191.[2] Als Jakob I. doe englische Krone erbte, war die Burg immer noch von der Garnison aus Berwick besetzt und schützte den kleinen Hafen von Lindisfarne Island. Nach der Vereinigung der Königreiche von England und Schottland wurde die Burg überflüssig. Im 18. Jahrhundert war die Burg kurzzeitig von jakobitischen Rebellen besetzt, wurde aber bald von königlichen Soldaten aus Berwick zurückerobert, die die Rebellen gefangen nahmen. Diese gruben sich aber nach draußen und versteckten sich neun Tage lang in der Nähe des nahegelegenen Bamburgh Castle, bevor sie endgültig flohen. In späteren Jahren diente die Burg als Ausguck für die Küstenwache und wurde zu einer Touristenattraktion. Charles Rennie Mackintosh zeichnete 1901 eine Skizze des alten Forts.

Im Jahre 1901 erwarb der Zeitungsverleger Edward Hudson, Besitzer des Magazins Country Life, die Burg. Er ließ sie von Edwin Luytens im Arts-and-Crafts-Stil umgestalten. Seit 1944 werden die Burg, der Garten und die nahegelegenen Kalkgruben vom National Trust verwaltet und sind öffentlich zugänglich.

Garten

Garten von Lindisfarne Castle in typischem Wetter

Der 500 m2 große eingefriedete Garten, vorher ein Viehgehege[3], liegt 500 m von der Burg entfernt. Er wurde von Lutyens langjähriger Freundin und Mitarbeiterin Gertrude Jekyll zwischen 1906 und 1912 entworfen. Die 63 jährige, stark kurzsichtige Landschaftsgestalterin besuchte die Insel 1906 persönlich[4]. Lutyens hatte für die Fläche zwischen der Burg und der Einhegung einen Wassergarten, Tennisplatz und Croquetrasen geplant, diese wurden jedoch aus Geldmangel nie ausgeführt.

Die Sonnenuhr im Zentrum des Gartens, im Hintergrund die Obelisken für Clematis. Blick nach Süden

Jekyll ließ ferner den Burgfelsen mit roter Spornblume, Natternkopf und filzigem Hornkraut bepflanzen. Dazu wurde ein achtjähriger Junge in einem Korb von der oberen Bastei heruntergelassen. Angeblich verschoß sie auch Samen mit einer Schrotflinte[5], diese Geschichte wird aber auch von Reginald Farrer berichtet. 1911 ließ Lutyens die Mauer um den Garten niedriger machen, das Gelände einebnen und Wege aus Steinplatten anlegen. Er nutzte eine falsche Perspektive, um den Garten größer erscheinen zu lassen. Jekyll entwarf zwei Pläne, mit einjährigen Pflanzen für das erste Jahr und mit Gehölzen, Stauden und wenigen einjährigen Planzen für die folgende Zeit. Der Garten enthielt ferner eine Rabatte mit Kräutern und Gemüse. Indemsie blaue Pflanzen auf der Vorderseite des Gartens pflanzen ließ, versuchte auch sie ihn größer erscheinen zu lassen. Da die Burg nur als Sommerresidenz diente, verwendete sie für ihre Verhältnise ungewöhnlich viele einjährige Sommerpflanzen[6]. Der Garten sollte vor allem von der Bastion der Burg betrachtet werden und war daher in breiten Pinselstrichen gestaltet. Im Westen lag ein Rosenbeet mit Rosa Zéphirine Drouhin und Killarney. Im Süden standen Fuchsien und andere rote und rosarot blühende Gehölze. An den Ecken der Beete wuchsen Gartenwicken an Haselstangen vom Festland[7]. Im Zentrum des Gartens stand eine Sonnenuhr, umgeben von Wollziest und Fetthennen.

Der Garten verwilderte und geriet weitgehend in Vergessenheit. Er wurde erst wiederentdeckt, als der Durhamer Dozent Michael Tooley für sein Buch "The Gardens of Getrude Jekyll in Northern England"[8] recherchierte und dabei auf die Pläne stieß, die sich seit 1932 im Beatrix-Farrrand-Archiv der University of California in Berkeley befinden[9].

In den Jahren 2002–2006 wurde der Garten vom National Trust nach Jekylls Pflanzplänen restauriert, die freilich fast unverständlich sind und eine große Zahl von Vermutungen nötig machen[10]. Andere Pflanzen, wie Rittersporn und Bechermalve, erwiesen sich als ungeeignet für das örtliche rauhe Klima[11].

Unterstände

Info-Gebäude in einem Schiffsrumpf

Lutyens nutzte umgedrehte, aufgegebene Boote („Heringsbusse“) als Unterstände. 2005 wurden zwei dieser Boote abgebrannt. Sie wurden 2006 ersetzt, und das dritte Boot wurde vom National Trust renoviert. Der Ersatz der beiden abgebrannten Boote durch zwei neue Bootsunterstände ist auf der DVD „Diary of an Island“ zu sehen. Dort wird gezeigt, wie ein Fischerboot aus Leith in einer Werft in Eyemouth auseinandergeschnitten wurde und die beiden Unterstände dann auf die Insel transportiert und mit einem Kran aufgestellt wurden.

Der spanische Architekt Enric Miralles nutzte Lutyens umgedrehte „Heringsbusse“ als Inspiration für seinen Entwurf des schottischen Parlamentsgebäudes in Edinburgh.[12]

Lutyens’ Umbauten

Lutyens Pläne für den Umbau der Burg

n der ganzen Burg nutzte Lutyens Stein, Ziegel, Schiefer und Holz, um einfache Formen zu schaffen, und Gewebe, um rustikalen, spartanischen Lebensstil zu demonstrieren. Obwohl eine Burg, ist das Gebäude doch ein heimeliger Ort, wo menschliches Maß die Raumgröße bestimmt, aber unpassende architektonische Elemente eingesetzt werden.

Eingang zur Burg

Der steile Aufstieg zur Burg führt über die Felsen, auf denen die Burg steht. Lutyens’ Aufstieg war nicht durch Geländer oder Zäune gesichert, um dem Besucher ein Gefühl für die Ausgesetztheit des Standortes zu vermitteln. Als der spätere König Georg V. und seine Frau Maria von Teck die Burg 1908 besuchten, sollen sie von diesem rauen Weg schockiert gewesen sein.

Innenräume 1921

Die Eingangshalle, die an ein Kirchenschiff erinnert, wird von großen Pfeilern geteilt, deren dunkler rotbrauner Stein mit dem geweißten Putz kontrastiert. Die Halle hat einen Steinboden. Die Küche ist fast leer, ein großer Steinofen dominiert. In der Spülküche gibt es ein kleines Fenster über einem Steinwaschbecken, das von einem Mechanismus zur Bedienung des Fallgatters umgeben ist. Das Speisezimmer liegt im Inneren des Forts aus der Tudorzeit. Die Gewölbe hier und im angrenzenden Schiffsraum dienen ganz konstruktiven Zwecken, weil sie das Fundament für die Geschützbatterien darüber bilden. Der breite Kaminsims enthält einen alten Brotofen. Hier hat Lutyens das Alter des Raumes mit neugotischen Maßwerkfenstern betont, die von Vorhängen umrahmt werden, die nach außen schwingen und flach an der Wand aufliegen. Eine der Begrenzungswände ist in intensivem Berliner Blau gehalten, das mit dem fischgrätgemusterten roten Ziegelfußboden kontrastiert.

Im Schiffsraum nebenan erfüllt eine grüne Wand denselben Zweck. Die Möbel passen mit ihren vielen dunklen Holzintarsien in Tischen und Schränken dazu. Die Bezüge der wenigen gepolsterten Stühle und Sofas sind zu Pastelltönen verblasst. Das größte Schlafgemach auf der Ostseite ist hell und luftig und besitzt ebenfalls Vorhänge an ausziehbaren Stangen. Die Lange Galerie ist ein neuer Raum, den Lutyens als Pendant zu den großartigen Galerien elisabethanischer und jakobinischer Häuser plante. Sie ist viel kleiner, der Einsatz von ausgeformten Steinbögen und Eichenbalken hinterlässt einen großartigen, aber rustikalen, Eindruck. Weiter oben hat eine weitere Galerie am Ende eine erhöhte Plattform. Von dort aus führt eine Eichentür auf die obere Geschützbatteri mit einen spektakulären Ausblick auf die Küstenlinie. Das Musikzimmer der Burg wurde von Guilhermina Suggia, einer häufigen Besucherin, genutzt. Ein Cello in diesem Raum erinnert daran.

Filmkulisse

Lindisfarne Castle diente einer Reihe von Filmen als Kulisse. Roman Polanskis klassischer Film Wenn Katelbach kommt… von 1966, ein psychologisches, komisches Drama mit Donald Pleasence, Lionel Stander und Françoise Dorléac in den Hauptrollen wurde vollständig in der Burg und ihrer Umgebung gedreht. Sie stellt die Residenz von Pleasences und Dorléacs Charakteren dar. Polanski kehrte später auf die Burg zurück, um einige Szenen für seinen Film Macbeth von 1971 zu drehen, wo Lindisfarne Castle für Glamis Castle steht. Die Nutzung der Burg in Macbeth inspirierte die Produzenten der britischen Fernsehserie Cold Feet (1998–2003), sie für die Außenszenen einer Episode zu nutzen, während die Innenszenen in Hoghton Tower gedreht wurden.[13] Die Burg wurde auch als Double für Mont San Pierre in dem Film The Scarlett Pimpernell von 1982 mit Anthony Andrews in der Hauptrolle genutzt. Für die britischen Fernsehserie Wolf Blood wurde eine Episode auf Lindisfarne Castle gedreht.

Einzelnachweise

  1. David Starkey (Herausgeber): The Inventory of Henry VIII. Band 1. Society of Antiquaries, 1998. S. 134.
  2. Howard Colvin (Herausgeber): The History of the King's Works. Band 4. Teil 2. Her Majesty’s Stationary Office, London 1982. S. 674–679.
  3. Jackie Bennet, Island Gardens. London, White Lion 2018, 177
  4. Jackie Bennet, Island Gardens. London, White Lion 2018, 177
  5. Jackie Bennet, Island Gardens. London, White Lion 2018, 179
  6. Jackie Bennet, Island Gardens. London, White Lion 2018, 179
  7. Jackie Bennet, Island Gardens. London, White Lion 2018, 182
  8. Michael Tooley/Rosanna Tooley, The gardens of Gertrude Jekyll in Northern England. Witton-le-Wear, Michaelmas, 1982, ISBN 0946426007
  9. Jackie Bennet, Island Gardens. London, White Lion 2018, 181
  10. Jackie Bennet, Island Gardens. London, White Lion 2018, 179
  11. Jackie Bennet, Island Gardens. London, White Lion 2018, 184
  12. Scots Parliament architect dies. BBC News Scotland. Abgerufen am 27. April 2015.
  13. Geoff Tibballs: Cold Feet: The Best Bits…. Granada Media, London 2000. ISBN 0-233-99924-8. S. 211.
Commons: Lindisfarne Castle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Koordinaten: 55° 40′ 8,4″ N, 1° 47′ 6″ W