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Parlamentspartei

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Als Parlamentsparteien werden die durch eine Parlamentswahl in ein nationales Parlament entsandten politischen Parteien bezeichnet. Bisweilen sind in den Begriff auch die Parteien in Landtagen oder anderen Regionalparlamenten eingeschlossen.

Ein Gegenbegriff zu Parlamentsparteien sind die Kleinparteien, deren parlamentarische Vertretung oft an den üblichen 3- bis 5-Prozent-Hürden scheitert.

Parteienspektrum und politische Stabilität

Zum Schutz vor einer Zersplitterung des politischen Spektrums und zur Vermeidung von Regierungskrisen kennen die meisten demokratischen Verfassungen eine Sperrklausel von einigen Prozent der Stimmen. Sie soll verhindern, dass viele Kleinparteien die kontinuierliche Politik einer Legislaturperiode erschweren, und dass zu kleine, nur Teilaspekte vertretende Wählergruppen als "Zünglein an der Waage" einen überproportionalen Einfluss auf das politische Geschehen ausüben. Erreicht eine wahlwerbende Partei nicht im ganzen Staat diesen Prozentsatz an Wählerstimmen - oder je nach Wahlrecht in einem Teilstaat, bzw. eine Anzahl von Grundmandaten) - so bleibt ihr Stimmenanteil unberücksichtigt und die potentielle Anzahl an Mandaten geht an die größeren politischen Mitbewerber.

Solche Regelungen mit prozentuellen (oder ähnlich wirkenden) Klauseln veranlassen Parlamentsparteien, sich auch bei Krisen oder mehreren prominenten Kandidaten für den Parteivorsitz nicht in kleine, unabhängige Flügel zu spalten und so die politische Stabilität eines Landes zu vermindern.

Regierungsbildung und Koalitionen

Die Regierungsbildung erfolgt in demokratischen Systemen meistens durch Verhandlungen zwischen Vertretern der stärksten Parlamentspartei und solchen der schwächeren Parteien. Dabei ist das Ziel, staatstragende Parteien in Regierungsverhandlungen auf ein gemeinsamen Vorgehen für die 3 bis 5 Jahre einer Legislaturperiode zu verständigen. Naturgemäß gelingt das leichter zwischen Parteien ähnlicher Ausrichtung bzw. auf derselben Seite des politischen Spektrums:

Andere demokratische Regierungsformen

Ist die Bildung solcher oder anderer Mehrheiten nicht möglich, ist ein häufiger Ausweg ein Minderheitskabinett, das allerdings auf Duldung durch andere Parteien oder auf die Suche nach einer parlamentarischen Mehrheit von Fall zu Fall angewiesen. Eine Minderheitsregierung kann relativ leicht durch einen Misstrauensantrag zu Fall gebracht werden. In der BRD kann sie durch ein konstruktives Misstrauensvotum unmittelbar durch eine Regierung "anderer Couleur" ersetzt werden.

Hat eine Parlamentspartei die absolute Mehrheit an Mandaten (was sich je nach Wahlrecht von dem Stimmenanteil unterscheiden kann), ist sie in der Lage, eine Alleinregierung zu bilden. In der westlichen Welt sind solche auch monochrom genannten Regierungen in den letzten Jahrzehnten allerdings eher selten geworden; in Deutschland gab es sie z. B. in Hessen.

Liegt die Mehrheit der größten Parlamentspartei nur knapp unter oder über 50 Prozent, versucht sie häufig, die Regierung mit einem "Juniorpartner" zu bilden. In solche Verhandlungen kann die kleinere Partei (in Deutschland vor 1998 meistens die FDP) oft mehr ihrer politischen Ziele ins Regierungsprogramm verhandeln, als ihrem Stimmenanteil entspricht. In den letzten Jahren waren solche Verhandlungen in einigen Bundesländern erfolgreich (etwa Sachsen, Schleswig-Holstein oder Oberösterreich), sind aber z. B. in Hessen (knappe CDU-Mehrheit) abgebrochen worden.

Parlamente und Kleinparteien

Die sogenannten Sperrklauseln (i.d.R. 3 bis 5%) erhöhen meistens die politische Stabilität eines Landes und verhindern, dass die Parteienlandschaft allzu sehr zersplittert. Dennoch ist es möglich, dass Kleinparteien - zum Beispiel durch ungewöhnliche aktuelle Themen - ins Parlament gewählt werden, obwohl sie nur ein sehr enges oder berufsspezifisches Wählerpotential besitzen.

In Europa traten solche Situationen zuletzt in Zusammenhang mit der NPD und bei einigen Beitrittsländern der letzten EU-Erweiterung auf, z. B. in Polen. In manchen Ländern traditionell sind auch Regierungsbeteiligungen kleiner Zentrumsparteien oder von Landwirte-Parteien. Andere Möglichkeiten, dass kleine Organisationen zu Parlamentsparteien avanvieren, bestehen in Sperrklauseln, die nicht für den ganzen Staat, sondern pro Bundesland gelten. Sie sind zwar meistens höher, haben aber regional starken Gruppierungen wie der PDS in Ostdeutschland oder früher dem Grünen zum Einzug ins Parlament verholfen. Dasselbe gelingt bekannten Abgeordneten beim Erringen einzelner Mandate in größeren Wahlkreisen (siehe auch Persönlichkeitswahlrecht).

In manchen Ländern sieht die Wahlordnung die Möglichkeit vor, dass sich kleine, aber ähnlich ausgerichtete politische Parteien zu Wahlbündnissen zusammenschließen. In Russland sind es fast immer bekannte Politiker, die als "Galionsfigur" solcher Gruppierungen fungieren, allerdings auch manchmal die Konstellation wechseln.

Mancher Kleinpartei gelingt der Sprung ins Parlament, wenn sie über ein- oder mehrere zugkräftige Kandidaten bzw. bekannten Parteichef verfügt. Im letzten Jahrzehnt gelang dieses unter anderem (aber nur für einige Jahre) dem österreichischen liberalen Forum, aber auch manchen Abspaltungen von der Sozialdemokratie (z. B. in Italien, in Südamerika, mancher gewerkschaftlich gestützter Gruppierung (z. B. DFP) und einer westdeutschen Linkspartei aus Teilen der SPD).

Unter eher skurrilen Vorzeichen haben Gruppierungen wie die Autofahrerpartei oder Parteien mit der Bezeichnung "Fortschritt" im Namen versucht, in den Rang einer Parlamentspartei aufzusteigen. Ob und wo dieses gelungen ist, wäre einer näheren Untersuchung wert. Es gab sogar Kleinparteien für Hunde-, Katzen- oder Tierfreunde, wogegen solche für Hausbesitzer schon fast solide erscheinen.

Siehe auch: