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Akromegalie

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Als Akromegalie - von griech.: akron "äußerst" und megas, megalon "groß" - wird eine ausgeprägte Vergrößerung der Körperendglieder oder vorspringenden Teile des Körpers (Akren) bezeichnet. Hierzu zählen Hände, Füße, Unterkiefer, Kinn, Nase und Augenbrauenwülste.

Die Akromegalie ist eine endokrinologische Erkrankung, die durch eine Überproduktion des Wachstumshormons Somatotropin (STH) hervorgerufen wird. Von einer Million Einwohnern haben drei oder vier eine Akromegalie.

Ursachen

Die Akromegalie wird durch die unkontrollierte Produktion des Wachstumshormons hervorgerufen. In 95 % der Fälle liegt der Akromegalie ein gutartiger, Wachstumshormon-produzierender (Tumor) des Vorderlappens der Hirnanhangsdrüse zugrunde, selten ein maligner Tumor.

Symptome

Die Symptomatik der Akromegalie wird entscheidend davon geprägt, ob die Erkrankung in der Zeit vor oder nach dem Schluss der Epiphysenfugen eintritt:

Vor Abschluss des Längenwachstums kommt es zum sog. Gigantismus bzw. hypophysären Riesenwuchs. Die normalen Körperproportionen bleiben weitgehend erhalten.

Nach Verschluss der Epiphysenfugen ist ein Wachstum nur noch an den knöchernen Akren und im Bereich der Weichteile (Kehlkopfbereich), inneren Organe (Viszeromegalie; euthyreote Struma) Haut (Zunahme der Hautdicke; Hypertrichose) im Knorpelbereich (Wucherungen und damit Entstehung von Arthrosen) möglich. Die Körperproportionen wirken durch dieses Wachstum unharmonisch und deutlich vergröbert.

Weitere Symptome können durch begleitende Störungen wie einem labilen Zuckerkrankheit oder einer verminderten Glukosetoleranz, Potenz- und Libidoabnahme bestehen. Seltener kommt es zu einer sekundären Amenorrhoe (Ausbleiben der Regelblutung) und Galaktorrhoe; 30 % der Patienten weisen einen erhöhten Blutdruck auf.

Die Patienten klagen häufig über Kopfschmerzen [1] und allgemeine Abgeschlagenheit sowie Knochenschmerzen. Eine vermehrte Neigung zum exzessiven [Hyperhydrose|Schwitzen]] ist nicht selten. Taubheitsgefühl oder Kribbeln in den Händen weist auf ein Karpaltunnelsyndrom hin, das in 20 % der Fälle vorkommt.

Mehr als 90 % der Patienten hat ein Schlaf-Apnoe-Syndrom mit lautem Schnarchen, Atemstillständen und kaum erholsamem Nachtschlaf. Den Betroffenen fällt die schleichende Umgestaltung ihrer Physiognomie selten selbst auf, aufschlussreich ist der Vergleich mit zum Beispiel einem alten Passbild, sie wundern sich allerdings über eine Zunahme ihrer Hut- oder Schuhgröße als Erwachsene.

Kieferorthopädische Konsultationen wegen einer zunehmenden Fehlstellung des Gebisses sind nicht selten.

Kommt es durch das Wachstum des Hypophysentumors infolge lokaler Druckwirkungen zu Gesichtsfeldausfällen oder anderen Hirnnervenausfällen, ist das Stadium ernsthafter Komplikationen erreicht, und oft wird erst jetzt eine entschlossene diagnostische Aufarbeitung angestrebt.

Die Lebenserwartung von Menschen mit Akromegalie ist deutlich eingeschränkt, die Sterblichkeit ist im Vergleich zum Durchschnittskollektiv um das zwei- bis vierfache erhöht. Dies liegt einerseits an den direkten Manifestationen der Erkrankung, andererseits aber an den Folgererscheinungen des begleitenden Bluthochdrucks und der Zuckerkrankheit, die zu einer erhöhten Rate an Herzkreislauferkrankungen führen. Ob eine erhöhte Bereitschaft zur Entstehung von Krebserkrankungen, namentlich Darmkrebs, besteht, gilt derzeit als noch umstritten.

Diagnostik

Die Akromegalie verläuft schleichend, was die Diagnosestellung erschwert. Häufig werden ihre Symptome zunächst fehlgedeutet. Da die Erkrankung selten ist, wird auch selten an sie gedacht. So kommt es, dass die Diagnose im durchschnittlichen Mittel erst neun bis zehn (!) Jahre nach dem Beginn der Symptome erkannt wird. [2]

Neben dem typischen klinischen Bild der Erkrankung mit der fast immer vorhandenen Vergrößerung von Händen und Füßen ist die Bestimmung der Hormonaktivität entscheidend. [3]

Sobald der Verdacht auf das Vorliegen einer Akromegalie besteht, sollte zuerst IGF-1 (insulin-like growth factor-I) bestimmt werden. Dieses Hormon eignet sich am besten sowohl als Suchtest, als auch zur Beurteilung des Erfolgs nach einer durchgeführten Behandlung, da eine Akromegalie bei normalen Werten extrem selten vorliegt.

Die Bestimmung des Wachstumshormons (auch: GH = Growth Hormone = Somatotropin = Somatotropes Hormon = STH) selbst ist möglich, aber wesentlich weniger empfindlich und daher von geringer Bedeutung. Seit über 40 Jahren ist deshalb die empfindlichere Messung des Wachstumshormons nach einer Provokation mit Traubenzucker (STH-Suppressionstest beim oralen Glukosetoleranztest OGTT) in Gebrauch. Keine praktische Bedeutung hat die Bestimmung des Growth-hormone releasing factors GHRF.

Sehr selten tritt die Akromegalie als Teil eines genetischen Syndroms auf. Dazu gehören die multiple endokrine Neoplasie Typ 1 (MEN 1), das McCune-Albright-Syndrom, die familiäre Akromegalie und der Carney-Komplex. Zur weiteren Diagnostik (Tumornachweis) dienen zusätzlich CT und MRT.

Therapie

Die Therapie der Wahl besteht nach heutigem Stand in der zügigen Vorstellung des Patienten zur chirurgischen Entfernung des Tumors der Hirnanhangsdrüse. Für die Operation stehen ein translabialer und ein transnasaler Zugangsweg zur Auswahl.

Die alleinige medikamentöse Behandlung sollte jedoch nur einer kleinen Gruppe von Patienten vorbehalten bleiben. Nach einer Operation wird sie erforderlich, wenn das hormonproduzierende Gewebe nicht vollständig entfernt werden konnte. Mehrere Wirkstoffgruppen stehen für die medikamentöse Behandlung zur Verfügung: der Dopaminagonist Cabergolin, die Somatostatinanaloge Octreotid und Lantreotid sowie der Wachstomshormonantagonist Pegvisomant.

Bei großen Hormontumoren werden auch verschiedene Methoden der Bestrahlungstherapie mit Erfolg eingesetzt.

Sonstiges

Es wird vermutet, dass der Pharao Echnaton an Akromegalie litt[1]. Robert Pershing Wadlow, der wohl größte Mensch aller Zeiten, hatte Akromegalie[2], ebenso wie die Schauspieler Richard Kiel und Carel Struycken und der Wrestler André the Giant.

Quellen

  1. AACE Acromegaly Guidelines Task Force. AACE Medical Guidelines for Clinical Practice for the diagnosis and treatment of acromegaly. Endocrine Practice 2004 May-Jun;10(3):213-25. PMID 15382339
  2. Nabarro JD. Acromegaly. Review. Clin Endocrinol (Oxf). 1987;26(4):481-512. PMID 3308190
  3. AACE Acromegaly Guidelines Task Force. AACE Medical Guidelines for Clinical Practice for the diagnosis and treatment of acromegaly. Endocrine Practice 2004 May-Jun;10(3):213-25. PMID 15382339