Wittek (Comiczeichner)
Wittek, eigentlich Thomas Wittke (* 17. November 1964 in Dinslaken), ist ein deutscher Comiczeichner.
Werdegang
1984: Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) zum Betriebsschlosser bei BABCOCK in Oberhausen-Sterkrade. Ende der 80er machte Wittek eine Ausbildung zum Druckvorlagenhersteller (Fachrichtung Reprovorbereitung) in der "Creativ Werbung Piotrowiak" in Essen, damals eine der letzten Werbeagenturen ohne Computer: das bedeutete Copyproof-Abzüge in der Dunkelkammer und handgeklebte Reinzeichnungen der alten Schule. 1991 Umzug von der Trabrennstadt Dinslaken nach Hamburg.
Ein Jahr lang freiberufliches Arbeiten als Illustrator und Wohnen in Norderstedt. An der Fachhochschule für Gestaltung (heute HAW) studierte er Anfang der 1990er Jahre Illustration bei Professor Erhard Göttlicher im Raum W44 , Zeichnen bei Anke Feuchtenberger und Klaus Ensikat, Trickfilm bei Stefan Schabenbeck, Buchkunst bei Jürgen Seuss und Geräuschmusik bei Asmus Tietchens. Er war an der FH für Gestaltung in der Gruppe 313 (benannt nach dem Raum Nr. 313, in dem sich die comicinteressierten Studenten trafen) Mitgründer des studentischen Comicmagazins Unangenehm, von dem 5 Themenausgaben erschienen sind ("Weihnachten", "Rock`n´Roll", "Drogen", "Sex" und "Arbeit"), bevor er im Zwerchfell Verlag seine eigene Heftserie Bizarr Bazar veröffentlichte, deren erste Ausgabe in der Comicfachpresse hochgelobt und für diverse Preise nominiert wurde.
Bizarr Bazar Nr.1 - Der manierierte Autobiograph war eine Sammlung von Kurzgeschichten, die zwischen September 1994 und November 1998, von einer Rahmenhandlung umgeben, entstanden sind. Die Geschichten erzählten autobiographisch Erlebnisse des Zeichners nach, zu den Themen Krankheit (Zahnbehandlung), Drogen (Alkohol und Tabakgenuss) Kindheit und die Liebe zu den Comics. Das Heft sollte als Hommage an den amerikanischen Undergroundcomic der 1960er Jahre verstanden werden. Bemerkenswert waren darin vor allem die extrem aufwendig gemachten, handpunktierten, sehr detaillierten Zeichnungen, die an klassische Strichumsetzungen und Radierungen erinnerten.
Der 2. und 3. Bizarr Bazar, eine Miniserie mit den Titeln Inferno Karneval und Operation Dedorf enttäuschte die Leser nach den großen Erwartungen, die das erste Heft hinterlassen hatte. Zitat Wittek: "Für das erste Album hat man ein halbes Leben Zeit, für das zweite drei Monate. Anstatt das erste Heft zu übertreffen, wählte ich den einfacheren Weg- das Publikum zu verärgern...". In dem Zweiteiler erzählt Wittek den Düsseldorfer Karneval nach, den er mit seinen Freunden Frank und Rainer am 29. Mai 1990 feierte, mit einem katastrophalen Ausklang. Zeichnerisch sehr viel reduzierter als der 1.Bizbaz, benutzte Wittek für die penibel nachrecherchierten Dialoge lange Gespräche mit den Protagonisten und Tonbandaufnahmen. Bestritt er den ersten Teil "Inferno Karneval" allein, waren am 2. Teil "Operation Dedorf" 11 Gastzeichner beteiligt, darunter Fil, Levin Kurio, Calle Claus und Klaus Cornfield.
Es folgte die dreiteilige Miniserie Bizarr Bazar 4, 5 und 6 - Histerie Kollektion, eine Sammlung von Wittek´schen Comics, die zum Teil unveröffentlicht oder in diversen Fanzines in kleiner Auflage erschienen waren, u.a. das berüchtigte "Mangagirlies gegen Nazizombies" oder der "Kampf der Chromosomen", der den immerwährenden Geschlechterkampf im Gewand der Superhelden- und Mangacomics zeigte. Erstveröffentlichung wird die im finalen dritten Teil der Kollektion enthaltene 28seitige Horrorsplatterstory "Göbbegranks gegen Nazizombies" (Göbbegranks = Körperkranks) sein, die 2007 im Zwerchfell-Verlag erscheinen soll.
Aufsehen erregten aber auch seine schrägen, ab Ende der 90er Jahre herausgegebenen, in winzigen Auflagen (von 30 bis 100 Exemplaren) in Copyshops vervielfältigten Comic-Heftserien Comiczeichner sind..., Schmocka, Chwouhl, Boiler und andere, die heute noch kontinuierlich fortgesetzt werden.
In den Ully Arndt-Studios arbeitete er ab 1998 als Trickfilm-Reinzeichner und Assistent von Michael Verhülsdonk und lernte den Umgang mit diversen Computerprogrammen, u.a. Adobe Photoshop zur Comic-Kolorierung. Ebendort machte er von 2000 bis 2002 als Ghostzeichner von Ully Arndt die Comicserie "Mecki" für die Fernseh-Illustrierte HörZu.
Vom Frühjahr 2000 bis Anfang 2006 war Wittek 1. Vorsitzender der Initiative Comic Kunst e.V. (INC.) und organisierte das in Hamburg jährlich stattfindende Comic-Independentfestival Heftich.
Seit 2003 ist er Herausgeber der im Verlag Schwarzer Turm publizierten Comic-Anthologiereihe Panik Elektro. Bisher sind die Themenausgaben "Autobiographischer Horror", "Superhelden und Science Fiction", "Lovestories" und "Mein größter Fehler" erschienen. In Vorbereitung ist der Band "Disco".
Mit dem ehemaligen Kanzlerkandidaten der APPD, Karl Nagel, drehte er 2005 deren berühmt-berüchtigten Wahlkampfspot. Und gründete mit ihm Anfang 2004 das Comicstudio Alligator Farm in Hamburg-Bahrenfeld. Er fungierte dort als Mentor und Zeichenlehrer. Mit jungen Zeichnertalenten und Nagel erarbeitete er die Heftprojekte "Perry" (eine Fortsetzung einer Comicumsetzung der S.F.- Romanheftserie "Perry Rhodan" aus den 70er Jahren) und das Comicmagazin "Elbschock", das "Ultimative Hamburger Horrorcomicmagazin" (aus den Hamburger Medien bekannte, skandalöse Themen werden frei als Comicgeschichten nacherzählt).
Im Juni 2006 erregte Witteks "Perry Rhodan"-Parodie Chwouhl 3 - Perry Hoden auf dem 12. Comicsalon in Erlangen Aufmerksamkeit, nicht nur durch die vehemente Benutzung des Geräuschworts "Kochonsel" im Comic selbst (s. Wiktionary: Humorarchiv), sondern auch als Graffiti auf Wänden, Möbeln und Körpern.
Witteks Comics, die inhaltlich meist bizarr und provozierend wirken, wegen der Vielfalt der zeichnerischen Stile aber schwer zu katalogisieren sind, brachten ihm die Bezeichnung "der Frank Zappa des Comics" ein.
Seinen Lebensunterhalt verdient Wittek derzeit als Herausgeber, Illustrator, Reinzeichner für Werbezeichentrickfilme und Postbote.
Ehrungen
1998 erhielt Wittek den ICOM Independent Comic Preis.