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Hoden

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Der Hoden (v. althochdt.: hodo der Verhüllende) (lat.: Testis, Plural: Testes; Testikel; griech.: Orchis) ist ein paarig angelegtes inneres männliches Geschlechtsorgan der Wirbeltiere. Er gehört, wie der Eierstock der weiblichen Individuen, zu den sogenannten Keimdrüsen (Gonaden) und produziert die Samenfäden (Spermien). Zudem werden im Hoden männliche Geschlechtshormone (Androgene), vor allem das Testosteron, gebildet.

Anatomie

Säugetiere

Größe und Lage

Datei:Male anatomy de.png
Männliche Geschlechtsorgane des Menschen

Der menschliche Hoden ist etwa pflaumenförmig und hat ein Gewicht von 20 bis 30 Gramm und ein Volumen von 15 bis 25 ml. Die Größe kann jedoch von Haselnuss- bis Hühnereigröße variieren. Bei den übrigen Säugetieren variiert die Hodenform von rundlich bis eiförmig. In der Größe gibt es deutliche Unterschiede, eine direkte Beziehung zum Körpergewicht besteht nicht. Relativ große Hoden haben Nagetiere, Schafe (bis zu je 300 g) und Hausschweine (bis zu je 750 g), relativ kleine dagegen die Raubtiere. Bei Tieren mit einer jahreszeitlichen Periodik in der Fortpflanzung unterliegt die Hodengröße darüber hinaus saisonalen Schwankungen, die Hoden sind in der Paarungszeit deutlich größer als in der Paarungsruhe.

Bei den meisten Säugetieren liegen beide Hoden bei geschlechtsreifen Individuen im Hodensack (Scrotum) bzw. in hodensackähnlichen Hauttaschen. Die Hoden entstehen zwar in der Bauchhöhle, wandern aber um die Geburt herum, bei Nagetieren erst zur Pubertät, durch den Leistenkanal in den Hodensack, ein Vorgang der als Hodenabstieg (Descensus testis) bezeichnet wird. Bei einigen Säugetieren (z. B. Hamster) findet ein saisonaler Hodenabstieg statt, die Hoden liegen nur zur Paarungszeit außerhalb der Bauchhöhle. Innerhalb der Säugetiere gibt es allerdings einige Tiergruppen, bei denen die Hoden generell in der Bauchhöhle verbleiben, die sogenannten Testiconda. Zu den Testiconda gehören beispielsweise Elefanten und die meisten Meeressäugetiere wie Wale und Robben.

Anatomischer Aufbau

Hoden, Nebenhoden und Samenstrang einer Katze.
1 Kopfende, 2 Schwanzende, 3 Nebenhodenrand, 4 freier Rand, 5 Hodengekröse, 6 Nebenhoden, 7 Geflecht der Hodenarterie und -vene, 8 Samenleiter.

Die äußere anatomische Gliederung des Hodens erfolgt nach dem ihm anliegenden und mit ihm verwachsenen Nebenhoden. Der zum Nebenhodenkopf zeigende Hodenabschnitt wird als Kopfende (Extremitas capitata), der zum Nebenhodenschwanz zeigende als Schwanzende (Extremitas caudata) bezeichnet. Am Schwanzende befindet sich häufig ein funktionsloses, warzenförmiges Rudiment des sogenannten Müller-Ganges, das als Hodenanhang (Appendix testis, eine Morgagni-Hydatide) bezeichnet wird. Der zum Nebenhoden zeigende Rand ist der Nebenhodenrand (Margo epididymalis), ihm gegenüber liegt der freie Rand (Margo liber). Außerdem lassen sich eine zur Mitte zeigende (Facies medialis) und eine nach außen zeigende Fläche (Facies lateralis) unterscheiden.

Querschnitt durch den Scheidenhautfortsatz.
1 Hoden, 2 Nebenhoden, 3 Hodengekröse, 4 Organblatt der Scheidenhaut, 5 Wandblatt der Scheidenhaut, 6 Cavum vaginale, 7 Nebenhodengekröse, 8 Fascia spermatica interna

Bei seiner Wanderung in den Hodensack stülpt der Hoden eine Aussackung des Bauchfells und der inneren Rumpffaszie (hier als Fascia spermatica interna bezeichnet) aus, den Scheidenhautfortsatz (Processus vaginalis). Der Bauchfellanteil dieser Ausstülpung wird als Scheidenhaut (Tunica vaginalis) bezeichnet. Sie kleidet dabei das Hodensackinnere aus (sogenanntes Wandblatt, Lamina parietalis oder Periorchium), stülpt sich dann als Doppellamelle ins Innere und überzieht dann als Eingeweideblatt (Lamina visceralis oder Epiorchium) den Hoden. Zwischen den beiden Blättern befindet sich ein sehr enger Spaltraum, das Cavum vaginale, das die Verschieblichkeit des Hodens im Hodensack sicher stellt. Die Verbindungstelle zwischen den beiden Blättern ist das Hodengekröse (Mesorchium), welches der Befestigung des Hodens im Hodensack dient. Der Hoden ist außerdem am Schwanzende mit einem kurzen Band mit dem Nebenhoden verbunden (Hodeneigenband, Ligamentum testis proprium). Dieses setzt sich vom Nebenhodenschwanz als Nebenhodenschwanzband (Ligamentum caudae epididydimis) fort und befestigt den Hoden zusätzlich indirekt am Boden des Hodensacks.

Direkt unter dem Bauchfellüberzug des Hodens liegt eine dicke weißliche Bindegewebskapsel, die Tunica albuginea. Sie sorgt für die mechanische Festigkeit des Organs und hält einen gewissen Innendruck aufrecht. Von dieser Kapsel ziehen Septen in das Innere und unterteilen den Hoden in Hodenläppchen (Lobuli testis). Weit im Inneren entsteht dabei ein zentraler Bindegewebskörper, das Mediastinum testis (in der Humananatomie auch Corpus Highmori nach Nathaniel Highmore (1613-1685)).

Blutgefäße und Nerven

Hodenarterie eines Bullen.
1 Rankenkonvolut, 2 Hodenarterie, 3 Gefäßbett des Hodens, 4 Nebenhodenarterie.

Die Blutversorgung des Hodens erfolgt über die Hodenarterie (Arteria testicularis). Sie entspringt, entsprechend dem Ort der embryonalen Anlage des Hodens (s. u.), unmittelbar hinter der Nierenarterie direkt aus der Bauchaorta im Lendenbereich. Bei den Tieren mit Hodenabstieg muss sich die Hodenarterie entsprechend verlängern und verläuft an der hinteren Bauchwand entlang, in einem kurzen Gekröse (Mesorchium proximale) zum Leistenkanal. Außerhalb der Bauchhöhle tritt sie in den Samenstrang. Hier legt sie sich in enge spiralige Windungen, das sogenante Rankenkonvolut. Dabei ist beispielsweise beim Hausrind ein 2 m langer Arterienabschnitt auf einer Samenstranglänge von 13 cm untergebracht. Das Rankenkonvolut ist vom Rankengeflecht (Plexus pampiniformis) der Hodenvene (Vena testicularis) umsponnen. Hierdurch entsteht eine große Kontaktfläche zwischen zu- und abführendem Blut, die als Wärmeaustauscher fungiert. Im Hodensack liegt die Temperatur wenige Grad unter der Körperinnentemperatur, was für die Bildung fruchtbarer Spermien bei Säugetieren mit Hodenabstieg unerlässlich ist. Das ankommende Blut in der Arterie wird durch diese Anordnung vom abfließenden Blut der Vene heruntergekühlt.

Die Hodenarterie verläuft am Nebenhodenrand zunächst zum Schwanzteil des Hodens. Von dort zieht sie innerhalb der Hodenkapsel am freien Rand bei den meisten Säugetieren (eine Ausnahme machen beispielsweise Wiederkäuer) wieder zum Kopfende. Ihre Aufzweigungen verlaufen geschlängelt in der Tunica albuginea über die Seitenflächen und treten über die Hodensepten ins Innere zum Mediastinum testis und von dort wieder zentrifugal zurück zu den Samenkanälchen, um die sie ein Kapillarnetz bilden.

Die Innervation des Hodens wird durch den Sympathikus, einem Teil des vegetativen Nervensystems, vermittelt. Die Nervenfasern kommen aus dem Grenzstrang des Lendenbereichs und ziehen, die Hodenarterie geflechtartig umspinnend, (Plexus testicularis, Syn. Nervus spermaticus cranialis) zum Hoden. Eine zweite Gruppe von Nervenfasern verläuft vom Kreuzteil des Sympathikus mit dem Samenleiter (Ductus defrens) zum Hoden (Plexus deferentialis, Syn. Nervus spermaticus caudalis). Die efferenten Nervenfasern treten vor allem an die Blutgefäße und regulieren damit die Durchblutung und Temperatur des Hodens. Eine Beteiligung an der Steuerung der Spermienbildung, dem Spermientransport und der Hormonproduktion im Hoden wird derzeit diskutiert, primär erfolgt diese Steuerung aber über Hormone. Die sympathischen Nervenfasern, die Informationen zum Zentralnervensystem leiten (Visceroafferenzen), ziehen zu den Spinalganglien des Lendenbereichs. Sie leiten Schmerzempfindungen (Eingeweideschmerz), allerdings wird ein Großteil der hohen Schmerzempfindlichkeit des Hodens über die sensiblen Nervenfasern der Hodenhüllen (Äste des Nervus genitofemoralis) vermittelt.

Übrige Wirbeltiere

Bei allen anderen Wirbeltieren liegen die die Hoden in der Leibeshöhle und unterhalb der Nieren. Die Hodengröße weist extremere jahreszeitliche Schwankungen als bei Säugetieren auf.

Bei Fischen liegen die langgestreckten Hoden unterhalb der Niere. In den Hoden kann gleichzeitig Eierstockgewebe auftreten.

Bei den Reptilien liegen die Hoden vor und unterhalb der Nieren in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Nebennieren.

Auch bei den Vögeln liegen die Hoden vor den Nieren an den Nebennieren. Im Gegensatz zum Eierstock, der bei Vögeln nur einseitig ausgebildet wird, sind die Hoden paarig. Die Hodengröße nimmt bei Sperlingsvögeln in der Paarungszeit um bis das 800fache zu und zur Paarungsruhe wieder ab. Bei einem Hauserpel sind die Hoden in der Paarungszeit etwa 8 cm lang und 4,5 cm breit. Da der Nebenhoden bei Vögeln nicht gegliedert ist, werden auch Kopf- und Schwanzteil des Hodens nicht unterteilt. Das Bindegewebsgerüst des Hodens ist bei Vögeln nur gering entwickelt, die Tunica albuginea ist dünn, ein Mediastinum testis fehlt. Die endoskopische Betrachtung des Hodens spielte früher eine große Rolle zur Geschlechtsbestimmung bei Arten die keinen Sexualdimorphismus zeigen, ist heute aber weitestgehend durch molekularbiologische Methoden ersetzt.

Embryologie

Hoden und Eierstock entstehen beim Embryo aus derselben Anlage, der sogenannten Genitalleiste. Sie bildet sich im Bereich der Urniere und reicht zunächst vom Thorax bis zur Lende. Nur der mittlere Teil dieser langgestreckten Anlage wird zur eigentlichen Keimdrüse, die übrigen Abschnitte entwickeln sich zu den Keimdrüsenbändern. In die Gonadenanlage wandern (beim Menschen in der 6. Woche) die Urgeschlechtszellen aus dem äußeren Keimblatt ein. Zudem wächst das Epithel der primitiven Leibeshöhle fingerartig als sogenannte primäre Keimstränge in die Anlage ein.

Ob aus dieser noch geschlechtsindifferenten Anlage ein Hoden oder ein Eierstock entsteht, wird bei Säugetieren durch das Y-Chromosom bestimmt. Auf diesem Geschlechtschromosom ist ein Gen lokalisiert, das ab der 7. Woche zur Bildung des Hoden-determinierenden Faktors führt, welches die Entwicklung zum Hoden und zum männlichen Geschlecht generell einleitet.

Die Keim- oder Hodenstränge dringen in die Gonadenanlage vor und umwachsen die Urgeschlechtszellen. Dabei tritt vorübergehend eine Gliederung der Keimdrüsenanlage in Rinde und Mark auf, wobei sich jedoch nur das Mark zum Hoden entwickelt, die Rinde dagegen wieder zurückgebildet wird. Die Verbindung der Hodenstränge zur Oberfläche geht verloren. Aus den Hodensträngen entwickeln sich die Sertoli-Zellen, aus den Urgeschlechtszellen die Vorformen der Spermien, die Spermatogonien. Im Inneren bilden die Hodenstränge ein Netz aus untereinander in Verbindung stehenden Strängen, das spätere Hodennetz (Rete testis). Das Hodennetz nimmt Verbindung zu einigen Urnierenkanälchen auf, die schließlich zu den Ductuli efferentes des Nebenhodenkopfes werden. Der Urnierenausführungsgang (Wolff-Gang) wird als Nebenhodenkanal und Samenleiter ebenfalls als samenableitender Weg umfunktioniert. Das Lumen der Samenkanälchen ensteht jedoch erst zur Pubertät, bis dahin sind die Hodenstränge solide. Aus dem Mesenchym der Hodenanlage entsteht die Tunica albuginea, das Bindegewebsgerüst des Hodens und die Leydig-Zellen.

Feinbau und Funktion

Schema des inneren Aufbaus des Hodens und des Nebenhodens.
1 Tunica albuginea, 2 Septen, 3 Hodenläppchen, 4 Mediastinum testis, 5 gewundene Samenkanälchen, 6 gerade Samenkanälchen, 7 Rete testis, 8 Ductuli efferentes testis, 9 Nebenhodengang, 10 Anfang des Samenleiters.

Die Hodenläppchen enthalten die gewundenen Samenkanälchen (Tubuli seminiferi contorti s. convoluti), die das Hodenparenchym darstellen. Ihre Wand besteht aus einer Bindegewebshülle, einer Basalmembran und dem Spermien-bildenden Epithel. Im Epithel findet die Spermienbildung (Spermatogenese) statt. Dabei wandern die aufeinaderfolgenden Enwicklungsstadien (SpermatogonienSpermatozytenSpermatiden → Spermien) allmählich in Richtung Lumen. Das Stützgerüst der Samenkanälchen bilden die Sertoli-Zellen. Sie haben darüber hinaus eine Ammenfunktion für die Samenzellen (Ernährung und Transport zum Lumen) und werden durch das Hormon follikelstimulierende Hormon (FSH) gesteuert, dessen Ausschüttung sie über die Bildung des Hormons Inhibin beeinflussen. Außerdem bilden die Sertoli-Zellen mit ihren Fortsätzen die Blut-Hoden-Schranke. Diese ist für die meisten Proteine undurchlässig und schützt die Spermien vor Mutagenen und vor der körpereigenen Abwehr. Dieser Schutzmechanismus ist notwendig, weil die ersten Spermien erst nach Ende der Prägung der Lymphozyten entstehen (vor der sogenannten immunologischen Toleranz), das Immunsystem sie also für körperfremde Zellen hält.

Die gewundenen Samenkanälchen gehen an beiden Enden in ein kurzes gerades Kanälchen (Tubulus seminiferus rectus) über. Die geraden Kanälchen münden in ein Kanälchensystem im Mediastinum, das Hodennetz (Rete testis). Beim Mann, bei Pferden und Nagetieren liegt das Hodennetz allerdings vorwiegend an der Hodenperipherie („extratestikuläres Rete“). Vom Hodennetz ziehen etwa 15, geschlängelt verlaufende Ductuli efferentes testis im Nebenhodenkopf weiter zum Nebenhodengang.

Das Gewebe zwischen den gewundenen Samenkanälchen wird als Interstitium bezeichnet. Hier finden sich neben Bindegewebe, Blutgefäßen und Nervenfasern auch die Leydig-Zellen. Sie bilden, in Abhängigkeit vom luteinisierenden Hormon (LH), männliche Geschlechtshormone (Androgene wie Testosteron) sowie Oxytozin, welches die Motilität der Samenkanälchen fördert. Der Hoden ist damit auch ein endokrines Organ. Die Androgene haben vielfältige Wirkungen im Körper, unter anderem fördern sie die Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale, wirken anabol und steuern das Sexualverhalten.

Entwicklungsstörungen und Erkrankungen des Hodens

Fehlbildungen

Als Anorchie bezeichnet man das Fehlen eines oder beider Hoden. Etwa 5 % der wegen eines ausbleibenden Hodenabstiegs operierten Patienten haben nur einen oder keinen Hoden. Bei ihnen findet man häufig kleine bindegewebige Knoten mit eingestreuten Leydig-Zellen. Da ein funktionell intakter Hoden für die männliche Geschlechtsausprägung zwingend erforderlich ist, muss in der Embryonalphase mindestens ein intakter Hoden vorgelegen haben, der sich dann später zurück entwickelt haben kann.

In seltenen Fällen können infolge von Entwicklungsstörungen neben Hoden gleichzeitig Eierstöcke auftreten (Hermaphroditismus verus - „echte“ Zwitter, siehe auch Intersexuelle Syndrome und Intersexualität). Bei bestimmten Keimdrüsenfehlentwicklungen (Gonadendysgenesien) werden die Hoden nicht angelegt, bleiben unterentwickelt oder enthalten Eierstockgewebe (Ovotestis).

Als Kryptorchismus (Syn. Maldeszensus) bezeichnet man eine unvollständige oder ausbleibende Wanderung des Hodens in den Hodensack. Ein Maldeszensus tritt bei circa 0,8  % aller männlichen Schulkinder auf, auch bei Haustieren treten Kryptorchiden in gleicher Häufigkeit auf. Die Ursache dieser Störung ist bislang unklar. Kryptorchiden können keine fruchtbaren Spermien bilden, die Androgenproduktion bleibt jedoch erhalten. Ein länger als zwei Jahre ausbleibender Hodenabstieg führt zum Verlust der Spermatogonien und unumkehrbaren Veränderungen des Hodens.

Verfehlt der Hoden bei seinem Abstieg den Hodensack spricht man von Hodenektopie. Dabei kann der Hoden unter der Haut der Leistengegend oder an der Oberschenkelinnenseite zu liegen kommen. Die Folgen sind denen des Kryptorchismus ähnlich.

Hodenentzündung

Eine Hodenentzündung (Orchitis) kann bei Verletzungen des Hodensacks mit Eindringen von Bakterien oder bei einigen Infektionskrankheiten auftreten. Eine Orchitis kann beispielsweise bei Mumps, Brucellose, Tuberkulose oder Immunkrankheiten der Blutgefäße wie Purpura Schönlein-Henoch auftreten. Hodenentzündungen können zu einer Schrumpfung des Hodens (Hodenatrophie) und zu Unfruchtbarkeit führen, weil keine (Aspermie) oder keine funktionstüchtigen Spermien mehr gebildet werden können.

Zirkulationsstörungen

Als Varikozele bezeichnet man krampfaderähnliche Erweiterungen, die vor allem die linksseitigen Venen des Plexus pampiniformis im Samenstrang betreffen. Eine Varikozele kann zu einer eingeschränkten Spermatogenese des gleichseitigen Hodens führen.

Eine Hodentorsion ist eine abnorme Drehung des Hodens, wobei die spiralförmige Abklemmung des Samenstranges und der abführenden Venen zu einem Absterben des Hodens führen kann. Eine hochgradige Hodentorsion ist ein sehr schmerzhafter Notfall, bereits nach zwei Stunden ist mit dauerhaften Schäden des Hodens zu rechnen.

Tumore

Als Hodentumor wird eine krankhafte Vergrößerung des Hodens bezeichnet. Hodentumoren können gut- oder bösartig sein.

Zumeist harmlose Hodenvergrößerungen sind Zysten. Am Hoden können zwei verschiedene Zystenarten entstehen. Hydrozelen sind Aussackungen der Tunica vaginalis testis, die klare bernsteinfarbene Flüssigkeit enthalten. Sie entstehen durch Verletzungen oder Entzündungen. Spermatozelen gehen von der Rete testis oder dem Nebenhoden aus und enthalten Spermien. Teratome sind zumeist gutartige Tumore der Keimzellen.

Bösartige Hodentumore (Hodenkrebs) werden in Entartungen der Keimzellen (Seminome) und in solche der übrigen Gewebsanteile (Nichtseminome) untergliedert. Hodenkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Den Hauptrisikofaktor stellen nicht in den Hodensack gewanderte Hoden dar. Hodenkrebs neigt zur Bildung von Metastasen, weshalb die Früherkennung von außerordentlicher Bedeutung ist.

Untersuchung des Hodens

Die Hodentastuntersuchung ist eine bei Mensch und Tieren mit Hodensack wichtige Grundlagenuntersuchung. Hier werden das Vorhandensein, Größe, Lage und Konsistenz des Hodens geprüft. Als bildgebendes Verfahren wird vor allem die Ultraschalluntersuchung angewendet. Zur Entnahme von Gewebeproben kann eine Hodenbiopsie durchgeführt werden. Bei Tieren mit in der Bauchhöhle gelegenen Hoden wird neben der Ultraschalluntersuchung vor allem die Endoskopie eingesetzt.

Eine funktionelle Untersuchung ist die Erstellung eines Spermiogramms. Hier werden Anzahl, Gestalt und Beweglichkeit der Spermien beurteilt.

Kastration

Als Kastration wird die Unterbindung der Hodenfunktion bezeichnet. Sie kann durch operative Entfernung des Hodens (Orchektomie) oder durch Unterbindung der Hodengefäße („unblutige Kastration“), Bestrahlung oder chemische Substanzen erfolgen.

Kastrationen werden beim Menschen vor allem bei Hodenkrebs durchgeführt. Historisch wurden auch Kriegsgefangene, Sänger (siehe Kastrat), die Bewacher von Harems (siehe Eunuch) kastriert. Die Kastration von Sexualstraftätern ist in einigen Bundestaaten der USA noch eine, wenn auch umstrittene Therapiemethode. Die nichtmedizinisch begründete Kastration war insbesondere auf die Unterbindung der durch das Testosteron hervorgerufenen sekundären Geschlechtsmerkmale (Stimmlage, Sexualverhalten) gerichtet.

In der Tiermedizin werden Kastrationen neben medizinischen Indikationen (Hodenkrebs, Prostata- und Analdrüsenerkrankungen) vor allem zur Vermeidung von Nachwuchs, zur besseren Handhabbarkeit von Haustieren (Wallach, Ochse), zur Erhöhung der Mastleistung und bei Hausschweinen auch zur Vermeidung des „Ebergeruchs“ des Fleisches durchgeführt. Die Kastration ist eine der wenigen, nach dem Tierschutzgesetz (§ 6) in Deutschland noch erlaubte, nichtmedizinisch indizierte Organentfernung, in der Öffentlichkeit allerdings nicht unumstritten.

Siehe auch

Wiktionary: Hoden – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Literatur

  • Blandine, V.: Testicules, Paris 2005, ISBN 291448058X (Zahlreiche Kochrezepte, angereichert mit kulturgeschichtlichen Informationen)
  • Gille, U.: Männliche Geschlechtsorgane. In: Salomon, F.-V., H. Geyer & U. Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. Stuttgart: Enke Verlag 2004, S. 389–403. ISBN 3-8304-1007-7.
  • Michel, G.: Geschlechtssystem. In: Salomon, F.-V. (Hrsg.): Lehrbuch der Geflügelanatomie. Jena/Stuttgart: Fischer-Verlag 1993, S. 197-226. ISBN 3334604039
  • Riede, U.N. et al.: Männliches Genitalsystem. In: Riede, U.N. et al. (Hrsg.): Allgemeine und spezielle Pathologie. 2. Aufl. Stuttgart, New York: Georg Thieme Verlag 1989, S. 768-779. ISBN 3-13-683302-3.