Diskussion:Indogermanen
Indoeuropäer oder Indogermanen
Sollten die Indogermanen nicht unter dem Artikelnamen Indoeuropäer laufen? Ich weiß, Indogermanen schneidet im Google-Test besser ab, aber Indoeuropäer ist der neuere Begriff und wird bestimmt früher oder später nur noch verwendet werden. -- Baldhur 21:43, 8. Nov 2003 (CET)
- Fände ich persönlich auch besser, da international üblich. Siehe aber http://www.unibas.ch/klaphil/idg-ie.html. --dbh 21:50, 8. Nov 2003 (CET)
- Dann lassen wir es erst einmal hier. Aber die Einordnung der Artikel jeweils unter Indogermanen und Indoeuropäische Sprachen scheint mir nicht ganz konsequent zu sein. -- Baldhur 23:39, 8. Nov 2003 (CET)
- Stimmt, das ist dumm. Wie löst man das am besten? Ich bin leider nicht vom Fach. --dbh 23:43, 8. Nov 2003 (CET)
- Der Link http://www.unibas.ch/klaphil/idg-ie.html ist ganz nett, liefert aber auch kein richtiges Argument gegen die Umbenennung des Artikels von "Indogermanen" in "Indoeuropäer". Ich würde dann noch ein redirect von Indogermanen zu Indoeuropäer anlegen. Wo ist das Problem?--Knud Klotz 15:14, 30. Jul 2004 (CEST)
- Inwiefern ist "Indoeuropäer" der neuere Begriff? Ich denke, dass Indogermanen im deutschen Sprachraum üblicher ist. --zeno 15:34, 30. Jul 2004 (CEST)
- In der Fachliteratur definitiv nur "Indoeuropäer" (von daher auch korrekt "indoeuropäische Sprachen"), was sich sonstwo artikuliert da mag der veraltete Bergiff "Indogermanen" noch seinen Platz haben--Knud Klotz 15:46, 30. Jul 2004 (CEST)
- Die Behauptung bzgl. der "indoeuropäischen Sprachen" ist 100% falsch. Mit der Archäologie kenne ich mich nicht aus, aber in der deutschsprachigen Fachsprache (zumindest in der linguistischen) heißt es fast ausschließlich "Indogermanische Sprachen", das Fachgebiet nennt sich "Indogermanistik". Siehe dazu auch die dortige Diskussionsseite. --zeno 15:52, 30. Jul 2004 (CEST)
Theorien
Diese völlig überholte These Gimbutas' über die "indogermanischen" (brrr.) Schnurkeramiker sollte man auch als solche Kennzeichnen (usommer)
- Ist bereits geschehen. Im übrigen gilt: Von den zahlreichen Theorien über die Urheimat der Indoeuropäer ist keine einzige allgemein akzeptiert. Mk53 14:00, 5. Jul 2004 (CEST)
Ich halte die im Artikel geäußerte Position der Kurgan-Theorie als Mehrheitsmeinung gegenüber der "Anatolian farming"-Hypothese für nicht dem wissenschaftlichen Stand entsprechend. --Knud Klotz 15:14, 30. Jul 2004 (CEST)
- Hallo Knud,
im Prinzip stimme ich dir teilweise zu. Aber: die "Anatolian farming"-Hypothese birgt auch nicht alles. Beispielsweise sind von der Michelsberger Kultur die auf das 4. und 3. Jahrtausend datiert wird, genau die Dinge wie Weizenanbau bekannt, die diese nach der Anatolian farming-Hypothese eigentlich noch nicht haben konnten. Der dortige Ausgrabungsbericht stimmt eigentlich gegen diese Hypothese. Wie dem auch sei, warum soll man denn schon alles wissen... Gruss thomas 15:34, 30. Jul 2004 (CEST)
- Wieso soll dies gegen die "Anatolian farming"-Hypothese sprechen? Nach allgemeiner Auffassung erreichte die neolitische Lebens- und Wirtschaftsweise etwa um 5700 v. Chr. Mitteleuropa; die erste große Bauernkultur stellten die Linearbandkeramiker dar - das war etwa 1500 Jahre vor der Michelsberger Kultur. Diese Daten stimmen sehr gut mit der Anatolien-Theorie überein.
- Hallo Thomas, mir ging es um den Satz "Von der Mehrheit der Wissenschaftler wird die Kurgan-Theorie favorisiert.". So hätte ich vor 20 (oder auch 10) Jahren auch geschrieben. Ich würde auch nicht schreiben, mit der "Anatolian farming" hat sich alles geklärt. Mir ging es um die Gewichtung.
Und die Out-of-Iran-Alernative: Da pflegt offenbar jemand sein Wikipedia eigenes Räppelchen
Gruß--Knud Klotz 15:56, 30. Jul 2004 (CEST)
- Hallo Knud, Zum ersten Satz: Schreibe ihn doch einfach um ! Zur "Out-of-Iran-Alternative". Die habe ich nur deshalb eingefügt, um zu zeigen welche "unglaublichen Theorien" von Wissenschaftlern (!) tatsächlich hervorgebracht werden - bevor ein armer, missverstandener und von allen verfolgter Wikibenutzer dies als feste Tatsache hinstellt.
Gruss thomas 13:44, 31. Jul 2004 (CEST)
- Obskure Theorien sollten in einer Enzyklopädie nichts zu suchen haben.
Basken
Hier sollten unbedingt auch die neusten Erkenntnisse aus der Genetik einfliessen. Diese sehr exakte Wissenschaft sieht die Basken als das europäische Urvolk nach der letzten Eiszeit. Es gab kaum einen genetischen Einfluss (das muss nicht kulturellen Einfluss bedeuten) von aussen. Auch gabe es keine grossen Volksbewegungen innerhalb Europas in den letzten 15000 Jahren. das wirft sicherlich viele Theorien der Sprachforschung ueber den Haufen was fuer manchen bitter sein mag. aber in einer Enzyklopädie sollte dies trotzdem enthalten sein.
- Bitte unterschreiben, damit man Dich identifizieren kann.
- Es gab keine großen Volksbewegungen innerhalb Europas in den letzten 15.000 Jahren? Gewagte These.
- --zeno 13:08, 1. Aug 2004 (CEST)
- Das war Kollege 84.135.209.185, von dem auch der Absatz über die Verbreitung des Vaskonischen stammte. Bei dem Satz über fehlende Volksbewegungen hat er die genetische Untersuchung mißverstanden. Das gehört aber sowieso zum Artikel Baskische Sprache--Knud Klotz 16:42, 1. Aug 2004 (CEST)
- einen Beitrag zu korrigieren ist in Ordnung. das erfordert Wissen über die Materie. Einen Beitrag einfach nur zu löschen ist mehr als plump und erfordert keinerlei Kenntnis der Sache. Ich empfehle als Grundlektüre den auch für Laien verständlichen Artikel in: Spektrum d. Wissenschaft. mai 2002. 'drei viertel unserere Gene stammen von den Urbasken' von Peter Forster, University of Cambridge. Als Basis dieser Forschungsarbeit diente der Befund von 10000 Europäern (!). Fazit der Arbeit (Zitat): Mehr als drei Viertel der heutigen Europäer stammt in weiblicher Linie direkt von Alteurpäern ab, die bereits vor dem Höhepunkt der letzten Vereisung - also vor über 20000 Jahren - aus dem Nahen Osten kamen. und (Zitat): Nicht einmal ein Viertel der heutigen Europäern hat diesen Daten zufolge in weiblicher Linie Vorfahren, die erst vor weniger als 10000 Jahren auf den Kontinent kamen.
- Es kann sein, dass diese Theorie stimmt. Aber Du ziehst daraus Schlüsse, die ich so nicht stehen lassen kann. --zeno 19:07, 1. Aug 2004 (CEST)
- dann korrigiere das,was deiner Meinung nach nicht stimmt und lösche nicht einfach alles. Das ist einfach nur dumm und zeigt, dass Du dich damit nicht auseinandergesetzt hast.
- "Das europäische Urvolk sind die Basken." ist falsch. Der ganze Satz. Da ist nichts zu reparieren. Die Aussage setzt Bedingungen voraus, die einfach nicht gegeben sind: 1. Die Basken heute gab es schon vor 15.000 Jahren. 2. Es gab nur ein europäisches Urvolk. 3. Dies ist bei Wissenschaftlern Konsens. --zeno 19:16, 1. Aug 2004 (CEST)
- Junge, lese Dich etwas in die Materie ein, dann diskutieren wir weiter.
- Es ist ein wenig billig, dem anderen Unkenntnis vorzuwerfen, wenn einem die Argumente ausgehen. --zeno 20:00, 1. Aug 2004 (CEST)
- Wenn Du Dir die Mühe machst, die angegebenen Artikel zu lesen, wirst Du den Fehler deiner Behauptungen einsehen. Ich habe einfach keine Lust hier erst mal einen Grundkurs in Genetik durchzuführen. Ich bin raus hier.
- Lies den Artikel doch nochmal. Es reicht notfalls auch, wenn Du Deine eigenen Ausführungen nochmals betrachtest. Deine Position ist aus sich heraus nicht haltbar: "Nicht einmal ein Viertel der heutigen Europäern hat diesen Daten zufolge in weiblicher Linie Vorfahren, die erst vor weniger als 10000 Jahren auf den Kontinent kamen." Da fehlt kein Grundkurs in Genetik um zu konstatieren, daß Du hier im Widerspruch zu Deiner Formulierung "Es gab keine großen Volksbewegungen innerhalb Europas in den letzten 15.000 Jahren" stehst. Die Diskussion über vorgeschichtliche Bevölkerungsbewegungen (richtiger: Zuwanderungen) in Europa betrifft den Artikel "Indogermanen" aber sowieso nur, falls irgendeiner auf die Idee käme, Indoeuropäer seien in Europa autochton. Und dies ist schlicht nicht der Fall.--Knud Klotz 08:44, 4. Aug 2004 (CEST)
- Wenn Du Dir die Mühe machst, die angegebenen Artikel zu lesen, wirst Du den Fehler deiner Behauptungen einsehen. Ich habe einfach keine Lust hier erst mal einen Grundkurs in Genetik durchzuführen. Ich bin raus hier.
Hallo, ihr baskischen Streiter,
lasst mich zu eurer Kontroverse bemerken, dass es in der Tat wissenschaftliche (und halbwissenschaftliche) Hypothesen gibt, welche die Basken als europäisches Urvolk sehen. Dort wird postuliert, die Basken seien mit der "Völkergruppe" identisch, die z.B. vor etwa 15 000 Jahren die Höhlenmalereien in Südwestfrankreich erstellten. Es wird ferner angenommen, dieser erste Bevölkerungsschub (Cro-Magnons)sei aus Nordwestafrika über die Iberische Halbinsel nach Europa eingesickert und würde somit den Grundstock einer europäischen "Ur"bevölkerung bilden. Später – so die Hypothese weiter – sei diese Urbevölkerung durch den Einbruch neuer Völker – Iberer, Bandkeramiker, Glockenbecherleute, Indoeuropäer – in ihr heutiges Rückzugsgebiet gedrängt worden. So erklärt man sich auch die völlig isolierte Sprache der Basken, die weltweit keine anderen Ursprünge zu haben scheint (wenn man einmal von Kaukasus-Theorien u.ä. absieht). Die Basken sowie ihre Sprache seien also autochthon!
Wenn auch kaum jemals beweisbar, ist es dennoch eine interessante Variante. Im Baskenland selbst stößt man – wen kann das verwundern – auf reichhaltiges Schriftmaterial dieser Art.
Dieter
Methodik
Ich hab hier mal den Abschnitt Methodik eingefügt. Ob er so gut genug ist, bezweifle ich, aber wir sollten uns wirklich bemühen, auch die grundlegenden wissenschaftstheoretischen Dinge angemessen zu erwähnen, weil deren Nichtbeachtung erst zu diesen ewigen Editwars führt.--Hansjörg 21:11, 1. Aug 2004 (CEST)
Hallo Hansjörg,
mit Interesse habe ich deinen neuen Beitrag zur "Methodik" gelesen. Meines Erachtens ist er als Lexikon-Artikel wenig geeignet, da er zu emotional und etwas oberlehrerhaft-besserwisserisch ist. Ein Schlagwort im Lexikon sollte sachlich und neutral gehalten sein, was hier kaum zutrifft.
Im übrigen ist mir nicht ganz klar, was du mit deinem Beitrag überhaupt sagen willst. Wenn ich dich richtig interpretiere, möchtest du den Terminus "Urvolk" im Hinblick auf die Indogermanen bzw. Indoeuropäer nicht gelten lassen, oder ihn zumindest als "hochspekulativ" betrachtet wissen. Das steht aber bereits im von mir verfassten vorausgehenden Text sehr deutlich, wo davon die Rede ist, dass ein solches "Urvolk" bis heute lediglich hypothetischen Charakter hat.
Nichtsdestoweniger haben sich bis zum heutigen Tag Legionen namhafter Wissenschaftler auf die Suche nach einem solchen hypothetischen "Urvolk" begeben, sodass dein Hinweis, dies sei "unwissenschaftlich", völlig unzutreffend ist. Aus dieser Suche haben sich inzwischen mehrere Hypothesen ergeben und ich halte es für selbszverständlich, dass der Leser eines Lexikon-Artikels zur Indogermanenfrage damit bekanntgemacht wird. Insofern ist die Auflistung einiger wichtiger "Theorien", wie es Leser hier getan haben, durchaus nicht zu kritisieren. Vor allem gefällt mir gut, dass diese drei Theorien mit der gebotenen Zurückhaltung formuliert wurden, was man von deinem "Methodik"-Beitrag nicht behaupten kann. Wenn du dir einmal den englischen Beitrag hierzu anschaust, dann siehst du, mit welcher Ausführlichkeit das Thema behandelt wird.
Für etwas unglücklich halte ich dein Latein-Beispiel. Wenn du damit sagen willst, dass "Volk" (nämlich Römer bzw. Italiker) und "Träger einer Sprache" (Gallier u.a.) nicht zusammenfallen müssen, hast du gewiss recht. Im übrigen beweist gerade das Romanische sehr gut, wie man hier über die romanischen Sprachen zu einer Ausgangssprache – nämlich dem Lateinischen – vorstoßen kann. Und es würde sich hier sogar "Sprache" mit "Volk" (von mir aus auch Stammesföderation) decken, nämlich den indoeuropäischen Italikern.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich dich noch einen Fehler hinweisen. Wenn du die Herkunft der Franzosen schon so schlicht ausdrücken willst, muust du sie als Nachfahren der Kelten und Germanen apostrophieren. Die Merowinger waren lediglich eine fränkische Herrscherdynastie und haben in diesem Kontext nichts zu suchen.
Ich möchte dir sehr empfehlen, deinen Methodik-Beitrag nochmals gründlich und mit weniger Emphase zu überarbeiten.
Beste Grüße Dieter
Ich hab ja gesagt dass ich bezweifle dass mein Beitrag gut ist. Es ist nur so dass archäologische Kultur, Protosprache und Volk drei verschiedene Dinge sind und die Behauptung diese Kultur gleich jene Protosprache schon eine rein spekulative Behauptung ist, die im Einzelfall selbstverständlich plausibel ist und auch aufgestellt werden muss wenn diese ganzen Forschungen überhaupt einen Sinn haben sollen, aber die nächste Spekulation, dann ein Volk zu postulieren auf dass sich dann irgendeine nationalistische Ideologie beziehen kann, ist dann ein Schritt zu weit ins Reich von Däniken und Goebbels. --Hansjörg 20:49, 2. Aug 2004 (CEST)
Hallo Hansjörg,
die Tatsache, dass der Begriff "Volk" von den Nationalsozialisten diskreditiert wurde, macht ihn noch längst nicht als international gültigen Terminus unbrauchbar. Es gibt zahllose Beispiele in der Geschichtsforschung, wo du selbstverständlich mit dem Begriff "Vok" arbeiten musst, oder wie willst du Assyrer, Sumerer, Azteken, Türken oder Spanier anders bezeichnen? Es handelt sich um Menschen mit gemeinsamer Abstammung, Sprache und Kultur, womit der Begriff "Volk" erfüllt ist. Wir sollten irgendwann beginnen, diesen Terminus wieder etwas unbefangener zu gebrauchen.
Hierzu zählt übrigens auch der Begriff "Rasse", der in Deutschland aus begreiflichen Gründen noch stärker diskreditiert ist, bei den Anthropologen aber weltweit als unverzichtbarer Terminus in Gebrauch ist.
Der Begriff des indogermanischen "Urvolks" wird gleichfalls von allen Archäologen und anderen Wissenschaftlern verwendet, die sich mit diesem Thema befassen. Alle Forscher sind sich darin einig, dass die bislang rekonstruierten Teile der indogermanischen Ursprache (oder auch "Grundsprache") bstimmte kulturelle, soziale und religiöse Verhältnisse zeigen, die nicht mehr ernsthaft angezweifelt werden. So muss es sich z.B. um ein patriarchalisch bzw. vaterrechtlich organisiertes Volk (von mir aus auch Stammeskonföderation) gehandelt haben, das zwar den Ackerbau betrieb, daneben aber größten Wert auf Viehzucht legte. Aus den Begriffen, die sich – von Mitteleuropa bis Indien – in allen indoeuropäischen Sprachen wiederfinden, muss man zwangsläufig auf einen Kern stoßen, der vermutlich um 3000 v. Chr. "Träger" dieser Sprache war – natürlich nicht exakt der gleichen, wie die nachträglich von den Indogermanisten erschlossene, aber gewiss ähnlich. Zugleich nähert man sich zwangsläifig der Frage, wo dieses "Urvolk" oder dieser "Stammesbund" wohl gesessen hat. Aber das möchte ich hier nicht weiter vertiefen.
Dieter
Dieter
Einzelne Urheimattheorien
Nur um das klarzustellen: Ich bezweifle gar nicht dass es die Indogermanen gegeben hat. Ich interessiere mich im Gegenteil wieder sehr dafür, seit ich Mallory (in search of the indoeuropeans) und Gamkrelidse e.a. gelesen habe. Mallory ist gerade deshalb so überzeugend, weil er diese klare unterscheidung zwischen Protosprachen, Kulturen und Völkern in der Argumentation beachtet. Er findet die Indoeuropäer genau zweimal: einmal handelt es sich um die aus der Trichterbecherkultur hervorgegangene Streiaxtkultur in Mitteleuropa. Zum anderen handelt es sich um die nördlich des Scharzen Meeres befindlichen verschiedenen Kulturen. Von einem "Kurganvolk" spricht er nicht. Und er ist so ehrlich, zu sagen dass es beim gegenwärtigen Stand der Forschung eben nicht möglich ist einen Zusammenhang zwischen den südrussischen Kulturen und den Streitaxtkulturen herzustellen, auch wenn man hoffen kann noch ein "missing link", das diese Kulturen miteinander verbindet, zu finden. Gamkrelidses Integration von historisch-vergleichender und typologischer Sprachforschung lässt meiner Meinung nach erstmals realistische Zeiträume, die "nur" in Jahrhunderten gemessen werden, zu, wo ansonsten immer irrwitzige Zeiträume von Jahrtausenden anzusetzen sind, um irgendeine postulierte Lautverschiebung von der Theorie in die Realität zu verlagern.--Hansjörg 13:36, 3. Aug 2004 (CEST)
Hansjörg,
nur zum Teil finde ich die Hypothesen von Mallory, die du kurz dargestellt hast (ich kenne das Buch nicht), einleuchtend. Ich sehe nämlich in den Trichterbecherleuten keinesfalls Vorboten indogermanischer Gruppen. Die Trichterbecherkultur wird bereits um 4000 v. Chr. fassbar und zu diesem Zeitpunkt glaube ich noch nicht an das Auftauchen irgendwelcher Protoindogermanen. Ferner handelt es bei den Trichterbecherleuten um eine reine Bauernkultur mit Kollektivbestattung in Megalithgräbern. Eher ergeben sich da Zusammenhänge mit den frühneolithischen Donaukulturen (Bandkeramiker usw.).
Die Streitaxtkulturen (Schnurkeramiker, Bootaxtkultur usw.) tauchen hingegen erst um 2000 v. Chr. auf und stellen kulturell einen gewaltigen Gegensatz zu den Trichterbecherleuten dar. Sie sind eine kriegerische Gruppe mit Einzelbestattung meist unter Hügeln und erst in ihnen vermute ich vielleicht ein indogermanisches Teilvolk (natürlich nicht "die" Indogermanen, wie früher verschiedentlich angenommen) bzw. eine Vorhut.
Die Kulturen nördlich des Schwarzen und Kaspischen Meers würde auch ich gern als "Keimzelle" einer hypothetischen indogermanischen Sprachgruppe (um es einmal ganz vorsichtig auszudrücken) sehen. Insofern bin ich ein Vertreter der Kurgan-Hypothese von Marija Gimbutas, die viele Anhänger, aber auch Gegner gefunden hat. Sie scheint mir das ganze Indogermanenproblem zumindest am einleuchtendsten zu erklären und für ihre These sprechen meines Erachtens auch die meisten Fakten – leider nicht alle. Für die Anatolien-Theorie kann ich mich aus vielen Gründen freilich überhaopt nicht erwärmen.
Dieter
Das ist der Punkt: Die Trichterbecherleute gehen den Streitaxtleuten voraus. Die beiden Gebiete stimmen nahezu vollständig überein. Die Trichterbecherleute sind offensichtlich keine Indogermanen, die Streitaxtleute wohl. Wie aus den einen die anderen werden, ist nicht klar, aber es handelt sich ja auch um einen Zeitraum von 2000 Jahren. Ein weiteres Argument, mit Begriffen wie Volk und Nation in solchen Zusammenhängen sehr vorsichtig umzugehen. Die Streitaxtleute liegen zeitlich später als die für die Indogermanen in Frage kommenden Kulturen nördlich des Schwarzen Meeres. Aber archäologische Funde, die eine Wanderung oder dergleichen von Südrussland nach Mitteleuropa sicher belegen, gibt es (bisher) nicht. Nach Mallory kommt Marija Gimbutas auch nicht in Frage, weil sie ebenfalls 2000 Jahre zu früh liegt. Renfrew legt die Indogermanen nach Anatolien und auf das Jahr 6000 vor Chr. Alle diese Theorien gehen von völlig verschiedenen Voraussetzungen aus, sind innerhalb ihrer Argumentation schlüssig und widersprechen sich damit letztlich nicht. Persönlich finde ich Mallorys These dass die "Indogermanen" in den Kulturen nördlich des Schwarzen Meeres zu suchen sind am überzeugendsten, aber die wirklich überzeugende sprachwissenschaftliche Darstellung ist die von Gamkrelidse e.a. auch wenn G. die Urheimat in den Kaukasus verlegen will.--Hansjörg 20:45, 3. Aug 2004 (CEST)
Guten Tag Hansjörg,
in den wesentlichen Punkten scheinen wir uns ja einig zu sein! Jetzt fehlen nur noch einige bahnbrechende archäologische Funde in Südrussland sowie neue sprachwissenschaftliche Erkenntnisse.
Als überzeugende sprachwissenschaftliche Darstellung nennst du ein Werk von "Gamkrelidse". Könntest du vielleicht kurz schildern – sofern das möglich ist –, welche Richtung der Autor verfolgt, zu welchen Egebnissen er kommt und wie er sie stützt?
Die Hypothese von Renfrew widerspricht allen Erkenntnissen der Sprachwissenschaft, wonach weder tropische noch subtropische Gebiete als Heimatraum indoeuropäischer Sprachen infrage kommen: Es gibt nämlich keine gemeinsamen indoeuropäischen Wörter für die tropische und subtropische Pflanzen- oder Tierwelt, wohl aber Worte für Birke, Buche, Ulme, Apfel(baum), Esche, Biber, Maus, Wolf, Eichörnchen usw. usw. Ferner müsste danach in Griechenland bereits um 6500 v. Chr. protoindoeuropäisch gesprochen worden sein, da die Sesklo-Kultur als früheste Ackerbaukultur vorderasiatischer Herkunft etwa zu diesem Zeitpunkt einsetzt. Das ist jedoch nachweislich nicht der Fall, denn zu diesem Zeitpunkt sprach man in Griechenland und in weiten Teilen des Mittelmeerraums eine mediterrane Grundsprache (vermutlich Pelasgisch oder etwas ähnliches). Die indogermanischen Protogriechen sind erst um 2000 v. Chr. eingewandert und erst ab diesem Zeitpunkt existiert nach Vermischung mit der Substratsprache ein indoeuropäisches Idiom.
"Urheimat im Kaukasus" (nach Gamkrelidse) berührt sich ja irgenwie mit Gimbutas. Sie lässt ihre "Kurganleute" etwa um 2500 v. Chr. nördlich des Schwarzen Meers erscheinen und in engen Kontakt treten mit der nordpontischen Kultur sowie den hochstehenden Kulturen im Nordkaukasus (Maikop) sowie den Gebieten südlich des Kaukasus. Nach Gimbutas kommen angeblich von hier jene kulturellen Übertragungen, die später bei indogermanischen Teilstämme fassbar werden.
Zu welchem Zeitpunkt setzt denn Mallory die Ausbreitung der Indogermanen an? 4500 v. Chr.? Das wäre reichlich früh!
Dieter
Hallo Dieter, Zum Zeitpunkt: Ich kenne Gimbutas nicht. So weit ich das verstanden habe wird um 4500 in Südrussland das Pferd domestiziert. Mallory legt die "Indogermanen" ebenfalls um 2500, verwirft aber Gamkrelidses Kaukasustheorie. Die Birken- und Buchenargumente u.ä. sind nach Mallorys Ansicht grundsätzlich nicht geeignet die Urheimat herauszufinden, da die entsprechenden Wörter auch Bedeutungswandel erleiden. Wenn ein Volk mit einem Wort für Birke in ein Gebiet wandert in dem es keine Birken gibt, bleibt das Wort für Birke vielleicht trotzdem erhalten, bedeutet dann aber einen anderen häufigen Baum im neuen Gebiet. Umgekehrt heißt das, das wir gar nicht wissen können welchen Baum die "Indogermanen" mit der "Birke" gemeint haben. Zu Renfrew: Er hat ein vollkommen anderes Modell der Sprachausbreitung. Solange dieses Modell nicht widerlegt ist muss man seine Theorie zumindest auch in einer Enzyklopädie erwähnen, selbst wenn man seiner Anatolienthese nicht zustimmt. Im übrigen wissen wir nicht ob das Pelasgische nicht auch eine indoeuropäische Sprache gewesen ist(sag ich jetzt mal als advocatus diaboli). Bevor die Griechen nach Griechenland kamen, sind offensichtlich die Hettiter auch dadurchgewandert. Zu Gamkrelidse e.a.: Die klassische Rekonstruktion des Indoeuroäischen setzt (hier am Beispiel der dentalen Konsonanten) stimmlose, stimmhafte und stimmhafte behauchte Konsonanten an: t, d, und dh. Die Sprachtypologie findet, dass dies unwahrscheinlich ist. Es gibt daher auch die Glottalis-Theorie, dass es sich bei dem stimmhaften behauchten in Wirklichkeit um einen stimmlosen Konsonanten mit folgendem Knacklaut (Glottalisverschluss) gehandelt habe: t, d, t'. Gamkrelidse e.a. rekonstruieren das indoeuropäische anhand dieser Theorie nochmal von Grund auf neu. Die Theorie ist deshalb bestechend, weil dadurch glaubhaft wird, dass es sich bei den verschiedenen Zweigen des Indoeuropäischen tatsächlich schon um Dialekte der Ursprache gehandelt hat, die sich in der Artikulationart der Glottis unterschieden haben, und großartige Lautverschiebungen garnicht stattgefunden haben. Die Bedeutung von Gamkrelidse e.a. liegt darin, dass sie tatsächlich eine Synthese von historisch-vergleichender Sprachwissenschaft und Sprachtypologie in Bezug auf das Indoeuropäische hinkriegen.--Hansjörg 01:43, 5. Aug 2004 (CEST)
Anatolien-Hypothese
Lieber 81.209.187.2, spontan wollte ich Deine Erläuterung zur Anatolien-Farming-Theorie mit dem Kommentar "Quatsch" löschen. Wie kommst Du darauf, daß das von Dir geschriebene die Anatolien-Hypothese sei?--Knud Klotz 15:15, 6. Aug 2004 (CEST)
Ich unterstelle mal 81.209.187.2 hat sich da beim Einstellen vertan, da es sich doppelt im Artikel befindet. Ich hab das jetzt mal mit einer Überschrift "Mitteleuropa-Theorien" abgegrenzt. --Hansjörg 15:28, 6. Aug 2004 (CEST)
Oder es ist ein Fake-Eintrag, da nicht angegeben wird welche "Wissenschaftler" diese Theorie heute noch aufrechterhalten. Gruss thomas 15:34, 6. Aug 2004 (CEST)
Der Erkenntnisfortschritt vollzieht sich dermaßen langsam in diesem Bereich, dass man auch überholte Theorien mit angeben muss, insbesondere wenn sie lange Zeit als plausibel galten.--Hansjörg 16:09, 6. Aug 2004 (CEST)