Yamada Kōun (Zen-Meister)
Yamada Koun Roshi (1907-1989) war ein japanischer Zen-Meister des 20. Jahrhunderts, der eine starke Anziehungskraft vor allem auf Zen-Interessierte im Westen hatte. Als Nachfolger von Yasutani Haku'un Ryoko und Leiter der Zenvereinigung Sanbo Kyodan (heute Sanbo-Zen) hatte er sich zum Ziel gesetzt, das traditionelle japanische Zen zu reformieren. So lehnte er eine Hierarchie zwischen Zen-Ordinierten und Laien ab, lud Menschen aus westlichen Ländern ein und bildete Christen für die Zen-Praxis aus, vor allem Priester und Nonnen. Zu den christlichen Schülerinnen und Schülern gehören u.a. der Jesuitenpater Hugo Enomya Lassalle, der Benediktinerpater Willigis Jäger, P. Ama Samy, P. Johannes Kopp. Bekannt wurden auch Kapleau, Brigitte D'Ortschy, Robert Aitken, David R. Loy, Gundula Meyer und Niklaus Brantschen.[1][2][3]
Biographie
Berufsleben
Yamada Koun wurde 1907 als Yamada Kiozo in Nihonmatsu in der Präfektur Fukushima in Japan geboren.[4] Seine Schulausbildung erhielt er an der Dai-Ichi High School in Tokio, Japan. Dort freundete er sich mit Soen Nakagawa an, einem späteren Rinzai-Zen-Meister, und besuchte mit ihm anschließend auch die Universität.[5] Diese Freundschaft hatte verhängnisvolle Auswirkungen, als Japan ab 1937 in den Krieg eintrat und nationalistische Stimmungen sich im Land ausbreiteten.
1941 arbeitete Yamada Koun in der Mandschurei als Personaldirektor für die Manchurian Mining Company, ein Unternehmen, das bekannt war für schlechte Arbeitsbedingungen sowie für die Ausbeutung von Zwangsarbeitern, die aus chinesischen Bauern, Kriegsgefangenen und Kriminellen bestanden. 1945 wurde er stellvertretender Direktor der Abteilung für allgemeine Angelegenheiten des Unternehmens.[6] Während seiner Zeit in der Firma reiste sein alter Freund Soen (im Auftrag seines Zen-Meisters Gempo Yamamoto) zum Hauptquartier der Minengesellschaft in Xinjing (dem heutigen Changchun, Jilin), um die Arbeiter anzufeuern, ihre Produktion für Japans Kriegsanstrengungen zu verdoppeln.[6]
Anders als seine Vorgänger wurde Yamada Koun selbst nie Mönch, sondern er blieb berufstätig, denn es war sein Anspruch, Zen ins Alltagsleben zu integrieren. In Tokio übernahm die Verwaltung einer privaten Klinik, in der seine Frau als Chefärztin tätig war. Beide und pendelte zwischen In Kamakura, wo sie lebten, bauten sie auf ihrem Grundstück eine kleine Meditationshalle (Zendo), das täglich für Zen-Praktizierende geöffnet war. Dieses wurde Anziehungspunkt für viele Menschen unterschiedlicher Nationalitäten und Religionen, die den Zenweg gehen wollten. Es war ihm ein Anliegen, den Zen-Geist im alltäglichen Leben zu verwirklichen und eine Laien-Zen-Gemeinschaft zu bilden. Zweimal im Monat leitete Yamada Koun ein Wochenend-Retreat (Zazenkai), fünf Mal im Jahr eine ganze Woche Zen-Retreat (Sesshin).
Zen-Ausbildung
Im Geleitwort zu Yamada Kouns Buchs: Mumonkan - Die torlose Schranke: Zen-Meister Mumons Koan-Sammlung schreibt der Zen-Meister Maezumi Taizan Roshi:
Mit achtunddreißig Jahren begann Yamada in der Mandschurei das Zen-Training. Drei Jahre später kehrte er nach Japan zurück und ließ sich mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Kamakura nieder. Einmal auf dem Zen-Weg angelangt, verfolgte Yamada sein Ziel ohne Nachgiebigkeit. Obwohl er Leitender Direktor einer großen Firma in Tokio war, ging er zweimal am Tag zum Dokusan zu Sōgen Asahina Roshi. Nachdem sein erstes Kenshō bestätigt worden war, widmete er sich drei Jahre lang dem Koan-Studium und setzte dann seine Studien mit Hanamoto Kanzui fort. Im Jahre 1953 lud er Yasutani Haku'un Roshi nach Kamakura ein. Beide zusammen organisierten den Kamakura Hakuun-kai.[7]
Dann, so der buddhistische Autor Stephen Batchelor, hatte Yamada Koun eine Erleuchtungserfahrung:
Am 26. November 1953 fuhr Koun Yamada, ein japanischer Geschäftsmann in Kamakura, mit seiner Frau in einem Vorortzug nach Hause. Er stieß auf eine Passage in einem Zen-Text, in der der Autor erklärte: Ich kam zu der klaren Erkenntnis, dass der Geist nichts anderes ist als Berge und Flüsse und die große weite Erde, die Sonne und der Mond und die Sterne. Er brach in Tränen aus bei der Erkenntnis, dass er nach acht Jahren Zazen endlich begriffen hatte, was diese Aussage bedeutete. Später in der Nacht erwachte er abrupt aus dem Schlaf und sah dieselbe Passage in seinem Geist aufblitzen, woraufhin er ein Kensho-Erlebnis hatte. Am nächsten Tag bestätigte Yasutani ihm, dass das, was er erlebt hatte, ein Kensho war.[8]
Sanbo Kyodan-Nachfolge
Nach dieser Kensho-Erfahrung studierte Yamada Koun sieben Jahre lang weiter unter Yasutani Roshi. Nachdem er sechshundert Koans unter ihm vollendet und damit sein Koan-Studium abgeschlossen hatte, ernannte ihn sein Lehrer im Jahr 1961 zum offiziellen Dharma-Nachfolger.[9] Später, im Jahr 1970, übertrug er ihm außerdem die Leitung der unabhängigen, laienorientierten Zenvereinigung Sanbo Kyodan, die Yasutani einst zusammen mit Harada Roshi gegründet hatte.
YAMADA Kôun Roshi, der die Nachfolge von YASUTANI Rohi antreten sollte, ermahnte diesen mehrere Male bezüglich seiner ideologischen Neigung und erinnerte ihn an seine ursprüngliche Verantwortung, sich auf die Wiederbelebung des reinen Dharma zu konzentrieren, dem eigentlichen Kern des Buddhismus.[10]
Liste der Dharma-Nachfolgenden
- Robert Chotan Gyoun Aitken[lower-alpha 1]
- Niklaus Brantschen
- Ruben Keiun-ken Habito
- Willigis Jäger
- Johannes Kopp
- Akira Kubota
- Victor Löw
- Elaine MacInnes
- Gundula Meyer
- Ama Samy
- Ana Maria Schlüter
- Roselyn Stone
- Masamichi Ryoun-ken Yamada
Schriften
- The Gateless Gate: The Classic Book of Zen Koans. Wisdom Publications, 2004, ISBN 0-86171-382-6 (worldcat.org).
- Deutsch: Mumonkan - Die torlose Schranke: Zen-Meister Mumons Koan-Sammlung. Kösel-Verlag, 2011, ISBN 978-3-466-37021-4.
- Das Tor des Zen - Grundlagen und Praxis. Edition steinreich 2017, ISBN 978-3942085557.
Quellen
- Aitken, Robert (1990). Remembering Yamada Kōun Rōshi, The Eastern Buddhist, New Series 23 (1), 152-154
- Stephen Batchelor: The Awakening of the West: The Encounter of Buddhism and Western Culture. Parallax Press, 1994, ISBN 0-938077-69-4.
- David W. Chappell: Buddhist Peacework: Creating Cultures of Peace. Wisdom Publications, 2000, ISBN 0-86171-167-X (worldcat.org).
- Habito, Ruben L. F. (1990). In Memoriam: Yamada Kōun Rōshi (1907-1989, Buddhist-Christian Studies 10, 231-237
- Sallie B. King, Paul O. Ingram: The Sound of Liberating Truth: Buddhist-Christian Dialogues in Honor of Frederick J. Streng. Routledge, 1999, ISBN 0-7007-1121-X.
- Charles S Prebish: Luminous Passage: The Practice and Study of Buddhism in America. University of California Press, 1999, ISBN 0-520-21697-0 (archive.org).
- Richard Hughes Seager: Buddhism In America. Columbia University Press, 1999, ISBN 0-231-10868-0 (archive.org).
- Michelle Spuler: Developments in Australian Buddhism: Facets of the Diamond. Routledge, 2003, ISBN 0-7007-1582-7.
- Daizen Victoria: Zen War Stories. Routledge, 2003, ISBN 0-7007-1580-0.
- Victoria, Brian (Daizen) A.: Zen, Nationalismus und Krieg. Eine unheimliche Allianz. Theseus 1999
- Koun Yamada: The Gateless Gate: The Classic Book of Zen Koans. Wisdom Publications, 2004, ISBN 0-86171-382-6 (worldcat.org).
Externe Links
- Short history page of the Sanbō Kyōdan
- Mountain Moon Sangha of Roselyn Stone, Sei'un An Roshi
Einzelreferenzen
- ↑ Zen lineage charts. In: Wikipedia. 26. November 2020 (wikipedia.org [abgerufen am 23. März 2021]).
- ↑ Yamada Koun Roshi – Meditieren für eine friedliche Welt. Abgerufen am 23. März 2021.
- ↑ Ruben L. F. Habito: In Memoriam: Yamada Kōun Rōshi (1907-1989). In: Buddhist-Christian Studies. Band 10, 1990, S. 231–237.
- ↑ Robert Aitken: Remembering Yamada Kōun Rōshi. In: The Eastern Buddhist. New Series, Nr. 23 (1), 1990, S. 152–154.
- ↑ Yamada Koun: The Gateless Gate: The Classic Book of Zen Koans. Wisdom Publications, 2004, ISBN 0-86171-382-6, S. 296.
- ↑ a b Brian (Daizen) Victoria: Zen War Stories. Hrsg.: Routledge. 2003, ISBN 0-7007-1580-0, S. 96–97.
- ↑ Geleitwort von Maezumi Taizan Roshi: Mumonkan - Die torlose Schranke: Zen-Meister Mumons Koan-Sammlung. Hrsg.: Yamada Koun, Ludwigis Fabian, Peter Lengsfeld, Migaku Sato. Kösel-Verlag, 2011, ISBN 978-3-466-37021-4, S. 11–12.
- ↑ Stephen Batchelor: The Awakening of the West: The Encounter of Buddhism and Western Culture. Hrsg.: Parallax Press. 1994, ISBN 0-938077-69-4, S. 209–211.
- ↑ Short History of the Sanbo-Zen. Abgerufen am 23. März 2021.
- ↑ Kubota Ji'un, Leiter des Sanbo-Zen: Mitteilungen. Abgerufen am 23. März 2021.