Staatsbankrott
Der Staatsbankrott (auch Staatsinsolvenz) ist die förmliche Erklärung einer Regierung, fällige Forderungen nicht mehr (Repudiation), oder nur noch teilweise erfüllen zu wollen, oder die faktische Einstellung fälliger Zahlungen.
Ursachen
Der Staatsbankrott war in der Geschichte auf folgende 3 Ursachen zurückzuführen:
- Überschuldung des Staates
- Die Weigerung, nach einem Regierungswechsel die Schulden des bisherigen Regimes zu übernehmen
- Der Untergang des Staates
Überschuldung
Ist ein Staat nicht mehr in der Lage, seine Staatsschulden zu bedienen und/oder die Zinszahlungen auf seine Verschuldung auf Grund seiner gesamtwirtschaftlichen Situation zu leisten, so tritt der Staatsbankrott ein. Dabei reicht es aus, dass der betreffende Staat nur einen Teil der Schuldzinsen bzw. der Staatsschuld nicht mehr bedient bzw. diese nicht mehr ablöst.
Ursachen waren meist
- ein verlorenener Krieg oder
- jahrzehntelanges schlechtes Wirtschaften
Der Staatsbankrott wegen Überschuldung stand bisher, historisch betrachtet, immer am Ende einer Reihe von Jahren oder Jahrzehnten einer Haushaltsnotlage, wo der Staat bzw. die Staatsmacht verkörpernden Regierungen, mehr Gelder ausgegeben haben als sie eingenommen haben. Diese Budgetdifferenzen wurden durch Neuverschuldung beim in- und ausländischen Bürger, Banken und Staaten freiwillig oder unfreiwillig gedeckt.
Regimewechsel
Während üblicherweise ein Regierungswechsel keinen Einfluss auf die Verpflichtung des Staates hat, die Schulden, die unter den Vorgängerregierungen gemacht wurden, zu bedienen, kommt es gerade in revolutionären Situationen oder nach Regimewechseln vor, dass die neue Regierung die Legitimität der alten in Frage stellt und daher die Altschulden nicht mehr bedient.
Wichtige Beispiele sind:
- die Nichtbezahlung der Schulden des bourbonischen Frankreich nach der Französischen Revolution
- die Nichtbezahlung der Anleihen der vom Deutschen Bund in Schleswig-Holstein eingesetzten Regierung durch Dänemark 1850
- die Nichtbezahlung der Schulden des zaristischen Russland durch die neue Sowjetregierung 1917
Untergang des Staates
Mit dem Untergang von Staaten gehen auch dessen Verbindlichkeiten unter. Nur in seltenen Fällen gelingt es wie beim Zerfall von Jugoslawien, die Schulden auf Nachfolgestaaten zu verteilen.
Ein Beispiel war die Weigerung der früheren DDR, Verantwortung für die Schulden des Deutschen Reiches zu übernehmen.
Folgen des Staatsbankrottes
Betroffen von Staatsbankrotten sind in erster Linie die Gläubiger des Staates, aber auch die Wirtschaft und die Bürger des Staates selbst.
Folgen für die Gläubiger
Die sichtbarste Folge des Staatsbankrotts ist dass die Gläubiger ihr an den Staat verliehenes Geld sowie die Zinsen darauf ganz oder teilweise verlieren.
Oft wird im Rahmen von internationalen Verhandlungen (z.B. das Londoner Schuldenabkommen 1953) ein teilweiser Schuldenerlass oder eine Umschuldung (z.B. die Brady-Bonds der 80er Jahre) vereinbart. Diese Abkommen sichern die Rückzahlung von Teilbeträgen unter Verzicht auf die meisten Forderungen. Im Rahmen der Argentinien-Krise mussten die Gläubiger z.B. auf 75 % ihrer Forderungen verzichten.
Oftmals wird zwischen Forderungen inländischer Gläubiger und den Forderungen ausländischer Gläubiger, den Forderungen in eigener Währung und den Forderungen in Fremdwährung sowie zwischen den Forderungen privater und staatlicher ausländischer Geldgeber bezüglich der Regulierung unterschieden.
Folgen für den Staat
Mit dem Staatsbankrott entledigt sich der Staat seiner finanziellen Verbindlichkeiten gegenüber seinen verschiedenen Gläubigern. Dies führt naturgemäß zu einer Entlastung des Staatshaushalts um die Höhe der Zinsen und Tilgungen.
Auf der anderen Seite ist mit dem Staatsbankrot immer auch ein Image- und Vertrauensverlust verbunden. Hierdurch ist der Staat zeitweise nicht mehr in der Lage, Kreditaufnahmen am Kapitalmarkt vorzunehmen.
Folgen für den Bürger
Praktisch bedeutet ein Staatsbankrott für den einzelnen Privatbürger immer eine drastische Abwertung seiner Geldvermögen, da die einheimischen Sparer meist ein bedeutender Gläubiger des Staates sind.
Gravierender aber noch sind die Folgen auf die Volkswirtschaft. Diese sind typischerweise
- eine Bankenkrise, da die Banken hohe Abschreibungen auf ihre Staatskredite vornehmen müssen
- eine Wirtschaftskrise, da die inländische Nachfrage reduziert wird und Investoren Gelder zurückziehen
- eine Währungskrise, da ausländische Anleger die betroffene Volkswirtschaft meiden.
Staatsbankrott, Inflation und Währungsreform
Eng verbunden mit dem Staatsbankrott sind die Themen Hyperinflation und Währungsreform. Beide haben eine gleiche Ursache (die Überschuldung des Staates), beide vermindern die Schuldenlast des Staates auf die Gläubiger und beide treten oft gemeinsam auf.
So erfolgten nach (totalen) Staatsbankrotten oft sogenannte Währungsreformen, die mit der Einführung neuer Geldzeichen oder/und dem "Wegstreichen" von "Nullen" (z.B. 1 Billion Papier-Mark = 1 Rentenmark z.B. im November 1923) abgeschlossen wurden. Anschließend erfolgten häufig noch unterschiedliche Um- bzw. Abwertung von Bargeld, geschäftlichen und privaten Geldkonten und Versicherungskonten. Instrumente der unterschiedlichen Konten- bzw. Geldumwertungen waren z.B. die nach 1918 extra dafür gegründete staatliche Bank "Reichsanleihe Aktien-Gesellschaft", die kommunalen Stellen der "Umwertung von Immobilienvermögen" nach 1923 sowie die Vorschriften der gewerblichen Buchführung in "Goldmark". Nach 1948 gab es das Instrument der "Ausgleichsforderungen" für gewerbliche Geldvermögen an die öffentliche Hand ...
Reale und mögliche Abläufe bei einem Staatsbankrott
Im Unterschied zu Privat-Unternehmen hat ein Staat eine Reihe von Möglichkeiten, einen Staatsbankrott der Form nach zu verschleiern, weniger jedoch nach dem Inhalt, da er mathematisch letztendlich zwingend ist. Es gelang und gelingt ihm, den Staatsbankrott meist durch verschiedene propagandististische und administrative Maßnahmen zeitweilig aufzuschieben.
Zitat nach Adam Smith von 1776:
"Wenn Staatsschulden einmal bis zu einem gewissen Grad angehäuft sind, so läßt sich, glaube ich, kaum ein einziges Beispiel für ihre richtige und vollständige Bezahlung anführen. Die Erleichterung der öffentlichen Finanzen , wenn sie überhaupt jemals erreicht wurde, konnte immer nur durch einen Bankrott herbeigeführt werden, mehrfach offen erklärt, immer aber durch den tatsächlichen Bankrott, auch wenn dabei behauptet wurde, es sei zurückgezahlt worden."
Pessimistisches Zitat nach Voltaire, 18.Jh.
"Papiergeld kehrt früher oder später zu seinem inneren Wert zurück - zu Null"'
Verlorene Kriege beschleunigten totale Staatsbankrotte zeitlich wesentlich. Selbst in langen Friedenszeiten nahm die Staatsverschuldung anfangs immer - fast unmerklich beginnend - erst geringfügig, aber dann später immer mehr - auch durch den Zinseszins-Effekt verstärkt - so stark exponentiell zu, dass immer irgendeine Spielart des "Staatsbankrottes" am Ende stand.
Zum Beispiel: Offizielle oder heimliche Verminderung des Münzfußes (Edelmetallgehalt); echter Münzbetrug, wie bei den sog. Ephraimiten; Scheidemünzen- und Papiergeldinflationen und damit entstehende Kurse zwischen den verschiedenen Geldsorten, deren Wertrelationen zueinander durch Gesetze praktisch nicht mehr durchsetzbar waren (Kipper- u. Wipperzeit um 1622); offizielle oder inoffizielle Abwertung der Währung oder eine sonstwie geartete "Währungsreform", was dann bei den Nachbarstaaten ähnliche währungspolitische Maßnahmen erzwang (meist Münzfußabsenkung), da sie häufig in Münzkonventionen untereinander wirtschaftlich verbunden waren.
Meistens gingen dem Bankrott -neben Gesetzesänderungen - (massive) Steuererhöhungen, Subventions- und Ausgabensenkungen, Verweigerung der Ablösung der Staatsschuldtitel (oft Staatsanleihen oder Schatzbriefe genannt) und der Zinsauszahlung auf diese Staatsschuldtitel eine anfangs noch milde Inflationsphase voraus. Auch wurde häufig bisher in Kurantmünzen einlösbares Papiergeld und Scheidemünzen "plötzlich" nicht mehr vollwertig oder gar nicht mehr eingelöst und zum "Zwangskurs" im Umlauf gehalten, wie z.B. die französischen Assignaten (=Papiergeld) ab 1789, wozu dann oft kreative, dem Volk "einsichtige", Begründungen herhalten mussten, die gelegentlich mit drakonischen Strafen untermauert wurden. So war es z.B. während der französischen Revolutionszeit für den einfachen Bürger bei hoher Strafe verboten (6 Jahre in "Eisen" gelegt), mit Gold- oder Silbergeld zu bezahlen oder zu handeln. Es sollte vielmehr an den Staat gegen "Assignaten" abgeliefert werden. Viele offiziellen, kreativen Begründungen waren mitunter auch nicht immer ganz falsch, wenn z.B. ein Staat von einem anderen kriegerisch überfallen wurde, was dann ja außerordentliche finanzielle Aufwendungen erzwang, die durch das momentane Staatsbudget nicht zu decken waren ... siehe auch den Spruch "Gold gab ich für Eisen" in Deutschland von 1914/15.
In der Frühphase der Verschuldung eines Staates wurden in der Geschichte häufig Staatsschuldtitel durch "Lotterien" vor Ablauf der staatlich festgelegten Kündigungsfrist ausgelost, d.h. dann wurde der Nennbetrag und die bis dahin aufgelaufenen Teilzinsen vorfristig an den privaten Gläubiger rückgezahlt. Die Auslosung erfolgte anhand der Seriennummer der Staatsschuldscheine in großen Lostrommeln. Der Staat wollte so Zinsen sparen und wiederum neue Staatsschuldtitel mit möglichst niedrigeren Zinsen neu emittieren.
Die Verwaltung der ausgegebenen Staatsschuldtitel und die daraus resultierenden Zinszahlung an die Gläubiger wurden und werden von "Unterabteilungen" der Finanzministerien geleitet, die z.B. in Deutschland "Preußische Verwaltung der Staatsschulden", "Reichs- oder Bundesschuldenverwaltung" hießen und heißen.
So bleibt dem Staat in seiner Geldnot (meist kurz vor dem Bankrott oder bei voraussehbaren hohen Ausgaben, wie in Deutschland bei der Aufrüstung vor dem Zweiten Weltkrieg) oft nichts weiter übrig, das nötige Geld für die Zinszahlungen an seine freiwilligen und unfreiwilligen Gläubiger (Bürger, Privatbanken) bzw. die Gelder für "Sondervorhaben" über Kredite bei seiner Zentralbank mittels "Schatzanweisungen" oder ähnlich genannter Papiere als zusätzliche "Neuverschuldung" zu beschaffen. Letztendlich wurde aber dann dieses "frische Geld" auf irgendeine, heimliche "Art" gedruckt, die im Dritten Reich z. B. Mefo-Wechsel hießen ...
Bezahlte nun die Regierung ihre Schulden mit diesem de facto warendeckungslosen Geld zurück, führt das immer zur Inflation sofern nicht andere Maßnahmen, wie Warenbezugsscheinsysteme, staatlicher Preisstopp o.a., verordnet wurden, da ja die Geldmenge im Verhältnis zur verfügbaren Gütermenge anstieg. Letztendlich bedeutete das aber eine rückgestaute Inflation, die man in ihrer extremer Ausbildung auch als aufgeschobenen Staatsbankrott bezeichnen kann, siehe Währungsreform 1948.
Parallel dazu wurden die Geld- und Sparkonten (und Löhne) seiner Bürger bei einer Geldmengenausweitung gleichzeitig -ähnlich wie bei einer Abwertung (s.u.)- mit entwertet, da ja der Bürger auf seine Ersparnisse keine entsprechende nominale Aufwertung erhielt, um seine angesparte Kaufkraft aufrecht erhalten zu können. Andernfalls hätte sich der Staat ja den ganzen Aufwand schenken können. Inzwischen konnte dann der Bürger auf Grund seiner jetzt nominal zu niedrigen Ersparnisse die jetzt erhöhten Warenpreise nicht mehr zahlen, obwohl diese Waren ja vor dem Staatsbankrott zu "Friedenspreisen" einmal von ihm selbst erzeugt wurden.
Der Bürger hatte es dem Staat somit durch sein Sparen (= Konsumverzicht) ermöglicht, eine Warenumverteilung (z.B. in Richtung Kriegsgüter) bzw. ganz allgemein gesagt, einen Güterverbrauch vorab vorzunehmen. Diese Vorab-Verteilung von Gütern konnte ein Staat umso besser "geräuschlos" machen, je höher die Sparquote seiner Bürger war und ohne dass ein negativer Effekt wie z.B. eine erhöhte Inflation schon sichtbar wurde ... Allerdings war so eine Situation auch für den Staat nicht ganz ungefährlich, man denke sich nur in eine solche Situation hinein, dass alle Bürger "gleichzeitig" ihr Erspartes abheben würden und dafür Konsumgüter ihrer Wahl zu den alten Preisen haben wollten, da ja hinter jeder Mark ja auch einmal ein realer Sachwert stand, der nur im Laden noch nicht gekauft bzw. abgerufen wurde ...
Nun kann und konnte man aber den Regierungen, die die Staatsmacht verkörpern, nicht generell vorwerfen, dass das immer mit Absicht geschah. Vielmehr entstand häufig eine "Eigendynamik in der kommulierten Schuldenpolitik" über die Jahre hinweg durch die verschiedensten Bündes- Länder- und Kommunalpolitikergenerationen, die vor jeder Legislatur vielfältige Versprechen machten und an deren Ende bisher stets der (Teil-)Staatsbankrott stand, da die bis dahin aufgelaufenen Staatsschulden (ab einer gewissen Höhe relativ zum Bruttosozialprodukt betrachtet) auch nicht durch die beste Konjukturphase jemals rückzahlbar waren ...
Vorbeugemaßnahmen gegen Staatsbankrotte
Um Staatbankrotte zu vermeiden oder die Folgen abzumildern wird die Bonität von Staaten gemessen. Sinkende Bonität reduziert die Bereitschaft der Gläubiger, Kredite bereitzustellen. Der Staat selbst kann über eine solide Haushaltspolitik dem Staatbankrott vorbeugen.
Messung der Staatsbonität
Weit vor der Erklärung des Staatsbankrotts, ist eine wesentliche Verschlechterung der Kredibilität verbunden, die durch verschiedene Rating-Agenturen „gemessen“ wird. Dies zeigt sich dann im sogenannten Länderrisiko, welches in Basispunkten (100 Basispunkte = 1 Prozentpunkt) ausgedrückt wird. So hatte zum Beispiel Argentinien zeitweise ein Länderrisiko weit jenseits der 4000 Basispunkte. Dies bedeutet, dass Argentinien (Länderrisiko von 4000) für neu aufgenommene Kredite einen Aufschlag in Höhe von 40 Prozent auf die für Industrienationen üblichen Zinsen bezahlen musste.
Die Bundesrepublik Deutschland sowie die einzelnen deutschen Bundesländer bekommen regelmäßig von den internationalen Rating-Agenturen mit AAA die höchstmögliche Kreditwürdigkeit zugesprochen. Dies erlaubt es dem deutschen Staat, Kredite auf den Kapitalmärkten zu günstigen niedrigen Zinsen aufzunehmen. Dieses Rating könnte sich aber bei steigenden Schuldenstände auch verschlechtern. Japans Rating wurde beispielsweise 2002 auf AA herabgesetzt und entspricht nun etwa dem Sloweniens, obwohl die japanische Volkswirtschaft die zweitgrößte der Welt ist (der japanische Anteil der Staatsschulden am Bruttoinlandsprodukt entspricht ca. 160%).
Indikatoren zur Messung des Staatenrisikos
Ein wichtiges Kennzeichen des "Hinlaufens in Richtung Staatsbankrott" einer Volkswirtschaft war (und ist) im Vorfeld dabei die relative prozentuale Zunahme der Zinslasten auf die aufgenommenen Staatsschulden innerhalb des jährlichen Gesamtbudgets eines Staates, betrachtet über eine längere Folge von vorausgegangenen Budgetjahren. Also wenn von Jahr zu Jahr immer größere Anteile des Staatsbudgets für die Zinsen auf die aufgenommenen Kredite (Staatsschuldtitel) bereitgestellt werden mussten, was natürlich von Jahr zu Jahr die finanzielle Handlungsfähigkeit eines Staates immer mehr einschränkte. Kritisch war dabei schon die Situation, wenn der Punkt erreicht bzw. überschritten wurde, wenn die Höhe der Neuverschuldung die Kreditzinssumme erreichte bzw. diese gar überschritt...
An dessen Ende stand "irgendwann" einmal die Unmöglichkeit der Bedienung der Staatsschuldzinsen (oder gar die Rückzahlung der Kredite), da die Zinsen im Extremfall sämtliche Staatseinnahmen "aufgefressen" hatten und Kredite für die Neuverschuldung nicht mehr beschaffbar waren. Praktisch trat natürlich der (Teil-)Staatsbankrott schon eher ein.
Mögliche Maßnahmen des Staates im Vorfeld eines Staatsbankrottes
Erste Maßnahme eines hochverschuldeten Staates bestehen darin, Ausgaben und Subventionen zu senken und zwar diejenigen, die nicht durch starke Lobbygruppen "geschützt" sind.
Der Staat hat weiterhin die Möglichkeit - neben "Einnahmeverbesserungen" oder Steuererhöhungen (siehe Mehrwertsteuer) - die Inflation, z.B. durch manigfaltige Gebührenerhöhungen, (heimlich) zu befördern und gleichzeitig auf mehr nominale Steuereinnahmen zu hoffen, was seine Schulden beabsichtigt tendenziell vermindert. Allerdings werden auch die Ersparnisse der Bürger - wie schon gesagt - proportional abgewertet, da die Guthabenzinsen das im allgemeinen nicht vollständig kompensieren.
Ist jedoch die Zentralbank des Staates (weitgehend) unabhängig von der Regierung des Staates und verweigert sie der Regierung das benötigte Geld (sprich Kredit), kann die Regierung auch noch weitere, zusätzliche Steuern erheben und vorhandene per Gesetz weiter erhöhen, was natürlich wiederum Auswirkungwen auf die Konjunktur und die Schattenwirtschaft hat. Sie könnte etwa plötzlich "Zinseinkünfte" stärker besteuern oder auch Sparerfreibeträge kürzen. Die Regierung muss dann zwar weiterhin Zinsen an ihre Gläubiger zahlen, doch die müssen diese dann teile ihrer Zinseinkünfte gleich wieder als Steuern an die Regierung rückbezahlen. Eine andere Methode wäre z.B., dass der Staat die Zinseinkünfte so beließe, jedoch dafür andere zusätzliche Steuererhöhungen beim Bürger eintriebe, so dass dessen Gesamteinküfte trotzdem sänken. Der Bürger freut sich so zwar über seine Zinseinkünfte merkt aber nicht, dass er z.B. über andere, erhöhte Verbrauchssteuern diesen "Zinsgewinn" sofort wieder an anderer Stelle an den Staat abführt ...
Die Regierung kann auch Geldvermögen besteuern. Da die Forderungen der Gläubiger an den Staat zum Geldvermögen gehören, müssten in diesem Falle plötzlich die Gläubiger an den Staat Steuern zahlen. So kann die Verpflichtung des Staates, seine Schulden zurückzuzahlen, theoretisch ebenfalls vermindert werden. Allerdings wird es dann sehr schnell bei den großen Geldvermögensbesitzern eine Flucht in andere Währungen, ins Ausland oder in Sachwerte geben, da diese sofort die besten Steuer- und Anlageberater konsultieren werden ...
Eine weitere Möglichkeit einen (Teil-)Staatsbankrott zu verschleiern war, die Abwertung der eigenen Währung gegenüber den sog. "Hart-Währungsländern". Meist wurde das dann mit einer "Verbesserung der Exportfähigkeit" der heimischen Industrie gegenüber dem Ausland propangandistisch begründet, was teilweise richtig ist. Allerdings ist dieser Effekt nur kurzzeitig wirksam, da sofort über die meist notwendigen Rohstoffimporte Inflation wieder reimportiert wurde, die letztendlich fast zeitgleich wieder auf das Binnenpreisniveau durchschlug, z.B. Benzinpreise. Mit der Abwertung der eigenen Binnenwährung vermindert sich zwar die Staatschuld - aber auch die realen Geldvermögen der Bürger entsprechend um den Abwertungsprozentsatz. Die Bürger, die dann durch solche Erfahrung klüger geworden waren, sparten dann natürlich künftig weniger, so dass der zukünftige (heimliche) Verschuldungsrahmen des Staates wiederum eingeschränkt wurde. Ein gutes Beispiel war Italien. Letztendlich bleibt den Staat, wenn er nicht mehr "geräuchlos" auf das Sparvermögen der Bürger zur Staatschuldfinanzierung rückgreifen kann, nur noch der Weg über "Schatzanweisungensbefehle" der Regierung an seine Zentralbank nach Art der "Mefo-Wechsel", wenn er nicht ganz offen ungedecktes Papier- und Giralgeld drucken will oder kann.
Solche Maßnahmen, wie Abwertung, vermindern natürlich die Kreditwürdigkeit des Staates nach innen und außen, im äußersten Fall kann der Staat jede Kreditwürdigkeit verlieren. Der Staat kann sich zwar theoretisch seiner Staatsschulden auf Kosten seiner Gläubiger mehr oder weniger "elegant" entledigen. Er kann aber fast nie gleichzeitig seine künftige Kreditwürdigkeit erhalten, sondern muss dann für die (nähere) Zukunft auf Kredite verzichten, sofern er nicht gleichzeitig "Reformen" macht. Von daher sind der Staatsverschuldung eines Staates gewisse Grenzen gesetzt, die jedoch sehr elastisch sein können.
Aus diesen Gründen sind daher formale Staatsbankrotte auch heute selten, häufiger ist der Verlust der Kreditwürdigkeit des Staates die Folge. Für untere Staatsebenen, etwa auf der Bundesstaats- oder Gemeindeebene in den USA, ist der Staatsbankrott eher möglich, wenn die Bundesregierung sich weigert oder es ihr gesetzlich untersagt ist, für die Staatsverschuldung dieser unteren Ebenen aufzukommen. So hat die Stadt New York schon 1975 Zahlungsunfähigkeit erlebt. Auch in Deutschland befinden sich einzelne Kommunen bereits unter einer finanzielle Zwangsaufsicht, da sie praktisch bankrott sind.
Situation im Jahre 2006
Ausweislich der jeweiligen Länderratings besteht derzeit keine akute Gefahr eines Staatsbankrotts eines OECD-Landes.
Jedoch verweisen Kritiker der Staatsverschuldung darauf, dass man heute schon gar nicht mehr davon sprechen könnte, dass die "eigentlichen Staatsschulden" jemals an die Gläubiger rückzahlbar wären. Man versuche statt dessen nur noch die Zinslasten auf die aufgenommenen Schulden zu mindern. Hierzu würde versucht, durch eine Senkung des allgemeinen Kreditzinssatzes auf den Kapitalmärkten und/oder durch Verminderung der jährlichen Neuverschuldungskreditsummen eine Entlastung zu erreichen.
Betrachtet man die Bundesetatentwürfe und den Zuwachs der momentanen Neuverschuldung (incl. der Nachtragshaushalte von Bund, Länder und Kommunen) so wird dieses Bemühen als vergeblich eingestuft. In der politischen Diskussion wird daher oft vor dem Staatsbankrott gewarnt.
Beispiele für Staatsbankrotte
Im Laufe der Geschichte gab es eine Reihe von Staatsbankrotten.
In Deutschland war der Staat im 20. Jahrhundert zweimal bankrott: 1923 als Nachfolge des Ersten und 1948 als Folge des Zweiten Weltkrieges. Im Jahr 1813 war der Staat Dänemark, im Jahr 1876 das Osmanische Reich zahlungsunfähig. 1975 war die Stadt New York bankrott.
Argentinien 2002
Der jüngste Staatsbankrott fand 2002 in Argentinien statt. Die Geschichte dieses Staatsbankrotts ist im Artikel Argentinien-Krise beschrieben.
Siehe auch:
Literaturnachweis
"Kleines Handbuch der Münzkunde und des Geldwesens in Deutschland", Wolfgang Trapp, Verlag Phillip Reclam Stuttgart 1999, ISBN 3-15-018028-0, S.158 ff.
"Auf Mark und Pfennig", Reinhold Zilch, Kinderbuchverlag Berlin o.J., S.61 ff.
"Zeitsignale", Kurt H. Biedenkopf, Goldmann Verlag 1989, ISBN 3-442-11696-1, S.158 ff. (sehr lesenswert was die aktuelle Situation angeht)
"Deutschland stagniert", Burkhard Wehner, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1994, ISBN 3-534-80165-2, S. 152 ff. (beschreibt heutige Situation)
"Wann kommt der Staatsbankrott", Paul C. Martin, Wirtschaftsverlag Langen-Müller/Herbig, München 1983, ISBN 3-7844-7119-6, (zwar etwas veraltet, aber lesenswert ..., Zitat von A.Smith S.185 in deutsch)
"Das Staatsschuldenproblem", Karl Diehl u. Paul Mombert, Verlag Gustav Fischer, Jena 1923 (historische Beiträge)
"Hintergründe Staatsverschuldung Staatsbankrott?", E.Lang u. W.A.S.Koch, Physica-Verlag Würzburg-Wien 1980, ISBN 3-7908-0501-7 (Pro- und Contra-Argumente)
"Geld, Gold und Goldspieler Am Vorabend der nächsten Weltwirtschaftskrise", Roland Bader, Resch Verlag Gräfelding 2004 (Krisenbefürworter)