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Hans Frenzel der Reiche

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Hans Frenzel (* 1463 in Görlitz; † 16. September 1526 ebenda) war ein Bauherr, Grundbesitzer, Biereigner, Kaufmann und außerdem einer der angesehensten und einflussreichsten Männer von Görlitz. Wegen seines beachtlichen Reichtums erhielt er den Beinamen „Der Reiche“. Sein Sohn Joachim wurde 1544 geadelt.[1]

Leben und Wirken

Hans Frenzel war der Sohn des Weißgerbers Hans Frenzel. Er hatte drei Schwestern. Er wuchs in Görlitz auf, besuchte die städtische Schule und wurde 1474 mit elf Jahren von seinem Vater nach Posen geschickt. Dort besuchte er bei Jörg Koler zwei Jahre eine Schule, erwarb kaufmännische Grundkenntnisse und lernte Polnisch. Der Sohn Jörg Kolers Hans Koler war zuvor in Lehre bei Hans Frenzels Vater gewesen.[2] Hans Frenzel selbst schrieb, er sei dazu „gar wiellig unndt frölich gewest“.[2] Auf den polnischen Märkten, wo Görlitzer Waren, vor allem Tuch, abgesetzt wurden, erlernte Hans Frenzel den Tuchhandel. Nach Richard Jecht lernte er auf diesen Schulen nichts bedeutendes außer Polnisch reden und schreiben, was jedoch für seine kaufmännische Lehre wichtig war.[3] Zu Palmarum 1476 ging er in Posen zu Handelsmann Paul Welker in die Lehre und reiste mit ihm zu Märkten in Polen, Preußen und Russland.[3] In Polen lehnte er einen finanziellen Zuschuss seiner Eltern ab und kostete sie insofern nichts, „denn warum hätte ich meinen lieben Vater und meine Mutter sollen unnützlich ums Geld bringen?“.[3] 1484 kehrte er nach Görlitz zurück und führte als Handelsdiener zehn Jahre lang den Handel seines Onkels Peter Frenzel, ein Bruder seines Vaters. Dabei reiste er so viel, dass er selten vierzehn Tage in Görlitz war. Als sein Vater 1490 verstarb, erbte er nicht mehr als 227 Mark.

Frenzelhof (Untermarkt 5)

1494 eröffnete er sein eigenes Unternehmen, nachdem er um Michaelis[3] 1493 Anna, die Tochter des wohlhabenden Händlers und ehemaligen Ratsherrn Caspar Tilicke, geheiratet hatte. Spätestens 1495 erwarb er wohl von Marcus Heintze das spätgotische Hallenhaus[4] Untermarkt 3.[5] Nach dem Tod seines Schwiegervaters im Jahr 1499 erbte Hans Frenzel ein beträchtliches Vermögen an Mobilien und Immobilien, darunter der Brauhof Untermarkt 5. Er baute das in einem baufälligen Zustand befindliche Haus mit dem Aufwand von 1100 ungarischen Gulden neu auf. Um das Jahr 1510 ließ er die Bemalungen der Schatzkammer des Hauses fertigstellen. Der feste Steinbau war möglicherweise dafür verantwortlich, dass das Gebäude eine Feuersbrunst am 12. Juni 1525 nahezu unbeschadet überstand, wohingegen „die Nachbarshäuser in Flammen aufgingen“.[3] Dies wurde durch Geschoßlisten bemerkbar, nach denen Hans Frenzel Steuern weiterhin bezahlen konnte, sie aber in der Nachbarschaft erlassen wurden.[3] Zufolge Peter Wenzel handelte Hans Frenzel hauptsächlich mit Tuch, Waid und Wolle. Er war einer der wichtigsten Kreditgeber der Stadt Görlitz. Bernhardt Bernt aus einer politisch einflussreichen Familie, Hans Kropf aus Breslau und der Erfurter Hans Tunger sind Beispiele seiner Geschäftspartner.[6] Zu seinen Kreditnehmern zählten vergleichsweise reiche Ratsherren der Stadt, Bürgermeister und Privatpersonen.

Steinstock, Wohnung Hans Frenzels

Hans Frenzel bewohnte den Steinstock, einem im Vergleich zu den anderen Objekten im dazugehörigen Schlossareal kleinen Wohnturm.[7][8]

Bau der Annenkapelle

Annenkapelle

Ab 1508 ließ er durch Baumeister Albrecht Stieglitzer die Annenkapelle errichten.[9] 1507 erhielt er die Genehmigung für den Bauplatz auf dem Gelände des ehemaligen herzoglichen Schlosses. 1512 wurde die Kapelle geweiht. Hans Frenzel hatte sich von der von ihm verehrten Heiligen Anna Hilfe für einen Erben und Nachfolger der Familie erbetet, da seine Ehe jahrelang kinderlos geblieben war. Er widmete der Heiligen Anna das Patrozinium der Kapelle.

Konkurrenz mit Georg Emerich

Hans Frenzel stand in Konkurrenz zu Georg Emerich (1422–1507)[10], dem Sohn des 1432/33 eingewanderten Urban Emerich aus seither einer der einflussreichsten Familien in Görlitz. Georg, der durch seine vielen Stiftungen (darunter die Görlitzer Heilig-Grab-Anlage, eine Nachbildung der Heilig-Grab-Anlage in Jerusalem) in Görlitz bekannt war, war dort der einzige, der durch seinen Reichtum, ökonomischem Potenzial und der Vielfältigkeit seiner sozialen Kontakte mit Hans Frenzel vergleichbar war. Georg Emmerich, zu seiner Zeit als Bürgermeister von Görlitz hatte Hans Frenzel noch die Zustimmung zum Bau der Annenkapelle verweigert. Hans Frenzel, der innerhalb weniger Jahre, seit Beginn seiner Handelstätigkeit zum reichsten Görlitzer Bürger aufgestiegen war, übertraf den Handel Emmerichs bei weitem und war wohl der größte Görlitzer Kaufmann der Geschichte.[6]

Erworbene Dörfer

Im Laufe seines Lebens erwarb Frenzel die Dörfer (oder einen Teil davon) Friedersdorf (1499), Girbigsdorf (1500, teilweise), Königshain (1504), Kunnersdorf (1504), Langenau (1511), Leopoldshain, Liebstein (1524), Lissa (1508), Markersdorf (1504, teilweise), Schützenhain und Zodel. Insgesamt sollen es zwölf gewesen sein.[11]

Seinen Landsitz errichtete er in Königshain. Nach den Angaben Hans Frenzels arbeiteten die in seinem Dienst stehenden Bauern vier Tage pro Woche.[11]

Frenzel starb am 16. September 1526 in Görlitz und wurde auf dem Nikolaifriedhof bestattet, wo auch schon Georg Emerich bestattet worden war.

Vita Mercatoris

Hans Frenzel verfasste eine Autobiografie, die Vita Mercatoris. Seine Angaben decken sich breitflächig mit den Angaben in den Archiven der Stadt. Die Originalschrift seines Werks ist verschollen, aber zahlreiche Abschriften erhalten. Die wohl am besten erhaltene Abschrift stammt von Valentin Ritter (1588–1633), einem Urenkel Hans Frenzels Onkel[12] Peter Frenzel.[13]

Familie

Hans Frenzels Nachname geht auf den Vornamen seines Urgroßvaters Franz Morgensinn (Morgensohn) zurück. Dessen Sohn und Enkel, die beide Hans hießen, wurden Fränzels Hans gerufen. Morgensohns Urenkel Hans nannte sich aus diesem Grund in seiner eigenen Biographie Hans Frentzel.[14]

Hans’ Schwestern hießen Katherina (erste Ehe Bernhard Bernt, Ratsherr, † 1527; zweite Ehe: Franz Schneider, ca. 1488–1560, 1536 geadelt, neunmaliger Görlitzer Bürgermeister von 1515–1548),[15][16] Anna (⚭ Hans Reintsch) und Barbara (⚭ Barthel Reynolds, Ratsherr) – die Brüder seines Vaters Georg und Peter (⚭ Ursula Canitz; Ratsherr 1492–96).[17]

Wappen die Ritter, 1575

Peter Frenzels Enkel war Valentin Ritter († 25. November 1586), dessen Sohn, der wie er selbst Valentin Ritter (1588–1633) hieß, neben seinem Bruder Peter Ritter und ehelichen Nachkommen am 24. Juni 1575 von Kaiser Maximilian II. „wegen erwiesener Treue in der sächsischen Empörung“ einen erblichen Adels- und Wappenbrief empfing.[18][19]

Wappenbesserung (zwischen 1612 und 1619) der Ritter von Hennersdorf

Kaiser Mathias erhob die Brüder und Vetter Heinrich (Sohn des geadelten Valentin), August und Valentin die Ritter wegen ihrer „treuen Dienste“ in den Reichsadelstand mit dem Recht, sich nach ihrem Gut Hennersdorf schreiben zu dürfen, und besserte ihr Wappen.[20]

Hans Frenzel heiratete 1493 Anna Tilicke und bekam mit ihr drei Kinder: Johannes Frenzel (* 13. September[21] oder Kreuzerhebungstag 1512), der nach 18 Tagen verstarb, Joachim Frenzel (24. Juli 1515–13. Februar 1565)[22] und Johannes Frenzel (* 1517), der vermutlich auch im Kindesalter verstarb.[23][24]

Wappen Frentzel von Königshayn im Allgemeinen Wappenbuch, Band 2 (1846) von Leonhard Dorst

Joachim baute den Landsitz seines Vaters weiter aus und wurde von Karl V. am 19. Mai 1544 in Speyr motu proprio geadelt, erhielt ein „sehr complicirtes“ Wappen und nannte sich fortan Joachim Frenzel zu Königshain und Liebenstein.[25]

Wasser-/Renaissanceschloss in Königshain

1556 errichtete er in Königshain neben dem Steinstock das Wasserschloss[26][27] (auch Renaissanceschloss).[28]

Joachim heiratete Anna Schneider (Tochter des adligen Bürgermeisters Franz Schneider und Agnes Uthman; † 26. Februar 1561). Sie bekamen drei Töchter und zwei Söhne.[22][29]

Literatur

  • Sabine Zinsmeyer: ‘Monumenta frenzelorum‘. Epigraphische Denkmale des Görlitzer Bürgers Hans Frenzel (1463–1526) und seiner Familie. In: Denkströme. Journal der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 22 (2020), S. 38–58. (PDF)

Einzelnachweise

  1. Hermann Knothe: Geschichte des Oberlausitzer Adels und seiner Güter: vom XIII. bis gegen Ende des XVI. Jahrhunderts. Breitkopf & Härtel, 1879, S. 632 (google.de [abgerufen am 2. Februar 2021]).
  2. a b Christian Speer: Vita Mercatoris. S. 166.
  3. a b c d e f Richard Jecht: Geschichte der Stadt Görlitz/1,1. S. 256–259.
  4. Ines Anders, Marius Winzeler: Lausitzer Jerusalem: 500 Jahre Heiliges Grab zu Görlitz. Oettel, 2005, ISBN 978-3-932693-89-2, S. 26 (google.de [abgerufen am 4. Dezember 2020]).
  5. Richard Jecht: Neues Lausitzisches Magazin. Hrsg.: Richard Jecht. Band 89, 1913, S. 227.
  6. a b Frank-Dietrich Jacob: Die Görlitzer bürgerliche Hausanlage der Spätgotik und Frührenaissance. In: Ratsarchiv der Stadt Görlitz (Hrsg.): Schriftenreihe des Ratsarchivs der Stadt Görlitz. Band 6, 1972, S. 15, 86 (173 S., google.de [abgerufen am 16. November 2020]).
  7. Görlitz Insider: Unterwegs im Frenzelland – Königshain – Görlitz Insider. Abgerufen am 13. Juli 2020 (deutsch).
  8. Willkommen in Königshain. Abgerufen am 13. Juli 2020.
  9. Christian Speer: Vita Mercatoris. S. 165.
  10. Görlitz Insider: Es war einmal Georg Emmerich (1422 – 1507)… – Görlitz Insider. Abgerufen am 23. Juni 2020 (deutsch).
  11. a b Ratsarchiv der Stadt Görlitz: Die Görlitzer bürgerliche Hausanlage der Spätgotik und Frührenaissance. In: Schriftenreihe. Band 6, 1972, S. 19 (google.de [abgerufen am 17. November 2020]).
  12. Christian Speer: Vita Mercatoris. S. 165 f. (uni-halle.de [PDF]).
  13. Richard Jecht: Geschichte der Stadt Görlitz. S. 256.
  14. Hermann Knothe: Geschichte Des Oberlausitzer Adels Und Seiner Güter. Breitkopf & Härtel, Leipzig, ISBN 978-5-87666-906-3 (google.de [abgerufen am 17. Juni 2020]).
  15. Erich Wentscher: Die Entfaltung der Schnitter in Görlitz und Zittau. S. 232–233.
  16. Hans-Jürgen Winkler: Bürgermeister von Görlitz bis 1833, sowie eine historische Einleitung. 2010, S. 10.
  17. Christian Speer: Vita Mercatoris. S. 165.
  18. J. G. Leonhard DORST: Allgemeines Wappenbuch, enthaltend die Wappen aller Fürsten, Grafen, Barone, Edelleute, Städte, Stifter und Patrizier. 1846, S. 177 (google.de [abgerufen am 29. September 2020]).
  19. Christian Speer: Vita Mercatoris. S. 166.
  20. J. G. Leonhard DORST: Allgemeines Wappenbuch, enthaltend die Wappen aller Fürsten, Grafen, Barone, Edelleute, Städte, Stifter und Patrizier. 1846, S. 177 (google.de [abgerufen am 29. September 2020]).
  21. Tomasz Torbus, Markus Hörsch: Die Kunst im Markgraftum Oberlausitz während der Jagiellonenherrschaft. Thorbecke, 2006, ISBN 978-3-7995-8403-6, S. 145 (google.de [abgerufen am 17. November 2020]).
  22. a b Lars-Arne Dannenberg, Dietrich Scholze: Stätten und Stationen religiösen Wirkens: Studien zur Kirchengeschichte der zweisprachigen Oberlausitz. Domowina-Verlag, 2009, ISBN 978-3-7420-2136-6, S. 165 (google.de [abgerufen am 4. Dezember 2020]).
  23. Christian Samuel Schmidt: Beschreibung von Königshain. Hermsdorf & Anton, 1797 (google.de [abgerufen am 13. Juli 2020]).
  24. Lausitzisches Magazin oder Sammlung verschiedener Abhandlungen und Nachrichten zum Behuf der Natur-, Kunst-, Welt- und Vaterlandsgeschichte, der Sitten, und der schönen Wissenschaften. Fickelscherer, 1791 (google.de [abgerufen am 15. Juli 2020]).
  25. Hermann Knothe: Geschichte des Oberlausitzer Adels und seiner Güter: vom XIII. bis gegen Ende des XVI. Jahrhunderts. Breitkopf & Härtel, 1879, S. 183 (google.de [abgerufen am 27. Dezember 2020]).
  26. Königshain. Abgerufen am 12. Juli 2020.
  27. Görlitz Insider: Unterwegs im Frenzelland – Königshain – Görlitz Insider. Abgerufen am 13. Juli 2020 (deutsch).
  28. Willkommen in Königshain. Abgerufen am 12. Juli 2020.
  29. Erich Wentscher: Die Entfaltung der Schnitter in Görlitz und Zittau. In: Der Herold. Band 10, S. 233.