Academie der Schönemannschen Gesellschaft
Die Academie der Schönemanschen Gesellschaft oder Schweriner Schauspielerakademie[1] war die erste Theaterakademie Deutschlands. Sie entstand 1753 in Schwerin am Hof von Herzog Christian Ludwig II. von Mecklenburg-Schwerin (1683–1756).
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Vorgeschichte

Wandertruppen
Seit dem 17. Jahrhundert hatten sich in Deutschland sogenannte Wandertruppen als Gegenstück zu den Hoftheatern der Fürsten herausgebildet. Sie unterhielten das Volk mit Possen, welche Parodien oder Travestien von höfischen Tragödien oder Opern waren. Gespielt wurde unter freiem Himmel, in größeren Höfen und in umfunktionierten Sälen. Die Ensembles waren lose zusammengesetzte Theatergesellschaften, die mehrheitlich aus arbeitslosen Handwerkern, entlaufenen Dienern, verkrachten Studenten und nur wenigen Bühneninteressenten ohne Bühnenausbildung bestanden, von einem Prinzipal geleitet wurden und von Ort zu Ort tingelten. [2] Die Wandertruppen reisten von Ort zu Ort, täglich auf Quartiersuche, in der Hoffnung ein Publikum zu finden, welches ihre Aufführungen zu schätzen weiß.[1] Die soziale Stellung der Schauspieler im 18 Jahrhundert war äußerst prekär. Alleine aufgrund der Tatsache, dass sie keinen festen Wohnsitz hatten und dass sich ihnen jeder - bis hin zu Landstreicher - anschließen konnte, erregte sie Misstrauen beim braven aufstrebenden Bürger. Sie wurden von der Gesellschaft ausgeschlossen, waren Angehörige einer sozialen Randgruppe und fielen quasi durch das Rechtssystem. Insbesondere die Kirche hatte eine kompromittierende Haltung gegenüber dem Theater im Allgemeinen und gegenüber den Schauspielern im Speziellen.[1] Im Sachsenspiegel III heißt es zur Stellung der Komödianten im 17. Und 18. Jahrhundert „Die Komödianten, die gehören zu der vielschichtigen großen Gruppe der Fahrenden, unstet Lebenden, zu den Fremden, Heimatlosen, die zu allen Zeiten irgendwie verdächtig erschienen, ja vielleicht als anrüchig galten."[1]
Die Schönemannsche Gesellschaft in Mecklenburg-Schwerin
Nach der Praxis der berühmten italienischen Wanderopern entstanden auch in Deutschland Operntruppen, die auf Unternehmerbasis arbeiteten. Dazu gehören die Truppen Johann Friedrich Schönemann (1704–1782). Die Schönemannsche Gesellschaft war in der Mitte des 18. Jahrhunderts eine der besten Theatertruppen Deutschlands. Zu ihren wichtigsten Ensemblemitgliedern gehörte seit 1740 Conrad Ekhof. Er galt als einer der besten deutschen Schauspieler des 18. Jahrhunderts.
Ab 1750 wurden die Mitglieder der Schönemannschen Gesellschaft vom theaterfreundlichen Herzog Christian Ludwig II. und der Prinzessin Luise Friederike (1722–1791) nach Mecklenburg geholt. Anfang August 1751 ernannte er sie sogar zu Hofkomödianten.[3] Hiermit verbunden war ein jährlicher Zuschuss von 2000 bis 4000 Talern. Die Hofkomödianten traten in Schwerin, Rostock und Güstrow auf. Ihre Vorstellungen waren zumeist geschlossene Veranstaltungen für die Hofgesellschaft. Nur in Rostock gab es öffentliche Aufführungen.
Die erste deutsche Theaterakademie
Gründung
Theatergeschichte schrieb die Schönemannsche Gesellschaft ab dem 5. Mai 1753. An diesem Tag trafen sich die Ensemblemitglieder in Schwerin und gründeten die Academie der Schönemanschen Gesellschaft. Der Theaterwissenschaftler Gerhard Pliens bezeichnet die Academie als "Geburtsstunde der realistischen Methode der deutschen Schauspielkunst.[4] Bei der ersten Zusammenkunft stellte Conrad Ekhof, Schönemanns wichtigster Schauspieler, eine von ihm konzipierte und 24 Artikel umfassende Verfassung vor.[3] Nominell stand Schönemann als Präsus an der Spitze der Akademie. Spiritus rector der war jedoch von Anfang an sein Stellvertreter Conrad Ekhof.[3] An den 14-tägigen Sitzungen der Akademie nahmen 6 Frauen und 9 Männer teil.[1]
Akademiebegriff
Inhaltliche Impulse der Akademie
PIENS
- 2000-4000 Taler (S. 12)
- Der wichtigste Abschnitt der Arbeit der Akademie galt der Theorie und Methode der Schauspielkunst (S.60)
- Ekhofs Definition: .... dass Wahrscheinlichkeiten ... (S.77) In der Zusammenkunft am 2. Juni 1753 formulierte Ekhof: „Die Schauspielkunst ist: durch Kunst der Natur nachahmen, und ihr so nahe kommen, dass Wahrscheinlichkeiten für Wahrheiten angenommen werden müssen, oder geschehene Dinge so natürlich wieder vorstellen, als wenn sie jetzt erst geschehen, wird eine lebhafte Einbildungskraft, ein unermüdeter Fleiß und eine nimmer müßige Übung erfordert. Dies sind die sichern Mittel, wodurch alle Abwege vermieden werden, und alle Schauspieler das Ziel ihrer Bemühungen erreichen können.“
- Die Akademie schuf jedoch kein geschlossenes System der Schauspielkunst, geschweige denn des Theaters. (S.113)
- Am 15.6.1754 trat die Akademie das letzte Mal zusammen. (S.112)
- Ende der Truppe 2.12.57
- Die Akademie weist Ekhof als ersten deutschen Schauspieler aus, der gleichzeitig Theoretiker des Theaters war. (:113)
- Zitat S. 13 Dem Interesse
- Quelle H.W.Bärensprung , Versuch einer Geschichte des Theaters in Mecklenburg-Schwerin, Schwerin, 1837
Die damaligen Ereignisse werden im Journal der Schönemannischen Gesellschaft genau festgehalten und so steht z. B. auf Seite 36 in ebendiesem Journal sinngemäß beschrieben:
"Neben einer 24 Artikel umfassenden Verfassung, die die Struktur, Sinn und Funktion der Gesellschaft sowie das Berufsethos ihrer Mitglieder betrifft, gewähren zahlreiche Sitzungsprotokolle und Promemorien Ekhofs Einblick in den Diskussionsverlauf, in Lektürevorschläge und Repertoirestand. Künstlerische und technische Belange werden ebenso erörtert wie berufsständische und moralisch-ethische Aspekte […]“.[1]
Das Protokoll vom 2.6.1753 beschreibt die progammatische Richtung der Akademie: "Die Schauspielkunst ist: durch Kunst der Natur nachahmen, und ihr so nahe kommen, dass Wahrscheinlichkeiten für Wahrheiten angenommen werden müssen, oder geschehene Dinge so natürlich wieder vorstellen, als wenn sie jetzt erst geschehen, wird eine lebhafte Einbildungskraft, ein unermüdeter Fleiß und eine nimmer müßige Übung erfordert. Dies sind die sichern Mittel, wodurch alle Abwege vermieden werden, und alle Schauspieler das Ziel ihrer Bemühungen erreichen können."[3]
Veröffentlicht wurden fünf von Ekhofs sieben Reden und die Artikel 15 bis 17 der Akademieverfassung erstmals im „Gothaer Theaterkalender von 1779“, mehr als 20 Jahre später und ein Jahr nach Ekhofs Tod. Reichard, der Herausgeber des Theaterkalenders, urteilte zu Recht, dass die Schauspieler-Akademie „ein Institut“ gewesen sei, „dessen Einfluss auf das ganze deutsche Schauspielwesen in der Folge vielleicht wichtiger wurde, als mancher denken wird“.
Die Reformer setzten sich für eine Literarisierung des Theaters im Zuge der Nationaltheaterbewegung ein. Ihre Hoffnung ist es, die Schauspielerei zu einem gesellschaftlich anerkannten Beruf emporzuheben, wozu allerdings die nötige Bildung unbedingt erforderlich sei. Von Conrad Ekhof wurde das erste Konzept einer Altersversorgung für Schauspieler entworfen. Doch Academie der Schönemanschen Gesellschaft war jedoch zum Scheitern verurteilt. Sie bestand insgesamt nur dreizehn Monate. Es fehlte an ausreichender finanzieller Unterstützung. Es war aber auch die ablehnende Haltung der Schauspieler zu den Ideen der Akademie. Die Reformierung des althergebrachten Bühnenlebens ging ihnen zu schnell von statten. Sie waren nicht bereit für die neu verfassten Reglements ihre bisherige Autonomie einzubüßen.[1]
Das Ende der Akademie
Nach dem Tod von Herzog Christian Ludwig II. übernahm Friedrich der Fromme 1756 die Regierung in Mecklenburg-Schwerin. Das führte zum Ende der Schönemannschen Gesellschaft. Johann Friedrich Schönemann trat wieder als Schauspieler auf; meist in Hamburg. Conrad Ekhof schloss sich der 1757 Schuchschen Gesellschaft in Danzig an. In der folgenden Zeit in Hamburg, Gotha und Weimar schrieb Ekhof weiter Theatergeschichte. Johann Friedrich Schönemann zog sich 1757 ganz von der Bühne zurück und ließ sich in Schwerin nieder. Er starb am 16. März 1782 in Schwerin und wurde dort auch beerdigt.
Zu Ehren von Conrad Ekhof und der ersten deutschen Schauspielerakademie von 1753 wird seit 1998 am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin der Conrad-Ekhof-Preis verliehen.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g Katrin Wrann: Conrad Ekhof (1720 – 1778) und die Schweriner Schauspielerakademie in: „Die im Zuge der Reformen des 18. Jahrhunderts divergente Rolle der Frau am deutschen Theater“. Hrsg.: Universität Wien. Juni 2013.
- ↑ Martin Stolzenau: Hans Conrad Dietrich Ekhof, Initiator der ersten deutschen Hoftheater, wurde vor 300 Jahren geboren. Neues Deutschland, 12. August 2020, abgerufen am 18. März 2021.
- ↑ a b c d Rudolf Vierhaus (Herausgeber): Conrad Ekhof. In: Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Deutsche Biografische Enzyklopädie. Band 3. K.G. Saur, München 2006.
- ↑ Beater Hochholdinger-Reiterer: Kostümierung der Geschlechter - Schauspielkunst als Erfindung der Aufklärung. Wallsteinverlag, Göttingen 2014, ISBN 978-3-8353-1567-9.