Zum Inhalt springen

Kultbild

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 15. März 2021 um 23:49 Uhr durch BrunoBoehmler (Diskussion | Beiträge) (Siehe auch: Wikilink verbessert (zielte auf WP:BKS), Kleinkram). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Thronender Zeus, nach Phidias (c. 430 BC), 2. Jh. v. Chr.

Kultbilder oder Kultusbilder sind bildliche Darstellungen, die in religiösen Kulthandlungen eine besondere Verehrung genießen. Sie können eine Gottheit, ihr Symbol oder höhere Wesen darstellen, aber auch religiös bedeutsame Personen, Ereignisse oder Szenen.

Kultbilder im alten Orient

Fruchtbarkeitsgöttin; Hecht Museum, Haifa, Israel, ca. 2. Jahrtausend v. Chr.

Israel

Die Verwendung von Kultbildern der Astarte und anderer Gottheiten im Volkskult in Israel ist archäologisch vielfach nachgewiesen. Vor allem Astarte-Figurinen sind in zahlreichen Wohnhäusern mit Hausaltären gefunden worden.[1] Bei Ausgrabungen südlich des Tempelbergs in Jerusalem wurden mehr als 2000 derartiger Figurinen gefunden, die alle in kleine Stücke zerbrochen waren. Archäologen und Bibelwissenschaftler vermuten, dass die Zerstörungen im Zusammenhang mit religiösen Reformen und der Installierung eines zentralen Tempels in Jerusalem im späten 7. Jahrhundert BC zusammenhängen.

Ägypten

siehe auch: Kult in der altägyptischen Religion

Kultbild im Christentum

Während in vielen früheren Kulturen und der Antike die Kultbilder oder -Statuen der Gottheit bzw. dem Verehrten gleichgesetzt und als solche angebetet wurden, lehnte das Judentum dies als Götzendienst ab. Das mosaische Bilderverbot galt auch im Frühchristentum, doch wurden hier oft Monogramme und heilige Symbole wie Kreuz, Fische, Hirte oder Lamm verwendet. Als im 3. Jahrhundert die Bilder gegenständlicher wurden, gab es wiederholte Auseinandersetzungen zwischen Befürwortern (Ikonodulie) und Bilderstürmern (Ikonoklasmus). Einheitliche Regeln zur Bilderverehrung beschloss das Konzil von Nicäa (787): verehren dürfe man Darstellungen Christi, Mariä und der Heiligen, anbeten jedoch nur die Dreifaltigkeit.

In den orthodoxen Kirchen haben die Kultusbilder seither in Form der Ikonen eine wichtige Stellung im Gottesdienst. Dargestellt werden vor allem Christus und die Gottesmutter Maria, aber auch Engel, Heilige und Gestalten des Alten Testaments. Die Darstellungsform und religiöse Bedeutung der Bilder ist meist durch traditionelle Symbole der Ikonenschulen festgelegt. Die Verehrung ist üblich durch Küssen, Kniebeuge und Weihrauch. Ausdruck der Ikonenverehrung ist u. a. die Ikonostase zwischen Altar- und Gemeinderaum.

In der katholischen Kirche sind die Darstellungsformen freier und ihre Details dem jeweiligen Künstler überlassen. Die Verehrung ist weder empfohlen noch Teil des Gottesdienstes und erfolgt daher still. Die evangelische Kirche kennt im Allgemeinen keine Bilderverehrung.

Buddhismus

Buddha-Statue mit Lehrgestus im Lotossitz (um 500), Sarnath Museum

Auch der frühe Buddhismus lehnte jede Form der Bildverehrung strikt ab (siehe z. B. Sanchi oder Bharhut) und kannte für Buddha nur symbolische Darstellungen (Stupa, Schirm, Rad, Baum etc.). Erst um die Zeitenwende entstanden die ersten kleineren Buddha-Bildnisse (z. B. auf dem Bimaranreliquiar), die den späteren größeren Buddha-Statuen ikonografisch-künstlerisch zum Vorbild dienten. Es gibt stehende, sitzende (Lotossitz oder „europäischer Sitz“) oder liegende Buddha-Bildnisse, die immer mit einem oft hauchdünnen Gewand bekleidet sind. Wichtig für die buddhistische Ikonographie sind die halbgeschlossenen Augen des Erleuchteten, seine verschiedenen Handgesten (mudras), die herabhängenden Ohrläppchen sowie ein Haarknoten (ushnisha).

Eine reiche gemalte Bilderwelt im Innern der Kultstätten, die den Mönchen und Pilgern ursprünglich als Hilfe zur Meditation dienen sollte, entstand im Norden Indiens (z. B. in Ajanta) und später in Tibet; in den frühen Höhlenklöstern diente jedoch auch der Verschönerung der nackten Felswände.

Buddha-Bildnisse werden durch individuelle Blumengaben der Gläubigen (Girlanden, Blüten) und Räucherstäbchen verehrt; in Tibet oder in Südostasien kommt manchmal auch das Auftragen von Blattgold hinzu. Gemeinschaftliche Gebete oder Gesänge mit Trommel- und Trompetenuntermalung sind eine ausschließliche Angelegenheit der Mönche; einfache Gläubige beteiligen sich daran nicht. Religiös motivierte Massenveranstaltungen wie Pilgerfeste etc. und Opferzeremonien finden im Allgemeinen nicht statt.

Jainismus

Rishabha/Adinath

Ähnlich wie im indischen Buddhismus spielt die Verehrung von Göttern im etwa zeitgleich entstandenen Jainismus keine Rolle; vielmehr wurden und werden Buddha wie auch die Tirthankaras als vorbildhafte geistige Führer angesehen, denen es durch Bußübungen, Nachdenken und Meditation gelang, einen weitgehend intellektuellen und gewaltfreien Weg durchs Leben zu finden. Die Statuen der Jain-Tirthankaras sind gekennzeichnet durch Bewegungslosigkeit (vor allem bei Bahubali), vollkommene Nacktheit, langgezogene Ohrläppchen, halb- oder weitgeöffnete Augen und durch ein Brustjuwel, welches ihre innere Reinheit symbolisiert. Die sowohl in Tempeln befindlichen als auch oft an Felswänden angebrachten sitzenden oder stehenden Kultbilder der Jains werden verehrt, doch gibt es keine ausgeprägten Opferzeremonien, wenngleich zuweilen Räucherstäbchen angezündet oder Blütenblätter gestreut werden. Über den familiären Rahmen hinausgehende gemeinschaftliche Zeremonien sind normalerweise unbekannt; lediglich in wenigen bedeutenden Pilgerstätten wie z. B. in Shravanabelagola finden im Abstand von mehreren Jahren größere Zeremonien statt.

Hinduismus

neuzeitliche Shiva-Statue in einem Tempel in Bangalore

In der Mythologie des Hinduismus spielen neben Mandalas bildliche, detailreiche Darstellungen von Gottheiten (devas) und Dämonen (asuras) eine große Rolle. Das Bild im Tempel oder am Hausaltar vermittelt die göttliche Anwesenheit und soll zur inneren Schau (Kontemplation) führen. Auch Zeremonien mit den Kultbildern sind gebräuchlich wie etwa Übergießen oder Baden, Salben, Beräuchern und Speisen.

Die Gottheiten werden oft mit vielen Armen (seltener auch mit mehreren Köpfen) dargestellt, um ihre Fähigkeiten und Kräfte anzudeuten. Hinweise dazu gibt die indische Mythologie in den Schriften der Puranas. Eine sehr häufig dargestellte Göttin ist Kali; die Tempelbildnisse von Vishnu, Shiva oder Durga sind Gegenstand spezieller Riten, etwa durch Verwendung einer duftenden Blüte. Wichtig sind auch die als weibliche Gottheiten verehrten Flüsse Ganges und Yamuna.

Angesichts der zahlreichen Gottheiten des Hinduismus ist eine eindeutige Identifizierung erstrebenswert. Zu diesem Zweck wurden den Hauptgöttern Reittiere (vahanas) zugeordnet; darüber hinaus erhielten sie typische, oft waffenartige Attribute (z. B. trishula, gada, chakra etc.).

Einige Richtungen wie der Shivaismus lehnen Kultbilder und -Statuen zwar ab (siehe lingam), akzeptieren sie aber als Gebetshilfe für das einfache Volk.[2]

Die hinduistischen Kultbilder in den Cellae (garbhagrihas) der Tempel werden von den Gläubigen oft mit süßen Speisen oder (Kokos-)Milch versorgt, die jedoch nur von den Brahmanen übergeben werden dürfen. In einigen wenigen Tempeln (z. B. in Dakshinkali, Nepal) werden noch Tieropfer dargebracht.

Meso- und Südamerika

Tolteken, Azteken, Zapoteken, Maya sowie auch alle anderen sesshaften Kulturen Mesoamerikas verehrten in ihren – meist an der Spitze von hohen Pyramiden stehenden – Tempeln Kultbilder, die durch „Priester“ mit Rauch-, Tier- und Menschenopfern günstig gestimmt werden sollten. Das Volk durfte die Tempel nicht betreten; es beobachtete das Treiben von den großen Zeremonialplätzen aus. Die meisten der aus Stein oder Keramik gefertigten „Götzenbilder“ wurden im Zuge der spanischen Eroberung Mexikos zerstört. Ähnliches gilt auch für das südamerikanische Inkareich, dessen Vorgängerkulturen schon längst untergegangen waren.

Siehe auch

Literatur

  • Valentin Müller: Kultbild. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Supplementband V, Stuttgart 1931, Sp. 472–511.
  • Hans Belting: Bild und Kult: eine Geschichte des Bildes vor dem Zeitalter der Kunst. C.H.Beck, München 1990.
  • Leonhard Küppers: Göttliche Ikone. Vom Kultbild der Ostkirche. Düsseldorf: Bastion 1949.
  • Patrick Schollmeyer: Römische Tempel – Kult und Architektur im Imperium Romanum. Darmstadt 2008.
  • Manfried Dietrich und Oswald Loretz: Jahwe und seine Aschera. Anthropomorphes Kultbild in Mesopotamien, Ugarit und Israel. Das biblische Bilderverbot. Münster: Ugarit Verl. 1992. (Ugaritisch-Biblische Literatur Series. Bd. 9.) ISBN 978-3-92712008-2
  • Monika Zin: Der Wandel des Buddha-Bildes im Buddha-Bildnis. Zu den Anfängen der Buddha-Darstellung. In: Schmidt-Leukel u. a. (Hrsg.): Wer ist Buddha? Eine Gestalt und ihre Bedeutung. Diederichs, München 1998, ISBN 3-424-01418-4.
  • Anneliese und Peter Keilhauer: Die Bildsprache des Hinduismus. Die indische Götterwelt und ihre Symbolik. DuMont, Köln 1986, ISBN 3-7701-1347-0, S. 35ff.

Einzelnachweise

  1. Avraham Negev: Funde und Schätze im Land der Bibel, Calwer Verlag, Stuttgart 1978, S. 73
  2. Anneliese und Peter Keilhauer: Die Bildsprache des Hinduismus. Die indische Götterwelt und ihre Symbolik. DuMont, Köln 1986, ISBN 3-7701-1347-0, S. 35ff.