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Nikolas Löbel

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Nikolas Löbel (2017)

Nikolas Löbel (* 17. Mai 1986 in Mannheim) ist ein deutscher Politiker (CDU). Er gewann bei der Bundestagswahl 2017 im Wahlkreis Mannheim das Direktmandat für den 19. Deutschen Bundestag.[1] Im März 2021 kündigte er nach Bekanntwerden der „Maskenaffäre“ an, sein Bundestagsmandat am 31. August 2021 niederzulegen und bis dahin als Fraktionsloser im Bundestag zu sitzen.[2]

Leben, Ausbildung, Beruf

Nikolas Löbel wuchs in Mannheim auf. Nach dem Abitur am Lessing-Gymnasium Mannheim im Jahr 2006 studierte er zunächst Rechtswissenschaft an der Universität Mannheim, fiel aber zweimal durch das erste juristische Staatsexamen[3] und durfte kein weiteres Mal antreten.[4] Von 2013 bis 2014 absolvierte er ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der privaten Steinbeis-Hochschule Berlin und machte dort einen Bachelor of Arts (B.A.). Von 2012 bis 2019 absolvierte er das Hagener Management Studium als berufsbegleitendes Aufbaustudium am Hagener Institut für Management Studien. Dieses Studium schloss er mit dem Master of Science (M.Sc.) der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der FernUniversität Hagen ab.

Im Jahr 2014 begann er bei einem mittelständischen Energieunternehmen im Bereich Projektmanagement zu arbeiten. Im Jahr 2015 gründete er die Löbel Projektmanagement GmbH für Projektmanagement und Projektentwicklung. Von März 2017 bis Dezember 2020 war er geschäftsführender Gesellschafter der Immosites Projektentwicklung GmbH.[1]

Löbel engagiert sich seit seiner Jugend in der Politik: Er war Landesvorsitzender der Schüler Union Baden-Württemberg, später Kreisvorsitzender der Jungen Union Mannheim und ab dem 12. November 2011 Landesvorsitzender der Jungen Union Baden-Württemberg, die damals mit über 10.000 Mitgliedern der größte jugendpolitische Verband des Bundeslandes war.[1] Er bewarb sich bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg 2011 erfolglos um einen Platz im Landtag von Baden-Württemberg.[5]

2009 wurde Löbel Mitglied des Gemeinderates seiner Heimatstadt Mannheim. Im Jahr 2012 war er Mitglied der 15. Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland.[6] Seit dem 10. Oktober 2014 ist er Kreisvorsitzender der CDU Mannheim. Im Januar 2017 wurde Löbel stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU-Gemeinderatsfraktion Mannheim. Er war Aufsichtsratsmitglied mehrerer öffentlicher und privater Gesellschaften und ist seit April 2017 Mitglied des Verwaltungsrates der Sparkasse Rhein Neckar Nord.

Bei der Bundestagswahl 2017 gewann Löbel das Direktmandat im Wahlkreis 275 (Mannheim) mit 29,3 zu 27,9 Prozent der Erststimmen gegen Stefan Rebmann (SPD).[7] Danach kandidierte er nicht mehr als Vorsitzender der Jungen Union Baden-Württemberg.[8]

Politische Positionen

Die politischen Schwerpunkte Löbels waren die Außen-, Sicherheits- und Kulturpolitik. Er hat die Schaffung eines Einwanderungs- und Integrationsgesetzes zur besseren Steuerung von Zuwanderung nach Deutschland gefordert. Löbel war ordentliches Mitglied im Auswärtigen Ausschuss. Diesen Sitz gab er im Zuge der Berichterstattung über seinen Bezug von Geldleistungen für die Vermittlung von medizinischer Schutzausrüstung während der Corona-Krise im März 2021 ab.[9] Er ist Obmann seiner Fraktion im Unterausschuss Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung, sowie stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages.[10]

Kritik

Provision für FFP2-Maskenverkauf während der Corona-Krise

Im April 2020 vermittelte Löbel von seinem Bundestags-Mailkonto samt entsprechenden Kontaktdaten Verträge für Maskenlieferungen aus China über Bricon Technology GmbH mit Sitz in Wurmlingen. Dafür erhielt er nach eigenen Angaben eine Provision in Höhe von insgesamt 250.000 EUR.[11] Löbel bezeichnet den Erhalt einer Provisionsgebühr im Rahmen seiner Ausübung als Bundestagsmitglied als marktgerecht, jedoch räumte er ein, ihm habe damals die Sensibilität gefehlt. Die Provision hat Löbel weiterhin einbehalten.[12] Darüber hinaus dementiert eine der als Kundenreferenz genannten Firmen, die Orpea Deutschland GmbH, zu irgendeinem Zeitpunkt Geschäftsbeziehungen zu Löbel oder einem mit ihm verbundenen Unternehmen unterhalten zu haben.[13]

Löbels Verhalten sorgte für massive Kritik von Vertretern aller Parteien, auch innerhalb der Union.[14][15]

Am 7. März 2021 kündigte Löbel in Reaktion auf die bekanntgewordene "Maskenaffäre" an, sein Bundestagsmandat sowie seine Gemeinderatsmitgliedschaft in Mannheim Ende August 2021 niederzulegen und nicht erneut für den Bundestag zu kandidieren. Mit sofortiger Wirkung werde er seine Mitgliedschaft in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion beenden.[2][16]

Affäre um "Drehscheiben-Wohnungen" und private Immobiliengeschäfte

Im Sommer 2020 wurde bekannt, dass Löbel sogenannte "Drehscheiben-Wohnungen" der kommunalen Mannheimer Wohnungsbau-Gesellschaft GBG, deren Aufsichtsrat er zuvor gewesen war, an Mieter eines von ihm als Privatinvestment erworbenen Mehrparteienhauses in Neckarstadt-Ost vermittelte. "Drehscheiben-Wohnungen" sind kommunale Wohnungen, welche von der GBG für eigene Mieter freigehalten werden, beispielsweise als Ersatzwohnung für den Fall von Sanierungen oder Reparaturen. Löbel habe Presseberichten zufolge als ehemaliger Aufsichtsrat der GBG Kenntnis haben müssen, dass für solche Wohnungen lediglich eine interne Vergabe an Mieter der GBG vorgesehen sei, nicht jedoch an Dritte.[17] Zwar habe Löbel zunächst Gästewohnungen angefragt, der Abschlussbericht der Compliance-Untersuchung der GBG vom September 2020 zu diesem Vorfall stellt jedoch fest, dass Löbel mitgeteilt wurde, dass es keine freien Gästewohnungen gebe, man ihm jedoch "Drehscheiben-Wohnungen" anbieten könne. Dies sei auf einen Verstoß von Mitarbeitern gegen GBG-interne Regeln zurückzuführen.[18] Zeitgleich wurde bekannt, dass Löbel in jenem von ihm erworbenen Mehrparteienhaus Sanierungsmaßnahmen durchführte und infolgedessen Mieterhöhungen von vier auf über dem Mietspiegel liegende 14 Euro je Quadratmeter durchsetzte.[19] Darüber hinaus bot Löbel drei Wohnungen dieser Immobilie über die Online-Plattform Airbnb an, welche in der Kritik der Wohnraumzweckentfremdung steht.[20]

Im Bundestagswahlkampf 2017 hatte sich Löbel noch als Befürworter einer gerechten Wohnungspolitik präsentiert. Löbels Vorgehen wurde vom Mieterverein Mannheim sowie von lokalen Vertretern verschiedener Parteien scharf kritisiert. Löbel dementierte ein Fehlverhalten seinerseits.[17]

Vermietungspraxis für Büro der Löbel Projektmanagement GmbH in der CDU-Geschäftsstelle

Im Oktober 2020 geriet Löbel in die Kritik im Bezug auf die Vermietung eines Büroraumes der Mannheimer CDU-Kreisgeschäftsstelle an die Löbel Projektmanagement GmbH.[21] Die GmbH des Bundestagsabgeordneten überwies über mehrere Monate hinweg keine Miete an den CDU-Kreisverband.[22] Die Staatsanwaltschaft Mannheim prüft in diesem Zusammenhang den Anfangsverdacht für strafbares Verhalten gegen Löbel.[23]

Fristlose Kündigung eines Mieters

Im September 2020 geriet er als Vermieter in die Kritik, nachdem er einem Mieter nach dessen sanierungsbedingtem Auszug die fristlose Kündigung aussprach. Zur Frage der einstweiligen Verfügung zur Wiedereinräumung des Besitzes der ehemaligen Wohnung unterlag Löbel in erster und zweiter gerichtlicher Instanz.[24] Löbel rechtfertigte die fristlose Kündigung als verhaltensbedingt. Er sei in Anwesenheit seiner Familie durch den Mieter wiederholt beleidigt und denunziert worden. Die Grenze des Zumutbaren sei überschritten gewesen. Dem widersprach der Mieter und es kam in der Folge zu mehreren gerichtlichen Auseinandersetzungen.[25] Das Mannheimer Landgericht entschied wie bereits das Amtsgericht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zugunsten des Mieters. Das Hauptsacheverfahren zur Kündigung hingegen dauert noch an.[26]

Unterstützung für Aserbaidschan im Konflikt gegen Armenien

Als Vorsitzender der Jungen Union Baden-Württemberg geriet Nikolas Löbel, sowohl aus der CDU als auch von Amnesty International, wegen eines geplanten Sponsorings in Höhe von 2.000 Euro durch ein Studentennetzwerk aus Aserbaidschan beim Landestag der Jungen Union Baden-Württemberg im Jahr 2012 in die Kritik. Das Sponsoring kam nicht zu Stande.[27] Das studentische Netzwerk unterstützt aserbaidschanische Studenten, Wirtschaftsinformatiker und Ingenieure und bezieht seine Gelder größtenteils vom staatlichen aserbaidschanischen Öl- und Gaskonzern SOCAR und anderen aserbaidschanischen Unternehmen. Aserbaidschan mit seinem autokratisch regierenden Machthaber Ilham Alijew wurde – und wird bis heute – wegen seiner mangelnden Einhaltung von Menschenrechten kritisiert.[28]

Im Bergkarabachkonflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien unterstützt Löbel Aserbaidschan, wobei er sich auf die „Madrider Prinzipien“[29] zur Lösung des Konflikts beruft. So forderte er auf seiner Website, zuletzt am 2. Oktober 2020, nach Beginn der Offensive der aserbaidschanischen Armee gegen die armenische Republik Arzach (Bergkarabach), für die Löbel herausstellt, dass es die „internationale Gemeinschaft [...] völkerrechtlich weiterhin als einen integralen Bestandteil der Republik Aserbaidschan“ betrachte und weder Deutschland noch die EU die „von diesem Regime durchgeführten ‚Wahlen‘“ anerkennen, „den völkerrechtswidrigen Zustand in den besetzten Gebieten aufzulösen“.[30] Er spricht von der „Sehnsucht“ und vom Willen der Aserbaidschaner, „wieder das von Armenien annektierte Land zurückzubekommen“ und fordert für eine „friedliche Lösung“, dass die Karabach-Armenier Bergkarabach verlassen.[31]

Mitgliedschaften

Löbel ist Mitglied der überparteilichen Europa-Union Deutschland[32] und der Jungen Europäischen Föderalisten.

Commons: Nikolas Löbel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Deutscher Bundestag – Nikolas Löbel. In: bundestag.de. Abgerufen am 5. Dezember 2017.
  2. a b CDU: Nikolas Löbel zieht sich aus der Politik zurück. In: DER SPIEGEL. Abgerufen am 7. März 2021.
  3. Der Chaotisator. In: Rheinneckarblog. 20. Dezember 2014, abgerufen am 5. März 2021 (deutsch).
  4. Einer, der mitreden will - Mannheim - Nachrichten und Informationen. Abgerufen am 5. März 2021.
  5. Nikolas Löbel im Wahlkampf - Er hat "aus Fehlern gelernt". Abgerufen am 14. August 2020.
  6. Nikolas Löbel MdB: CDU Gemeinderatsfraktion Mannheim. Abgerufen am 5. Dezember 2017.
  7. Der Bundeswahlleiter: Ergebnisse Mannheim – Der Bundeswahlleiter. Abgerufen am 5. Dezember 2017.
  8. Landestag der Jungen Union in Mannheim: Philipp Bürkle ist neuer Landeschef | Baden-Württemberg. In: swr.de. Abgerufen am 5. Dezember 2017.
  9. Fragwürdige Corona-Deals: Nikolas Löbel gibt Sitz in Ausschuss ab. In: DER SPIEGEL. Abgerufen am 6. März 2021.
  10. Deutscher Bundestag - Abgeordnete. In: Deutscher Bundestag. (bundestag.de [abgerufen am 28. Februar 2018]).
  11. Robin Wille, Wolf Wiedmann-Schmidt, Gerald Traufetter, Sven Röbel, Gunther Latsch, Jürgen Dahlkamp, Sven Becker, Melanie Amann: Corona-Masken: CDU-Hinterbänkler kassierte 250.000 Euro Provision. In: DER SPIEGEL. Abgerufen am 5. März 2021.
  12. Süddeutsche Zeitung: Bundestag: Weitere Abgeordnete in Maskendeals verstrickt. Abgerufen am 5. März 2021.
  13. Orpea Deutschland GmbH: Stellungnahme der ORPEA Deutschland zu Medienberichten über die Vermittlung von medizinischen Schutzgütern durch den Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel. Abgerufen am 5. März 2021 (deutsch).
  14. FAZ: Vorwürfe gegen Löbel: Masken-Geschäfte sorgen für Unruhe in Union, vom 06.03.2021
  15. Tagesschau: Affäre um Schutzmasken weitet sich aus, vom 06.03.2021
  16. CDU-Abgeordneter Löbel zieht sich aus Politik zurück. Süddeutsche Zeitung, 7. März 2021, abgerufen am 7. März 2021.
  17. a b SWR: Löbel-Affäre um "Drehscheiben-Wohnungen", vom 16.09.2020
  18. GBG Mannheim: GBG Mannheim Presseinformation - Ergebnis der Compliance-Prüfung liegt vor, vom 25.09.2020
  19. Mannheimer Morgen: Immobilien - Kritik an CDU-Politiker Nikolas Löbel, vom 11.08.2020
  20. Mannheimer Morgen: Löbel-Wohnungen in Mannheimer Mietshaus auch bei Airbnb buchbar, vom 25.09.2020
  21. Mannheim: Löbels Firmen und die CDU-Geschäftsstelle. Abgerufen am 5. März 2021.
  22. Mannheim: Löbel-Firma hat 25 Monatsmieten auf einmal bezahlt. Abgerufen am 5. März 2021.
  23. Staatsanwaltschaft prüft Anfangsverdacht für strafbares Verhalten gegen Löbel - Mannheim - Nachrichten und Informationen. Abgerufen am 5. März 2021.
  24. „Planvoll und sehenden Auges“ - Mannheimer Morgen. Abgerufen am 25. September 2020.
  25. Nikolas Löbel: „Ich mache Fehler und manchmal bin ich etwas ungeschickt“ - Mannheimer Morgen. Abgerufen am 10. Dezember 2020.
  26. S. W. R. Aktuell, S. W. R. Aktuell: Mietstreit: CDU-Politiker Löbel verliert Berufungsprozess. Abgerufen am 28. Oktober 2020.
  27. Südwest Presse Online-Dienste GmbH: Nach Zerreißprobe auf Versöhnungskurs. 12. November 2012, abgerufen am 5. November 2020.
  28. Wolfgang Messner: Sponsorenaffäre bei der CDU Baden-Württemberg – Aserbaidschan finanziert den Landestag der Jungen Union mit. Stuttgarter Zeitung, 26. Oktober 2012.
  29. Für die Madrider Prinzipien (englisch Madrid Principles) sei verwiesen auf: Dr Uwe Halbach: Nagorny-Karabach | bpb. Abgerufen am 5. November 2020.. Die Madrider Prinzipien werden hier wie folgt aufgeführt: „1. Die Rückführung der sieben Provinzen in der Umgebung Berg-Karabachs unter aserbaidschanische Staatshoheit; 2. einen Interim-Status für Berg-Karabach (bis zur endgültigen Lösung), der Sicherheit und Selbstbestimmung für seine Bevölkerung garantiert; 3. einen Korridor zwischen der Republik Armenien und Berg-Karabach; 4. die zukünftige Regelung des Status Berg-Karabachs durch gesetzlich bindende Willensbekundung; 5. das Recht aller Vertriebenen und Flüchtlinge auf Rückkehr in ihre Heimatorte sowie 6. internationale Sicherheitsgarantien und Maßnahmen von Peacekeeping.
  30. Nikolas Löbel (offizielle Website), Völkerrechtswidrigen Zustand in Bergkarabach beenden. 2. Oktober 2020.
  31. Nikolas Löbel (offizielle Website), Reisebericht: Meine Reise nach Aserbaidschan. 6. Juni 2018.
  32. Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag A - Z. In: Webseite der Europa-Union Deutschland. Abgerufen am 25. November 2020.