Nigeria
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Wahlspruch: “Peace and Unity, Strength and Progress” engl. für „Friede und Einigkeit, Stärke und Fortschritt“ | |||||
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Amtssprache | Englisch | ||||
Hauptstadt | Abuja | ||||
Staatsform | Präsidiale Bundesrepublik | ||||
Staatsoberhaupt, zugleich Regierungschef | Präsident Olusegun Obasanjo | ||||
Fläche | 923.768 km² | ||||
Einwohnerzahl | 130-160 Mio. (9.) (Schätzungen; Stand Juni 2006) | ||||
Bevölkerungsdichte | 144 Einwohner pro km² | ||||
Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner | 839 US-$ (2006) (148.) | ||||
Währung | Naira | ||||
Nationalhymne | Arise Oh Compatriots, Nigeria's Call Obey | ||||
Zeitzone | UTC+1 | ||||
Kfz-Kennzeichen | WAN | ||||
Internet-TLD | .ng | ||||
Telefonvorwahl | +234 | ||||
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Die Bundesrepublik Nigeria [Westafrika und grenzt an Benin, Niger, Tschad und Kamerun. Es ist mit Abstand das bevölkerungsreichste Land Afrikas und versucht sich nach Jahren der Militärdiktatur an seiner Demokratisierung und wirtschaftlichen Entwicklung. Nigeria konnte bisher seine reichen Erdölvorkommen nicht zur erfolgreichen Armutsbekämpfung nutzen. Korruption, Gewalt und ethnische Konflikte zwischen dem muslimischen Norden und dem christlich-animistischen Süden sind die Haupthemmnisse, um Nigerias Bevölkerung ein besseres Leben zu ermöglichen.
] (Federal Republic of Nigeria [ ], deutsch auch Nigerien) ist eine ehemalige britische Kolonie inGeographie
- Ausdehnung: W-O 1200 km, N-S 1100 km
- 12 % Wald und Buschland, 34 % Ackerland, 23 % Wiesen und Weiden
- Geographische Lage: zwischen 4° und 14° nördlicher Breite sowie 2° 40' und 14° 40' östlicher Länge
- Oberflächenstruktur (von Süd nach Nord): lagunenreicher sumpfiger Küstenstreifen; Senke der Unterläufe von Niger und Benue; Josplateau; saharanischer Sahel und Tschad im äußersten Nordosten
- Geologische Merkmale: Der Chappal Waddi ist mit 2.419 m höchster Berg, der insgesamt 4.184 km lange Niger längster Flussteil.
- Landesgrenzen: 4047 km (Benin 773 km, Kamerun 1690 km, Tschad 87 km, Niger 1497 km)
- Küste: 853 km
- Größte Städte (Stand 1. Januar 2005): Lagos 8.789.133 Einwohner, Kano 3.626.204 Einwohner, Ibadan 3.565.810 Einwohner, Kaduna 1.582.211 Einwohner, Port Harcourt 1.148.753 Einwohner, Benin-Stadt 1.125.511 Einwohner und Maiduguri 1.112.511 Einwohner; siehe auch die Liste der Städte in Nigeria
Vegetation
(von Süd nach Nord)
- Mangrovenwald
- Regenwald
- laubabwerfender Wald
- Savanne
- Sahelvegetation
Etwa entlang des 9° nördl. Breite verläuft die Niederschlagsgrenze. Südlich dieser Grenze herrscht doppelte Regenzeit, nördlich davon einfache Regenzeit.
Bevölkerung
Die vorletzte Volkszählung hat 1991 stattgefunden und eine Einwohnerzahl von 88,9 Millionen ergeben. Bei einer (wie etwa von der CIA) angenommenen Wachstumsrate von 2,7% läge die Einwohnerzahl heute bei 130-135 Millionen[1], bei einer (wie von der Weltbank) angenommenen Wachstumsrate von 2,9% bei 150-160 Millionen[2]. Die letzte Volkszählung fand vom 21. - 28. März 2006 statt[3], die Veröffentlichung der Ergebnisse ist für Oktober 2006 angekündigt.[4]
50% der Gesamtbevölkerung sind Muslime (insbesonder im Norden des Landes); rund 40% der Bevölkerung sind Christen, davon 2% Kopten; knapp 10% sind Animisten, also Anhänger traditioneller afrikanischer Religionen.
Die Zahl unterschiedlicher Ethnien wird auf 260-380 geschätzt. Die Hauptethnien sind Yoruba (über 20,0 % der Gesamtbevölkerung ) und Igbo (Ibo; 30% der Bevölkerung) ; dahinter folgen Haoussa (11%) , Fulbe (8,2 %), Kanuri (5,2 %), Ibibio (4,2 %), Nupe (3,2 %), Edo (2,4 %), Ijaws (1,8 %), Bura (1,7 %), Tiv (1,6 %), Ambai (0,9%) und andere (7,2 %).
Die Lebenserwartung beträgt 51,3 Jahre bei den Männern und 51,7 Jahre bei den Frauen. Die Geburtenrate je 1000 Menschen ist 45,4. Die Todesrate je 1000 Menschen liegt bei 15,4.
Gesprochen werden vor allem Joruba, Hausa und Ibo und eine dreistellige Zahl anderer Sprachen (insgesamt 434 Sprachen). Amtssprache ist Englisch, der Alphabetisierungsgrad in Englisch beträgt 53,3% (Männer: 61,3%, Frauen: 45,3% / Stand 2006 [5])
Wegen des aus religiösen Gründen verhängten Impfverbots in Teilen Nigerias waren 2004 fast zwei Drittel der weltweit über 1.250 Polio-Fälle (Kinderlähmung) in Nigeria anzutreffen. Damals hatten die Behörden die Impfungen ausgesetzt, nachdem muslimische Geistliche das Gerücht verbreiteten, der Impfstoff mache unfruchtbar. Auch in die angrenzenden Länder wurde Polio durch dieses Verbot transportiert.
Geschichte
1861 begann die Kolonisierung Nigerias durch Großbritannien. In vorkolonialer Zeit existierten auf dem Gebiet des heutigen Nigeria verschiedene Staaten, so z. B. die Yoruba-Staaten Königreich Oyo und Ife, das Königreich Benin, das Sokoto-Kalifat und die Emirate der Haussa, aber auch Gesellschaften ohne eine zentrale politische Autorität.
1960 erhielt Nigeria mit einer föderalen Verfassung die Unabhängigkeit. Bis zum Jahre 1966 regierte Premierminister Tafawa Balewa das Land, während der Unabhängigkeitspräsident Benjamin Nnamdi Azikiwe nur zeremonielle Funktionen innehatte.
Nach zahlreichen inneren Unruhen, Wahlmanipulationen und Gewaltausbrücken übernahm das Militär die Macht und beendete die I. Republik. Kurz darauf brach von 1967 bis 1970 der Biafra-Krieg aus. Im Jahre 1975 wurde der Militärdiktator Yakubu Gowon unblutig durch General Murtala Mohammed gestürzt, der selbst sechs Monate später bei einem gescheiterten Putschversuch getötet wurde. Sein Nachfolger wurde General Olusegun Obasanjo, der das Demokratisierungsprogramm seines Vorgängers fortsetzte und 1979 die Regierungsgewalt an den zivil gewählten Präsidenten Shehu Shagari übergab.
Die 70er Jahre waren ökonomisch durch einen massiven Ölboom gekennzeichnet, Nigeria wurde der größte Erdölexporteur Afrikas. Ende 1982 wurde die II. Republik unter Shagari gestürzt, General Muhammadu Buhari putschte sich an die Macht, wurde aber kurz darauf 1985 durch seinen Kameraden General Ibrahim Babangida in einem Palastcoup abgelöst.
Babangida regierte bis 1993. Korruption und Repression stiegen während seiner Regierungszeit permanent an, ein Demokratisierungsprozess zur Gründung einer III. Republik endete als Fehlschlag, Babangida ließ die abschließenden Präsidentschaftswahlen annullieren. Nach dem Mordprozess des innenpolitischen Vertreters "Marcus L´Hoste" trat er daraufhin die Macht an eine kurzzeitige Übergangsregierung ("III. Republik") ab, die schließlich dem Militärdiktator Sani Abacha im Jahr 1995 weichen musste. Es folgte eine der brutalsten Militärdiktaturen in der nigerianischen Geschichte, die u.a. durch die Hinrichtung der "Ogoni Nine" (Ken Saro-Wiwa) gekennzeichnet wurde.
Abacha starb im Jahre 1998, sein Nachfolger Abdulsalami Abubakar zog innerhalb eines Jahres ein eilig zusammengestelltes Demokratisierungsprogramm durch, das vor allem zum Ziel hatte, Nigeria wieder als gleichberechtigtes Mitglied in die internationale Staatengemeinschaft zurückzuführen. 1999 wurde der ehemalige Militärpräsident Olusegun Obasanjo als erster Präsident der IV. Republik vereidigt und 2003 in umstrittenen Wahlen für eine zweite Amtszeit bestätigt. Die IV. Republik war durch eine aktive Außenpolitik in der Lage, die Schäden der Abacha-Diktatur zu beseitigen, sah sich jedoch starken innenpolitischen Unruhen ausgesetzt, die bis heute andauern.
Politik
Gemäß der nach amerikanischem Vorbild entworfenen Verfassung von 1989, welche jedoch erst im Zuge der 4. Republik 1999 in Kraft trat, verfügt Nigeria über ein präsidiales Regierungssystem mit einem Senat und einem Abgeordnetenhaus. Darüberhinaus gewährleistet die Verfassung ein Mehrparteiensystem und alle 4 Jahre stattfindende Wahlen.
- Gesundheit/Soziales: Kranke, Arme und Alte sind auf Familienhilfe angewiesen, nur Regierungsbedienstete kommen in den Genuss öffentlicher Fürsorge. Niedrige Einkommen, die schnell wachsende Bevölkerung und die leere Staatskasse führten zum Scheitern aller Pläne, ein Gesundheits- und Rentensystem zu schaffen. Epidemien fordern unter der unterernährten und schlecht versorgten Landbevölkerung oft Tausende von Opfern.
- Armee: Berufsarmee mit 77.100 Mann (Heer 80,4 %; Marine 7,3 %; Luftwaffe 12,3 %). Anteil des Militärbudgets am Staatshaushalt: 0,8 % (2004).
- Soziale Bewegungen
- Frauenbewegung: bereits vor 150 Jahren entstand in Nigeria die Yan'Taru Bewegung, eine islamisch religiöse Bewegung, die sich die Weitergabe von religiösem sowie alltäglichen Wissen von Frauen an Frauen zum Ziel gesetzt hatte. Heute gibt es eine Anzahl sekularer sowie religiöser Frauen, die sich als Aktivistinnen oder Akademikerinnen für Frauenrechte einsetzen. Zu den wichtigsten Frauenorganisationen gehören u.a. Women In Nigeria (WIN), dem National Council of Women's Societies, der Women's Aid Collective und der Federation of Muslim Women's Association in Nigeria. Wichtige Namen der Frauenbewegung sind z.B. Ayesha Imam und Joy Ezeilo.
Außenpolitik
Trotz der vielen innenpolitischen Probleme ist Nigeria der mächtigste Staat Westafrikas. Entsprechend hat es den Vorsitz der ECOMOG, des Sicherheitsapparats der ECOWAS inne. Darüberhinaus ist es Mitglied zahlreicher internationaler Organisationen.
- Commonwealth (derzeit im Vorsitz)
- OPEC (seit 1971)
- OIC (seit 1986)
- ECOWAS
- AU (Staatspräsident Obasanjo stellt derzeit deren Vorsitz)
- NEPAD (welche auf Initiative Nigerias gegründet wurde)
Darüberhinaus strebt Nigeria einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat an, in welchem bisher kein afrikanisches Land dauerhaft vertreten ist.
Staatsausgaben
Zwischen 1992 und 2000 lag der Anteil der Staatsausgaben für
- das Gesundheitswesen bei 1 %
- das Bildungswesen bei 3 %
- das Militär bei 3 %
Verwaltungsgliederung
- Gliederung: 36 Bundesstaaten (Abia, Adamawa, Akwa Ibom, Anambra, Bauchi, Bayelsa, Benue, Borno, Cross River, Delta, Ebonyi, Edo, Ekiti, Enugu, Gombe, Imo, Jigawa, Kaduna, Kano, Katsina, Kebbi, Kogi, Kwara, Lagos, Nassarawa, Niger, Ogun, Ondo, Osun, Oyo, Plateau, Rivers, Sokoto, Taraba, Yobe, Zamfara), 1 Hauptstadtdistrikt und 774 Local Government Areas.
- Siehe auch: Verwaltungsgliederung von Nigeria
Hinweis: Die Summe der für die einzelnen Bundesstaaten angegebenen Bevölkerungszahlen ergibt eine Gesamtbevölkerungszahl von etwas mehr als 159 Mio., was jedoch weit über den Schätzungen vieler Statistiker von 130-135 Mio. Einwohnern liegt (Stand 2006).
Infrastruktur
Das Schienennetz beläuft sich auf 3.505 km. Im Straßennetz sind von 193.198 km 37.000 km befestigt. Es gibt fünf internationale Flughäfen im Land, wichtigster ist der in der Hafenstadt Lagos. Die staatliche Fluglinie Nigeria Airways ist bankrott, jedoch gibt es zahlreiche private Fluglinien für den Inlandsverkehr. Wasserwege belaufen sich auf 8.575 km. Überseehäfen finden sich in Lagos, Calabar, Warri und Port Harcourt. Ölhäfen sind Bonny und Buruti. Hauptstadt ist Abuja.
Auf 1.000 Einwohner kommen 66 Fernseher, 3,8 Telefone, 6,1 Rechner und 0,01 Internet-Zugänge. 25 Tageszeitungen mit einer Gesamtauflage von rund 1,7 Mio. Stück existieren in Nigeria. Seit Mitte der 1990er Jahre ist ein Aufschwung im Mobilfunkbereich mit einer stetig wachsenden Zahl an Mobiltelefonen zu verzeichnen. Drei Netzbetreiber haben eine zunehmende Flächendeckung und Roaming-Verträge mit allen wichtigen europäischen Netzen.
Wirtschaft
Allgemein leidet die Wirtschaft unter der mangelhaften Infrastruktur und der unterdimensionierten Stromversorgung (noch immer werden 70 % des Energiebedarfs aus dem Niger-Wasserkraftwerk gedeckt).
- Pro-Kopf-Einkommen im Jahr (BSP): 250 Euro
- Ausfuhrgüter: Erdöl (größter Exporteur Afrikas und fünftgrößtes Erdölvorkommen weltweit), Kakao (mit 340 Mio. t jährlich viertgrößter Produzent der Welt), Gummi
- Einfuhrgüter: Konsumgüter, Maschinen, Transportmittel, chemische Produkte, Rohmaterialien, Nahrungsmittel und Lebendvieh
- Außenhandel: klassisch komplementär (typisch für Entwicklungsländer)
- Industrie: Erdölraffination, Bergbau, Nahrungsmittelverarbeitung, Gummi, Eisen und Stahl, Kraftfahrzeuge, Zigaretten, pharmazeutische Produkte, Zellstoff und Papier, Felle und Häute, Textilien, Schuhe, Zement, chemische Produkte, Düngemittel
- Rohstoffe: Agrar-/Forstsektor: Kakao (größtenteils im kleinbäuerlichen Anbau), Kaffee, Erdnüsse, Palmherzen, Holz; Mineralsektor: Erdöl, Erdgas, kleinere Mengen anderer Mineralien
- Tourismus: Der Tourismus ist weitgehend zum Erliegen gekommen. 739.000 Besucher sorgten 1998 für Einnahmen von 118 Mio. Euro.
- Das Land leidet unter hoher Korruption. Im Jahresbericht 2004 von Transparency International wird Nigeria an drittletzter Stelle geführt (Link). Präsident Obasanjo, der selbst ca. 15 Jahre der Organisation vorstand, hat 2003 gemeinsam mit Professor Peter Eigen, dem Gründer von TI in Berlin, eine Kampagne vorgestellt, die zum Ziel hat, die hohe Korruptionsrate zu verringern (Link).
- Nigeria Connection: Vorschussbetrug, bei dem von Kriminellen aus Nigeria sehr viele E-Mails verschickt werden, in denen um Vorauszahlung für spätere, nie stattfindende Geschäfte, gebeten wird.
- Nigeria zählt nach wie vor zu den ärmsten Ländern der Welt: noch 2003 belief sich der Anteil der Bevölkerung mit weniger als 1 US-Dollar pro Tag auf 70 % (siehe auch: Tabelle: Die höchste Armut weltweit).
Landwirtschaft
Es werden lediglich 20 % der nutzbaren Flächen des Landes bewirtschaftet. Der Anteil der Landwirtschaft betrug 1995 28 % des BIP. Die Zahl der Beschäftigten in diesem Sektor stieg von 45 % (1993) auf über 60 % (2003). Dies ist weniger ein Indikator für den wachsenden Bedarf an Arbeitskräften als vielmehr eine Auswirkung des seit Mitte der 80er Jahre zu beobachtenden wirtschaftlichen Niedergangs Nigerias. Der Agrarsektor ist auf zwei Produktzweige ausgerichtet - die Cash Crops und die Food Crops. Zu Ersteren gehört der großflächige Anbau von Kakao, Bananen, Baumwolle und Kautschuk. Food Crops (Yams, Maniok, Hirse und Mais) werden im Rahmen der Subsistenzwirtschaft in kleinbäuerlichen Betrieben angebaut. Die Weidewirtschaft konzentriert sich vor allem auf den Norden Nigerias und dort auf die Haussa und die Fulani, welche traditionell in der Viehzucht tätig sind. Um den Bedarf zu decken, wird jedoch des Weiteren Lebendvieh (Rinder, Kamele, Schafe, Ziegen) aus den Nachbarstaaten eingeführt. Für nordamerikanischen Weizen (USA und Kanada) besteht ein Einfuhrverbot, um die Inlandsproduktion vor dem billigen Importweizen zu schützen. Es treten regelmäßig Hungersnöte auf, diese jedoch nicht, wie man vermuten könnte auf dem Land, sondern in den Millionenstädten Lagos und Abuja. Anders als auf dem Land funktionieren in den Städten nicht mehr die klassischen Solidargemeinschaften (z.B. Großfamilie).
Industrie
Die Industrie erwirtschaftete 1995 53 % des BIP, beschäftigte jedoch lediglich 7 % der Bevölkerung. Schwerpunkt der industriellen Tätigkeiten ist der Abbau der Bodenschätze. Da hier gegenwärtig dem Erdöl und in zunehmenden Maße dem Erdgas die größte Bedeutung beigemessen wird, erklärt sich auch der geringe Beschäftigungsgrad der Bevölkerung. Zwar unterstehen die internationalen Konzerne (Shell, Mobil, Agip, Elf und andere) der Nigerian National Petroleum Corporation (NNPC)[6], gleichzeitig sind sie aber die Träger der Arbeiten. In den offshore und onshore Anlagen sind daher überwiegend Europäer und Thais sowie Philipinos beschäftigt. Nigerianer werden lediglich für Reinigungsarbeiten eingesetzt. Es gibt keine Raffinerietätigkeiten, somit wird das Öl als unbehandelter Rohstoff exportiert. Zwar sind Raffinerien im Land vorhanden (im Rahmen sowjetischer Wirtschaftshilfe), diese wurden jedoch nie gewartet und sind heute funktionsunfähig. Ähnlich sieht es mit anderen staatlichen Großbetrieben aus: Ein für 20 Mrd. $ gebautes Stahlwerk in Ajaokuta produzierte bisher kein Gramm Stahl[7]. Ein anderes Beispiel ist das Aluminiumwerk in Akwa Ibom, welches bereits 2000 fertiggestellt wurde, jedoch nie über Probeläufe hinaus ging. Dies sind nur exemplarische Beispiele für die in den 80er Jahren verpasste Industrialisierung des Landes.
Kriminalitätslage
Neben den allgemeinen Kriminalitätsformen treten drei Kriminalitätsfelder immer wieder in den Focus des öffentlichen Interesses:
- Kriminelle Banden zapfen Öl-Pipelines an und verkaufen die abgezapften Ölmengen auf dem Schwarzmarkt. Da dies sehr oft unter Billigung der Bevölkerung geschieht, kommt es häufig zu Menschenansammlungen an den illegalen Entnahmestellen. Ausgelöst durch Funkenbildung, hat es schon eine Vielzahl von Explosionen gegeben, die teilweise mehrere Hunderte Menschenleben gefordert haben.
- Eine weiter bekannte Kriminalitätsform ist der Vorschussbetrug, der auch als Nigerianische Betrugsmasche bekannt ist.
- In Nigeria sind Entführungen keine Seltenheit. Dahinter stehen in der Regel kriminelle Banden oder Rebellenorganisationen. Während kriminelle Organisationen sich von der Entführung ein Lösegeld versprechen, kämpfen Rebellenorganisationen oft für politische Forderungen. So ist die Umverteilung der Einnahmen aus der Erdölförderung und die damit verbundene größere Beteiligung der 136 Millionen Einwohner Nigerias an den Einnahmen aus dem Ölgeschäft das Hauptanliegen. Die Bewegung für die Bevölkerung im Nigerdelta fordert mehr Arbeitsplätze und eine bessere Infrastruktur für die Menschen in der Region. Die meisten Geiseln kommen nach Zahlung eines Lösegeldes nach einigen Tagen wieder frei.
bekannte Entführungsfälle
- Rebellen entführen am 10. Januar 2006 vier Mitarbeiter des Shell-Konzerns von einem vor Küste gelegenen Ölfeldes. Die Entführten werden 20 Tage später freigelassen.
- Unbekannte überfallen am 18. Februar 2006 mit Hilfe eines Schnellbootes ein Frachtschiff der US-Ölfirma Willbros und entführen neun Besatzungsmitglieder. Sechs Arbeiter werden Anfang März freigelassen, die restlichen drei bleiben bis Ende des Monats in der Gewalt ihrer Entführer.
- Am 11. Mai werden drei Mitarbeiter des italienischen Ölkonzerns Saipem entführt, darunter ein italienischer Staatsbürger. Alle Entführten kommen am nächsten Tag frei.
- Acht ausländische Mitarbeiter einer Ölfirma werden am 2. Juni von der vor der südnigerianischen Küste liegenden Bohrinsel Bulford Dolphin verschleppt. Zwei Tage später werden die Mitarbeiter wieder freigelassen.
- Rebellen greifen am 7. Juni eine von Shell betriebene Erdgas-Anlage im Niger-Delta an. Fünf südkoreanische Mitarbeiter der Firmen Daewoo und der Korea Gas Corporation werden entführt. Einen Tag später kommen die Mitarbeiter wieder frei. Ein inhaftierter Rebellen-Anführer sollte freigepresst werden.
- Zwei philippinische Mitarbeiter der Firma Beaufort International werden am 20. Juni in Port Harcourt entführt. Fünf Tage später kommen sie frei.
- Rebellen verschleppen am 6. Juli einen Niederländer im Nigerdelta. Vier Tage später kommt Los frei.
- Nach einer Geldzahlung der nigerianischen Regierung ziehen sich am 31. Juli die Rebellen von deiner Ölförder-Anlage im Süden des Landes zurück und lassen alle 24 Geiseln frei.
- Am 3. August wurd ein deutscher Mitarbeiter der Baufirma Bilfinger Berger in Port Harcourt entführt. Zu der Geiselnahme bekennt sich eine bislang unbekannte Rebellengruppe. In einer E-Mail zeigten die nigerianischen Rebellen eine Aufnahme des Entführten. Die Mail enthielt auch eine Erklärung des Entführten, in der er angibt, gut behandelt zu werden. Die Entführer bekräftigten ihre Forderung nach einer Entlassung zweier ihrer Anführer aus nigerianischer Haft.
- Drei philippinische Ölarbeiter werden am 4. August von Bewaffneten aus einem Bus nahe Port Harcourt entführt. Sie werden zehn Tage später freigelassen.
- Zwei Norweger und zwei Ukrainer werden am 9. August von einem Versorgungsschiff vor der nigerianischen Küste als Geiseln genommen. Ihre Freilassung ist noch nicht erfolgt.
- Ein belgischer Arbeiter und sein marokkanischer Kollege werden am 10. August in Port Harcourt entführt. Beide kommen am 14. August wieder frei.
- Mindestens fünf ausländische Ölarbeiter (ein Deutscher, zwei Briten, ein Ire und ein Pole) werden am 13. August kurz vor Mitternacht aus einem Nachtclub in Port Harcourt verschleppt. Der Deutsche Staatsangehörige wurde am 16.08.2006 wieder frei gelassen.
Bildung
In Nigeria herrscht eine 9jährige Schulpflicht vom 6. bis zum 15. Lebensjahr. Die Einschulungsquote von 93% ist im Vergleich zu den Nachbarstaaten relativ hoch. Allerdings befinden sich Schulen und besonders Hochschulen in außerordentlich schlechtem Zustand. Hinzu kommt die geringe Motivation der Lehrkräfte und die enorme Zahl an Streiks, weswegen der Unterricht zuweilen vollständig unterbleibt, bedingt durch ausbleibende Gehaltszahlungen. Betrug der Bildungsetat 1985 noch 12,2% des BIP, so sanken die Ausgaben 2003 auf 4,6%. Da der Besuch öffentlicher Schulen schon längst nicht mehr gewährleistet, Rechnen, Schreiben oder Lesen zu lernen, wächst vor allem in den Städten Lagos und Abuja die Zahl privater Bildungseinrichtungen, welche versuchen den Erwartungen der aufstrebenden Mittelschicht gerecht zu werden. Dennoch besuchen nur etwa 50% aller Kinder im Schulalter eine Schule. In einigen Provinzen des Nordens sind alle Schulen geschlossen. Es finden sich hier nur noch Koranschulen.
Kultur
- Nationalfeiertag: 1. Oktober (Tag der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahre 1960)
- Sehenswürdigkeiten: Reiches künstlerisches Erbe, insbesondere Skulpturen und Holzschnitzereien aus Benin und Ife
- Die Terrakotten der eisenzeitlichen Nok-Kultur sind weltweit bekannt, jedoch bei weitem nicht die ältesten Hinterlassenschaften nigerianischer Vorgeschichte.
- Kulturelle Einflüsse: Die nigerianische Kultur ist nicht nur von Traditionen der zahlreichen Ethnien durchsetzt, sondern auch durch islamische Einflüsse im Norden und europäische Einflüsse im Süden geprägt.
- Alphabet: Pannigerianisches Alphabet
- Literatur: Der nigerianische Schriftsteller Wole Soyinka erhielt 1986 den Nobelpreis für Literatur. Mit Chinua Achebe erhielt im Jahr 2002 ein weiterer wichtiger nigerianischer Autor den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Eine in Afrika sehr erfolgreiche Autorin ist Buchi Emecheta, die sich in ihrem Werk kritisch mit der Situation der Frauen im zeitgenössischen Afrika auseinandersetzt.
- Musik: Der vielleicht berühmteste Musiker Nigerias ist der Erfinder des Afrobeat Fela Anikulapo Kuti, der mit seiner Band "Africa 70" im "Shrine" in Lagos legendäre Konzerte gab. Weitere charakteristische Musikstile sind etwa Jùjú, Apala, Fuji oder Sakara.
- Film:Aus Nigeria werden Filme und Soaps nach ganz Afrika ausgestrahlt. Einige nigerianische Drehbuchautoren konnten ihre Scripte nach Hollywood verkaufen auf Grund der hohen Dramatik in den Schriftstücken.
- Sport: Sportlich international bekannt wurde das Land vor allem durch die Nigerianische Fußballnationalmannschaft.
Umwelt
Schwerste Schäden im Nigerdelta durch die seit 37 Jahren andauernde Ölförderung. Pipelines verlaufen durch Dörfer und über Äcker; Wasser und Luft sowie Nahrungsmittel sind verseucht. Geschützte Gebiete: 3,22 % der Landesfläche.
Fußnoten
- ↑ World Factbook
- ↑ The African Symposium, Vol. 2 No.4 December 2002
- ↑ BBC, 21. März 2006
- ↑ This Day (Lagos), 30. Juni 2006
- ↑ National Bureau of Statistics, laut The Punch (Lagos), 20. Juni 2006
- ↑ Bureau of Public Enterprises (BPE) : Energy -Background Information
In 1971, Nigeria joined OPEC and in line with OPEC resolutions, the Nigerian National Oil Corporation (NNOC) was established, later becoming NNPC in 1977. - ↑ Bureau of Public Enterprises (Nigeria) : WEBSITE REPORT ON STEEL SECTOR 14 June 2006
Literatur
- Fatima L. Adamu: Women's struggle and the politics of difference in Nigeria. 2006 (PDF)
- Heinrich Bergstresser, Sibylle Pohly-Bergstresser: Nigeria. (= Aktuelle Länderkunden; Beck'sche Reihe; Bd. 839). Beck, München 1991, ISBN 3-406-33185-8
- Kenneth Onwuka Dike: Trade and politics in the Niger Delta, 1830-1885. An introduction to the economic and political history of Nigeria. Clarendon Press, Oxford 1956 (Inhaltsverzeichnis)
- Wolfgang Gieler: Nigeria zwischen Militär- und Zivilherrschaft. Eine Analyse der politischen Entwicklung seit der Unabhängigkeit 1960–1990. Lit, Münster 1993, ISBN 3-89473-975-4 (zugl. Diss., Universität Münster, 1991)
- Sani Musa: The Nigerian Political Economy in Transition. Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 2006 (PDF)
- Eberhard Stahn: Nigeria. Reiseführer mit Landeskunde. 4. Auflage. Mai, Dreieich 1995, ISBN 3-87936-220-3
- Nigeria-Jahrbuch. Politische und ökonomische Entwicklungen in der Bundesrepublik Nigeria. Duehrkohp und Radicke, Göttingen 2000–2003 (ISSN 1617-3554)
Weblinks
- Website der Regierung (englisch)
- Länderinformation des deutschen Auswärtigen Amtes
- Nigeria Directory - Nigeria Yellowpages - Nigeria Links
- Nigeria Web Portal (englisch)
- Überblick über die Verwaltung in Nigeria (englisch)
- Karte der Bundesstaaten Nigerias
- Opec-Staaten im Blick: Nigeria - Zwischen Armut und Kriegsgefahr
Links zu Genderthemen in Nigeria