Genus
In der Schulgrammatik wird das Genus ([ ] oder [ ], lat. für Geschlecht; Pl.: Genera [ ] oder [ ]) auch als grammatisches Geschlecht bezeichnet. Geschlecht ist hier nicht als biologisches Geschlecht (Sexus (Sprache)) zu verstehen, sondern als Klassifizierungsbezeichnung. Wenn man also sagt, ein Wort weise ein bestimmtes Genus auf, heißt das, es gehört zu einer bestimmten Klasse von Wörtern, die sich grammatisch gleich verhalten.
Das Genus-System, das vor allem in den indogermanischen und semitischen Sprachen vorkommt, ist nur eine spezielle Ausprägung des Nominalklassen-Systems, das sich in anderen Ausprägungen auch noch in vielen anderen Sprachgruppen findet, zum Beispiel findet man bei den Bantusprachen bis zu zehn solcher Klassen. Viele andere Sprachen, z.B. die Turksprachen, kommen jedoch ohne Nominalklassen aus.
Genauere Definition in der Linguistik
In der Linguistik ist das Genus eine morphologische Kategorie vor allem im Bereich der Substantive. In einigen Sprachen sind auch Verben vom Genus abhängig, zum Beispiel im Russischen und Arabischen. Sprachen, die den Zusammenhang von Wörtern dadurch anzeigen, dass diese Wörter formal in Übereinstimmung gebracht werden (Kongruenz), können Substantive in Klassen einteilen, die auch als Genera bezeichnet werden. Wörter, die sich auf das Substantiv beziehen, müssen dann so flektiert werden, dass sie zum Genus des Substantivs passen (Genuskongruenz).
Beispiele
Hier ein Beispiel aus dem Italienischen und aus dem Deutschen (Übersetzung). Beide Sprachen zeigen Genuskongruenz.
- «Questa è una faccenda seria.» – „Das ist eine ernsthafte Angelegenheit.“
Hier kongruieren questa, una und seria mit faccenda im Genus. Im Deutschen hingegen kongruieren nur eine und ernsthafte mit dem Substantiv Angelegenheit. Wird ein anderes Substantiv eingesetzt, das zu einem anderen Genus gehört, müssen die kongruierenden Wörter angepasst werden:
- «Questo è un problema serio.» – „Das ist ein ernsthaftes Problem.“
problema gehört (trotz gleicher Endung wie faccenda) einem anderen Genus an. Genauso verhält es sich mit dem Unterschied zwischen den deutschen Wörtern Angelegenheit und Problem.
Verwechslung von Genus und Sexus
Vorlage:Highlight2 | Abkürzung | Vorlage:Highlight2 | Erläuterung |
---|---|
m | Maskulinum, männlich |
f oder w | Femininum, weiblich |
n oder s | Neutrum, sächlich |
u oder c | Utrum oder Commune (gewissermaßen m und f zusammen) |
In der europäischen Grammatiktradition werden die verschiedenen Genera irreführenderweise mit Termini wie Maskulinum, Femininum und Neutrum bezeichnet, die einen Zusammenhang zum biologischen Geschlecht (vergleiche Sexus) nahe legen. Ein solcher Zusammenhang ist im Bereich der Wörter, die belebte Wesen bezeichnen, zwar sehr häufig, aber keineswegs zwingend, denn das Mädchen ist weiblich, obwohl es im Neutrum steht (der Artikel bezieht sich hier auf den Diminutiv, welcher immer sächlich ist); ein Kind ist entweder männlich oder weiblich, obwohl es immer im Neutrum steht; ein Gast, eine Geisel oder eine Person können männlich oder weiblich sein, obwohl das Substantiv immer im Maskulinum oder Femininum steht. (Extrem-Beispiel: Der Dienstbote und die Schildwache hatten ein Verhältnis; er wurde schwanger, und sie wurde dem Kind ein guter Vater. – Der Dienstbote war in diesem Fall eine Frau, und die Wache ein Mann. Jedoch ist der zweite Satzteil ungrammatisch, da im Deutschen die Wörter er und sie nur in dem Falle, dass sie sich auf das natürliche Geschlecht beziehen, eine kontrastive (gegenüberstellende) Bedeutung haben.)
Die Feministische Linguistik hat darauf aufmerksam gemacht, dass aufgrund dieser Problematik eine Wahrnehmungsverzerrung stattfindet, die insbesondere immer dann zusätzlich verstärkt wird, wenn das spezifische Maskulinum nicht gekennzeichnet wird.
Genus verbi
In der lateinischen Schulgrammatik wird die Unterscheidung von Aktiv und Passiv traditionell als Genus verbi (also Geschlecht des Verbs) bezeichnet, sonst wird diese Kategorie meist als Diathese bezeichnet.
Genera in Sprachen
Keine Genera
Von den indogermanischen Sprachen:
- Armenisch
- Englisch (beim Personalpronomen der 3. Person Sg. – he, she, it – wird Sexus, nicht Genus ausgedrückt!)
- Persisch
Von den nicht-indogermanischen Sprachen z.B.:
Unterscheidung Maskulinum – Femininum
Die meisten romanischen Sprachen:
- Italienisch (ausgenommen zentralitalienische Dialekte)
- Französisch
- Katalanisch
- Spanisch
- Portugiesisch
Die noch lebenden baltischen Sprachen
Semitische Sprachen:
Unterscheidung Utrum – Neutrum
Die ostskandinavischen Sprachen:
- Schwedisch (ausgenommen einzelne Dialekte)
- Dänisch
- Norwegisch (bokmål)
Unterscheidung Maskulinum – Femininum – Neutrum
Von den germanischen Sprachen haben drei Genera bewahrt:
- Deutsch mit allen seinen Dialekten
- Niederländisch (in Resten)
- Friesisch
- Norwegisch (außer konservatives Bokmål)
- Färöisch
- Isländisch
Von den romanischen Sprachen:
Alle slawischen Sprachen, darunter:
Andere indogermanische Sprachen wie:
- Albanisch (mit Resten des Neutrums)
- Neugriechisch
- Lateinisch
- Sanskrit