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Industrielle Revolution

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Unter Industrielle Revolution versteht man die industrielle Umgestaltung der Arbeits- und Sozialordnung in Europa im 19. Jahrhundert. Der Begriff Industrielle Revolution, der von Friedrich Engels und L. Blanqui geprägt wurde, hat mithin zwei verschiedene Bedeutungen, je nach dem, ob (A) der technische Fortschritt (technische Revolution) oder (B) der soziale Wandel (Gesellschaftsumbruch) im Zentrum der Betrachtungen steht; der Terminus »Industrielle Revolution« wird sowohl (A) im engeren Sinne als Synonym für den Begriff »Industrialisierung«[1] verwendet als auch (B) - im weiteren Sinne - im historischen Rückblick mit Focus auf die gesellschaftlichen Begleitumstände und Folgen des technischen Fortschritts als historischer Terminus technicus: Im Kontext mit dem Begriff »Soziale Frage« bezeichnet der Terminus Industrielle Revolution den Gesellschaftswandel von der Agrargesellschaft zur Industriegesellschaft (plakativ: Wandel vom Ackerbau zum Autobau), ausgelöst durch den damaligen technischen Fortschritt (Industrialisierung).


Erscheinungsformen

'Vorindustrielle' Industriebetriebe hat es in Europa durchaus gegeben, so seit der frühen Neuzeit im Bergbau und im Schiffbau.

Jedoch mit der Erfindung der Dampfmaschine und dem Übergang zur Kohle als Grundlage der Energieerzeugung an Stelle von Wasser- und Windenergie wurde eine Periode tiefgreifender sozialer und technologischer Veränderungen eingeleitet. Im historischen Rückblick wird diese Industrielle Revolution als "Revolution" daher oft mit der Neolithischen Revolution, dem Übergang zur Jungsteinzeit, verglichen, da diese eine vergleichbar drastische soziale Veränderung mit sich brachte. Ob man hier überhaupt von einer "Revolution" sprechen sollte, ist strittig, denn diese Umwälzung ist ein Prozess von vielen Jahrzehnten gewesen, und eine "Revolution" wird oft als jedenfalls rapide verstanden und als Begriff keinem über wenige Jahre hinausgehenden sozialen Wandel zugebilligt.

Die Industrielle Revolution begann im 18. Jahrhundert in England und verbreitete sich von dort im 19. Jahrhundert nach Europa, in die USA und nach Japan.

Während vorher alle mechanische Energie durch Wind- oder Wassermühlen, die Betakelung von Segelschiffen oder durch Einsatz von Muskelenergie von Tier (Zugvieh) bzw. Mensch (Schmelzöfen, Wasserbauten - vgl. die "hydraulischen Kulturen") erzeugt wurde, wurden durch Verbesserungen der Dampfmaschine von James Watt neue Möglichkeiten geschaffen. Mit der Umwandlung von Dampfkraft in mechanische Kraft wurde der Bau von Fabriken weit entfernt von Wasserläufen möglich. Handarbeit konnte mechanisiert werden; aus Manufakturen entwickelten sich Fabriken und damit eine neue Produktionsweise, die zuerst in der englischen Baumwollverarbeitung, dann in weiteren Industriezweigen Einzug hielt.

So beseitigte die Dampfmaschine beispielsweise die Abhängigkeit von witterungsbedingten saisonalen Schwankungen der Energiequellen. Wind- und wassergetriebene Mühlen oder Pumpen wurden durch Dampfgetriebe ersetzt.

Wichtige Bestandteile der Industriellen Revolution waren neben der Fortentwicklung der Dampfmaschine die Entwicklung maschinell betriebener Fahrzeuge wie der Dampflokomotive durch Richard Trevithick, Timothy Hackworth, John Blenkinsop und George Stephenson und des Dampfschiffs durch Robert Fulton zu Beginn des 19. Jahrhunderts.

Diese Erfindungen zeitigten große soziale Umwälzungen. Die Energiekapazitäten der kleinen Mühlen und Manufakturen vermochten nicht mit der Dampfenergie zu konkurrieren. Mit Lokomotiven und Dampfern konnten Waren über Land und Meer sehr schnell und innerhalb einer berechenbaren Zeit transportiert werden, da die Dampfaggregate stetige Energie lieferten. Allgemein ließ sich eine starke Entwicklung neuer Erfindungen feststellen, diese waren insbesondere bei der neuartigen Nutzung nicht-menschlicher Energie und im Textilgewerbe auszumachen.

Dabei wurden vorhandene Prinzipien der Herstellung durch neue ersetzt (Landes, Wohlstand, S. 205):

  • "menschliche Fertigkeit und Anstrengung durch die - ebenso schnell wie gleichmäßig, präzise und unermüdlich arbeitende - Arbeits-Maschine";
  • "belebte durch unbelebte Kraftquellen, insbesondere durch die Erfindung von (Kraft-)Maschinen, die Wärme in Arbeit umwandeln und damit eine nahezu unerschöpfliche Energie eröffnen";
  • "Verwendung neuer Rohmaterialien in größeren Mengen, vor allem die Ersetzung pflanzlicher und tierischer Substanzen durch anorganische und schließlich synthetisch hergestellte Materialien".

Ursachen der Industriellen Revolution

Bis heute gibt es keine definitive Erklärung dafür, wieso es überhaupt zur Industriellen Revolution kam. Es steht lediglich fest, dass sie durch eine Vielzahl an miteinander verstrickten Ursachen in England begann. Erst im 19. Jahrhundert breitete sie sich über West- und Mitteleuropa und den USA aus. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden auch Russland und Japan erfasst. Manche Länder der „Dritten“ und „Vierten“ Welt durchschreiten erst heute (gegen Ende des 20. Jahrhunderts – Beginn des 21. Jahrhunderts) diesen Prozess. Die Ursachen der Industriellen Revolution werden in den durch die Aufklärung bewirkten sozialen Veränderungen gesehen, sowie in der kolonialen Expansion des 17. Jahrhunderts.

Gründe für den Beginn der Industriellen Revolution in Europa

Warum trat die Industrielle Revolution gerade in Europa und nicht im technologisch weiter entwickelten China auf? Warum dann nicht schon in der Spätantike, in der Zeit der Diadochenreiche, im Bereich des östlichen Mittelmeers?

Benjamin Elman argumentiert, dass sich China in einer Gleichgewichtssituation auf hohem Niveau befand, in der die nichtindustriellen Methoden leistungsfähig genug waren, den Einzug von industriellen Methoden mit hohen Hauptkosten zu verhindern.

Anders argumentiert Kenneth Pommeranz, dass Europa und China 1700 einander zwar bemerkenswert ähnlich waren, aber dass die entscheidende Ursache für die industrielle Revolution in Europa in den nahegelegenen Kohle- und Rohstoffvorräten der Industriegebiete zu suchen sei. Zudem erweiterten Importe von Kolonialwaren u.a. Europas industrielle Möglichkeiten in einem für China nicht vorstellbarem Maß.

Wolfgang König von der Technischen Universität Berlin behauptet, dass die vielen einzelnen Staaten in Europa zu einem gegenseitigen Wettbewerb führten und somit den technischen Fortschritt vorantrieben. Das Kaiserreich China war dagegen ein zentral regiertes Riesenreich. Dieser Sachverhalt gilt als eine von mehreren Ursachen.

Fernand Braudel belegt durch eine Vielzahl von Quellen, dass sich seit Mitte des letzten Jahrtausends in verschiedenen Kulturen weltweit wichtige Entwicklungen, wie ein Ansteigen der Wachstumsrate der Bevölkerung (vgl. die Soziale Frage) und eine Ausweitung des Fernhandels, weitgehend unabhängig von Europa vollzogen haben. Die Besonderheit in der europäischen Entwicklung liegt demnach in der größeren politischen Dynamik, insbesondere der relativen Instabilität und der damit verbundenen größeren Freiheit des Einzelnen, und dem Reichtum durch die Ausbeutung der Kolonien. Im Gegensatz zu Europa verfolgte China lange Zeit eine Politik der Isolation. Ziel war es, das eigene Land vor "Barbaren" zu schützen.

Gründe für die Industrielle Revolution in England

  • Wirtschaft
    - große Kapitalreserven durch Kolonial- und Sklavenhandel
    - im Gegensatz zu Kontinentaleuropa ein hoch entwickelter Wirtschaftsliberalismus ohne Zunft- und Zollschranken
    - hohe Investitionsfreudigkeit, zunächst bei Adeligen aus landwirtschaftlichen Einkünften, danach auch im Bürgertum
  • Gesellschaft und Arbeit
    - sinkende Sterberaten durch medizinische und hygienische Verbesserungen, deshalb genügend verfügbare Arbeitskräfte
    - die theologische Ausrichtung des Calvinismus förderte Tugenden wie Fleiß, Gewinnstreben und Investitionsbereitschaft
    - Übergang von der Manufaktur zur Manufaktur-Fertigung
    - landwirtschaftlicher Konzentrationsprozess unter Produktivitätssteigerung
    - hohes Maß an Rationalität und Naturbeherrschung im europäischen Denken
  • Politik
    - Parlamentarismus
    - Streben, wirtschaftliche Verluste durch die amerikanische Unabhängigkeitserklärung auszugleichen
    - Rechtssystem mit Handels- und Patentrecht
    - politische Emanzipation des Bürgertums (auch durch die Verbürgerlichung der Aristokratie)
  • Infrastruktur und Ressourcen
    - günstige Verkehrswege (Meer, Flüsse, Kanäle und Straßen) und deren effizienter Ausbau
    - natürliche Rohstoffressourcen (Kohle, Erze, Baumwolle)
    - das Empire als Rohstofflieferant und Markt
    - Vormachtstellung als Handels- und Kolonialmacht: England hatte sich im Dreißigjährigen, im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg und den Kriegen zuvor diese Position erkämpft
    - Umstellung auf Steinkohle durch Mangel an Holz und da Holz nicht heiß genug verbrannte, um die zur Stahlerzeugung notwendige Temperatur zu erhalten
  • Offene Gesellschaftsstruktur
    - Es herrschte keine strenge Ständeordnung vor
    - Adel und Bürgertum konnten Ehen schließen
    - auch der Adel arbeitete, denn Arbeit war "Gottes Wille"

Triebkräfte für die Industrielle Revolution in England

England ist im 18. und 19. Jahrhundert die größte Kolonialmacht und kann kostengünstig Baumwolle aus Amerika und Indien importieren. Die Industrielle Revolution beginnt in Flandern und England mit der Textilindustrie. Als erste Antriebskraft für die Industrialisierung muss man allerdings die Bevölkerungsexplosion ab Mitte des 18. Jahrhunderts bis spät ins 19. Jahrhundert betrachten. Bessere medizinische Praktiken und Erkenntnisse sowie Ausbleiben von Hungersnöten sind Hauptgrund dafür.

Erst reichte die ursprüngliche Form der Landwirtschaft nicht aus, um die schnell wachsende Bevölkerung Englands zu ernähren, da diese noch auf der Dreifelderwirtschaft basierte. Folglich musste eine Agrarrevolution für mehr Nahrung sorgen. Die Dreifelderwirtschaft wurde durch die viel produktivere Fruchtwechselwirtschaft ersetzt.

Unternehmer begannen, sich mit der Agrarwirtschaft zu beschäftigen. Die vorher überwiegenden Bauern fingen an, in die Städte abzuwandern und dort Arbeit zu suchen. Diesen Vorgang nennt man Urbanisierung. Den Gesamtprozess der Agrarrevolution nennt man Enclosure Movement, was auch eine Modernisierung der Landwirtschaft bedeutet (Intensivierung, Ertragssteigerung).

Parallel dazu ist der Wirtschaftsliberalismus eine wichtige Triebkraft. Der Wirtschaftsliberalismus wurde durch Adam Smith begründet und behandelt die Gewinnerzielung und den Wohlstand der Nationen. Themen wie Investition und Rentabilität wurden wichtig für die Menschen und eine Unternehmerklasse bildete sich heraus. Durch die parallele Anhäufung von Arbeitskräften, verstärkte Nachfrage und der neuen Mentalität war die Anhäufung von Kapital (Akkumulation) möglich.

Der Wirtschaftsliberalismus führte auch zu einer Abwendung vom alten, den Fernhandel behindernden Merkantilismus. "Das freie Spiel der Kräfte" wurde zur erfolgreichen Wirtschaftstheorie. Der Staat zog sich aus der Wirtschaft zurück und freier Handel ohne teure Binnenzölle war möglich.

Durch diese Einleitung der Industriellen Revolution kamen auch Erfinder auf immer neue Ideen. So überarbeitete James Watt 1769 die Dampfmaschine, die ehemals von Thomas Newcomen erfunden worden war. Sofort erkannten die Unternehmer die Effektivität dieser Dampfmaschine. Die Einführung der Dampfmaschine führte zu einer noch stärkeren Intensivierung der Industrie. So wurde z.B. die Textilindustrie von den vorher heimischen Kleinproduktionsstätten in große Fabriken umgelagert, wo dampfbetriebene Webstühle schnell und produktiv Stoffe herstellten. Die Textilindustrie gab weiteren Branchen den Anstoß sich zu entwickeln und wird daher als Schlüsselindustrie der Industriellen Revolution in England bezeichnet.

Folglich war eine höhere Nachfrage an Brennstoffen, was den Kohleabbau hervorbrachte, der durch weitere Erfindungen immer effektiver wurde. So wurde aus der Dampfmaschine die Eisenbahn erfunden. All das erzeugte eine hohe Nachfrage an Rohstoffen und Arbeitskräften.

Nacheinander bauten Industriezweige aufeinander auf, und die Wirtschaft begann "sich selbst anzutreiben".

Bevölkerungswachstum und Arbeitskräfteüberschuss

Während im 18. Jahrhundert die Sterberate kaum höher als die Geburtenrate war, erhöhte sich die Kopfzahl der Bevölkerung vor und während der industriellen Revolution explosionsartig. Handel und Handwerk wuchsen nicht mit.

Verlaufsformen der industriellen Revolution

Kapitalzufluss

Die neuen Industrieanlagen verlangten Kapital, welches von verschiedenen Seiten kam:

Adelige investierten ihr Kapital aus Grundpacht und Landwirtschaft; Großkaufleute ihr Vermögen aus dem (Kolonial-)Handel; Handwerker ihren Produktionsgewinn. Es wurden außerdem Kapitalgesellschaften gegründet: Unternehmungswillige Freunde und Familien legten ihr Erspartes zusammen, um in zukunftsträchtige Betriebe, risikoreiche Unternehmen oder in Spekulationsgeschäfte zu investieren. Nordenglische Grubenbesitzer verbanden sich mit Londoner Kohlehändlern; Brauereibesitzer mit Malzlieferanten und Erfinder mit Kapitalgebern. Es wurden auch kleine Fabriken gegründet: zum Beispiel eine Kooperation zwischen Maschinenbauern und Spinnern und Webern. Denn im 18. Jahrhundert war der Kapitalbedarf noch relativ gering, sodass auch einzelne Arbeiter oder kleine Angestellte mit eigenem und geborgtem Geld den sozialen Aufstieg zum Unternehmer schaffen. Jede technische Erfindung wurde genutzt und verbessert, die Arbeitsteilung voran getrieben und die Betriebe vergrößert. Zudem nahm die Pro-Kopf-Erzeugung in der englischen Industrie stetig zu. Auch der Absatz der Massengüter war gesichert: In England, in den Kolonien und in Kontinentaleuropa (wo englische Produkte bis in das 19. Jahrhundert den Markt beherrschten).

Hochkapitalismus und Weltwirtschaft

Diese Wirtschaftsform des industriellen Kapitalismus hatte die ständige Steigerung des Kapitals und möglichst hohe Gewinne zum Ziel. Voraussetzungen dafür waren:

  • gut ausgebaute Verkehrswege (vor allem zwischen Rohstoffbasen, Produktionsstätten und Verbrauchermärkten)
  • Erhöhung der Schutzzölle (Schutz vor ausländischen Waren),
  • Ausbau der Monopole und
  • Errichtungen von autarken Wirtschaftseinheiten mit Hilfe der Kolonien

Zunahme der Erfindungen

Zahl der gültigen Patente von 1750 bis 1850 in England:

Die „Spinning Jenny“ und der mechanische Webstuhl

Im 18. Jahrhundert waren zwei Kleidergarnituren ein Luxus => das bot den Textilproduzenten die Möglichkeit zur Absatzsteigerung bei preiswerteren Produkten. 1760 wurden in England 2,5 Millionen Pfund Baumwolle verarbeitet; 1860 waren es 366 Millionen Pfund => eine Steigerung um fast das hundertfünfzigfache (um das 146,4-fache). Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts wurde der größte Teil der aus den Kolonien importierten Baumwolle in Heimarbeit verarbeitet: Die ganze Familie war beschäftigt. Doch die Weber konnten mehr Garn verarbeiten als vier Spinner(innen) in der selben Zeit händisch produzieren konnten. Die Nachfrage an Garn führte dazu, dass der Preis enorm anstieg und sogar Preise für Erfindungen ausgesetzt wurden, die Garnproduktion und Qualität steigern konnten.

James Hargreaves entwickelte 1764 eine Spinnmaschine, die nach seiner Tochter „Spinning Jenny“ benannt wurde, welche dann auch schon mit Wasserkraft betrieben wurden. Durch diese Kombination konnte der Techniker Samuel Crompton 1779 noch viel feineres Garn herstellen. Die Produktion wurde nochmals sehr gesteigert, als die Dampfmaschine die Wasserkraft ablöste. Das Ergebnis war, dass ein Spinner zu Beginn des 19. Jahrhunderts soviel Garn erzeugen konnte wie 200 Arbeiter vor der Erfindung der „Jenny“. Das bedeutete aber gleichzeitig das Ende der Heimindustrie – sie konnte nicht mehr mit den größeren, dampfbetriebenen Maschinen Schritt halten. Anfang des 19. Jahrhunderts arbeiten etwa 100.000 in den entstandenen Spinnfabriken. Der Preis des Garns sank nunmehr stark. Ergebnis: Die billig gewordenen Baumwolltextilien ließen den Absatz in England steigen und machten 1830 mehr als die Hälfte des Exports Englands aus.

Die Weberei blieb der Modernisierung in der Spinnerei lange zurück – bis der Londoner Pfarrer Edmund Cartwright 1784 den mechanischen Webstuhl erfand; aber er benötigte etwa 50 Jahre, bis er sich endgültig durchsetzen konnte. Der Grund war, dass gut 250.000 Handweber erbitterten und brutalen Widerstand leisteten und sogar Fabriken niederbrannten ("Maschinenstürmer"), aus Angst um ihren Berufsstand und vor der Modernisierung. Der Aufstand blieb aber erfolglos, denn die Idee der unbeschränkt freien Wirtschaft hatte sich durchgesetzt.

Die Dampfmaschine – James Watt

Vor der Industrialisierung waren die Menschen beim Produzieren auf die eigene Kraft und auf die von Wasser, Wind und Tieren angewiesen. Es gab aber schon Menschen, die sich mit dem Bau von Kraftmaschinen beschäftigten – es fehlte aber oft an technischen Möglichkeiten um ihre Ideen zu verwirklichen. Erst James Watt verband Wissenschaft und Praxis:

Als Mechaniker sollte der gelernte Uhrmacher an der Universität Glasgow ein kleines Modell der Newcomenmaschine reparieren und wurde dabei auf die Schwächen dieser Dampfmaschine aufmerksam. Von da an testete er in jahrelangen Versuchsreihen die Eigenschaften des Dampfes und die Verwendbarkeit verschiedener Metalle. Trotzdem lag zwischen seiner neuen Dampfmaschine als Modell (1765) und einer kaufmännisch verwertbaren, wesentlich leistungsfähigeren Arbeitsmaschine mehr als ein Jahrzehnt.

Watt wollte schon auf Grund seiner Schulden und des Bankrotts seines ersten Financiers aufgeben, doch sein Kompagnon, der Fabrikant Matthew Boulton, war von seinem Erfolg überzeugt.

Diese Dampfmaschine wurde innerhalb kurzer Zeit zur wichtigsten Arbeitsmaschine in den verschiedensten Bereichen (Pumpen, Hämmer, Gebläse und Walzen wurden dadurch angetrieben). Ein Grund, warum Boulton soviel Geld in dieses Projekt steckte, war wohl der, dass Watt seine Erfindung hatte patentieren lassen – somit war jegliche Konkurrenz ausgeschaltet. Mit dem königlichen Patent durfte man schon seit dem 17. Jahrhundert Erfindungen auf begrenzte Zeit alleine nutzen. Das Patent wurde sogar vom Parlament verlängert.

Kohleabbau und Schwerindustrie

Seit dem 16. Jahrhundert wurde in England Kohle für den Hausbrand und herkömmliche Industrie verwendet. Um 1800 nahm der Bedarf noch zu, als Holzkohle durch das Roden der Wälder knapper und teurer wurde. Anfangs wurde nur im Tagbau abgebaut – aufgrund der fehlenden Pumpen für den Untertagbau (Wasserpumpen für das Schmutzwasser). Seit der Dampfmaschine (als Antrieb für Wasserpumpen) konnte Kohle aus immer größeren Tiefen abgebaut werden. Sie wurde auch zum Befördern von Menschen und Material in den Schächten genutzt und ferner als Zugmaschine für beladene Karren auf Holz-, später dann Eisenschienen eingesetzt (gegen Ende des 18. Jahrhunderts).

Für die Eisenverhüttung wurde (bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts) Holzkohle verwendet – obwohl Abraham Darby schon 1709 aus Steinkohle Koks hergestellt und damit Eisen zum Schmelzen gebracht hatte. Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts konnte gutes Eisen billig und in großen Mengen erzeugt werden, welche anfänglich vor allem als Kriegsgerät verarbeitet werden sollten - wie überhaupt die Rüstungsindustrie oft die Pionierin neuer Industriezweige wurde. Es wurden aber auch auf Gegenstände des Hausgebrauchs und für die Industrie hergestellt. Trotzdem brauchte man mehrere Tage, um 10 Tonnen Stahl zu erzeugen. Henry Bessemer erfand 1855 die effizientere „Bessemerbirne“. Aber schon zuvor hatte Gusseisen Holz und Stein als Werkstoff abgelöst (kleine Gebäude, Brücken, Schiffe, Gegenstände aus Blei).

Verkehrsmittel

Dampfschifffahrt und Eisenbahn nahmen einen stürmischen Aufschwung.

Die Verschärfung der Sozialen Frage und die Entstehung der Industriearbeiterschaft

Die Soziale Frage

Siehe hierzu auch den Artikel »Soziale Frage« (historischer Überblick).

Gustave Doré, Ein Hundeleben, 1872

Unter der "sozialen Frage" verstand man im Deutschland nach dem Wiener Kongress (1815) die neuartigen Armutsformen durch das starke Bevölkerungswachstum sowohl auf dem Land als in den rasch wachsenden Städten, und in der ein bis zwei Generationen danach besonders rasch ansteigenden Industriearbeitschaft, sowie dann die sich im Laufe der Industrialisierung verschärfende Kluft zwischen den gesellschaftlichen Ständen, dann Klassen und Schichten. Gleichzeitig werden ab den 1830er Jahren die Stimmen immer lauter, die eine Lösung dieser Frage fordern.

Gründe des Bevölkerungswachstums waren neben Fortschritten in der Medizin (z.B. der Pockenimpfung) die ab ca. 1770 milderen Winter (Ende der sog. "Kleinen Eiszeit" seit dem 12. Jahrhundert) und damit die sichereren Ernten und die steigende Heiratshäufigkeit auf dem Lande, sowie die Bauernbefreiung mit daraus resultierendem "Bauernlegen" (Aufkauf der Kleinbauern-, Büdner- und Halbhufnerstellen). Die Gewerbefreiheit (mit dem Fortfall des Zunftzwangs gab es mehr Gesellen und damit das sogenannte "Handwerksburschenelend"). Erstmals galt Freiheit auch bei der Wahl von Wohnsitz, Beruf und Ehepartner. Die vorwiegend ländlichen und kleinstädtischen Heimarbeiterinnen und -arbeiter konnten mit der wachsenden und billigeren Konkurrenz der Fabrikerzeugnisse nicht mehr mithalten. Hunger und wachsende Armut trieb die ländliche Bevölkerung in die neu gegründeten und schnell wachsenden und schnell verslumenden Industriestädte (Landflucht).

Millionen von Menschen wanderten in die USA oder andere Staaten in „Übersee“ aus (Süd- und Mittelamerika, Australien), weil sie keine Zukunft in den Städten sahen.

Die Entstehung der "industriellen Reservearmee"

Durch das Überangebot an Arbeitskräften (die „industrielle Reservearmee“, Karl Marx) konnten Unternehmer die Löhne bis unter das Existenzminimum drücken. Der Grund der Unternehmer war auch die große Konkurrenz, der Preiskampf und Investition in technische Erneuerungen. Arbeiter, die murrten oder arbeitsunfähig waren, wurden sofort durch andere ersetzt, die oft schon vor den Fabriktoren um Arbeit bettelten. In englischen Industriestädten betrug die durchschnittliche Arbeitsfähigkeit etwa 15 Jahre. Das Durchschnittsalter der Industriearbeiter in Manchester lag bei nur 18 Jahren.

Es herrschte ebenso strenge Arbeitsdisziplin – zum Beispiel wurde Lohn um einen halben Tageslohn gekürzt bei zehnminütigem Zuspätkommen. Ebenso musste bei fehlerhafter Ware Strafe gezahlt werden. Es gab auch keine Altersversorgung, Unfallversicherung, Schutz gegen Willkür der Unternehmer. Die staatliche Obrigkeit griff in die „freie Wirtschaft“ sozialpolitisch nicht ein – und wenn, dann kamen Polizei und Militär nur dann zum Einsatz, wenn es Arbeiterunruhen und Hungerdemonstrationen niederzuschlagen galt.

Die Arbeitsbedingungen waren schwer: Verlängerung der täglichen Arbeitszeit (bis zu 18 Stunden), keine Sonntagsruhe, katastrophale hygienische Zustände, unzureichende oder fehlende Sicherheitsvorkehrungen (Transmissionsbänder der Dampfmaschinen waren eine große Gefahrenquelle).

Schuld an diesem Elend waren aus der Sicht der Arbeiter die neuen Maschinen, die vor allem in der Textilindustrie hunderttausende Arbeiter arbeitslos machten. Deshalb kam es in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu Aufständen, die von der Obrigkeit brutal niedergeschlagen worden sind. Die Folgen waren Tote, Verletzte und Inhaftierte sowie Hinrichtungen der Anführer.

Auch Frauen müssen in die Fabrik

Die Arbeiter verdienten oftmals zu wenig um ihre Familie zu ernähren – es mussten auch Frauen und Kinder Lohnarbeiten annehmen. Vor allem in kinderreichen Familien war dies notwendig. Doch als Mutter von kleinen Kindern konnten Frauen nur schlecht bezahlte Heimarbeiten annehmen. Doch auch in Fabriken (Frauen arbeiteten überwiegend in der Textilindustrie) lag der Lohn weit unter dem der Männer, die die Frauen noch als zusätzliche Billigkonkurrentinnen am Arbeitsplatz ansahen. Viele Arbeiter wollten ihre Frauen auch viel lieber zu Hause haben. Auch viele Frauen waren dieser Ansicht, dennoch setzte sich in der proletarischen Frauenbewegung gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine andere Auffassung durch. (Vgl. Clara Zetkin, Für die Befreiung der Frau.)

Die Ausbeutung der Jugendlichen

Kinderarbeit war schon vorgeschichtlich, lange vor der industriellen Revolution, üblich – doch erst hier nahm sie schreckliche Ausmaße an. Genau wie die Frauen galten sie als billige Arbeitskräfte. Sie wurden vor allem im Untertagbau eingesetzt, da sie kleiner waren und deswegen in kleinen Schächten effektiver arbeiteten als erwachsene Männer. Die meisten Kinder fingen im Alter von 4 Jahren im Bergbau (englisch: coal mines) an zu arbeiten. Am Schlimmsten war dies in England, wo die Kinder im Sommer bis zu 64 und im Winter 52 Stunden in der Woche arbeiteten. Andererseits war die 80 Stundenwoche die andere Kinder in Webereien (Cotton Mills)für einen halben Cent leisten mussten, keineswegs humaner.

Beispiele

  • Kinder ab vier Jahren mussten in Kohlen- und Eisenbergwerken losgebrochenes Material kriechend, da die Gänge so eng waren, nach außen transportieren, sowie kleine Zugtüren öffnen und schließen.

Kinderarbeitsverbote?

Einsichtige Politiker versuchten, die Kinderarbeit gesetzlich einzuschränken – gegen den Widerstand der Fabrikbesitzer, die sich als Wohltäter fühlten, wenn sie Kinder ab dem 5. Lebensjahr beschäftigten. 1833 wurde das erste Kindergesetz in England erlassen: Arbeitsverbot von Kinder unter 9 Jahren in Textilfabriken, Nachtarbeitsverbot und maximal 12-Stundentag für Jugendliche unter 18 Jahren. Fabrikinspektoren sollten die Einhaltung der Gesetze überwachen. Etwa zehn Jahre später folgte ein Verbot der Untertagarbeit für Kinder (Mindestalter: 10 Jahre) und Frauen. Ähnliche Gesetze wurden bald darauf in Deutschland und Österreich (Arbeitsverbot für Kinder unter 12) erlassen. Diese Regelungen verbesserten zwar die Situation der Kinder, trotzdem konnte die Kinderarbeit bis in das 20. Jahrhundert nicht beseitigt werden. Die erlassenen Kindergesetze wurden oft umgangen: Zum Beispiel wurde angegeben, dass kein förmliches Arbeitsverhältnis mit den Kindern bestand und bloß die Eltern die Kinder als eigene Aushilfe verwendeten.

Die Wohnungssituation

Durch das Wachstum der Städte wuchs auch die Wohnungsnot. Es wurden in der Nähe der Fabriken oft Holzbaracken errichtet, in denen Arbeiter eng zusammengepfercht Unterschlupf fanden – sie mussten froh sein, überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben – egal ob in alten, verfallen Häusern, Kellern oder Dachböden. Zum Beispiel sollte es laut einem Prediger in Ostlondon nicht ungewöhnlich gewesen sein, dass bis zu 10 Personen auf 14m² wohnten. Es fehlte in diesen Elendsquartieren auch an Wasser- und Abwasserleitungen (für mehr als hundert Menschen gab es nur eine Toilette). Später wurden für die Arbeiter massiver gebaute, mehrgeschossige Zinskasernen errichtet – zu hohen Mieten und mit schlechtem Komfort: Wasser und Klosett gab es für alle gemeinsam am Gang; die feuchten Räume hatten nur kleine Fenster und selten eine Heizung, aber besaßen schon Gasbeleuchtungen. Die Wohnungsknappheit verursachte ein übermäßiges Ansteigen der Mietzinse, die bis zu ¾ des Lohns ausmachten. Deshalb wurden Betten oft mit einer zweiten Person geteilt – außerdem wurden diese mit anderen abwechselnd benutzt – wie in der Fabrik im Schichtbetrieb. Erst um die Jahrhundertwende wurde das Wohnungselend von Politikern und Zeitungen öffentlich angeprangert.

Lösungsversuche zur Sozialen Frage und zur Verbesserung der Lage der Industriearbeiterschaft

Die Antworten zur Lösung der sozialen Frage unterscheiden sich in ihrer Herkunft und Zielrichtung. Kirchliche und staatliche Bemühungen sind reformorientiert, während vor allem die kommunistischen Bewegungen auf eine radikale Änderung der Gesellschaftsstruktur drängen.

Eine Arbeiterbewegung bildet sich heraus, mit den Zielen einer Teilnahme an der Gesetzgebung, soziale Verbesserungen und höhere Bildungschancen.

Siehe auch

Sadler-Report
Industrialisierung, Automatisierung, Technischer Fortschritt;
Urbanisierung;
Kapitalismus; Schwarzbuch Kapitalismus
Zweite industrielle Revolution, Digitale Revolution (synonym: Dritte industrielle Revolution);
Revolution; Sozialer Wandel

Literatur

  • Braudel, Fernand (1985): Sozialgeschichte des 15. - 18. Jahrhunderts. Civilisation matérielle, économie et capitalisme, XVe - XVIIIe siècle. Bd. 1: Der Alltag. München: Kindler, 670 S., Ill., Kt.
  • Braudel, Fernand (1986): Sozialgeschichte des 15. - 18. Jahrhunderts. Civilisation matérielle, économie et capitalisme, XVe - XVIIIe siècle. Bd. 2: Der Handel. München: Kindler, 736 S., Ill., Kt.
  • Braudel, Fernand (1986): Sozialgeschichte des 15. - 18. Jahrhunderts. Civilisation matérielle, économie et capitalisme, XVe - XVIIIe siècle. Bd. 3: Aufbruch zur Weltwirtschaft. München: Kindler, 764 S., Ill., Kt.
  • David Landes: Wohlstand und Armut der Nationen. Warum die einen reich und die anderen arm sind, Berlin (Siedler Verlag) 1999 - ISBN 3-88680-525-5
  • Friedrich Hayek: Capitalism and the Historians, The University of Chicago Press, ISBN 0-226-32072-3 (Taschenbuch 1963)
  • Scheucher-Wald-Lein-Staudinger: „Zeitbilder – Geschichte und Sozialkunde“, Schulbuch – ISBN 3-215-10078-9

Fußnoten

  1. Ursula Bischoff, Der Einfluss der bergbaulichen Traditionen und großindustriellen Entwicklungen auf das soziale Gefüge und die Mobilität der Braunkohlenarbeiterschaft von Borna, Dissertation, Berlin, 2000, Seite 3 (Kapitel 2. Zum Mobilitätsverhalten in Industriegesellschaften)