Keoma – Das Lied des Todes
Film | |
Titel | Keoma |
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Produktionsland | Italien |
Originalsprache | Italienisch |
Erscheinungsjahr | 1976 |
Länge | 97 Minuten |
Stab | |
Regie | Enzo G. Castellari |
Drehbuch | Enzo G. Castellari, Nico Ducci |
Produktion | Manolo Bolognini |
Musik | Guido & Maurizio De Angelis, Texte: Susan Duncan-Smith und Cesare De Natale |
Kamera | Aiace Parolin |
Schnitt | Gianfranco Amicucci |
Besetzung | |
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Keoma ist ein 1976 veröffentlichter Italowestern des Regisseurs Enzo G. Castellari. Der Film wurde u.a. auch unter den Titeln Keoma – Melodie des Sterbens, Keoma – Melodie des Todes und Keoma – Das Lied des Todes veröffentlicht.
Handlung
Nach einem Massaker an Indianern findet William Shannon als einzigen Überlebenden den kleinen Indianerjungen Keoma, ein Halbblut, und nimmt ihn als seinen Sohn in seine Obhut. Nachdem Keoma als Erwachsener im Bürgerkrieg gekämpft hat, kehrt er in seine Heimat zurück.
Die Stadt ist in der Gewalt von Caldwell, einem ehemaligen Südstaaten-Offizier, der eine Pockenepedemie dazu nutzt, mit seinen Banditen die Stadt zu terrorisieren. Auf der Seite der Banditen stehen Keomas drei Stiefbrüder, die Keoma seit seiner Kindheit verachten. Keoma befreit eine Schwangere aus einem Treck, der erkrankte und unerwünschte Bewohner aus der Stadt in ein bewachtes Bergwerk bringt, in dem diese ohne medizinische Hilfe verenden sollen.
Zusammen mit seinem Stiefvater und seinem alten Freund George, einem freigelassenen Schwarzen, versucht Keoma, die Stadt von Caldwells Banditen zu befreien. Als Caldwell den Stiefvater vor Keomas Augen kaltblütig erschießt, stellen sich die Stiefbrüder Keomas gegen die Banditen und töten Caldwell. Sie geben Keoma die Schuld am Tod des Vaters. Mit Hilfe der Schwangeren kann Keoma fliehen, muß aber seine drei Stiefbrüder in einem finalen Duell töten.
Die Schwangere stirbt bei der Geburt ihres Kindes. Keoma läßt das Neugeborene bei einer alten Frau zurück und zieht weiter.
Inszenierung
Bei der Inszenierung seines Films Keoma nimmt Regisseur Enzo G. Castellari Anleihen u.a. beim Alten Testament (der verlorene Sohn, die Heilung der Lepra-Kranken, Kreuzigung, Wiedergeburt), bei Shakespeares Hamlet (Vater-Sohn-Motiv), Macbeth (die alte Hexe) sowie bei Ingmar Bergman und dessen Film Das siebente Siegel (Diskurs über den Tod). Darüber hinaus adaptiert Castellari Inhalte und Motive bekannter US-amerikanischer Western, ähnlich wie Sergio Leone in Spiel mir das Lied vom Tod (1968). [1] [2]
Castellari nutzt eine Reihe von hervorstechenden Bildgestaltungsmitteln, die zum einen diese Westernklassiker zitieren und zum anderen die Tradition experimenteller Inszenierung im Italowestern aufnimmt. Diese "Liebeserklärung an die Kinematografie"[3] zeigt sich u.a. in der Inszenierung der Gewaltszenen. So wird ein Großteil der zu Boden stürzenden Personen in Zeitlupe gezeigt, wie es Sam Peckinpah in The Wild Bunch populär gemacht hatte.
Des Weiteren werden häufig ungewöhnliche Blickwinkel benutzt. So zeigt Castellari z. B. Keoma und seinen Vater beim Zielschießen aus einer Perspektive hinter der Zielscheibe. Erst durch einige Treffer werden die beiden sichtbar. In einer ähnlichen Einstellung sind vier Caldwell-Banditen zunächst durch Keomas ausgestreckte Finger verdeckt, bevor sie durch Abzählen von eins bis vier - Finger für Finger - für den Zuschauer "zum Abschuß freigegeben" werden.
Auffällig ist ferner, daß Castellari seine Protagonisten konsequent durch unscharf im Vordergrund abgebildete Gegenstände "einrahmt" und somit hervorhebt. Zudem sind in vielen Einstellungen des Films bildwichtige Teile sehr nahe der Ränder des Techniscope-Breiwandbildes plaziert (Kadrierung). Hierzu zählen u.a. die allererste Einstellung des Films (Keoma reitet in die verlassene Stadt) sowie eine (in der deutschen Kinofassung gekürzte) 180-Grad-Kamerafahrt um Keoma und seinen Vater.
Viele der Plansequenzen des Films wurden mit der Handkamera realisiert, ohne dass der Kamerawagen (Dolly) zum Einsatz kam. Dabei führte Castellari die Techniscope-Arriflex-Kamera selbst[1]. So wird der hektische Dialogwechsel der drei Brüder auf der Ranch des Vaters ohne Schnitt in einer Folge von Reißschwenks visualisiert. An einer anderen Stelle fährt die Handkamera einen 270° Kreis um Keomas Kopf herum.
Die Hintergrundgeschichte von Keomas Kindheit wird in Rückblenden erzählt, die teils ohne Schnitte in die Jetzt-Zeit des Films integriert werden. Dies wird u.a. dadurch erreicht, dass der erwachsene Keoma als stiller Beobachter innerhalb der Kindheitsszenen wandelt. Bei dem Wiedersehen mit seinen Brüdern wird eine andere Technik der Rückblende benutzt. Hier werden immer wieder kurze Einstellungen von ähnlichen Szenen aus der Kindheit in die laufende Handlung eingeschnitten.
Castellari nutzt ferner die Montagetechnik der Vorausblende, so u.a. zur Darstellung des moralischen Verfalls der drei Stiefbrüder Keomas. "Sein (=Castellaris) Film ist ein Puzzle aus Flashbacks und Vorausblitzen, ein Patchwork aus Erinnerungen und Ahnungen ..." [2]
Die Szenenbilder wurden von Carlo Simi gestaltet, der diese Funktion zuvor bereits für alle Italowestern Sergio Leones ausgeübt hatte. Hierfür stand u.a. das bereits stark verfallene, bereits für Sergio Corbuccis Django (1966) verwendete Westernset des Elios-Studios westlich von Rom zur Verfügung.
Deutsche Kinofassung
Die deutsche Kinofassung wurde seinerzeit aus Vermarktungsgründen gekürzt und vornehmlich auf "Action" reduziert. Dies deutet bereits der reißerische deutsche Zusatztitel "Melodie des Sterbens" an.
So fielen wichtige Rückblenden Keomas der Schere zum Opfer, darunter eine von Enzo G. Castellari in einer Einstellung – also ungeschnitten – inszenierte Kindheitserinnerung, die Keoma als Opfer seiner drei Stiefbrüder zeigt. Ferner entfiel der in nur einer Einstellung inszenierte, zweiminütige Dialog zwischen Keoma und dessen Vater.
Musik
Enzo. G. Castellari ließ sich während des Filmschnitts von der Musik Bob Dylans und Leonard Cohens inspirieren. Castellari bat daher die Filmkomponisten (Guido & Maurizio De Angelis), sich an Leonard Cohen-Songs zu orientieren. [1].
Die "de Angelis"-Brüder schufen daraufhin einen an Bänkelsang erinnernden, balladenhaften Score, bei dem eine Baß- sowie eine weibliche Sopran-Stimme (Sybil & Guy) das Filmgeschehen begleiten und kommentieren.
Drehort
Viele der Landschaftaufnahmen – so die Reitszenen von Keoma bzw. der Caldwell-Gang, die Leichenwagen-Fahrten durch den Canyon, das Versteck in der Felshöhle, der Überfall der drei Shannon-Brüder u.v.a. – wurden in einem straßennah gelegenen Canyon auf der Hochebene Campo Imperatore in den italienischen Abruzzen gefilmt. Im Hintergrund ist häufig der Gebirgszug des Gran Sasso d'Italia zu sehen.
Diese eher europäisch anmutende Film-Location wurde nur selten für Italo-Western verwendet. Üblicherweise wurden Außenaufnahmen auf der Halbinsel Cabo de Gata bzw. nördlich von Almería (beides Andalusien) gedreht. Dort ähnelt die Landschaft sehr stark dem Südwesten der USA (Arizona, New Mexico).
Rezeption
Lexikon des internationalen Films: Der Film schafft eine gelungene Synthese aus US-Spätwestern und den Topoi des Italowestern. Formal überdurchschnittlicher, prominent besetzter Italowestern, bei dem sich poetische und gewalttätige Sequenzen abwechseln. Ein später Höhepunkt des Genres.
Keoma, eines der letzten Beispiele einer Kinoperiode des Manischen vor dem Zeitalter der Ironie.[2]
Bergman trifft Packinpah bei Enzo G. Castellari![2]
Keoma ist eine ... kühne Mischung aus Rachewestern, apokalyptischer Endzeitvision und christlichem Passionsspiel. In der Gestalt Keomas sind starke Parallelen zu Jesus erkennbar: auch Keoma wird gekreuzigt (an ein Wagenrad) und steht, obschon totgeglaubt, wieder von den Toten auf.[4]
Quellen
- ↑ a b c Enzo G. Castellari: Keoma. Audiokommentar auf der DVD von Kinowelt
- ↑ a b c d Hans Schifferle: Bänkelsang des Todes. In: Studienkreis Film (Hrg.): Um sie weht der Hauch des Todes: der Italowestern – die Geschichte eines Genres. Bochum: Schnitt, 1998. ISBN 3-9806313-0-3
- ↑ Thomas Groh: Keoma - Melodie des Sterbens. Ein Meisterwerk des späten Italowesterns. In: Jump Cut Magazin
- ↑ Michael Kraus: Once Upon a Time in the West! 180 ausgewählte Italo- und Eurowestern. Anzing, 1998
Literatur
- Studienkreis Film (Hrg.): Um sie weht der Hauch des Todes: der Italowestern – die Geschichte eines Genres. Bochum: Schnitt, 1998. ISBN 3-9806313-0-3
- Weisser, Thomas: Spaghetti Westerns - the Good, the Bad and the Violent. North Carolina: McFarland, 1992. ISBN 89950-688-7
Weblinks
- Vorlage:IMDb Titel
- Vorlage:OFDb Titel
- filmzentrale.com Filmkritik des Jump Cut Magazins
- splatting-image.com Interview mit Enzo G. Castellari
- Außenaufnahmen zu Keoma
- Review from The Spinning Image englischsprachige Kritik