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Bakcheios aus Tanagra

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Bakcheios aus Tanagra (altgriechisch Βακχεῖος ὁ Ταναγραῖος, auch Bakchios[1], latinisiert Bacchius) lebte um 250–200 v. Chr. in Alexandria. Er war ein griechischer Arzt sowie Kommentator und Herausgeber der Schriften des Hippokrates.

Zeitliche Einordnung

Bakcheios’ Lehrer Herophilos

Aus den erhaltenen Fragmenten seiner Bücher (siehe Werk) ergibt sich die 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr.: Er war Schüler des Herophilos von Chalkedon[2] (um 325–255) sowie Zeitgenosse des Arztes Philinos von Kos[3] (3. Jh.) und zitierte den Philologen Aristophanes von Byzanz[4] (257–180). Die Zeitzeugen lebten und lehrten wie er in Alexandria.

Bedeutung

Er gehörte zur Alexandrinischen Schule, war einer der frühesten und wichtigsten Kommentatoren (Glossatoren) des Hippokrates von Kos und wurde als solcher in der Antike häufig benutzt und rezipiert (siehe Werk). Er ist grundlegend für die Hippokratesforschung.[5]

Werk

Von Bakcheios' Büchern sind nur noch Fragmente (Zitate) erhalten, überwiegend aus seinem dreibändigen Lexikon (Glossar) des Hippokrates (λέξεις Ἱπποκράτους). Dieses Glossar wurde von dem griechischen Grammatiker und Hippokrateskommentator Erotianos[6] in seiner Sammlung der Wörter des Hippokrates (Τῶν παρ' Ἱπποκράτει Λέξεων Συναγωγή) 64-mal, außerdem häufig von Galenos zitiert.

Von seinen übrigen Schriften ist kaum etwas erhalten, ihr Inhalt ist weitgehend unbekannt. Sie beschäftigten sich mit der Pulslehre, mit der Pathologie (siehe unten) und der Pharmakologie. Außerdem gab es ein Buch über die Schule des Herophilos: Erinnerungen an Herophilos als auch an die aus seinem Haus [= seine Schüler] (ἀπομνημονεύματα Ἡροφίλου τε καὶ τῶν ἀπὸ τῆς οἰκίας αὐτοῦ).[7]

Pathologie und Heilmittel

Er lieferte einen Beitrag zur Bestimmung der Blutfüsse, und zwar den des Ausschwitzens, überliefert von Caelius Aurelianus:[8] Die Alten erforschten auch die Unterschiede des Blutfusses … Die einen nennen drei, die der Ruptur (durch sichtbare Gewalteinwirkung), und die der Fäulnis (durch das Zerfressen der Adern), und die einer Verbindung, die die Griechen Anastomose nennen, wie Erasistratos. Andere nennen vier, sie fügen einen Begriff hinzu, und zwar den des Ausschwitzens, wie Bakcheios, der hinzufügt, dass das Blut aus dem Zahnfleisch fließe ohne jede Verletzung, und dass man bei der Pflege von Brüchen das Gewebe der Binden oft mit blutigen Flecken benetzt auffinde.

Galen berichtet, dass Caesar ein Malagma (weichmachender Umschlag mit Salbenmischung nach einem Rezept) des Bakcheios angewandt habe.[9]

Literatur

  • Joseph Klein: Erotiani vocum Hippocraticarum conlectio, Verlag: Dykiana, Leipzig 1865; enthält die Fragmente des Bakcheios mit Interpretation (lateinisch).
  • Ernst Nachmanso (Herausgeber): Erotiani vocum Hippocraticarum collectio cum fragmentis. Appelberg, Upsala 1918 (Digitalisat); textkritische Ausgabe des Erotianus mit den Fragmenten des Bakcheios.
  • Vivian Nutton: Bakcheios 1. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 2, Metzler, Stuttgart 1997, ISBN 3-476-01472-X, Sp. 405–406.
  • Max Wellmann: Bakchios 8. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band II,2, Stuttgart 1896, Sp. 2789 f.
  • Kurt Sprengel: Geschichte der Medicin im Alterthume, Band 1, 4. Auflage, Gebauersche Buchhandlung, Leipzig 1846, Seite 545 mit Anmerkungen 6–8: Belegstellen und Erklärungen.
  • Heinrich von Staden: Herophilus, The art of medicine in early Alexandria, Cambridge 1989; mehrere Kapitel über die Schüler des Herophilos; Kapitel XIV, Seite 484–500: Bakcheios, Fragmente mit englischer Übersetzung und Interpretation.
  • Werner Erwin Gerabek, Wolfgang Wegner und andere (Herausgeber): Enzyklopädie Medizingeschichte, Verlag: De Gruyter, Berlin 2004, ISBN 978-3-11-015714-7, Seite 133–134.
  • Max Wellmann: Hippokratesglossare. Springer, Berlin 1931 (PDF); zeigt Bakcheios als wichtige Quelle, passim, siehe Weblinks.

Anmerkungen

  1. Zur Schreibweise siehe Liddell-Scott auf perseus.tufts.edu.
  2. Galen XVIII A 187
  3. Erotianos 31, 13
  4. Klein, Seite XXIV, siehe Literatur.
  5. Wellmann: Seine [des Bakcheios] ἒκδοσις [Ausgabe] war die editio princeps [Hauptedition] des alexandrinischen Corpus der sogenannten hippokratischen Schriften. Sie war aufgebaut auf den Handschriften des 4. Jahrhunderts, Seite 6, siehe Literatur.
  6. Griechischer Grammatiker des 1. Jahrhunderts.
  7. Galen XVII B 145.
  8. Differentias etiam fluoris sanguinis veteres quaesierunt … Alii tres, eruptionis (vi manifesta), et putredinis (ex corrosione venarum), et osculationis, quam Graecis anastomosia vocant, ut Erasistratos. Alii quatuor, adjicientes expressionis, sive sudationis, ut Bacchius, adserens ex gingivis sanguinem fluere sine ulla vulneratione et incurationibus fracturarum saepe fasciolarum ligamenta maculis sanguinolentis aspersa reperire (Caelius Aurelianus, ed. Amman, Amsterdam 1755: De morbis acutis et chronicis = Über akute und chronische Krankheiten, Buch II, Kapitel 10: Quot, vel quae sint differentiae fluoris sanguinis = Wie viele, oder welche Unterschiede des Blutflusses gibt es, Seite 390)
  9. ἄλλο μάλαγμα Βακχείον, ᾧ καίσαρ ἐχρήσατο, Aliud malagma Bacchii, quo Caesar usus est (Galen, ed. Kühn, Band 13, Seite 987).