Politpunk
Politpunk (Englisch: „Political-Punk“) bezeichnet den politischen Teil der Punk-Szene. Polit-Punks fassen Punk als Protest-Bewegung auf deren Pflicht und Sinn es ist auf Gesellschaftliche Misstände aufmerksam zu machen und diese zu Bekämpfen. Polit-Punk ist jedoch nicht unbedingt mit der Anarcho-Punk oder Hardcore-Punk Szene gleichzusetzen, vielmehr stellt Anarcho-Punk lediglich einen Teilbereich des Politpunks dar. Einige Polit-Punk-Gruppen vertreten eine anarchistische Grundhaltung (z.b. Crass, Conflict, Aus-Rotten) , andere sehen sich hingegen eher als Sozialisten (The Clash, Billy Bragg, Anti-Flag) oder gar als Kommunisten (Attila the Stockbroker, Crisis, Angelic Upstarts). Viele jedoch sehen sich als Demokraten die lediglich nach politischen Alternativen wie ökologischerer Politik, mehr Basisdemokratie und bessere Unterstützung und soziale Absicherung der Arbeiterklasse suchen (Bad Religion,Youth Brigade,Dead Kennedys). Gemeinsam ist ihnen allen eine Antifaschistische Grundhaltung. Konservativismus und Patriotismus werden mit großem Argwohn betrachtet.
Bands die als „Polit-Punk“ kategorisiert werden können musikalisch durchaus unterschiedlichen Punk-Stilrichtungen angehören.
Polit-Punk in den USA
Als wichtige politische Gruppe die als Hauptinspiration der frühen US-Punk Szene angesehen wird gilt die Detroiter Garage Rock Formation MC5 die in der anarchistischen White Panther Party aktiv waren. Von den Angehörigen der ersten Punk Generation gilt Patti Smith als die politisch engagierteste. Eigentliche Begründer der amerikanischen Polit-Punk Szene aber sind frühe Hardcore-Punk Bands wie die Dead Kennedys, Bad Religion und MDC. Jello Biafra, Sänger und Texter der Dead Kennedys beeinflusste später auch mit seinen Solo-Projekten und Labelaktivitäten sowie auch als aktiver Politiker der Green Party weiterhin das US-Polit-Punk Geschehen. In den 90er Jahren entstand in New York durch die Band SFA das Linksextreme Hardcore Sub-Genre Hatecore, als bedeutendste Anarcho-Punk Gruppe der USA in den 90er Jahren gilt die Pittsburger Band Aus-Rotten.Gegen Ende der 90er Jahre erwarben sich die ebenfalls aus Pittsburg stammenden Anti-Flag grosses Ansehen und gelten in der US-amerikanischen Polit-Punk Bewegung seither als eine der führenden Bands.
Polit-Punk in Großbritannien
Während Mitte der 70er Jahre die Sex Pistols als nihilistische Provokateure auftraten etablierten sich die befreundeten The Clash als offensive Verfechter von Sozialistischen Ideen und können für die Polit-Punk Bewegung als die wohl einflussreichste Band überhaupt gelten. Andere Gruppen wie die Trotzkistische Formation Crisis oder die mit Leninismus kokettierenden Angelic Upstarts folgten ihnen nach. Ebenfalls zu jener Zeit begann die Gruppe Crass die die Anarcho-Punk-Bewegung begründeten und für viele andere Bands wie Conflict, Flux of the Pink Indians und Oi Polloi als Vorbilder fungierten. In den 80er Jahren entstanden in Großbritannien innerhalb des UK-Hardcore ebenfalls die stark anarchistisch geprägten Subgenres Crust (Amebix, Extreme Noise Terror) und D-beat (Discharge) die bis weit in die frühen 90er hinein den politischen Hardcore-Punk prägten. Andere Wege hingegen gingen die eher vom Folk inspirierten sozialistischen Punk-Liedermacher wie Billy Bragg oder Attila the Stockbroker. Wichtigste englische Anarcho-Punk Gruppen der 90er Jahre waren die Stratford Mercenaries und the Cress.
Polit-Punk in Deutschland
Als Vorläufer der deutschsprachigen Polit-Punk Szene wird häufig die Berliner Hausbesetzer-Band Ton Steine Scherben genannt, die oft als Proto-Punk betrachtet werden. Eigentliche Begründer des Polit-Deutschpunk sind jedoch die 1976 gegründeten und stark von the Clash beeinflussten Düsseldorfer Male, die Hamburger Buttocks und die West-Berliner Beton Combo sowie vor allem die Hamburger Formationen Slime und Razzia die in den 80er Jahren als die Prototypen des deutschen Linksautonomen Punk Rocks galten. In der DDR wo Punk sich von anfang an gegen den real existierenden Sozialismus wandte waren Gruppen wie Schleimkeim oder L’Attentat wesentlich radikaler und anarchistischer motiviert. Mitte der 80er Jahre wandten sich viele Mitglieder der deutschen Linken der Hardcore-Szene und dem Straight Edge Gedanken zu und begannen sich mit Crossover-Einflüssen und englischsprachigen Texten von der Deutschpunk-Szene zu distanzieren. Neuen Zulauf hingegen bekam die deutsche Polit-Punk Bewegung Anfang der 90er Jahre, als sich aufgrund der damaligen Brandanschläge und Gewalttaten der Rechtsextremen Szene in Deutschland große Teile der deutschen Punkszene zu politisieren begannen und Punk sich nun vor allem als antifaschistische Antwort auf die rechtsextreme offensive begriff. In diese Zeit gehören auch wieder Slime oder auch WIZO, aber auch neuere Gruppen wie 1.Mai 87, Rawside und Recharge welche einen aggressiven und hochpolitischen deutschen Hardcore-Punk propagierten.
Bekannte Bands des Genres
- 1.Mai 87
- Anti-Flag
- Attila the Stockbroker
- Aus-Rotten
- Bad Religion
- The Clash
- Crass
- Crisis
- Dead Kennedys
- Dritte Wahl
- MDC
- Propaghandi
- Razzia
- Red Lights Flash
- Slime
- the Stratford Mercenaries
- ZSK
Literatur
- Artificial Tribes. Jugendliche Stammeskulturen in Deutschland, von Klaus Farin, Thomas Tilsner Verlag (Januar 2002) ,ISBN: 3933773113
- England's Dreaming von Jon Savage, 1991, Faber and Faber, UK, ISBN 0-312-06963-4
- If the kids are united. Von Punk zu Hardcore und zurück, Ventil Verlag Mainz, 2003 . ISBN 393055948X
- Musik & Rebellion. Jugendkulturen zwischen Kommerz und Politik.
von Klaus Farin, Thomas Tilsner Verlag (Mai 1998), ISBN: 3910079415
- The Philosophy of Punk. Die Geschichte einer Kulturrevolte von Craig O'Hara Ventil (Oktober 2001), ISBN: 3930559722