Zarathustra
Zarathustra (in der griechischen Namensform Zoroaster, persisch Sardoscht aus altpersisch Sarathuschtra - goldene Kamele habend), war ein altiranischer Priester und Prophet des Zoroastrismus. Sein möglicher Geburtsort und seine Wirkungsstätte werden mittlerweile auf drei mögliche Gebiete beschränkt: Einmal die Gegend um Baktra (Baktrien), zum Zweiten die Gegend um Sistan und zum Dritten in der Gegend des Urmia-Sees (Urmia) (Medien), der heutigen iranischen Provinz West-Aserbaidschan. Über seine Lebenszeit herrscht bis heute keine Einigkeit in der Forschung.

Die Anhänger des Zoroastrismus werden Zoroastrier oder Zarathustrier genannt, die Anhängerschaft im heutigen Indien bezeichnet sich auch als Parsen.
Lebenszeit
Es sind mehrere geschichtliche Persönlichkeiten bekannt die unter dem Namen Zarathustra im selben Sinne gewirkt haben:
- Zarathuštra (Zôroastrês) lebte um 6000 Jahre vor dem Tod Platons (gest. 347 v. Chr.) (so Eudoxos, Hermodoros). Anderen Angaben zufolge lebte er von 6000 Jahren vor dem zweiten Feldzug des Xerxes im Jahre 480 v. Chr. (Diogenes Laertios, Leben und Lehre der Philosophen, S. 39, Reclam), oder aber von 5000 Jahren vor dem Trojanischen Krieg (etwa Plutarch)
- Zarathustra lebte um 1800 v. Chr., genauer 1768 v. Chr. Diese Ansicht vertreten insbesondere iranische Wissenschaftler (Behrūz, Derakhshani) und Mary Boyce. Im Kontext der Besiedlung des Iran wäre Zarathustras Auftreten bereits mit der ersten Einwanderungswelle anzusetzen.
- Zarathustra lebte um 1000 v. Chr. Diese Ansicht vertreten u.a. Eilers, Wiesehöfer, Stausberg. Diese Datierung setzt das Auftreten Zarathustras im Gebiet um Baktrien voraus.
- Diese mittlere Datierung wäre mit dem gesicherten Auftreten der iranischen Stämme der Meder und Perser kaum in Übereinstimmung zu bringen. Aus diesem Grunde datiert Frye die Zeit um 800 v. Chr., da Zarathustra vor seinem „Berufungserlebnis” schon als Priester bzw. Magier tätig gewesen sein soll.
- Zarathustra lebte um 600 v. Chr. Diese späte Variante basiert auf der Überlieferung des islamischen Gelehrten al-Biruni, der nach sassanidischer Tradition den Zeitpunkt der Berufung Zarathustras auf 258 Jahre vor Alexander festgelegt hat. Diese Ansicht vertreten Lommel, Altheim und Hinz. Damit definiert man seine Lebenszeit auf * 630 v. Chr. bis † 553 v. Chr. Nach Hinz vermutet man ein Zusammentreffen von Zarathustra und Kyros II. (601-530), der dessen Lehre nicht übernahm, sondern tolerant gegenüber den anderen Religionen auftrat.
- Eine Bestätigung des von Zarathustra genannten obersten Gottes Ahura Mazda, wurde erst unter Dareios I. (* 549 v. Chr., † 486 v. Chr.) sicher nachgewiesen. Dies veranlasste Hertel und Herzfeld, die bei Ammianus Marcellinus überlieferte Identifikation des Fürsten Vistaspa, der Zarathustra förderte, mit Hystaspes, dem Vater Dareios I., zu übernehmen und Zarathustra zum älteren Zeitgenossen des letzteren zu machen.
- Zudem erwähnt der Orientalist Thomas Hyde (1636-1703), dass der syrische Gelehrte Abu'l Faradsch (1226-1286) in seiner "Dynastiengeschichte" schreibt, dass Zarathustra in Babylon ein Schüler des Propheten Daniel war, der um 617 v.Chr. von Nebukadnezar II. aus Juda in das Zweistromland deportiert wurde.
Neben unterschiedlichen wissenschaftlichen Methoden und Argumenten spielen auch ideologische Motive eine Rolle in dieser Auseinandersetzung.
Ausbreitung
Zu Zeiten des persischen Weltreiches war der Zoroastrismus (= Zarathustrismus) die Staatsreligion. Neben dem Manichäismus blieb dieser Glaube bis zur islamischen Eroberung stark verbreitet. Nouruz das „Frühlingsfest” (auf Zarathustra zurückreichend), wird heute noch im schiitischen Iran, Aserbaidschan, in Zentralasien und indischen Subkontinent bzw. in allen Ländern mit der Nachsilbe „stan” von Hindustan Indien (als Holi und bei Parsen in Indien als Jamshidi-Fest) bis Kasachstan gefeiert. Eventuell auch in Armenien, das in der Landessprache Hajastan genannt wird und somit ebenfalls eine "-stan-"Endung besitzt. In der griechischen Welt (Herodot) waren die Zoroastrer als „Feueranbeter” bekannt, weil in ihren Heiligtümern immer Feuer brannte.
Zarathustra schuf das neue Weltbild des Zoroastrismus (auch Mazdaismus oder Parsismus genannt). Es gibt heute weltweit etwa 120.000 Mitglieder dieser Religion, die meisten in Indien. Die heutigen Anhänger nennt man nur noch Parsen.
Grundzüge der Lehren Zarathustras
Die Religion ist stark dualistisch (Gut/Böse) geprägt, ist jedoch ein reiner Monotheismus. Die Lehre Zarathustras beinhaltet drei Grundsätze:
- gute Gedanken
- gute Worte
- gute Taten
Ahura Mazda, der weise Gott, erschuf die Welt nach einem dualistischen Prinzip. Alles beinhaltet einen guten und einen bösen Aspekt. Der Gute Geist (Spenta Mainyu) und der Böse Geist (Angro Mainyu) sind sinnbildlich gesprochen Zwillinge, durch deren Zusammenwirken die Welt besteht. Damit Gutes existieren kann, braucht es das Böse und umgekehrt. Inmitten dieses Zusammenspiels ist es jedem Menschen frei überlassen, sich für das Gute zu entscheiden und somit den Kampf Ahura Mazdas gegen das Böse zu unterstützen bzw. zur Verwirklichung des Planes Gottes beizutragen. Wichtig ist hierbei, dass der Zarathustrismus bzw. Ahura Mazda den Menschen zu nichts zwingt – der Mensch wird als vernünftiges Wesen frei geboren und kann allein durch freie Entscheidung und persönliche Einsicht zu Gott gelangen.
Es bestehen sechs Aspekte Gottes (Amesha Spentas), oder auch sieben - siehe auch Haft Sin [sieben Dekorationsschalen], Sieben Speisen, Haft Mewa [Sieben-Früchte-Getränk] und Samanak [Keimlinge aus sieben Sorten Getreide] im Nouruz, die die sieben Tugenden des Zoroastrismus symbolisieren. Diese Aspekte werden teils in der Avesta, dem heiligen Buch des Zarathustrismus, als engelhafte Wesen personifiziert:
- Der gute Sinn.
- Die beste Wahrheit.
- Das wünschenswerte Reich.
- Die segensbringende Frömmigkeit.
- Wohlfahrt.
- Nicht-Sterben.
- Der segensbringende Geist - wird von manchen dazugezählt.
Zarathustras Gottesdienst bestand in jeglicher Ablehnung von Opferhandlungen. Die Andachtshandlungen wurden im Freien abgehalten, bei denen der Priester um einen Feuer-Altar mit erhobenen Händen die Lobpreisungen sang.
Der Mensch hat im diesseitigen Leben die Wahl zwischen Gut und Böse. Sofern das Gute im Menschen überwiegt, gelangt der Mensch nach seinem Tode über die Činvat-Brücke (vergl. Mt 7,14 sowie Eschatologie im Islam) ins Paradies. Für den rechtschaffenen Menschen ist die Brücke breit wie ein Pfad, für den anderen schmal wie eine Messerschneide.
Fortschreibung der Lehre
In einer späteren Umgestaltung, besonders unter den Sassaniden, wird die Zoroastrische Religion durch einen Zeitgott, genannt Zrvan, ergänzt. Dieser viergestaltige Gott (Ahura Mazdā, Güte, Religion und Zeit) steht über Gott und Teufel, die seine Söhne sind. Zrvan ist der unendliche Raum und die unendliche Zeit. Durch die Entstehung von Gott und dem Bösen wird das Licht von der Finsternis geschieden.
Avesta
Das religiöse Buch der Zoroastrier bestand ursprünglich aus 21 Büchern. Als Yasna bezeichnet man die überlieferten 72 Kapitel des Avesta (die heute noch bei den Parsen im Gottesdienst verwendet werden), wobei sich 16 Kapitel, die Gathas (Gesänge), direkt auf Zarathustra zurückverfolgen lassen. Niederschriften des Avesta lassen sich ab 1278 nachweisen.
Schöpfungsgeschichte
Der von Ahura Mazdā geschaffene Himmel (durch den langherrschenden Windhauch) hat die Gestalt eines Eies. Das Leben entstand danach in der Reihenfolge: Wasser, Erde, Pflanzen, Tiere und dann der Mensch.
Zarathustras Lehren sind in zum Teil bedeutender Weise über das Judentum (babylonische Gefangenschaft) auch in das Christentum eingeflossen. Speziell die Begriffe Himmel und Hölle sind vorher im Judentum nicht bekannt. Die Ausbreitung des Engel-Wesens geht sicher auch auf Zarathustra zurück (Engelgestalten und der Glaube an sie finden sich bereits in den archaischen Hochkulturen, zum Beispiel in Babylonien und Assyrien). Siehe auch: Auferstehung.
Rezeption in Europa
Der ältere Plinius behauptete, Zarathustra sei der erste Mensch gewesen, der bei seiner Geburt gelacht habe - was sowohl als Ausweis für Klarsichtigkeit als auch für diabolischen Charakter gedeutet werden kann. So wurde Zarathustra lange Zeit in Europa als Prototyp des Weisheitslehrers schlechthin gesehen. Das Mittelalter sah ihn als Nachfahren Noahs. Die Renaissance huldigte ihm als Hüter vorchristlicher Weisheit, die Gegenreformation verdammte ihn als Magier und die Aufklärung entdeckte in ihm den Weisen aus dem Morgenland. Jean-Philippe Rameau schrieb 1749 den "Zoroastre". Zarathustra ist auch Teil in der Zauberflöte von Mozart von 1791 unter seinem italienischen Namen "Sarastro". Im Allgemeinen wird der Name Zarathustra in der westlichen Welt mit Friedrich Nietzsches philosophisch-dichterischem Werk "Also sprach Zarathustra" von 1883-1885 verbunden, welches inhaltlich jedoch nicht von jenem hier genannten Zarathustra handelt; weiterhin erlangte Zarathustra einen gewissen Bekanntheitsgrad durch die gleichnamige symphonische Dichtung von Richard Strauss von 1895, die ebenfalls kaum Bezug zum historischen Zarathustra hat. Vielmehr wird Zarathustra für diese Rolle ausgewählt, weil er - so Nietzsche - der Erste sei, welcher die Begriffe Gut und Böse in die Welt bringt. Auch in Karl Mays Orient-Erzählungen ist Zarathustra enthalten.
Bekannte Parsen
Hierzu zählen:
- Freddie Mercury (Rockband Queen) – eine musikalische Interpretation enthält The Prophet's Song von 1974.
- Zubin Mehta, Dirigent, unter anderem bei den Wiener und Berliner Philharmonikern.
- Die Familie Tata, eine indische Unternehmerdynastie
Literatur
- Boyce, Mary: A History of Zoroastrianism, 1975-
- Boyce, Mary: Zoroastrians. Their Religious Beliefs and Practices. London: Routledge 2001 (orig. 1979)
- Brentjes, Burchard: Die Iranische Welt vor Mohammed. Koehler & Amelang Verlag, Leipzig. 1967
- Brünner, Elisabeth: Die Zarathustralegende in der zoroastrischen Tradition, Hamburg: Kovac 1999 (Studien zur Geschichtsforschung des Altertums 4)
- Christensen, Arthur: Handbuch der Altertumswissenschaft. Kulturgeschichte des Alten Orients. 3. Abschnitt, 1. Lieferung. Kleinasien, Die Iranier. C. Beck Verlag, München. 1933.
- Derakhshani, Jahanshah: Die Arier in den nahöstlichen Quellen des 3. und 2. Jahrtausends v. Chr.. Teheran 1998. ISBN 964-90368-1-4
- Frye, Richard, N.: Zarathustra in: Die Stifter der großen Weltreligionen. Herder Verlag. 1998. ISBN 3-451-04669-5
- Hinz, Walther: Zarathustra. W. Kohlhammer Verlag. 1961
- Koch, Heidemarie: Es kündet Dareios der König. Philipp von Zabern Verlag, Mainz. 1992
- Schlerath, Bernfried (Hg.): Zarathustra. Wege der Forschung 159. WB, Darmstadt, 1970
- Stausberg, Michael: Die Religion Zarathushtras: Geschichte - Gegenwart - Rituale, Stuttgart, Berlin, Köln: Kohlhammer 2002.
- Widengren, Geo: Iranische Geisteswelt. Holle Verlag. Baden-Baden. 1961
- Widengren, Geo: Die Religionen Irans, Kohlhammer, Stuttgart, 1965
Siehe auch
- Zoroastrismus
- Also sprach Zarathustra - Ein Werk von Friedrich Nietzsche
Weblinks
- Vorlage:PND
- Zarathustrisches Forum
- Sartosht Iranisch-Deutscher Kulturverein
- Über Zarathustra
- Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
- Die Gatha
- englische zoroastrische Original-Texte
Personendaten | |
---|---|
NAME | Zarathustra |
ALTERNATIVNAMEN | Zoroaster |
KURZBESCHREIBUNG | altiranischer Priester und Prophet, Religionsstifter des Zoroastrismus |
GEBURTSDATUM | um 1800 v. Chr. - 630 v. Chr. |
GEBURTSORT | Iran |
STERBEDATUM | um 1800 v. Chr. - 553 v. Chr. |
STERBEORT | Iran |