Zusatzbeitrag
Der einkommensabhängige Zusatzbeitrag (ZB) wurde in Deutschland zum 1. Januar 2015 in der gesetzlichen Krankenversicherung eingeführt (§ 242 SGB V n. F.). Krankenkassen haben damit ein zusätzliches Mittel, finanzielle Engpässe auszugleichen. Zum anderen soll er den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen in der gesetzlichen Krankenversicherung fördern und für Kostenbewusstsein auf Versichertenseite sorgen.[1]
Der Zusatzbeitrag wurde bis in das Jahr 2018 allein durch die Krankenkassenmitglieder getragen. Seit dem 1. Januar 2019 wird der Zusatzbeitrag wieder paritätisch – je zur Hälfte vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer – finanziert.[2][3]
Konzept
Mit der Einführung des Zusatzbeitrags durch die große Koalition von CDU, CSU und SPD wurde der allgemeine Beitragssatz von 15,5 Prozent zum 1. Januar 2015 auf 14,6 Prozent um den Anteil von 0,9 Prozentpunkten gesenkt (Änderung § 241 SGB V), den die Versicherten bisher stets allein zu tragen hatten (§ 249 SGB V a. F.). Für Versicherte entstehen deshalb ab 2015 durch den Zusatzbeitrag nur dann höhere Kosten, wenn ihre Krankenkasse einen Zusatzbeitrag erhebt, der höher als 0,9 Prozent vom beitragspflichtigen Einkommen ist.
Krankenkassen, die mit den aus dem Gesundheitsfonds zugewiesenen Mitteln nicht mehr auskommen, müssen die fehlenden Mittel über erhöhte Beiträge von ihren Mitgliedern abdecken. Dieser kassenindividuelle Zusatzbeitrag ist seit 1. Januar 2015 einkommensabhängig und der Beitragssatz ist nach oben nicht begrenzt; es findet kein Sozialausgleich statt (Streichung § 242b SGB V). Diese prozentualen Zusatzbeiträge vom beitragspflichtigen Einkommen müssen von der jeweils für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde – also bei bundesweiten Krankenkassen dem Bundesamt für Soziale Sicherung, bei landesunmittelbaren Krankenkassen der jeweils nach Landesrecht zuständigen Behörde – genehmigt werden. Um den Krankenkassen keinen Anreiz zu schaffen, sich auf Besserverdiener zu konzentrieren, ist bei der Ermittlung des Zusatzbeitragssatzes die Höhe der voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahmen aller Krankenkassen maßgeblich und nicht die krankenkassenindividuelle Einkommensstruktur (§ 242 (1) Satz 3 SGB V).
Das Bundesministerium für Gesundheit legt jeweils zum 1. November den sogenannten durchschnittlichen Zusatzbeitrag des Folgejahres basierend auf der Auswertung der Ergebnisse eines Schätzerkreises (Bundesamt für Soziale Sicherung, Spitzenverband Bund der Krankenkassen und BMG) fest (§ 242a SGB V). Dabei ist der durchschnittliche Zusatzbeitrag eine statistische Größe und bildet nicht den tatsächlichen Durchschnitt aller kassenindividuellen Zusatzbeiträge ab.[4] Der vom Ministerium festgelegte erwartete Zusatzbeitrag des kommenden Jahres ergibt sich, indem die Differenz zwischen erwarteten Ausgaben der Krankenkassen und Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds gegenübergestellt und durch die Summe der beitragspflichtigen Einnahmen aller Krankenkassen dividiert wird; insbesondere wird dabei nicht berücksichtigt, dass Krankenkassen anstelle des Erhebens eines Zusatzbeitrags die nicht gedeckten Ausgaben teilweise auch aus der Auflösung von Rücklagen finanzieren können.
Festgesetzter durchschnittlicher Zusatzbeitrag
Im Jahr 2015 betrug der vom BMG festgesetzte durchschnittliche Zusatzbeitrag 0,9 Prozent,[5] 2016[6] und 2017 1,1 Prozent,[7] 2018 1,0 Prozent,[8] 2019 wieder 0,9 Prozent,[9] 2020 wieder 1,1 Prozent.[10] 2021 wird er weiter auf 1,3 Prozent angehoben.[11]
Zusatzbeitrag nach Personengruppen
Für die meisten Personengruppen wird sich nur die Höhe des Beitragssatzes ändern.
Auszubildende und Studierende
Für pflichtversicherte Auszubildende und Studierende gelten die Krankenkassenbeiträge zzgl. Zusatzbeitrag. Bei Studenten dient als Bemessungsgrundlage für Beitrag und Zusatzbeitrag der Bedarf nach § 13 BAföG.
Bezieher von Arbeitslosengeld
- Arbeitslosengeld: Der Beitrag wird von der Bundesagentur für Arbeit getragen.
- Arbeitslosengeld II: Hier gilt der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz nach § 242a SGB V, der vom Jobcenter getragen wird.[1]
Zusatzbeitrag nach Krankenkasse
Lediglich die regional geöffnete Metzinger Betriebskrankenkasse erhob bis 2016 und im Jahr 2018 keinen Zusatzbeitrag. Den geringsten Zusatzbeitrag der bundesweiten Krankenkassen erhebt im Jahr 2020 die Handelskrankenkasse mit 0,39 Prozent, den höchsten bundesweiten Zusatzbeitrag mit 1,6 Prozent die Betriebskrankenkasse WMF Württembergische Metallwarenfabrik AG und regional mit 2,2 Prozent die BKK Herkules.[12]
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2 nur für Mitarbeiter |
Außerordentliches Kündigungsrecht
Erhebt die Krankenkasse einen Zusatzbeitrag oder erhöht sie einen Zusatzbeitrag, haben Mitglieder nach § 175 SGB V ein Sonderkündigungsrecht und können mit Hinweis darauf bis zum Ende des Monats der Erhebung oder Erhöhung außerordentlich kündigen. Bis zum Eintritt der Kündigung zum Ende des zweiten auf die Kündigung folgenden Monats ist der einkommensabhängige Zusatzbeitrag vollständig zu zahlen. Wenn durch einen Wahltarif ein vertraglich vereinbarter Kündigungsverzicht für einen bestimmten Zeitraum vereinbart wurde, besteht trotzdem das Recht zur außerordentlichen Kündigung. Die Krankenkasse muss das Mitglied auf das Sonderkündigungsrecht einen Monat vor Erhebung oder Erhöhungen nach § 175 SGB V hinweisen. Überschreitet der neu erhobene Zusatzbeitrag oder der erhöhte Zusatzbeitragssatz den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz nach § 242a SGB V, so sind die Mitglieder ferner auf die Möglichkeit hinzuweisen, in eine günstigere Krankenkasse zu wechseln. Weist die Krankenkasse darauf verspätet hin, kann die Kündigung auch noch später erklärt werden. Die Kündigung gilt dann als in dem Monat erklärt, in dem der Zusatzbeitrag erstmals erhoben oder in dem er erhöht wurde. Dadurch kann auch rückwirkend der Krankenkassenwechsel eintreten.
Siehe auch
Weblinks
- Text und Änderungen durch das GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz – GKV-FQWG
- Materialien zum GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz – GKV-FQWG im DIP
Einzelnachweise
- ↑ a b Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der GKV. Abgerufen am 31. Dezember 2014.
- ↑ Milliarden-Entlastung für Kassenmitglieder beschlossen. In: zeit.de. Zeit Online GmbH, 6. Juni 2018, abgerufen am 7. Juni 2018.
- ↑ § 249 SGB V alte Fassung bis 1. Januar 2019 und neue Fassung
- ↑ Zusatzbeitragssatz. GKV-Spitzenverband, 28. Dezember 2018, abgerufen am 3. Januar 2019.
- ↑ BAnz AT 22.10.2014 B3
- ↑ BAnz AT 30.10.2015 B7
- ↑ BAnz AT 27.10.2016 B7
- ↑ BAnz AT 26.10.2017 B3
- ↑ BAnz AT 26.10.2018 B4: „Bekanntmachung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nach § 242a Absatz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2019“
- ↑ BAnz AT 28.10.2019 B3
- ↑ BAnz AT 30.10.2020 B5
- ↑ Krankenkassenliste. (PDF) In: gkv-spitzenverband.de. 15. November 2020, abgerufen am 15. November 2020.
- ↑ a b c d e f Krankenkassenliste Deutschland - Alle aktuellen Zusatzbeiträge 2017/2018. In: Krankenkassen-Zentrale. Krankenkassen-Zentrale - Ihre Gesundheit & Vorsorge!, abgerufen am 15. November 2017.
- ↑ a b c Zusatzbeitrag für Krankenkassen 2018. In: Krankenkassen.net. Projekt der Franke-Media.net, abgerufen am 3. Januar 2018.
- ↑ a b c Krankenkassenliste. (PDF; 37,8 kB) GKV-Spitzenverband, 21. August 2019, abgerufen am 21. August 2019.
- ↑ a b c Zusatzbeitrag der Krankenkassen Zusatzbeitrag 2019 und 2020. In: krankenkassen.de. Euro-Informationen (GbR), abgerufen am 31. Dezember 2019.
- ↑ a b Zusatzbeitrag der Krankenkassen Zusatzbeitrag 2021 und 2020. In: krankenkassen.de. Abgerufen am 14. Dezember 2020.
- ↑ https://www.aok.de/pk/nordost/inhalt/verwaltungsrat-beschliesst-1077-milliarden-haushalt