Elisabeth von Österreich-Ungarn

Elisabeth Amalie Eugenie, Herzogin in Bayern (verh. von Österreich), genannt Sisi, ungar. Erzsébet (* 24. Dezember 1837 in München; † 10. September 1898 in Genf) war Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn. Ihr Name war nicht Sissi, wie sie in den gleichnamigen Filmen und Romanen benannt wurde. Zur Schreibweise ihres Namens wurde bereits vermutet, dass sie selbst sich in ihren Schriften Lisi (eine in Bayern und Österreich übliche Koseform von Elisabeth) nannte, und das falsch als Sisi gelesen wurde.
Leben


Elisabeth war die zweite Tochter des Herzogs Max Joseph in Bayern (Haus Wittelsbach, pfälzische Linie Birkenfeld-Gelnhausen) und Ludovika Wilhelmine, Tochter des bayerischen Königs Maximilian I.. Sie wuchs mit ihren neun Geschwistern im Herzog-Max-Palais in der Münchner Ludwigstraße auf, wo sie auch geboren wurde. In den Sommermonaten residierte die Familie in Possenhofen am Starnberger See, wo sie eine unbeschwerte Kindheit verbrachte. Ihre Eltern hatten keinerlei Verpflichtung am königlich-bayerischen Hof.
1853 begleitete Elisabeth im Alter von 15 Jahren ihre Mutter und ihre ältere Schwester Helene, genannt Néné, auf eine Reise ins österreichische Ischl (heute Bad Ischl), wo Helene die Aufmerksamkeit des 23jährigen Franz Joseph I., Kaiser von Österreich (Haus Habsburg) gewinnen sollte. Franz Joseph war gleichzeitig ihr Vetter, Sohn der Erzherzogin Sophie, einer Schwester Ludovikas. Stattdessen verliebte sich Franz Joseph unsterblich in Elisabeth, die er am 24. April 1854 in der Augustinerkirche (Wien) heiratete. Das Hochzeitsgeschenk von Erzherzogin Sophie war das Jagdschloss in Ischl (heute: Kaiservilla). Es wurde so umgebaut, dass das Haus die Form des Buchstabens "E" erhielt.
Von Anfang an hatte Elisabeth Schwierigkeiten, sich der strengen Etikette zu unterziehen, die am Habsburger Hof praktiziert wurde, nämlich dem spanischen Hofzeremoniell. Ihre größte Gegnerin war die Kaisermutter Sophie. Sie blieb so am kaiserlichen Hof eine Außenseiterin. Elisabeth liebte Pferde, sie las viel und interessierte sich sehr für Kultur; damit kam der Wiener Hof nicht zurecht. Ihrer Zeit voraus verfolgte sie einen regelrechten Körperkult, trieb viel Sport und achtete sehr auf ihre Figur. Durch strenge Diäten und enge Korsetts brachte sie ihre Wespentaille in Form und wurde zu einer modischen Ikone. Manche Autoren deuten dies als eine Form des Aufbegehrens gehen die höfischen Zwänge. Zu ihren Hofdamen Irma Sztaray und Ida Ferenzcy, die ihr als Lehrerin für Ungarisch und im Alter auch als Vorleserin diente, baute sie ein regelrecht vertrauensvolles und freundschaftliches Verhältnis auf.
Sie brachte in kurzer Folge drei Kinder zur Welt: Sophie (1855-1857), Gisela (1856-1932) und den designierten Kronprinz Rudolf (1858-1889). Elisabeth wurde jedoch jeder Einfluss auf die Erziehung ihrer Kinder verweigert; ihre Ehe mit Franz Joseph begann zu zerrütten. Kurz nach der Geburt ihres Sohnes begann sie mit ausgiebigen Reisen und besuchte dabei unter anderem Madeira, England und Ungarn. Ab dem Jahr 1870 verbrachte sie fast jährlich in den Sommermonaten Juni und Juli drei bis vier Wochen in Feldafing im Hotel Strauch, dem heutigen Golfhotel Kaiserin Elisabeth. Bei den insgesamt wohl 24 Aufenthalten wollte sie dabei vor allem ihrer Mutter, Herzogin Ludovika, in Possenhofen nahe sein.
Elisabeth, die schon immer mit dem ungarischen Volk sympathisiert hatte, wurde nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich 1867 an der Seite ihres Mannes in Ofen (s. Budapest) zur Königin von Ungarn gekrönt. Als Krönungsgeschenk erhielt das Königspaar das Schloss Gödöllő. Einer ihrer engsten Freunde war Graf Gyula Andrássy. Er war einer der Initiatoren des Ausgleichs mit Österreich.
Kurz danach wurde ihr viertes Kind Marie-Valerie (1868-1924) geboren, welches in einer vorübergehenden Phase der Versöhnung zwischen ihr und Franz Joseph gezeugt wurde. Man sagt, es sei ihr Lieblingskind gewesen, und sie nannte sie oft "Kedvesem", was auf Ungarisch "Mein Liebling" bedeutet. Danach nahm Elisabeth ihr altes Reiseleben wieder auf. Auf Korfu ließ sie 1890 ein Schloss errichten, das den Namen Achilleion trägt (eine Statue des sterbenden Achilles steht im Schlosspark). Elisabeth verehrte Achilles sehr, weil er ihr in seiner Starrköpfigkeit und seinem Wesen ähnlich war. Später verlor sie das Interesse an dem Bau; 1907 wurde es an den deutschen Kaiser Wilhelm II. verkauft, der eine weitere Achillesstatue aufstellen ließ, den siegreichen Achilles.
Schönheitskult

Erwähnenswert ist auch die Selbststilisierung der Kaiserin, die ihren eigenen Schönheitskult betrieb. Um ihre Figur zu erhalten (und vermutlich auch wegen ihrer großen inneren Unruhe) unternahm sie kilometerlange Gewaltmärsche im Eiltempo, bei denen ihre Hofdamen regelmäßig kaum mithalten konnten. Der Kaiser ließ daher von Zeit zu Zeit Kutschen mitfahren, die die erschöpften Frauen aufnehmen konnten. Kummer machten ihr ihre schlechten Zähne, wegen derer sie bereits als junge Braut von ihrer Schwiegermutter in spe gerügt worden war. Deshalb schwieg sie in der Öffentlichkeit zumeist oder hielt die Lippen während des Sprechens zusammengepresst. Dies brachte ihr am Hof den Ruf der Arroganz ein. Ihr bodenlanges Haar wurde von einer Friseurin des Burgtheaters gepflegt, und da es so unglaublich schwer war, gab es in der Hofburg einen Flaschenzug, an den die Kaiserin ihre Haare hängen konnte, um sich so zu entlasten. Diese Friseurin erhielt als einziges Mitglied des Hofstaates eine Heiratserlaubnis, damit sie der Kaiserin auch nach ihrer Eheschließung erhalten bleiben konnte. Normalerweise hätte sie nämlich ihren Abschied nehmen müssen, doch Sisi setzte sich auch hier durch. Beinahe tragisch waren die Hungerkuren der Kaiserin und deren Folgen. So stellte ihr Leibarzt sogar Hungerödeme fest, da sie sich tage-, und wochenlang oftmals nur von dünnen Suppen ernährte. Dazu hielt sie sich mittels Reiten in Form. Sie galt als eine der besten und wagemutigsten Reiterinnen ihrer Zeit, die auf keiner Jagd fehlte und zu diesem Zwecke sogar häufig nach Irland und England reiste. Über all diese Egozentrik vergaß sie aber oftmals nicht nur ihren Mann, der sie abgöttisch liebte (so sagte er, nachdem er die Todesnachricht erhalten hatte: "Niemand weiß, was diese Frau mir war!") und ihre Kinder, sondern auch ihr Land und die Verpflichtungen, die sie den Menschen gegenüber hatte. Im Alter weigerte sie sich strikt, auf Fotografien oder Gemälden dargestellt zu werden (erhaltene Darstellungen der alternden Kaiserin sind Retuschen). Um unerkannt zu bleiben, führte sie stets einen Lederfächer und einen Schirm mit sich. Fürchtete sie, erkannt worden zu sein, suchte sie im Eilschritt das Weite.
Schicksalsschläge und der Tod
Am 30. Januar 1889 verstarb ihr Sohn, der damals 30-jährige Kronprinz Rudolf, in seinem Jagdschloss Mayerling, zusammen mit seiner Geliebten Mary Vetsera. Während die Todesanzeige am Tag darauf von einem Herzschlag sprach, nimmt die Forschung heute an, dass er sich selbst erschoss, nachdem er seine Geliebte getötet hatte. Elisabeth trug von nun an nur noch Trauerkleider, sah sich als Mater Dolorosa, und litt mehr denn je zuvor unter schweren Depressionen und Todessehnsucht, wovon die Jahrzehnte nach ihrem Tod veröffentlichten Gedichte Zeugnis geben.
Elisabeth gab sich auch verstärkt spiritistischen Neigungen hin und vermeinte, in Kontakt zu sein u.a. mit Achilles, Heinrich Heine und ihrem verstorbenen Vetter Ludwig II.. 1897 kam ihre Schwester Sophie von Alencon durch ein Feuer bei einem Wohltätigskeitsbasar auf der Pariser Weltausstellung ums Leben.
Am 10. September 1898 wurde Elisabeth in Genf von dem italienischen Anarchisten Luigi Lucheni mit einer geschliffenen Feile auf der Promenade vor dem Hotel Beau Rivage erdolcht. Lucheni wollte nach eigener Aussage im Verhör ursprünglich den Herzog von Orléans ermorden. Da dieser aber kurzfristig seine Reisepläne änderte und nicht in Genf eintraf, erstach Lucheni Elisabeth, von deren Anwesenheit er zufällig in der Zeitung gelesen habe, in welcher sie unter dem Titel Gräfin von Hohenembs als Gast aufgeführt war. Es wird berichtet, dass Elisabeth nach dem Vorfall noch einige Schritte weiter ging, bevor sie zusammenbrach, da ihr überaus enges Korsett die innere Blutung verlangsamte. Ihre letzten Worte waren: „Was ist eigentlich geschehen?“.
Elisabeth wurde am 17. September 1898 in der Kapuzinergruft in Wien beigesetzt.
Der Mythos Sisi


Elisabeth war außerhalb der offiziellen Verhandlungen maßgeblich am österreichisch-ungarischen Ausgleich beteiligt, ihre Rolle wird aber in der österreichischen Geschichtsschreibung nur am Rande erwähnt. Ihre ungarnfreundliche Haltung wird jedoch noch heute gewürdigt, viele Ungarn verehren sie wie eine Nationalheilige.
Unzweifelhaft wurde „Sisi“ im 20. Jahrhundert zu einer Ikone, die oft mit Prinzessin Diana verglichen wird: Ein freiheitsliebender Geist, eingezwängt in das starre höfische Zeremoniell. Ihr Leben hat Filmemacher, Theater-Regisseure und Schriftsteller gleichermaßen inspiriert.
Im deutschsprachigen Raum am bekanntesten ist die "Sissi"-Trilogie von Ernst Marischka mit der damals noch unbekannten Romy Schneider in der Titelrolle:
Die drei künstlerisch wenig ambitionierten, aber gekonnt mit den Emotionen der Zuschauer spielenden Filme werden regelmäßig, vor allem an Weihnachten, im österreichischen und deutschen Fernsehen ausgestrahlt und haben viel zum Mythos Sisi beigetragen. Sie erheben mit ihrem Inhalt keinen Anspruch auf geschichtliche Relevanz. Vielmehr muss man die Filme im Zusammenhang mit ihrer Entstehungszeit, der Nachkriegszeit, als reine Unterhaltungsfilme mit viel Glanz und Gloria verstehen.
1991 entstand eine Neuverfilmung unter dem Titel Sisi mit Vanessa Wagner, Sonja Kirchberger und Bernadette Lafont.
Am 3. September 1992 wurde in Wien, im Theater an der Wien, das Musical "Elisabeth" uraufgeführt; die vorläufig letzte Vorstellung fand am 4. Dezember 2005 statt. Seit März 2005 wird das Musical in Stuttgart aufgeführt. Vom 19. Juli bis Ende August 2006 ist das Musical in einer Open Air-Aufführung an den Seespielen in Thun (Schweiz) zu sehen. Inzwischen haben das Musical ca. acht Millionen Menschen gesehen. Das Musical betrachtet das Leben Elisabeths als Frau und Mutter, ihr Mörder Lucheni führt als Erzähler durch die Geschichte, der personifizierte Tod spielt neben Elisabeth die Hauptrolle.
1998 wurde in Schloss Morsbroich bei Leverkusen das Live–Hörspiel "Oden an die Zukunftsseelen" (von A. J. Weigoni) uraufgeführt, das auf Elisabeths Gedichten aus den achtziger Jahren basierte. Diese sind eine einzige große Hymne an den schwärmerisch verehrten "Meister" Heinrich Heine. Diese Verehrung ging über die übliche Liebe eines Literaturfreundes weit hinaus. Sie kannte lange Passagen von Heine auswendig und beschäftigte sich auch intensiv mit dem Leben des Dichters.
Mit dem 1856 in Paris gestorbenen Heine glaubte sie sich eng verbunden, fühlte sich als seine Jüngerin und glaubte, der Meister diktiere ihr die Verse in die Feder. Ihre Dichtungen aus den achtziger Jahren bestimmte sie (anders als ihre Jugendgedichte) zur Veröffentlichung. Als Drucktermin stellte sie sich das Jahr 1950 vor, also eine Zeit, zu der keiner ihrer Zeitgenossen mehr lebendig sein würde. Wenigstens in der Nachwelt wollte Elisabeth erreichen, was die Zeitgenossen ihr verweigerten: Rechtfertigung, Verständnis, Nachruhm. Die Gedichte wurden dann allerdings erst in den 80er Jahren veröffentlicht.
In der Wiener Hofburg wurde direkt neben den Kaiser-Appartements ein eigenes Sisi-Museum eingerichtet, das sich vor allem dem privaten Leben der Elisabeth widmet.
Geschwister
Herzog Ludwig Wilhelm in Bayern (1831-1920)
Herzog Wilhelm in Bayern (1832-1832)
Herzogin Karoline Therese Helene in Bayern ("Nené", 1834-1890, verh. Erbprinzessin von Thurn und Taxis)
Herzog Carl Theodor in Bayern ("Gackel", 1839-1909)
Herzogin Marie Sophie Amalie in Bayern (1841-1925, verh. Königin beider Sizilien)
Herzogin Mathilde Ludovika in Bayern (1843-1925, verh. Gräfin Trani)
Herzogin Sophie Charlotte Auguste in Bayern (1847-1897, verh. Herzogin von Alençon)
Herzog Max Emanuel in Bayern (1849-1893)
Literatur
- Conte Corti, Egon Caesar: Elisabeth - Die seltsame Frau. ISBN 3222125643
- Flesch-Brunningen, Hans: Die letzten Habsburger in Augenzeugenberichten, Düsseldorf 1967.
- Hamann, Brigitte: Elisabeth - Kaiserin wider Willen. ISBN 3492229905
- Hamann, Brigitte (Hrsg.): Kaiserin Elisabeth - Das poetische Tagebuch. ISBN 3700126816
- Matray, Maria/Krüger, Answald: Das Attentat. Der Tod der Kaiserin Elisabeth in Genf, Frankfurt a. Main/Berlin 1991. ISBN 3-548-34777-0
- Nostitz-Rieneck, Georg: Briefe Kaiser Franz Josephs an Kaiserin Elisabeth, Wien 1966.
- Schad, Martha: Kaiserin Elisabeth und ihre Töchter. 1999, ISBN 3492228577
- Sokop, Brigitte: Jene Gräfin Larisch, Vertraute der Kaiserin, Verfemte nach Mayerling, Böhlau, Wien, Köln 1985, 4. Auflage 2006
- Sztáray, Irma Gräfin: Aus den letzten Jahren der Kaiserin Elisabeth, Wien 2004.
- Thiele, Johannes: Elisabeth - Das Buch ihres Lebens, 1996 (Neuauflage der Originalausgabe von 1909) ISBN 3-85002-518-7
- Lisbeth Exner: Elisabeth von Österreich, Reinbek 2004. ISBN 3-499-50638-6
Siehe auch
Wissenswertes
In Österreich gibt es heute kaum eine Stadt, die nicht eine Straße oder einen Platz nach ihr benannt hat. Die Stadt Salzburg benannte 1901 sogar den Stadtteil Froschheim zu Ehren Kaiserin Elisabeths in Elisabethvorstadt um. Auch im Münchner Stadtteil Schwabing nahe ihrer Geburtsstätte befinden sich die nach ihr benannten Elisabethstraße, Elisabethplatz und Elisabethmarkt. So heisst auch im Volksmund das grösste Wiener Polizeigefängnis „Liesl“, da es sich am ehemaligen Elisabethkai im 9. Wiener Gemeindebezirk befindet (heute Rossauerlände).
Weblinks
- Wikiquote: Kaiserin Elisabeth – Zitate
- Wikisource: Kaiserin Elisabeth – Quellen und Volltexte
- FemBiographie
- Das Attentat im Spiegel der österreichisch-ungarischen Presse (Österreichische Nationalbibliothek
- Vorlage:PND
Personendaten | |
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NAME | Elisabeth |
ALTERNATIVNAMEN | Sisi; Elisabeth Eugenie Amalie |
KURZBESCHREIBUNG | Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn |
GEBURTSDATUM | 24. Dezember 1837 |
GEBURTSORT | München |
STERBEDATUM | 10. September 1898 |
STERBEORT | Genf |