Zum Inhalt springen

Volksbegehren (Deutschland)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 25. August 2006 um 23:12 Uhr durch 87.122.216.99 (Diskussion) (Weblinks). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Volksbegehren – in der Schweiz Volksinitiativen, kurz Initiativen – sind in einer direkten Demokratie ein wesentliches Element der Volksgesetzgebung. Die Bürger bekunden durch eine Unterschriftensammlung den Willen, dass ein Gesetzentwurf aus der Mitte der Bürgerschaft dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden soll.

Volksbegehren in Deutschland

Volksbegehren gibt es in Deutschland nur auf Landesebene. Dort sind sie in der Landesverfassung verankert. Das deutsche Grundgesetz sieht außer bei einer Neugliederung des Bundesgebietes zur Zeit keine Volksbegehren auf Bundesebene vor. (Daneben gibt es auf kommunaler Ebene das politische Instrument eines Bürgerbegehrens)

Wird solch eine direktdemokratische Gesetzesinitiative "von unten" nach erfolgreichem Volksbegehren nicht vom Parlament angenommen, kommt es zur Durchführung eines Volksentscheids. Damit das Volksbegehren Erfolg hat, muss innerhalb einer bestimmten Frist eine erhebliche Zahl von Wahlberechtigten das Volksbegehren durch ihre Unterschrift unterstützen.

Die Regeln für die Durchführung von Volksbegehren unterscheiden sich in den einzelnen Bundesländern. In einigen Ländern sind die Unterstützungs-Unterschriften durch eine freie Unterschriftensammlung "auf der Straße" zu leisten, in anderen dürfen sie nur auf Amtsstuben geleistet werden (sog. „Amtseintragung“); in Hamburg war eine Kombination von beidem möglich, bis die regierende CDU mit einer Gesetzesänderung die Sammlung auf der Straße verbat. Das Unterschriftenquorum liegt zwischen ca. 4% und 20% der Wahlberechtigten, die Eintragungsfrist beträgt zwischen 14 Tagen und 12 Monaten; in Mecklenburg-Vorpommern besteht für die freie Sammlung keine zeitliche Begrenzung.

Einem Volksbegehren geht je nach Bundesland entweder eine Volksinitiative oder ein Antrag auf Zulassung eines Volksbegehrens voraus. In beiden Fällen ist ebenfalls eine Unterschriftensammlung erforderlich, jedoch ist die Zahl der erforderlichen Unterschriften erheblich geringer als beim Volksbegehren.

Der Verein "Mehr Demokratie e.V." bewertet derzeit fast alle Verfahren als nicht zufriedenstellend und nur in vier deutschen Bundesländern als bedingt anwendungsfreundlich: Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Thüringen und Bayern.

In Bayern läuft das Volksgesetzgebungsverfahren wie folgt ab: Antrag auf Volksbegehren: 25.000 Unterschriften -> Volksbegehren: Unterschrift von mind. 10% aller Stimmberechtigten bei einer Sammlungsdauer von 14 Tagen nur in Amtsräumen -> Volksentscheid: (a) einfaches Gesetz: kein Zustimmungsquorum, (b) verfassungsänderndes Gesetz: Zustimmungsquorum 25% = jeder vierte Abstimmungsberechtigte muss für die Vorlage stimmen, damit überhaupt ein gültiges Verfahren zustande kommt.

Äquivalent zum Volksbegehren gibt es auf der Ebene der Gemeinden und z.T. der Landkreise das Bürgerbegehren.

Eine Liste von Volksbegehren in der Bundesrepublik Deutschland findet sich im Artikel Volksinitiative.

Volksbegehren in Österreich

Mit einem Volksbegehren kann in Österreich die Behandlung eines Gesetzesvorschlags im Parlament (Nationalrat) verlangt werden. Direkter Einfluss auf die Gesetzgebung ist dabei explizit nicht vorgesehen, d.h. nach der Diskussion darüber kann der Vorschlag des Volksbegehrens auch verworfen werden.

Um eine österreichweite Eintragungswoche für das Volksbegehren beantragen zu können, sind Unterstützungserklärungen nötig. Dazu werden ein Promille der durch Volkszählung erhobenen Bevölkerungszahl an gültig unterschriebenen Unterstützungserklärungen benötigt (zur Zeit 8.032 Stück). Die Unterschrift muss auf dem Heimatgemeindeamt oder dem Magistrat vor dem Beamten geleistet werden. Alternativ konnte bis 1999 ein Volksbegehren auch von acht Abgeordneten zum Nationalrat oder von je vier Abgeordneten drei unterschiedlicher Landtage initiiert werden.

Ein Volksbegehren muss im Parlament behandelt werden, wenn es mindestens 100.000 Unterschriften erreicht (bis 1981 mussten es 200.000 sein) oder aber die Stimmen von je mindestens einem Sechstel der Wahlberechtigen dreier Bundesländer. Mit Ausnahme des Motorrad-Volksbegehrens 1995 haben alle bisherigen Volksbegehren in Österreich diese Hürde geschafft.

Das erfolgreichste Volksbegehren, das nicht durch politische Parteien unterstützt wurde, war das 1964 das Rundfunkvolksbegehren zur Reform des öffentlich-rechtlichen Österreichische Rundfunks (ORF), das von der Tageszeitung Kurier unter dem Chefredakteur Hugo Portisch initiiert und von zahlreichen Zeitungen unterstützt wurde. Es wurde von mehr als 800.000 Menschen unterzeichnet und führte auch tatsächlich zum Rundfunkgesetz.

Siehe auch: Liste der Volksbegehren in Österreich

Volksbegehren, Volksinitiativen in der Schweiz

Siehe Initiative (Schweizer Politik)

Literatur

  • Hans Herbert von Arnim: Vom schönen Schein der Demokratie. Politik ohne Verantwortung - am Volk vorbei; München: Droemer Verlag, 2000, 391 Seiten, ISBN 3-426-27204-0
  • Hans Peter Bull (Hrsg.): Fünf Jahre direkte Bürgerbeteiligung in Hamburg unter Berücksichtigung von Berlin und Bremen. Landeszentrale für politische Bildung und Senatsamt für Bezirksangelegenheiten, Hamburg, 2001, 188 Seiten – auch online
  • Hermann K. Heußner; Otmar Jung (Hrsg.): Mehr Demokratie wagen. Volksbegehren und Volksentscheid: Geschichte – Praxis – Vorschläge, Mit einem Vorwort von Hans-Jochen Vogel. Im Auftrag des Kuratoriums für mehr Demokratie. München: Olzog Verlag, 1999, 380 Seiten, ISBN 3-7892-8017-8
  • Hans Peter Bull (Hrsg.): Fünf Jahre direkte Bürgerbeteiligung in Hamburg unter Berücksichtigung von Berlin und Bremen. Landeszentrale für politische Bildung und Senatsamt für Bezirksangelegenheiten, Hamburg, 2001, 188 Seiten – auch online

Siehe auch

Bürgerbegehren, Bürgerentscheid, Bürgerinitiative, Direkte Demokratie, Graswurzelbewegung, Mehr Demokratie, Plebiszit, Volksbefragung, Volksabstimmung, Volksinitiative,Volksentscheid, Volksgesetzgebung, Stimmrecht, Wahlrecht