Militärisches Engagement Syriens im Libanon 1976–2005
Das Militärisches Engagement Syriens im Libanon bezeichnet die Stationierung syrischer Streitkräfte im Libanon im Zeitraum zwischen 1976 und 2005. Nach einem eineinhaljährigen Bürgerkrieg mit mindestestens 20.000 Toten und einer halbe Million Vertriebenen, wurde der Krieg 1976 offiziell für beendet erklärt, dauerte aber defakto bis in die 1990 Jahre an.[1] 1976 ersuchte der Libanon die Arabische Liga um Stabilisierungskräfte und mit deren Mandat stationierte Syrien Truppen und festigte damit seinen politisch-militärischen Einfluss im Libanon. Erst nach dem Attentat auf Ministerpräsident Hariri unter mutmaßlicher syrischer Beteiligung und der folgenden Zederrevolution zog das Regime von Präsident Baschar al-Assad die Syrischen Truppen 2005 aus dem Libanon ab.
Die Anwesenheit der Syrischen Armee in Libanon über letztlich fast 30 Jahre wird unterschiedlich bewertet.Der libanesische Staatspräsident Émile Lahoud bezeichnete die Anwesenheit syrischer Truppen im Libanon, die auf einen Beschluss der Arabischen Liga zurückging, als Anwesenheit einer befreundeten Armee eines befreundeten Landes. Der ehemalige Präsident der USA George W. Bush bewertete sie dagegen als eine Besatzung.
Geschichte
Während des libanesischen Bürgerkriegs ersuchte Libanon um syrische Hilfe im Sinne einer arabischen Friedenstruppe. Die Arabische Liga kam überein, eine Interarabische Sicherheitstruppe zu senden, die hauptsächlich aus syrischen Truppen zusammengesetzt war. Anfänglich war Syriens Aufgabe, die Maroniten zu schützen, aber zwei Jahre später (1978) modifizierte Syrien seinen Standpunkt auf den der PLO.
Im Jahr 1988 wurde General Michel Aoun durch Staatspräsident Amine Gemayel zum Ministerpräsidenten ernannt. Dies war ein kontroverser Schritt, da Aoun ein maronitischer Christ und dieser Posten laut (dem laut libanesischer Verfassung nicht verbindlichen) Nationalpakt von 1943 traditionell einem sunnitischen Muslim vorbehalten war. Muslimische Minister weigerten sich, in Aouns Regierung mitzuwirken, die auch nicht von Syrien anerkannt wurde. Zwei rivalisierende Regierungen wurden gebildet; die Militärverwaltung unter Aoun hatte ihren Sitz in Ost-Beirut und die zivile unter Selim al-Hoss, welche die syrische Unterstützung gewann, hatte ihren Sitz in West-Beirut. Aoun war gegen die syrische Anwesenheit im Libanon und berief sich auf die Resolution 520 des UN-Sicherheitsrates (aus dem Jahre 1982)[2]. Die syrische Armee blieb im Libanon.
Nach einem erfolgreichen Feldzug gegen die Forces Libanaises, die den Hafen von Beirut kontrolliert hatten, erklärte Aoun angesichts seiner aktuellen Popularität in Ost-Beirut den „Befreiungskrieg“ gegen die syrischen Streitkräfte. Die Kämpfe begannen am 14. März 1989. Opfer von unbestimmten Artilleriebeschuss unter der Zivilbevölkerung auf beiden Seiten waren an der Tagesordnung. Aoun erhielt anfänglich eine breitere internationale Unterstützung als el-Hoss, aber dies endete abrupt, als die Vereinigten Staaten ihre Vorbereitungen für den Golfkrieg mit dem Irak wegen Kuwait trafen. Aoun hatte beachtliche Unterstützung durch die irakische Regierung erhalten, die eine Chance sah, das rivalisierende Baath-System in Damaskus zu schwächen. Als Gegenleistung für die syrische Unterstützung im Golfkrieg erlaubten die Vereinigten Staaten und Israel Syrien die Absetzung Aouns. Im Oktober 1990 nahmen syrische Truppen den Präsidentenpalast in Baabda im Sturm. Aoun suchte Zuflucht in der Botschaft Frankreichs, wohin er auch später ins Exil ging.
Die syrischen Streitkräfte verblieben bis 2005 im Libanon und übten wesentlichen Einfluss auf die libanesische Regierung aus.
Nach dem israelischen Rückzug aus dem südlichen Libanon und dem Tod des syrischen Präsidenten Hafiz al-Assad im Jahre 2000 stand die syrische Anwesenheit heftiger Kritik und dem Widerstand durch die libanesische Bevölkerung gegenüber.
Im Herbst 2004 setzte Damaskus eine Verfassungsänderung im Libanon durch, damit der ihm genehme Präsident Emile Lahoud weiter im Amt bleiben konnte. Der amtierende Ministerpräsident Rafik Hariri und einige weiterer Politiker erklären ihren Rücktritt. Am 14. Februar 2005 wurde ein Attentat auf den Fahrzeugkonvoi des Ministerpräsidenten Rafik al-Hariri verübt. Es folgten Proteste im Rahmen der Zedernrevolution. Bis zur für Ende Mai 2005 angesagten Parlamentswahlen zog Syrien zog all seine Truppen am 26. April 2005 ab.[1]
Im Libanon stationierte Einheiten
Zwischen 1976 und 2005 hatte Syrien mit etwa 20.000 und 40.000 Soldaten im Libanon im Einsatz. Hauptformationen waren die 47. Brigade, die 62. Brigade, der Großteil der 10. Panzerdivision (76. und die 91. Panzerbrigade und je eine Artillerie- und mechanisierte Infanteriebrigade), zuzüglich fünf Regimenter Spezialkräfte, die an strategisch wichtigen Positionen stationiert waren. Außerdem war eine Luftverteidigungsbrigade im Libanon stationiert. Vor 1984 waren Armeeeinheiten in Brigadestärke in Beirut, Sidon und Tripolis stationiert. Die syrischen Politiker und Generäle Ghazi Kanaan und Rustum Ghazaleh waren als Geheimdienstleiter de facto für die Leitung der Truppen verantwortlich.[3][4]
Einzelnachweise
- ↑ a b Deutsche Welle (www.dw.com): Erinnerung an den libanesischen Bürgerkrieg | DW | 13.04.2005. Abgerufen am 23. November 2020 (deutsch).
- ↑ UN-Website: UN-Resolution 520, abgerufen am 28. August 2006 (englisch).
- ↑ [1]/ Artikel im Middle East Forum (englisch).
- ↑ Artikel im Nachrichtenmagazin Der Spiegel.