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Mosè Bertoni

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Mosè Giacomo "Santiago" Bertoni (* 15.Juni 1857 Lottigna; † 19.September 1929 in Foz do Iguaçú, Brasilien) war ein schweizerisch-paraguayischer Botaniker, Sprachforscher und Anarchist.

Leben

Frühe Jahre

Mosè Bertoni wurde als Sohn des ehemaligen katholischen Priesters, Anwalts und liberalen Politikers Ambrogio Bertoni und der Lehrerin Giuseppina Torriani geboren. Die Familie Bertoni war in Mailand im Handel tätig. Der junge Mosè Bertoni begeisterte sich für die Naturwissenschaften und entwickelte schon früh ein kulturantropologisches Interesse. So befasste er sich z. B. mit den Case dei Pagani von Dongio und Malvaglia. Er besuchte das Gymnasium in Lugano und schrieb sich 1875 an der Universität Genf zum Studium der Rechte und im Herbst 1876 an der Universität Zürich zum Studium der Naturwissenschaften ein, welches er 1877, erneut in Genf, mit mehreren Unterbrechungen fortsetzte. Am 4. Januar 1876 heiratete er Eugenia Rossetti.

Im darauf folgenden Jahr traf Bertoni in Genf mit dem russischen Anarchisten Pjotr Alexejewitsch Kropotkin und dem ebenfalls anarchistisch gesinnten Geografen Élisée Reclus zusammen, die ihn zu einer Reise nach Südamerika anregten. Ohne seinen Abschluss in Botanik in der Tasche, brach Bertoni, kurz vor Ende seines Studiums, am 3. März 1884 zur Überfahrt nach Buenos Aires auf, die er am 30. März 1884 erfolgreich beendete. Seine schwangere Frau, die vier bereits geborenen Kinder, seine Mutter Giuseppina Torriani, sowie rund 40 Bauern aus dem Bleniotal, die seine Vision einer anarcho-sozialistischen Siedlerkolonie teilten, begleiteten ihn. Die Kolonie sollte auf Selbstversorgung basieren und wissenschaftlichen Zielen dienen.[1]

Koloniegründung in Argentinien und Paraguay

Die Neuankömlinge bekamen von der Regierung Land in der Provinz Misiones, einem von Brasilien und Paraguay umschlossenen und klimatisch grosse Herausforderungen stellenden Gebiet im tropischen und von gewaltigen Flussläufen durchzogenen Nord-Osten Argentiniens zugewiesen. Dort, in der Gemeinde Yabebyry, nahe dem Ort Santa Ana gründete Bertoni seine erste Siedlerkolonie. Diese wurde bald von den Tessiner Bauern verlassen, die sich absetzten, um sich in klimatisch günstigeren Gebieten nach geeignetem Agrarland umzusehen. Bertoni gab nach dieser Erfahrung seine anarchistischen Ideale nach und nach auf. Mit Hilfe bereits früher nach Buenos Aires ausgewanderter Tessiner 1887 zog er nach Paraguay und liess sich 1893 in der Nähe der Iguazú-Fälle nieder. Dort, am Ufer des Río Paraná, schuf er die Kolonie Guillermo Tell, an der Stelle des heutigen Ortes Puerto Bertoni. 1894 gründete er in Asunción die Nationale Landwirtschaftsschule, die er bis 1904 leitete.

Er starb alleine und mittellos und hinterliess eine enorme Menge unveröffentlichter Manuskripte. Seine Bibliografie umfasst mehr als 500 Titel, aber sein ehrgeizigstes Werk, die Enzyklopädie Descripción física, económica y social del Paraguay in 18 Bänden, blieb unvollendet.

Literatur

  • L. Ramella, Y. Ramella-Miquel: Biobibliografía de Moisés Santiago Bertoni. Flora del Paraguay, Serie especial 2, 1985. ISBN 0-915279-07-X
  • Danilo Baratti: Mosè Giacomo Bertoni. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 18. Mai 2004, abgerufen am 19. November 2020.
  • Danilo Baratti, Patrizia Candolfi: L’arca di Mosè. Biografia epistolare di Mosè Bertoni (1857–1929), Edizioni Casagrande, Bellinzona 1994.
  • Danilo Baratti, Patrizia Candolfi: Vida y obra del sabio Bertoni. Moisés Santiago Bertoni (1857–1929). Un naturalista suizo en Paraguay. Helvetas, Asunción 1999.
  • Danilo Baratti: Fare libri nella selva. Mosè Bertoni e la tipografia ex Sylvis (1918–1929). Edizioni Casagrande, Bellinzona 1999.
  • Peter Schrembs: Mosè Bertoni. Profilo di una vita tra scienza e anarchia. La Baronata, Lugano 1985.
Commons: Mosè Bertoni – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Mosè Bertoni auf mosebertoni.ch/