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Jany Tempel

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Jany Tempel 2017

Jany Tempel (* 8. Juli 1969 in Berlin) ist eine deutsche Schauspielerin und Autorin.

Leben und Wirken

Kindheit und Jugend

Jany Tempel verbrachte ein paar Kindheitsjahre in Bayern. Sie ist die Schwester von Inka Groetschel. Ihre Mutter Brigitte Tempel war 1980 Bundestagskandidatin der Grünen.[1] Sie hat, entgegen der medialen Verbreitung über ihren Namen, keinen Künstlernamen. Tempel erkrankte in jungen Jahren an Krebs und Depression. 2003 schrieb sie einen Roman über ihr Leben (Literarische Agentur Simon). Das Buch wurde seinerzeit nicht veröffentlicht, weil sie u. a. über Straftaten noch lebender Personen berichtete. Es liegt dem ZEIT-Magazin als Manuskript vor.

Beruflicher Werdegang

Nach dem Schauspiel-Studium gab sie 1990 mit Der Staatsanwalt hat das Wort – Im Regen Tanzen als erste westdeutsche Besetzung beim DFF ihr Debüt als Filmschauspielerin.[2] Sie arbeitete als freie Dokumentar-Redakteurin. Seit Anfang der 1990er Jahre trat sie in über 50 Film- und TV-Produktionen auf, etwa in der Serie Nicht von schlechten Eltern, für die es Bambi- und Telestar-Filmpreise gab. 1999/2000 wurde sie einem breiten Publikum als Tatort-Kommissarin Alice Bothe für den HR bekannt. Ihr Kinodebüt als Autorin und Regisseurin gab sie im Februar 2007 mit Große Lügen. Sie arbeitet als freie Fotografin und Autorin.

Filmografie (Auswahl)

Schauspielerin

Auszeichnungen und Preise

Jany Tempel und #MeToo

Der millionenfach verwendete Hashtag #MeToo der Sozialaktivistin Tarana Burke wurde durch die Schauspielerin Alyssa Milano populär, um auf das Ausmaß sexueller Belästigung und sexueller Übergriffe aufmerksam zu machen. Im Zuge des Weinstein-Skandals erreichte die Debatte auch Deutschland. Im Dezember 2017 berichtete Der Spiegel über den unterschiedlichen Umgang der schwedischen und deutschen Gesellschaft in der #MeToo-Debatte. Während 456 schwedische Schauspielerinnen im Svenska Dagbladet einen offenen Brief unterzeichneten und einen Theaterabend in Anwesenheit der Königin veranstalteten, ginge von Deutschland ein „ohrenbetäubendes Schweigen“ aus.[4]

Als der deutsche Regisseur Dieter Wedel sich im Zuge der #MeToo-Debatte selbst als Opfer sexueller Belästigung darstellte,[5] ging Jany Tempel an die Öffentlichkeit. Nach Angaben des Redakteurs Christoph Amend in der Sendung Hart aber fair ist sie die erste deutsche Frau, die im Zuge der Hashtag #MeToo-Debatte öffentlich einen prominenten Namen nannte.[6] Ende 2017 erzählte sie den Journalistinnen Jana Simon und Annabel Wahba vom Zeitmagazin ihre Geschichte. Der Artikel Im Zwielicht erschien am 4. Januar 2018 im ZEITmagazin.[7]

Deutsche und internationale Medien (u. a. die Tagesschau) berichteten über die Vorwürfe mehrerer Frauen (u. a. Patricia Thielemann),[8] die dem Regisseur Dieter Wedel sexuelle Belästigung, Nötigung und/oder Vergewaltigung vorwerfen. Der Redaktion des Zeitmagazins lagen vor Erscheinen des Artikels deren eidesstattliche Versicherungen vor. Der Regisseur bestreitet die Anschuldigungen, ebenfalls mit eidesstattlicher Versicherung.[9] Medienanwalt Christian Schertz vertritt Jany Tempel und Patricia Thielemann.[10]

Die Medien lieferten sich pro-und-contra-Debatten, #MeToo versus Vorverurteilung und medialer Pranger. Die Bild kreierte einen Banner als Hinweis der Redaktion, der ostentativ unter jedem diesbezüglichen Artikel platziert wurde: „BILD hält die schweren Vorwürfe gegen Dieter Wedel für ausreichend plausibel, um umfangreich darüber zu berichten... Es steht Aussage gegen Aussage“.[11] Erhärtet wurde Tempels Anschuldigung durch einen zweiten Artikel des Zeitmagazins mit dem Titel Der Schattenmann, in dem weitere Frauen zu Wort kamen. Unter anderem meldete sich Esther Gemsch, deren Vorfall mit dem Regisseur bereits seit 1980 beim Saarländischen Rundfunk aktenkundig ist.[12]

Namhafte deutsche Politiker und Prominente der Filmbranche äußerten sich positiv zu Tempels Initiative. Unter den ersten Stimmen waren Katarina Barley,[13] Renan Demirkan,[14] Iris Berben,[15] und Til Schweiger.[16] Von medialer Vorverurteilung sprachen u. a. Svenja Flaßpöhler,[17] Gisela Friedrichsen,[18] und Thomas Fischer, der daraufhin als Autor und Kolumnist der ZEIT entlassen wurde.[19]

Dazu wurden Organisationen gegründet. U. a. sagte die ARD im März 2018 ihre Unterstützung zur Errichtung der überbetrieblichen Beschwerdestelle in der Film- und Fernsehbranche zu.[20] Die Bewegung um den Hashtag #MeToo ist vom US-Magazin Time zur Person des Jahres erklärt worden. Die Kampagne habe eine rasante kulturelle Veränderung freigesetzt. Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte die Wahl und äußerte sich anerkennend zu der #MeToo-Bewegung.[21][22] Am 1. Januar 2018 wurde von Hollywood-Prominenten als Reaktion auf den Weinstein-Effekt und die #MeToo Bewegung Time’s Up gegen sexuelle Belästigung gegründet.[23]

Das Zeitmagazin berichtete in seinem Artikel Im Zwielicht, dass in der Causa Wedel alle Fälle verjährt seien. Die Bild ermittelte jedoch, dass Tempels Fall nicht verjährt ist. Am 22. Januar 2018 bestätigte die Münchner Staatsanwaltschaft, dass ein Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts einer nicht verjährten Sexualstraftat eingeleitet worden ist.[24] Tempel wird von dem Strafverteidiger Alexander Stevens vertreten.

Der Chefredakteur der Wochenzeitung Die Zeit, Giovanni di Lorenzo, sprach in der Maybrit Illner (Fernsehsendung) „Macht, Sex, Gewalt – der späte Aufschrei“ (ZDF) am 1. Februar 2018 davon, dass bislang 22 Fälle sexuellen Missbrauchs durch den Regisseur bekannt geworden seien.[25] Ende März 2018 wurden in einem dritten Artikel des Zeitmagazins, Dieter Wedel – Das System, die damaligen Bedingungen der deutschen Filmbranche beleuchtet.[26]

Im Juni erhielt das Rechercheteam des Zeitmagazins den Leuchtturm-Preis 2018 für besondere publizistische Leistungen.[27][28] Am 3. Dezember erhielt das Rechercheteam des Zeitmagazins für den Artikel Im Zwielicht den Deutschen Reporterpreis 2018.[29]

Inzwischen wird der Verjährungsfehler des Rechercheteams des Zeitmagazins diskutiert, dem Tempel als einziger Fall ausgesetzt ist. Dieser Fehler hat weitreichende Konsequenzen, wie zum Beispiel das Benennen der bisher anonymen Frauen. So beleuchtet Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen den Umgang mit den Opfern und beschreibt die Geschichte hinter der Zeit-Story zum Fall Wedel als eine „Kampagne, die ihre Kinder frisst“.[30] Bundesrichter a. D. Thomas Fischer stellt zudem die Reporterpreisträger Rechercheteam des Zeitmagazins und Claas Relotius in Zusammenhang und beleuchtet den deutschen Qualitätsjournalismus.[31]

Die Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft im Fall Tempel und der Akte Wedel sollten noch bis Mitte 2019 andauern. Inzwischen ist ein weiteres Verfahren, der Fall Dominique Voland, in den Ermittlungen involviert.[32] Im Februar 2019 hatte Tempel auf Instagram den Hashtag #deutschlandverschlaeftmetoo initiiert, dem sich Betroffene anschlossen. Am 29. Mai 2019 wandte sich Jany Tempel in einem Offenen Brief mit dem Titel 512 Tage Schweigen auf ihrer Homepage erneut an die Öffentlichkeit und zog bittere Bilanz.[33] Am 5. Juni 2019 veröffentlichte Zapp ein Interview, das mit Jörg Nabert, Anwalt der Zeit geführt wurde und auf die Gerichtsverhandlung, die Artikel des Magazins, die Aussagen von Jany Tempel zur Berichterstattung des Magazins sowie ihre Forderungen an Die Zeit eingeht.[34] Am 14. Juni 2019 veröffentlichte Jany Tempel auf ihrer Homepage einen weiteren Offenen Brief mit dem Titel Mein Streit mit der ZEIT als Replik auf die Vorwürfe des Anwalts Jörg Nabert.[35]

Im April 2020 startete Tempel zusammen mit der Aktivistin und Comedian Jorinde Wiese sowie weiteren Prominenten die Gründung des Vereins Metoogermany und die Kampagne #OnlyYesMeansYes.[36] Im Sommer 2020 kritisierte Opferanwalt Alexander Stevens die Münchner Staatsanwaltschaft, weil immer noch kein Ende der Ermittlungen in Sicht ist.[37][38] Tempel sagte hierzu auf Instagram und Twitter, dass der deutsche Metoo-Fall blockiert und ignoriert werde.[39][40]

Am 11. September 2020 startete Tempel eine Crowdfunding Kampagne,[41] in der sie um Unterstützung für die hohen Anwaltskosten bittet. Sie wird von Natascha Kampusch und Stars wie Simon Verhoeven, Jasmin Tabatabai, Tina Ruland, Claus Theo Gärtner, Anika Decker etc. unterstützt. Unter den zahlreichen Spenden befindet sich auch eine anonyme Großspende.[42][43]

Einzelnachweise

  1. Neunte Bundestagswahl in Bayern am 5. Oktober 1980. Bayerisches Statistisches Landesamt, 1981, S. 277.
  2. Dagmar Wittmers: Im Regen tanzen. 18. November 1990, abgerufen am 2. Juni 2018.
  3. Max Ophüls Preise: Bester Kurzfilm, Fritz-Raff-Drehbuchpreis und weitere Preise | Filmfestival Max-Ophüls-Preis. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 22. Dezember 2015; abgerufen am 5. Juni 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.max-ophuels-preis.de
  4. Georg Diez: Sexismus in Schweden: Aufschrei im feministischsten Land der Welt. In: Der Spiegel. 5. Dezember 2017 (spiegel.de [abgerufen am 17. Juni 2018]).
  5. Dieter Wedel als junger Schauspieler sexuell belästigt. In: Süddeutsche Zeitung. 22. November 2017, abgerufen am 5. September 2020.
  6. Marc Lindner: hart aber fair vom 5. Februar 2018: Macht Mann Missbrauch was lehrt uns der Fall. 6. Februar 2018, abgerufen am 2. Juni 2018.
  7. Dieter Wedel: Im Zwielicht. In: ZEITmagazin. (zeit.de [abgerufen am 1. Juni 2018]).
  8. Sasan Abdi-Herrle: Vorwürfe gegen Dieter Wedel: Patricia Thielemann berichtet bei Maybrit Illner. 18. November 1990, abgerufen am 5. Juni 2018.
  9. tagesschau.de: #MeToo-Debatte: Schauspielerinnen klagen über sexuelle Übergriffe. Abgerufen am 2. Juni 2018 (deutsch).
  10. Deike Diening, Jost Müller-Neuhof: „Wir müssen über das System des Schweigens nachdenken“. In: Der Tagesspiegel Online. 5. Februar 2018, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 25. Juni 2018]).
  11. Droht Dieter Wedel jetzt Knast? In: bild.de. (bild.de [abgerufen am 2. Juni 2018]).
  12. Sasan Abdi-Herrle: Dieter Wedel: Der Schattenmann. 25. Januar 2018, abgerufen am 5. Juni 2018.
  13. Familienministerin Barley spricht von „Schweigekartell“. In: Der Tagesspiegel Online. 30. Januar 2018, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 2. Juni 2018]).
  14. Renan Demirkan glaubt Dieter Wedel nicht. In: Die Welt. 10. Januar 2018, abgerufen am 2. Juni 2018.
  15. Iris Berben über #MeToo: "Dieter Wedel hat mich fertiggemacht". In: Spiegel Online. 18. Januar 2018 (spiegel.de [abgerufen am 2. Juni 2018]).
  16. Til Schweiger über Dieter Wedel: „Ein Menschenquäler“. In: Spiegel Online. 1. Februar 2018, abgerufen am 2. Juni 2018.
  17. Daland Segler: #MeToo-Debatte bei Illner: Svenja Flaßpöhler: Was genau bedeutet „Ich auch“? 2. Februar 2018, abgerufen am 29. Dezember 2018 (deutsch).
  18. Gisela Friedrichsen: Ein Absturz. Schlimmer kaum denkbar. In: welt.de. 26. Januar 2018, abgerufen am 7. Oktober 2018.
  19. http://www.taz.de/!5494193/
  20. Überbetriebliche Beschwerdestelle: BFFS begrüßt Unterstützung der ARD. BFFS, abgerufen am 2. Juni 2018.
  21. Gegen Sexismus: "Time" kürt #MeToo-Bewegung zur "Person des Jahres". In: Spiegel Online. 6. Dezember 2017, abgerufen am 7. Oktober 2018.
  22. „Time“ kürt Menschen der #MeToo-Bewegung zur „Person des Jahres“. In: MDR.DE. Abgerufen am 2. Juni 2018.
  23. „Time’s Up“: Hunderte Hollywoodstars starten Aktion gegen sexuelle Belästigung. In: Spiegel Online. 2. Januar 2018, abgerufen am 7. Oktober 2018.
  24. Wegen Anfangsverdacht einer nicht verjährten Sexualstraftat – Staatsanwalt ermittelt gegen Dieter Wedel. In: bild.de. (bild.de [abgerufen am 2. Juni 2018]).
  25. Helmut Zermin: maybrit illner zu „Macht, Sex, Gewalt – der späte Aufschrei“ am 1. Februar 2018. 2. Februar 2018, abgerufen am 2. Juni 2018.
  26. Dieter Wedel: Das System. Abgerufen am 29. Dezember 2018.
  27. nr18: Leuchtturm für besondere publizistische... Abgerufen am 29. Dezember 2018.
  28. netzwerk recherche: Leuchtturm. 21. Juni 2014, abgerufen am 29. Dezember 2018.
  29. Reporterpreis 2018: Von Ronan Farrow bis zum SPIEGEL - das sind die Gewinner. In: Spiegel Online. 4. Dezember 2018 (spiegel.de [abgerufen am 1. Januar 2019]).
  30. Gisela Friedrichsen: Dieter Wedel: Die Geschichte hinter der „Zeit“-Story. In: Die Welt. 19. Dezember 2018 (welt.de [abgerufen am 1. Januar 2019]).
  31. Thomas Fischer: preisgekroente-frauenfreunde-medienjahr-der-skandale-von-wedel-bis-relotius/. meedia, abgerufen am 1. Januar 2019 (dt).
  32. Hat Regisseur Wedel Zeugin verunglimpft? Abgerufen am 1. Januar 2019.
  33. Jany Tempel warf Dieter Wedel Vergewaltigung vor: Ihre bittere Bilanz. Abgerufen am 15. Juni 2019.
  34. Nabert: "Wir gehen inzwischen davon aus, dass das Verfahren gegen Wedel eingestellt wird". Abgerufen am 5. Juni 2019.
  35. Mein STREIT mit der ZEIT. In: Jany Tempel. 14. Juni 2019, abgerufen am 15. Juni 2019 (deutsch).
  36. #OnlyYESmeansYES – Metoo Germany. Abgerufen am 20. August 2020 (deutsch).
  37. Dieter-Wedel-Ermittlungen seit 2,5 Jahren: „Das ist kein faires Verfahren mehr!“ Abgerufen am 20. August 2020.
  38. Fall Dieter Wedel: Opfer-Anwalt ist entsetzt. Abgerufen am 20. August 2020.
  39. Dieter-Wedel-Ermittlungen seit 2,5 Jahren: „Das ist kein faires Verfahren mehr!“ Abgerufen am 20. August 2020.
  40. Jany Tempel auf Instagram: „Mir reichts schon lange. Dieser unserer deutsche #Metoo Fall wird blockiert und ignoriert. Die Redaktion des ZEIT-Magazins hat mich und die…“ Abgerufen am 20. August 2020.
  41. Sexualisierte Gewalt - Causa Dieter Wedel, organisiert von Jany Tempel. Abgerufen am 20. September 2020.
  42. Jany Tempel: Stars spenden für ihren Kampf gegen Dieter Wedel. Abgerufen am 20. September 2020.
  43. Spot-on-news: Dieter Wedel: Mutmaßliches Opfer Jany Tempel sammelt Spenden. 11. September 2020, abgerufen am 20. September 2020 (deutsch).