Geschichte Burkina Fasos
Die Geschichte Burkina Fasos ist geprägt von der ethnischen Vielfalt des Territoriums und der mittelalterlichen Staatenbildung vor allem der Mossi, deren Reiche bis zur Ankunft der Franzosen am Ende des 19. Jahrhunderts Bestand hatten und der folgenden Kolonisation durch Frankreich. In den ersten Jahrzehnten des seit 1960 unabhängigen Staates (bis 1984 Obervolta) kam es durch zahlreiche Putsche zu politischer Instabilität und der Revolution des Thomas Sankara. Seit 1991 ist unter Blaise Compaoré eine neue Ära angebrochen, die sich in zunehmender Demokratisierung ausdrückt.
Vor- und Frühgeschichte
Archäologische Funde auf burkinischem Territorium beweisen eine Siedlungsgeschichte bis etwa zurück in die Zeit vor 14 000 Jahren. Die frühen Bewohner waren Jäger und Sammler, von denen 1973 zahlreiche Artefakte, wie zum Beispiel Speerspitzen, gefunden wurden. Um etwa 3 600 v. Chr. bis 2 600 v. Chr. machten sie sich sesshaft, begannen mit Ackerbau und dem Anlegen von festen Siedlungen. Vor etwa 3500 Jahren begannen die Menschen mit der Nutzung von Eisen und Keramik, Grabbeilagen lassen auf ein sich entwickelndes spirituelles Bewusstsein schließen.
Präkoloniale Ära
Einige der heute in Burkina Faso lebenden Ethnien waren schon zum Ende des ersten Jahrtausends n. Chr. auf dem heutigen Gebiet ansässig und in autonomen Gemeinschaften organisiert. Um das 12. Jahrhundert begann die Zeit der großen Wanderungen, die nach und nach die ethnischen Gruppen aus Ghana oder Mali ins Land brachten, die bis heute die burkinische Bevölkerung ausmachen. Dominiert wurde das Gebiet von den straff hierarchisch organisierten Mossi, mit dem Mogho Naaba als ihrem Kaiser, deren Königreiche im Gegensatz zu den kleinen Gemeinschaften der autonom verwalteten Völker standen. Stammvater dieser Herrscherdynastien der Mossi ist Ouédraogo, der etwa im 15. Jahrhundert über das Reich Tenkodogo herrschte. Es entstanden im weiteren Verlauf unter anderem Ouagadougou und Yatenga. Die Mossi-Reiche behielten ihre Macht und Bedeutung bis zur Ankunft der Franzosen Ende des 19. Jahrhunderts. Im Westen waren die Bobo in Königreichen organisiert und im Norden die Fulbe, die maßgeblich an der Islamisierung der anderen Völker beteiligt waren.
Französische Kolonialzeit
Europäische Erkundungen Ende des 19. Jahrhunderts
Erster Europäer, dessen Betreten heutigen burkinischen Territoriums nachgewiesen werden kann, war der deutsche Afrikaforscher Heinrich Barth, der 1853 Dori besuchte. Nach der Kongokonferenz 1884/1885 waren es vor allem französische Entdecker, Abenteurer und Militärs (Louis-Gustave Binger 1888), die von Norden in das Gebiet des heutigen Burkina Faso vorstießen und damit den Deutschen und Briten zuvorkommen konnten.
Eroberung und Kolonisierung durch die Franzosen um 1900
Durch Verträge und Waffengewalt hatte Frankreich im Jahre 1898 die Herrschaft über das Territorium erlangt und begann mit der administrativen Organisation der Kolonie Obersenegal und Niger, Teil des Territoriums Französisch-Westafrika. 1885 hatte das Königreich Yatenga eine Vertrag mit den Franzosen unterschrieben, da es sich Unterstützung im Streit mit Ouagadougou versprach, Ouagadougou dagegen musste mit Waffengewalt bezwungen werden, worauf der Mossikaiser (Mogho Naaba) in die britische Kolonie Goldküste floh. Die militärische Eroberung wurde von Paul Voulet und Jules Chanoine betrieben, wobei das militärische Fußvolk nicht aus Europäern, sondern Afrikanern aus den Nachbarkolonien bestand. Zum Teil instrumentalisierten die Franzosen bestehende ethnische Konflikte. Sporadisch kam es zu Widerständen vor allem der nicht zentral organisierten Völker.
Gründung der Kolonie Obervolta 1919
1919 wurde eine neue Kolonie Obervolta mit dem Gouverneur Édouard Hesling geschaffen und ihre Ausbeutung in Angriff genommen. Gründe für diesen Schritt waren eine bessere Eindämmung der Revolten und die Umleitung des Stromes der Arbeitssuchenden aus Obervolta in die britische Kolonie Goldküste in Richtung der französischen Elfenbeinküste. 1927 wurde der Kreis Say an die Kolonie Niger angeschlossen.
Aufteilung Obervoltas unter den Nachbarkolonien 1932
Die französischen Herrscher lösten Obervolta 1932 wieder auf und teilten es unter den Nachbarkolonien Elfenbeinküste, Niger und Französisch-Sudan auf, da die Kolonie sich mangels Bodenschätzen als nicht rentabel erwiesen hatte. Vor allem der bevölkerungsreiche Teil, der der Elfenbeinküste zugeschlagen wurde, sollte als Reservoir von Arbeitskräften dienen; durch den Wegfall der Grenze wurde der Einsatz der Obervoltaer in den Plantagen der Elfenbeinküste vereinfacht. 1938 wurde innerhalb der Elfenbeinküste die Region Oberelfenbeinküste geschaffen, bestehend aus den ehemaligen obervoltaischen Kreisen mit Ouagadougou als Sitz eines Gouverneurs.
Wiederherstellung von Obervolta 1947
1944 fand die Konferenz von Brazzaville statt, auf der die Neuordnung des französischen Kolonialreiches beschlossen wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Union française gegründet. Die Kolonien, die mehr Rechte bekommen sollten, wurden zu Überseedepartements und konnten Abgeordnete nach Paris entsenden. Die Wahlen im Jahre 1945 in der Elfenbeinküste, zu der Ouagadougou damals gehörte, wurden zum Ausgangspunkt des Kampfes für die Wiederherstellung Obervoltas in den Grenzen von 1932. Die Union pour la défense et les intérêts de la Haute-Volta (UDI-HV) des Mogho Naaba, des Kaisers der Mossi, tat sich dabei besonders hervor. 1947 wurde das Ziel erreicht und Obervolta existierte zum zweiten Mal in der Geschichte.
Der innerafrikanische Kampf um Unabhängigkeit oder Verbleiben innerhalb der Französischen Gemeinschaft führte zur Gründung der länderübergreifenden Rassemblement démocratique africain (RDA), die panafrikanisch ausgerichtet war und zunächst für Gleichbehandlung der Afrikaner, später für die Unabhängigkeit der Kolonien eintrat. Die Union voltaïque (UV), aus der UDI-HV hervorgegangen, warb für das Beibehalten des herrschenden Status. Der französische Gouverneur Albert Moragues war damit beauftragt die Unabhängigkeitsbestrebungen, vor allem die RDA zu bekämpfen. Die UV, als Partei des Mogho Naaba mit großem Rückhalt der zum großen Teil aus Mossi bestehenden Bevölkerung gestärkt, verlor nach Moragues Versetzung nach Mali 1953 an Rückhalt und eine Zersplitterung der Parteienlandschaft begann. Joseph Conombo, Boni Nazi und Gérard Kango Ouédraogo waren Politiker, die neugeschaffenen Parteien vorstanden.
Unabhängigkeitsbestrebungen in den 1950er Jahren
Die Unterdrückung und Bekämpfung der RDA sowie die Schwächung Frankreichs durch seine Niederlage in Indochina 1954 führten zu immer lauteren Forderungen nach Unabhängigkeit. 1956 begann eine erneute Umstruktierung des französischen Territorialbesitzes, 1958 wurde die Fünfte Republik geschaffen und die Kolonien konnten über ihre Unabhängigkeit abstimmen. Beim Referendum entschied sich Obervolta allerdings, wie die meisten Kolonien außer Guinea, für einen Verbleib bei Frankreich, mit dem zusammen die Entwicklung in Angriff genommen werden sollte. Daniel Ouezzin Coulibaly von der obervoltaischen RDA nahm hier besonders dafür Stellung. Auch Maurice Yaméogo sprach den Afrikanern die Befähigung zur Unabhängigkeit zu diesem Zeitpunkt ab. Mit dem abgelehnten Unabhängigkeitsreferendum – kurz zuvor war der Chef des Ministerrates Ouezzin Coulibaly in Paris verstorben – wurde Obervolta zu einer autonomen Republik, innerhalb der Communauté française mit Frankreich assoziiert. Obervolta schloss sich 1959 der Föderation Mali an, die aber nur kurz bestand hatte, und schließlich dem Conseil d'entente mit Niger, Dahome und der Elfenbeinküste.
Der Blick auf das seit 1958 unabhängige Guinea, der Krieg in Algerien und de Gaulles Aussagen, die Kolonien seien bereit für die Unabhängigkeit führten schließlich auch in Obervolta, am 5. August 1960, zur Ausrufung eines unabhängigen Staates.
Unabhängigkeit Obervoltas
Erster Präsident der neuen Republik Obervolta wurde Maurice Yaméogo, der mit seinem ausschweifenden Regierungsstil das Land ruinierte und 1966 von den Massen zum Rücktritt gezwungen wurde. Die erste Republik war damit beendigt und mit Sangoulé Lamizana folgte ein Militär, der bis 1980 mehrfach die Regierungsformen änderte; nach vier Jahren der Militärherrschaft, wurde 1971 die Zweite Republik ausgerufen, es folgten in kurzer Folge Regierungen des Übergangs und der Nationalen Erneuerung. Die dritte Republik bestand von 1978–1980. In diesem Jahr übernahm das Militär durch einen Staatsstreich die Macht. Präsident wurde Saye Zerbo.
Revolution
Ein erneuter Putsch führte 1982 zu einer Phase von Umwälzungen, an deren Ende 1983 Thomas Sankara die Macht von Jean-Baptiste Ouédraogo übernahm. Sankara war ein panafrikanisch-sozialistischer Revolutionär, der mit den traditionellen Auslandsbeziehungen brach, sich an Ghana, Libyen und Kuba orientierte und das Volk mobilisierte, um den Kampf gegen die Armut aus eigener Kraft anzugehen. Held der Massen, vor allem der Jugend, benannte er das Land 1984 in Burkina Faso um, brachte mit seinem Regierungsstil aber die traditionellen Eliten gegen sich auf und wurde 1987 von seinem engen Verbündeten Blaise Compaoré gestürzt und umgebracht. Diese réctification der Revolution von 1984 wurde von Compaoré damit begründet, dass Sankara die Ziele ebenjener zu verraten im Begriff war.
Ende 1985 eskalierte ein Streit mit dem Nachbarstaat Mali um den wenige km² großen Agacher-Streifen zum offenen Krieg. Dieser Konflikt wurde jedoch bereits nach zehn Tagen eingestellt und schließlich durch einen von beiden Staaten akzeptierten Urteilsspruch des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag endgültig beigelegt.
Demokratisierung

Mit den weltpolitischen Umwälzungen 1989/1991 kam auch Burkina Faso unter Druck, sich zu demokratisieren. 1991 wurde eine neue Verfassung angenommen, die ein Mehrparteiensystem einrichtete. Präsident ist seitdem (wiedergewählt 1998 und 2005 Blaise Compaoré, der das Land bis heute unter seiner Kontrolle hat. Politische und wirtschaftliche Reformen konnten bis heute weder die Armut erfolgreich bekämpfen, noch echte Freiheit schaffen.
Siehe auch
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