Elamische Kunst

Die Elamische Kunst, das Kunstschaffen im Bereich von Elam, einem Reich im heutigen Iran lässt sich über fast vier Jahrtausende verfolgen. Elam stand oftmals unter starken Einfluss aus Mesopotamien. Es gibt aber in Stil, Materialien und Techniken einige Besonderheiten, die das dortige Kunstschaffen deutlich von dem westlichen Nachbarn unterscheidet. Die Entwicklung der Glyptik und Rundplastik lässt sich gut verfolgen. Reste von Malerei gibt es kaum, sieht man von bemalter Keramik ab. Es gibt auch nur wenige Reste monumentaler Architektur.
Das vierte Jahrtausend v. Chr.
Die ältesten Belege von Vorläufern elamischer Kunst stammen aus dem vierten Jahrtausend v. Chr. aus Susa. Aus dieser Zeit stammt vor allem bemalte Keramik. Es gibt daneben auch zahlreiche Bespiele von kleiner Rundplastik. Die Keramik ist oftmals bemalt. Obwohl die Gefäße ähnlich wirken, gibt es doch keine identischen Exemplare. Sie sind also nicht als Massenware gefertigt worden. Die Dekorationen sind meist in brauner Farbe auf einen hellen, beigen Hintergrund angebracht. Es finden sich vor allem geometrische Muster mit stilisierten Tier- und Menschenfiguren. Große Kelche sind anscheinend als Prestigeobjekte produziert worden. [1] Aus dieser Zeit stammen auch verschiedene, wiederum stilisierte Tonfiguren. Eine kleine Figur eines Rindes ist typisch für diese Produktion. Die Figur besteht aus hellem Ton und ist mit braunen Flecken bemalt.[2]
Aus dieser Zeit stammen auch runde Siegelabdrücke. Die Siegel zeigen oftmals figürliche Szenen, tierköpfige Gestalten mit freiem Oberkörper und einem Schmuckanhänger um den Hals. Einige Figuren haben vogelartige Köpfe und scheinen mit Ritualen beschäftigt zu sein. Die Darstellung des Herren der Tiere ist auch beliebt.[3]
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Siegel
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Siegelabdruck
Altelamische Zeit (3000 bis 1500 v. Chr.)
Die Kunstproduktion dieser Zeit ist stark von Mesopotamien beeinflusst, zeigt aber auch einige Eigenheiten und Verbindung zu Kulturen im Osten vom heutigen Iran. Aus Susa stammen einige Beterstatuen, wie sie auch aus Mesopotamien bekannt sind. Ein Exemplar aus Susa zeigt einen stehenden Mann mit den Händen in der typischen Beterhaltung. Das Gesicht und die Körperformen sind stark stilisiert und dabei vor allem stark geometrisch.[4]
Aus dem dritten Jahrtausend v. Chr. stammen auch einige Tafeln, die aus verschiedenen Materialien gefertigt sind und zum Teil ein Loch in der Mitte haben. Solche Tafeln sind auch aus Mesopotamien gut bekannt, wo sie neben Türen angebracht waren. In dem Loch befand sich einst ein Stift um dem wiederum ein Seil befestigt werden konnte, dass die Tür verschloss. Die Figuren auf einer Tafel aus Susa sind wiederum mehr schematisch als die Figuren auf mesopotamischen Tafeln. Auch scheint der elamische Künstler Schwierigkeiten mit dem Loch in der Mitte der Tafel gehabt zu haben. Auf mesopotamischen Tafeln sind die Löcher Teil der Komposition, auf der Tafel aus Susa winden sich die Figuren etwas unelegant darum.[5] Eine Besonderheit elamischer Kunstproduktion ist die Verwendung von Bitumen, das mit anderen Materialien gemischt und dann modelliert und gehärtet wurde. Eine Tafel aus einem Bitumengemisch zeigt zwei nackte Männer und Schlangen und ein vierbeiniges Tier zwischen ihnen. Die Männer haben große Köpfe und sind muskulös. Ihre Darstellung ähnelt anderen Menschendarstellungen aus Kerman, im Osten den Iran.[6]
König Puzur-Inschuschinak (um 2100 v. Chr.) entfaltete in Susa eine rege Bautätigkeit und schmückte die Tempel mit zahlreichen Kunstwerken. Von der Tempelarchitektur ist so gut wie nichts erhalten. Unter dem Herrscher operierte aber wahrscheinlich eine Werkstatt für Steinskulpuren in Susa, die zumindest eine große Statue des Herrschers produzierte. Insgesamt kann man seiner Bautätigkeit etwa 33 Statuen und 12 kleinere Objekte zuschreiben. Einige von ihnen ohne weitere Parallele.[7] Dazu auch die Statue der Göttin Narunte, die vielleicht ihr Kultbild ist und den Namen des Herrschers trägt. Das Werk ist wiederum in mesopotamischen Stil angefertigt. Die Statue ist 109 cm hoch und aus Kalkstein gearbeitet. Das Gesicht war einst wahrscheinlich vergoldet.[8]
Aus dieser Zeit stammen auch zahlreiche Siegel und Siegelabrollungen. Zylindersiegel waren nun die Regel. Sie sind stilistisch oftmals schwer von denen aus Mesopotamien zu unterscheiden. Es gibt Siegel von Beamten, aber auch solche die eine Götterschlacht wiedergeben. Eine bemerkenswerte Ausnahme ist ein Siegel mit einer Melkszene aus Susa. Das Zylindersiegel datiert um 2600 bis 2500 v. Chr. Melkszenen sind aus Mesopotamien gut bekannt, erscheinen dort aber nicht aus Siegeln.[9]
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Beterstatuette
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Statue der Göttin Narunte
Sukkalmah Dynastie (ca. 1900 bis 1500 v. Chr.)
Diese Periode ist weniger gut bezeugt. Zahlreiche Siegel können in diese Zeit datiert werden. Bei Kurangun fanden sich Felsreliefs aus diese Zeit. Sie befinden sich auf einem Felshügel und sind vom Tal aus nicht zu sehen. Es sind keine Inschriften erhalten, die Namen von Personen oder Götter bestätigen. Hier wurde in den Felsen eine freie Kultfläche geschlagen mit einer dekorierten Felswand. In einem unteren Register sieht 26 Fische. Darüber sitzt man ein thronendes Götterpaar. Viele Elemente der Darstellungen auf dem Relief sind sonst nur von Siegeln und Siegelabrollungen bekannt.[10] Die Darstellungen auf Siegeln sind weiterhin stark von Mesopotamien beeinflusst. Es gibt aber auch lokale Eigenheiten. Die Hörner von göttlichen Kopfbedeckungen zeigen nach außen. Meist ist eine Person vor einem thronenden Gott oder König dargestellt. Anstatt Inschriften findet man um die Szene andere Dinge angeordnet, so z.B. Hügel mit Pflanzen, Schlangen oder Ziegen.[11]
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Kurangunreliefs
Mittelelamische Zeit (ca. 1500 bis 1000 v. Chr.)

Die mittelelamische Periode kann als das golden Zeitalter Elams, auch hinsichtlich der Kunstproduktion gelten. Untasch-Napirischa (ca. 1340–1300), Schutruk-Nahhunte, Kutir-Nahhunte (1155–1150) und Šilḫak-Inšušinak I. (1150–1120) waren bedeutende Herrscher, die auch bedeutende Bauwerke, vor allem Tempel errichteten und sie mit Kunstwerken ausschmückten.
Die Bronzeverarbeitung erreichte in dieser Zeit einen Höhepunkt. Die etwa lebensgroße Statue der Napir-Asu ist das herausragende Werk dieser Epoche. Sie zeigt die Königin stehend mit einem weiten Gewand. Die Hände sind über den Bauch gekreuzt. Der Kopf fehlt. Ein anderes Beispiel ist das Model eine Ritualszene, Sit-Schamschi (übersetzt: Sonnenaufgang) genannt. Auf einer Platte sieht man hier zwei Männer bei Ritualen. Die Figuren wurden einzeln gearbeitet und sind dann auf die Platte angebracht worden. Andere Ritualobjekte auf der Platte sind dagegen mit dieser gegossen worden. Einst war die Platte voller, Bäume sind heute verloren.[12]
In der mittelelamischen Periode sind auch zahlreiche Werke in Fayenze hergestellt worden. Es handelt sich einerseits um Verkleidungen von Gebäuden, andererseits gibt es auch Skulpturen aus diesem Material. Eine Rinderfigur aus Tschogha Zanbil, die mit blauer Glazur überzogen ist, trägt eine Inschrift, die ausdrücklich Untasch-Napirischa als Erfinder dieser Technik erwähnt. Aus Tschogha Zanbil stammen mindestens zwei Greifen aus diesem Material, aus Susa ein Löwenpaar.[13] Unter Šilḫak-Inšušinak I. Fassade von Tempel wurden aus mit glasierten Kacheln dekoriert. Sie zeigen große Figuren des Königs und der Königin. Der Herrscher berichtet wiederum, dass er der Erfinder dieser Technik war.[14]
In Bestattungen dieser Zeit fanden sich Porträtköpfe, die meist neben dem Kopf der Bestatteten gefunden wurden. Ihre Funktion ist nicht sicher, sie mögen den Toten darstellen. Es wurde aber auch vorgeschlagen, dass sie Verwandte des Toten darstellen, die auf den Toten schaue. Die meisten Exemplare stammen aus der Zeit des 12. und 11. Jahrhunderts v. Chr. Ein Beispiel aus Haft Tepe mag sogar eine Königin darstellen. Die Köpfe sind noch vereinzelt im 6. Jahrhundert v. Chr. bezeugt, sind aber künstlerisch viel anspruchsloser.
Auch aus dieser Zeit stammen diverse Beispiele für Felsreliefs. Ein gut erhaltenes Beispiel bei Eshkaft-e Salman zeigt vermutliche ein königliches Paar mit einem Prinzen. Sie sind frontal wiedergegeben mit den Händen auf dem Bauch. Die Köpfe blicken nach links in Richtung auf den Eingang einer Höhle. Sie sind dadurch von der Seite abgebildet.[15]
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königliches Paar, Eshkaft-e Salman
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Sit-Schamschi-Modell
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glasierte Rinderstatue
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Poträtkopf aus Bestattung
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Poträtkopf aus Bestattung
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Fassadendekoration
Neuelamische Zeit (ca. 1000 bis 600 v. Chr.)
Werke monumentaler Kunst sind nicht zahlreich überliefert, dafür gibt es aber zahlreiche Werke der Kleinkunst, die teilweise ein sehr hohes künstlerisches und handwerkliches Niveau haben. Einer der wenigen königlichen Monumente ist eine Stele mit dem König auf einem Thron und einer Königin vor ihm stehend.[16]Verschiedene Felsreliefs können in diese Ära eingeordnet werden, obwohl ihre genaue Datierung oftmals unsicher ist. Die Reliefs bei Kul-e Fara zeigen lange Reihen von Personen, vielleicht in einigen Fällen Teilnehmer an einem Bankett. Der König auf einem Thron vor einem Tisch mit Speisen sitzt über der Szene in Relief IV.[17] Bitumen verlor in dieser Periode an Bedeutung als Material, doch gibt es bemerkenswerte Ausnahmen. Das Relieffragment mit Spinnerin ist einer der bekanntesten elamischen Kunstwerke. In der Mitte des Fragments sieht man eine Frau auf einem Hocker knien. Sie ist reich geschmückt und hat sechs Armbänder an jedem Arm. Ihr Gewand ist verziert und auch das Haar ist sorgfältig zurechtgemacht. Sie ist beim Spinnen dargestellt. Hinter ihr steht eine Dienerin, die in beiden Händen einen Fächer hält. Vor der Spinnerin steht ein Tisch mit einem Fisch und runden Objekten, bei denen es sich entweder um Brote oder um Früchte handelt. Ganz rechts ist der Rest eines Gewandes zu sehen, der vielleicht zu einer heute weggebrochenen Figur gehört.
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Relief bei Kul-e Fara
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Relief bei Kul-e Fara
Literatur
- J. Álvarez-MonL The Art of Elam (c. 4200-525 BC). Routledge: London & New York 2020
- Pierre Amiet: Elam, Auvers sur Oise 1966
- Javier Álvarez-Mon, Gian Pietro Basello, and Yasmina Wicks (Hrsg.): The Elamite World, London, New York, ISBN 978-1-138-99989-3
- Prudence O. Harper, Joan Aruz, Françoise Tallon (Hrsg.): The Royal City of Susa, New York 1992, ISBN 0-87099-651-7
Einzelnachweise
- ↑ Frank Hole: Susa I Pottery, in: Prudence O. Harper, Joan Aruz, Françoise Tallon (Hrsg.): The Royal City of Susa, New York 1992, S. 32–41.
- ↑ Agnès Spycket: Mouflon, in: Harper, Aruz, Tallon (Hrsg.): The Royal City of Susa, S. 42, Nr. 15.
- ↑ Joan Aruz: jar sealinbg showing three figures in a riutual scenes, in: Harper, Aruz, Tallon (Hrsg.): The Royal City of Susa, S. 43–44, Nr. 17
- ↑ Zaianab Bahraini, Worshiper, in: Harper, Aruz, Tallon (Hrsg.): The Royal City of Susa, S. 83-84, BNr. 50
- ↑ Zaianab Bahraini: Plaque with Banquet and Animal Combat Scenes, in: Harper, Aruz, Tallon (Hrsg.): The Royal City of Susa, S. 84-85
- ↑ Javier Álvarez-Mon: The Scultural arts of Elam, in in: Álvarez-Mon, Pietro Basello, and Wicks (Hrsg.): The Elamite World, S. 605–607
- ↑ Javier Álvarez-Mon: The Scultural arts of Elam, in in: Álvarez-Mon, Basello, and Wicks (Hrsg.): The Elamite World, S. 605
- ↑ Béatrice André=Salvini: Statue of the goddess Narundi/Narunte, in: Harper, Aruz, Tallon (Hrsg.): The Royal City of Susa, S. 90
- ↑ Joan Aruz: Seals of the Old Elamite Period, in: Harper, Aruz, Tallon (Hrsg.): The Royal City of Susa, S. 106–110
- ↑ Javier Álvarez-Mon: The Scultural arts of Elam, in: Álvarez-Mon, Pietro Basello, and Wicks (Hrsg.): The Elamite World, S. 605–607
- ↑ Dominique Collon: First Impressions, Cylinder Seals in the Ancient Near East, London 1987, ISBN 0-7141-1136-8, S. 55
- ↑ Barbara Helwing Metals and Minning, in: Álvarez-Mon, Basello, and Wicks (Hrsg.): The Elamite World, S. 135–136
- ↑ Noëmi Daucé: The Industry of vitreous materials in Elam, in: Álvarez-Mon, Pietro Basello, and Wicks (Hrsg.): The Elamite World, S. 574
- ↑ Noëmi Daucé: The Industry of vitreous materials in Elam, in: Álvarez-Mon, Basello, and Wicks (Hrsg.): The Elamite World, S. 578
- ↑ Javier Álvarez-Mon: The Sculptural arts of Elam, in in: Álvarez-Mon, Basello, and Wicks (Hrsg.): The Elamite World, S. 617
- ↑ Oscar White Muscarella: Stele of Adda-Hamiti-Inshushinak, in: Harper, Aruz, Tallon (Hrsg.): The Royal City of Susa, S. 198-99, Nr. 140
- ↑ Javier Álvarez-Mon: The Scultural arts of Elam, in in: Alvarez-Mon, Pietro Basello, and Wicks (Hrsg.): The Elamite World, S. 620