Quecksilber(II)-chlorid
Strukturformel | ||||||||||||||||||||||
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Allgemeines | ||||||||||||||||||||||
Name | Quecksilber(II)-chlorid | |||||||||||||||||||||
Andere Namen |
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Summenformel | HgCl2 | |||||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
farb- und geruchloser Feststoff[1] | |||||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||||||||
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Eigenschaften | ||||||||||||||||||||||
Molare Masse | 271,50 g·mol−1 | |||||||||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest | |||||||||||||||||||||
Dichte |
5,4 g·cm−3[2] | |||||||||||||||||||||
Schmelzpunkt | ||||||||||||||||||||||
Siedepunkt |
304 °C[2] | |||||||||||||||||||||
Dampfdruck | ||||||||||||||||||||||
Löslichkeit |
mäßig in Wasser (74 g·l−1, bei 20 °C)[1] | |||||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||||||||
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MAK |
0,1 mg·m−3[1] | |||||||||||||||||||||
Toxikologische Daten | ||||||||||||||||||||||
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Quecksilber(II)-chlorid (HgCl2) oder Sublimat ist eine chemische Verbindung des Quecksilbers aus der Gruppe der Chloride.
Eigenschaften
Quecksilber(II)-chlorid ist eine farblose, kristalline, in Wasser mäßig lösliche, sehr giftige molekulare Verbindung, die bei 281 °C schmilzt. Da sie beim Erhitzen leicht sublimiert, bezeichnet man sie als Sublimat: Der Siedepunkt bei 302 °C ist kaum zu beobachten.[4] Im kristallinen Zustand, in der Dampfphase und in Lösung liegt Quecksilber(II)-chlorid in Form von kovalent gebundenen, linearen Cl−Hg−Cl-Molekülen vor. In wässriger Lösung dissoziieren die Moleküle nur geringfügig in Ionen, daher leitet eine Lösung den elektrischen Strom kaum. Quecksilber(II)-chlorid ist im Vergleich zu anderen Halogeniden wie Quecksilber(II)-iodid, die in Wasser nur in Spuren löslich sind, recht gut löslich.
Aquaporine – Kanalproteine, durch die Wasser eine Biomembran passieren kann – werden durch Quecksilber(II)-chlorid bzw. Quecksilber(II)-ionen spezifisch gehemmt.[5]
Darstellung
Quecksilber(II)-chlorid entsteht beim Erhitzen von Quecksilber(II)-sulfat mit Natriumchlorid und sublimiert dabei als leichtestflüchtige Komponente ab.
Bei der Reaktion von Quecksilber(I)-chlorid mit Chlor oder von Quecksilber(II)-oxid mit Salzsäure oder auch direkt aus den Elementen Quecksilber und Chlor in beheizten Retorten entsteht Quecksilber(II)-chlorid.
Auch die Reaktion von Salzsäure mit Quecksilber(I)-Verbindungen (z. B. Quecksilber(I)-nitrat) ist möglich
Verwendung
Quecksilber(II)-chlorid wirkt pilztötend, darum wurde es früher zum Beizen von Saatgut und zur Imprägnierung von Holz verwendet (Kyanisierung). Da es außerdem antiseptisch wirkt, wurde es als Desinfektionsmittel bei Wunden und bei als Alternative zur Karbolsäure bei Operationen[6] sowie (auch kombiniert mit Alkohol) zur hygienischen Desinfektion von Händen und Unterarmen vor chirurgischen Eingriffen[7] verwendet. In starker Verdünnung wurde es sogar als Arzneistoff eingesetzt[8] und fand wie Kalomel Einsatz als unter die Haut verabreichtes Medikament[9] bei Syphilis.
Dem französischen Anatomen François Chaussier (1746–1828) gelang der Nachweis, dass Quecksilber(II)-chlorid einen Leichnam vor Fäulnis schützt und seine Austrocknung begünstigt. Damit erzielte er einen wesentlichen Fortschritt im Bereich der Leichenkonservierung.[10] Aufgrund seiner fixierenden Wirkung wurde es bis um 1900 als Konservierungsmittel für anatomische Präparate benutzt. Wegen seiner bereits länger bekannten Giftigkeit[11] werden heute jedoch andere Stoffe benutzt.
Auch in der Leichenkonservierung ging man von der alleinigen Verwendung von Quecksilber(II)-chlorid und anderen Metallverbindungen wieder ab, als bemerkt wurde, dass Metall aus der Lösung ausfiel und entstellende Flecken an den solcherart behandelten Leichen hinterließ. Außerdem bewirkte Quecksilber(II)-chlorid eine graue Verfärbung der Haut.[10]
Quecksilber(II)-chlorid ist Bestandteil von Ätzmitteln für die Stahl- und Kupferätzung, Katalysator in der Synthesechemie (zum Beispiel bei der Herstellung von Vinylchlorid) und wird auch als Depolarisator in Trockenbatterien verwendet.[8]
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e Datenblatt Quecksilber(II)-chlorid bei Merck
- ↑ a b c d e f g Eintrag zu Quecksilber(II)-chlorid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich) .
- ↑ Eintrag zu Mercury dichloride in der Datenbank ECHA CHEM der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
- ↑ A. F. Holleman, E. Wiberg, N. Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 91.–100., verbesserte und stark erweiterte Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 1985, ISBN 3-11-007511-3.
- ↑ Ulrich Welsch, Thomas Delle: Lehrbuch Histologie. 3. Auflage, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2010, ISBN 978-3-437-44431-9, Seite 19.
- ↑ Otto Schmidt: Beitrag zur Frage der Verwendung des Sublimat bei Laparotomien. In: Centralblatt für Gynäkologie. Band 10, Nr. 15, 10. April 1886, S. 227–229; Robert Ziegenspeck: Sublimat. Ebenda. Nr. 34, 21. August 1886, S. 546–561.
- ↑ Hans Killian: Hinter uns steht nur der Herrgott. Sub umbra dei. Ein Chirurg erinnert sich. Kindler, München 1957; hier: Lizenzausgabe als Herder-Taschenbuch (= Herderbücherei. Band 279). Herder, Freiburg/Basel/Wien 1975, ISBN 3-451-01779-2, S. 42.
- ↑ a b H. Hager, F.v. Bruchhausen, P. Surmann, E. Nürnberg: Hagers Handbuch Der Pharmazeutischen Praxis. Springer Verlag, 1999, ISBN 3-540-52641-2, S. 472.
- ↑ Emil Stern: Ueber das Quecksilberchlorid-Chlornatrium und seine subcutane Anwendung. In: Berliner klinische Wochenschrift. Band 15, 1878, S. 59–64.
- ↑ a b Magdalena Hawlik-van de Water: Der schöne Tod. Zeremonialstrukturen des Wiener Hofes bei Tod und Begräbnis zwischen 1640 und 1740. Freiburg/Wien 1989, S. 203–211 (über "Die Methoden des Einbalsamierens vom Altertum bis zur Neuzeit").
- ↑ Vgl. etwa Carl Fleischmann: Tödliche Sublimatvergiftung nach einer zweimaligen Scheidenausspülung. In: Centralblatt für Gynäkologie. Band 10, Nr. 47, 20. November 1886, S. 761–765.
Literatur
- Brockhaus ABC Chemie (VEB F. A. Brockhaus Verlag, Leipzig, 1971), S. 1159–1160.
- Friedrich Moll: Große Männer der Holzimprägnierungstechnik. In: Angewandte Chemie 1930, 43, S. 830–834.
- Gefährlicher Stoff mit harmonisierter Einstufung (CLP-Verordnung)
- Erbgutverändernder Stoff
- Stoff mit Verdacht auf reproduktionstoxische Wirkung
- Giftiger Stoff bei Verschlucken
- Giftiger Stoff bei Hautkontakt
- Gesundheitsschädlicher Stoff (Organschäden)
- Ätzender Stoff
- Umweltgefährlicher Stoff (chronisch wassergefährdend)
- Quecksilberverbindung
- Chlorid
- Beschränkter Stoff nach REACH-Anhang XVII