Gagarin – Einmal schwerelos und zurück
Film | |
Titel | Gagarine |
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Produktionsland | Frankreich |
Originalsprache | Französisch |
Erscheinungsjahr | 2020 |
Länge | 97 Minuten |
Stab | |
Regie | Fanny Liatard, Jérémy Trouilh |
Drehbuch | Benjamin Charbit, Fanny Liatard, Jérémy Trouilh |
Produktion | Julie Billy, Carole Scotta |
Musik | Amin Bouhafa, Evgueni Galperine, Sacha Galperine |
Kamera | Victor Seguin |
Schnitt | Daniel Darmon |
Besetzung | |
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Gagarine ist ein Filmdrama von Fanny Liatard und Jérémy Trouilh, das im September 2020 beim Zurich Film Festival seine Premiere feierte und am 18. November 2020 in die französischen Kinos kommen soll.
Handlung

Yuri lebt in der Sozialbausiedlung Cité Gagarine im Südosten von Paris mit Blick auf die Slums der französischen Hauptstadt, die wie er selber nach Juri Gagarin, dem ersten Mann im All, benannt wurde. Mit den Ambitionen, eines Tages selbst Astronaut zu werden, träumt der 16-Jährige von Raumschiffen und fremden Welten, ohne jemals seine Wohnsiedlung verlassen zu haben.
Als die maroden Hochhäuser aus den frühen 1960er Jahren abgerissen werden sollen und seine Freunde und Nachbarn aus ihren Wohnungen ausziehen, ist er entschlossen, die Gagarine auf seine Weise zu retten, zumindest das, was hiervon noch übrig ist.[1][2]
Produktion
Regie führten Fanny Liatard und Jérémy Trouilh. Die eigentlich fiktive Geschichte von Yuri siedelten sie um einen echten Wohnkomplex am Stadtrand von Paris und die tatsächlich mit diesem in Verbindung stehenden Ereignisse an.[3] Die Cité Gagarine mit ihren 374 Wohneinheiten galt als ein Wahrzeichen des sozialen Wohnungsbaus und wurde ab 1961 errichtet, um den großen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum, insbesondere für Arbeiter, zu decken, aber auch um den entstehenden Mikro-Slums entgegenzuwirken.[4][5] Die Cité Gagarine war in den 1960er Jahren der Inbegriff einer erfolgreichen Politik der Parti communiste français.[6][7] Ab den 1980er Jahren wurden Baumängel bekannt, so die Lärm- und Wärmeisolierung und ein Problem mit Asbest, aber auch soziale Probleme wie eine zunehmende Kriminalität im Viertel und der Drogenhandel, weshalb niemand, der auf der Suche nach einer Sozialwohnung war, dort leben wollte, so Romain Marchand, stellvertretender Bürgermeister für Stadtplanung der Stadt Ivry-sur-Seine.[8] Nachdem die Pläne für einen Neubau beschlossen wurden, die Cité Gagarine nach ihrer Leerung zu einer Geisterstadt verkommen[9] und zum Abschluss noch einmal für ein Kunstprojekt genutzt worden war[10][4], wurde im August 2019 mit dem Rückbau begonnen. Die Stadt zog die Dekonstruktion dem Abriss vor, um die Wiederverwendung möglichst vieler Materialien zu ermöglichen.[11][12][13] An gleicher Stelle wurde mit dem Bau eines neuen Stadtteils namens Agrocité begonnen, der über 1.400 Wohneinheiten verfügen soll[4][14], darunter 30 Prozent Sozialwohnungen, aber auch Geschäfte, ein Kindergarten und eine Schule, eine Turnhalle und Flächen zur städtischen Landwirtschaft.[15] Der sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin, der Namensgeber der Cité Gagarine, erscheint im für den Film verwendeten Archivmaterial. Nur ein paar Jahre nach seinem historischen Flug ins All war Gagarin 1963 auf Einladung der kommunistischen Partei zu Besuch in die Cité Gagarine gekommen.[16][3]
Der Nachwuchsschauspieler Alséni Bathily übernahm die Hauptrolle und spielt Y(o)uri. Jamil McCraven spielt dessen besten Freund Houssam und Lyna Khoudri das Roma-Mädchen Diana, in das Yuri verknallt ist. Farida Rahouad spielt eine weitere Freundin namens Fari, die für Yuri eine Art Mutterfigur wird. In einem Cameo-Auftritt ist Denis Lavant als Besitzer eines nahe gelegenen Schrottplatzes zu sehen.[3]
Als Kameramann fungierte Victor Seguin. Das Szenenbild stammt von Marion Burger, die bei ihrer Arbeit die Beton-Gips-Ästhetik der Cité Gagarine mit Found-Object-Kunst verschmolz.[3]
Anfang Juni 2020 wurde bekannt, dass sich Gagarine in der „offiziellen Selektion“, einer Auswahl von 56 Filmen der ursprünglich für Mai 2020 geplanten Filmfestspiele von Cannes befindet, die aufgrund der Coronavirus-Pandemie in ihrer gewohnten Form abgesagt wurden.[1] Ende September 2020 feierte der Film beim Zurich Film Festival seine Premiere in der Schweiz[2] und kurz später beim Hamburg Film Festival seine Deutschlandpremiere. Ab 7. Oktober 2020 wurde er beim Filmfest Cologne vorgestellt[1], ab Ende Oktober 2020 soll er beim Busan International Film Festival gezeigt werden.[17] Ein Kinostart in Frankreich ist am 18. November 2020 geplant. Ende November 2020 soll er in der 54-½-Edition des Karlovy Vary International Film Festivals gezeigt werden.[18]
Auszeichnungen (Auswahl)
- Nominierung als Bester Debütfilm (Fanny Liatard und Jérémy Trouilh)[19]
Europäisches Filmfestival Sevilla 2020
- Nominierung für den Golden Giraldillo[20]
Film Fest Gent 2020
- Auszeichnung mit dem Explore Award der Jugendjury[21]
International Independent Film Festival Bordeaux 2020
- Auszeichnung für die Beste Filmmusik (Evgueni und Sacha Galperine)[22]
Zurich Film Festival 2020
- Nominierung für das Goldene Auge im „Internationalen Spielfilm Wettbewerb“ (Fanny Liatard und Jérémy Trouilh)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c Gagarine. In: filmfestival.cologne. Abgerufen am 25. Oktober 2020.
- ↑ a b Gagarine. In: zff.com. Abgerufen am 25. Oktober 2020.
- ↑ a b c d Jessica Kiang: 'Gagarine': Cannes Film Review. In: Variety, 23. Juni 2020.
- ↑ a b c Mona Prudhomme: Ivry-sur-Seine: La cité Gagarine transformée en galerie d’art éphémère à Ivry. In: 12. September 2019. (Französich)
- ↑ https://objectifgrandparis.fr/bye-bye-gagarine-ivry-change-depoque-pas-de-politique/
- ↑ Silvia Ayuso: Adiós a la Ciudad Gagarin, el “escaparate” del ideario comunista francés. In: El País, 8. September 2019. (Spanisch)
- ↑ Constant Méheut und Norimitsu Onishi: French Housing Project, Once a Symbol of the Future, Is Now a Tale of the Past. In: The New York Times, 11. September 2019.
- ↑ https://objectifgrandparis.fr/bye-bye-gagarine-ivry-change-depoque-pas-de-politique/
- ↑ Maxime François: Ivry: au cœur de Gagarine, cité fantôme. In: Le Parisien, 9. Mai 2019. (Französisch)
- ↑ Le voyage de Gagarine, une galerie éphémère sur 7 étages / Ivry sur Seine. In: doubleface.org, 28. März 2019. (Französisch)
- ↑ https://objectifgrandparis.fr/bye-bye-gagarine-ivry-change-depoque-pas-de-politique/
- ↑ https://www.neues-deutschland.de/artikel/1126457.sozialer-wohnungsbau-abschied-von-gagarin.html
- ↑ https://www.derstandard.de/story/2000108045705/goodbye-gagarin-paris-reisst-bekannte-plattenbausiedlung-ab
- ↑ https://objectifgrandparis.fr/bye-bye-gagarine-ivry-change-depoque-pas-de-politique/
- ↑ La cité ouvrière Gagarine d’Ivry sera remplacée par un écoquartier. In: Le Figaro, 31. August 2019. (Französisch)
- ↑ Simon Zeise: Ökoopfer des Tages: Juri Gagarin. In: Junge Welt, 31. August 2019.
- ↑ https://www.biff.kr/eng/html/program/prog_view.asp?idx=49679&c_idx=343&sp_idx=&QueryStep=2
- ↑ Martin Kudláč: The Karlovy Vary IFF unveils the full line-up for its special 54 ½ edition. In: cineuropa.org, 20. Oktober 2020.
- ↑ Six debut films nominated for the European Film Awards. In: cineuropa.org, 8. Oktober 2020.
- ↑ Gagarine. In: festivalcinesevilla.eu. Abgerufen am 25. Oktober 2020.
- ↑ 'Petite fille' en 'Servants' triomferen op 47ste Film Fest Gent. In: frontview-magazine.be, 24. Oktober 2020. (Niederländisch)
- ↑ https://www.cineuropa.org/en/newsdetail/393887