Fritz ter Meer

Friedrich (Fritz) Hermann ter Meer (* 4. Juli 1884 in Uerdingen (heute zu Krefeld); † 21. Oktober 1967 in Leverkusen) war ein deutscher Chemiker und Unternehmer. Von 1925 bis 1945 war er Vorstandsmitglied der I.G. Farben. Im I. G.-Farben-Prozess wurde er 1948 als Kriegsverbrecher verurteilt. Von 1956 bis 1964 war er Aufsichtsratsvorsitzender der Bayer AG.
Familiäres
Fritz ter Meer war der Sohn von Hermann Edmund ter Meer (1852–1931), Gründer der Teerfarbenfabrik Dr. E. ter Meer & Cie in Uerdingen. Seine Familie lässt sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Fritz ter Meer war Schwiegervater des ehemaligen CDU-Schatzmeisters Walther Leisler Kiep[1] und Großonkel des Filmemachers Bernhard Sinkel.[2]
Zeit bis 1945
Nach dem Abitur in Krefeld studierte ter Meer zwischen 1903 und 1908 in Frankreich und Deutschland Chemie und kurzzeitig auch Rechtswissenschaften. 1904 wurde er Mitglied des Corps Suevia Tübingen.[3] Ter Meer wurde 1909 in Berlin zum Dr. phil. promoviert mit der Dissertation Zur Kenntnis der Äther von Isonitrosoketonen. Anschließend folgten vertiefende Studien zur Färberchemie in Krefeld sowie Auslandsaufenthalte in Frankreich und England. Danach war er in der familieneigenen Firma Dr. E. ter Meer & Cie tätig, wo er leitende Funktionen bekleidete und 1919 Mitglied des Vorstands wurde.[4]
Von 1925 bis 1945 war Fritz ter Meer Mitglied im Vorstand der I.G. Farben AG. Zudem war er ab 1932 Mitglied des Arbeitsausschusses und des Technischen Ausschusses, Leiter der Sparte II im Reichskriegsministerium und Wehrwirtschaftsführer. 1935 kaufte Fritz ter Meer einen etwa 4,5 Hektar großen Teil des Parks des Anwesens der Frankfurter Bankiersfamilie von Guaita und ließ darauf einen großzügigen Landsitz erbauen, den er selbst bis 1945 bewohnte. [5] Nach der Lockerung der Aufnahmesperre trat er im Mai 1937 der NSDAP bei.[6] Am 7. September 1939 verabredeten er und Heinrich Hörlein mit dem Heereswaffenamt die Herstellung des Nervengases Tabun. Beim Bau der dafür vorgesehenen Giftgasfabrik in Dyhernfurth wurden über 100 Kriegsgefangene eingesetzt.[7] Im September 1943 wurde er Generalbevollmächtigter für Italien des Reichsministers für Rüstung und Kriegsproduktion.[8]
Während des Zweiten Weltkriegs war er verantwortlich für den Aufbau des Buna-Zweigwerkes der I.G.-Farben bei Auschwitz mit dem angeschlossenen KZ Auschwitz III Monowitz,[4] in dem zur Substanzprüfung Menschenversuche stattfanden und rund 25.000 Zwangsarbeiter unter grausigen Umständen den Tod fanden. 1943 erhielt er das Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes.
Nachkriegszeit
Nach dem Zusammenbruch 1945 wurde der gesamte Vorstand der I.G. Farben in Haft genommen und in Nürnberg vor Gericht gestellt. ter Meer wurde selbst im April 1945[4] festgenommen und im im I.G.-Farben-Prozess am 30. Juli 1948 wegen Plünderung und Versklavung im Zusammenhang mit dem KZ Auschwitz III Monowitz als Kriegsverbrecher zu sieben Jahren Haft verurteilt.
Als er im Prozess befragt wurde, ob er die Versuche an Menschen im KZ Auschwitz für gerechtfertigt gehalten habe, antwortete er, dass dies unerheblich gewesen sei:
„Den Häftlingen ist dadurch kein besonderes Leid zugefügt worden, da man sie ohnedies getötet hätte.“[9]
Er wurde im Sommer 1950 wegen „guter Führung“ vorzeitig aus der Haft im Kriegsverbrechergefängnis Landsberg entlassen[10] und unmittelbar nach Aufhebung der Kriegsverbrecher-Sperrklausel des Alliierten Gesetzes Nr. 35 im Jahr 1956[11] Aufsichtsratsvorsitzender der Firma Bayer AG, diese Position hatte er bis 1964 inne.
In den Folgejahren nahm er zudem Aufsichtsratsposten bei einer Reihe weiterer Firmen an, so unter anderem Th. Goldschmidt AG, Commerzbank-Bankverein AG, Duewag, VIAG und Bankverein Westdeutschland AG. Seine Leistungen beim Wiederaufbau der chemischen Industrie in Deutschland gelten als bedeutsam.
Fritz ter Meer widmete sich in den Nachkriegsjahren auch mit privaten Mitteln dem Aufbau von Stiftungen, die sozialen Zielen dienten.
Seinem Andenken ist die von seinem Arbeitgeber gestiftete Fritz-ter-Meer-Stiftung – heute Bayer Science & Education Foundation – gewidmet, die Chemiestudenten durch Stipendien fördert.
Literatur
- Manuela Wex: ter Meer, Fritz. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, ISBN 3-428-00197-4, S. 606–608 (Digitalisat).
- Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Fischer, Frankfurt am Main 2007. ISBN 978-3-596-16048-8. (Aktualisierte 2. Auflage)
- Jens Ulrich Heine: Verstand & Schicksal: Die Männer der I.G. Farbenindustrie A.G. (1925–1945) in 161 Kurzbiographien. Verlag Chemie, Weinheim 1990, ISBN 3-527-28144-4.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Walther Leisler Kiep: Brücken meines Lebens: die Erinnerungen. ISBN 3-7766-2444-2, S. 42 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Harald Wieser: Eine Tracht Prügel pünktlich um sechs. In: Der Spiegel. Nr. 23, 1985, S. 176–184 (online).
- ↑ Kösener Corpslisten 1960, 129, 629.
- ↑ a b c Biografie Fritz ter Meer. Wollheim-Memorial
- ↑ Interaktive Karte « KulturRegion FrankfurtRheinMain. Abgerufen am 22. Oktober 2020.
- ↑ Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Zweite aktualisierte Auflage. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 399.
- ↑ Die Pest ist denkbar unzuverlässig. In: Der Spiegel. Nr. 52, 1969, S. 98–99 (online – zur B + C-Rüstung des „Dritten Reiches“).
- ↑ Angaben gemäß Jens Ulrich Heine: Verstand und Schicksal. …
- ↑ Anette Wilmes: Feature. In: DeutschlandRadio Berlin, 30. Juni 1998; abgerufen 14. September 2008.
- ↑ Norbert Frei: Die Manager der Nazis. In: Der Spiegel. Nr. 20, 2001, S. 180 (online).
- ↑ „Fritz ter Meer, Mitgründer der „I. G. Auschwitz“ und in Nürnberg zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, wurde 1956 zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Bayer AG gewählt“. – In die Speichen des Kriegsrades gegriffen. In: Der Spiegel. Nr. 6, 1980, S. 96 (online).
Personendaten | |
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NAME | Meer, Fritz ter |
ALTERNATIVNAMEN | Meer, Friedrich Hermann ter; ter Meer, Fritz |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Chemiker |
GEBURTSDATUM | 4. Juli 1884 |
GEBURTSORT | Uerdingen |
STERBEDATUM | 21. Oktober 1967 |
STERBEORT | Leverkusen |