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Benutzer:Andibrunt/Geisterfotografie

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Mr. und Mrs. Gibson mit dem Geist ihres verstorbenen Sohnes. Geisterfotografie von William Hope, 1919.

Als Geisterfotografien werden fotografische Aufnahmen bezeichnet, auf den scheinbar Geister, zumeist Abbilder Verstorbener, zu sehen sind. Sie zählen zu den sogenannten paranormalen Phänomenen. Die Geisterfotografie wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und im frühen 20. Jahrhundert von Kommerziellen Fotografen sowie von Spiritisten und Geisterjägern betrieben. Die meisten dieser Fotos wurden als Fälschungen enttarnt, die durch Doppelbelichtungen und ähnlichen Fotomanipulationen erzeugt wurden.

Geschichte

19. und frühes 20. Jahrhundert

Fotografisches Porträt Prinz Arthurs von 1854. Am rechten Bildrand ist Arthurs Kindermädchen zu sehen, die kurz ins Bild tritt, um den Prinzen festzuhalten.[1]

Die ersten Geisterfotografien entstanden in der Frühzeit der Fotografie aufgrund der langen Belichtungszeiten bei Aufnahme des Motivs. Objekte, die während der Aufnahme bewegt wurden, oder Personen, die kurz in den Bildraum hineintraten, wurden als Schemen oder nur schwach sichtbar auf dem fertigen Foto dargestellt.[1] Man erkannte schnell, dass man diese unbeabsichtigt misslungenen Bilder als Kuriosität vermarkten konnte. Im Jahr 1856 beschrieb der schottische Physiker David Brewster detailliert, wie man scheinbar übernatürliche Effekte bei stereoskopischen Aufnahmen erzielen konnte, indem man Personen erst kurz vor Ende der Belichtungszeit in den Bildraum eintreten lässt. Diese „geisterhafte Erscheinungen“ waren zur Belustigung gedacht.[2]

Vereinigte Staaten

William H. Mumler, Porträtzeichnung von 1869.

Das wachsende Interesse am Spiritismus auf der einen Seite und dem Erstarken der religiösen Erweckungsbewegungen auf der anderen Seite, sorgte verbunden mit dem Schrecken des Amerikanischen Bürgerkriegs dafür, dass zunehmend die Menschen daran glaubten, dass die Geisterfotografie tatsächlich einen übersinnlichen Ursprung hatte.[3] Der erste, der erfolgreich Geisterfotografien als Beleg für die Existenz von Gespenstern vermarktete, war der US-Amerikaner William H. Mumler. Eine versehentliche Doppelbelichtung einer bereits zuvor verwendeten und nicht gründlich gereinigten Fotoplatte ließ Mumler glauben, den Geist seiner verstorbenen Cousine auf einem Selbstporträt zu erkennen.[4] Basierend auf dieser Erfahrung richtete Mumler 1862 in Boston ein eigenes Fotostudio ein, in dem er zusammen mit seiner Ehefrau seine Dienste als Medium und Ersteller echter Geisterfotografien anbot. Seine Fotografien wurden zu einer Sensation, über die auch in Europa berichtet wurde.[5]

Mumlers Geschäft erwies sich als äußerst lukrativ, doch es mehrten sich die Stimmen, die seine Bilder als Fälschungen bezeichneten. Mumler verließ 1868 Bostom und eröffnete ein Atelier in New York. Auch dort sah er sich Skeptikern gegenüber. In einem Aufsehen erregenden Prozess wurde er 1869 unter anderem von P. T. Barnum des Betrugs angeklagt, das Gericht sah aber keinen schlüssigen Beweis für die Fälschung der Fotografien.[6] Zu Mumlers berühmesten Aufnahmen zählt eine um 1872 angefertigte Fotografie von Mary Todd Lincoln, der Witwe des 1865 ermordeten US-Präsidenten Abraham Lincoln. Obwohl sie Mumler unter einem anderen Name vorgestellt wurde, gelang es Mumler eine Foto anzufertigen, auf dem scheinbar Abraham Lincoln hinter der Frau stand.[7]

Frankreich und England

Mumlers Fotografien fanden zahlreiche Nachahmer in den 1860er und 1870er Jahren, nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch in Frankreich und im Vereinigten Königreich. Fotografen boten sogar Bibeln mit Geisterfotografien von Mose, Abraham und weiteren alttestamentlichen Propheten an.[8] Die Popularität solcher Bilder schwand Ende in den Vereinigten Staaten Ende des 19. Jahrhunderts, als immer mehr spiritistische Medien als Schwindler entlarvt wurden. Artikel in fotografischen Journalen beschrieben detailliert diverse Methoden wie Doppelbelichtungen oder Retusche, mit denen jeder Amateurfotograf Geisterfotografien erstellen konnte.[9]

Beispiele historischer Geisterfotografien

Moderne Varianten

Literatur

Commons: Spirit photography – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Colin Harding: G is for… Ghosts: The Birth and Rise of Spirit Photogaphy. Webseite des National Science and Media Museum (abgerufen am 17.Oktober 2020).
  2. David Brewster: The Stereoscope: Its History, Theory, and Construction. John Murray, London 1856, S. 205-206.
  3. Clive Bloom: Gothic Histories: The Taste for Terror, 1764 to the Present. Continuum, London 2010. ISBN 978-1-8470-6050-1, S. 153.
  4. Jennifer Tucker: Nature Exposed: Photography as Eyewitness in Victorian Science. Johns Hopkins University Press, Baltimore 2005. ISBN 0-8018-7991-4, S: 73-74.
  5. Für einen zeitgenössischen Bericht über das Aufsehen in London, siehe Regenburger Zeitung vom 7. Dezember 1862, S. 1346-1347.
  6. Louis Kaplan: Ghosts Just for Laughs: Spirit Photography and Debunking Humor. In: Photography Performing Humor (Mieke Bleyen, Liesbeth Decan, Hrsg.). Leuven University Press, Leuven 2019. ISBN 978-94-6270-165-6, S: 98-101.
  7. Jason Emerson: Mary Lincoln for the Ages. Southern Illinois University Press, Carbondale 2019. ISBN 978-0-8093-3675-3, S. 42.
  8. R. Gregory Lande: Psychological Consequences of the American Civil War. McFarland, Jefferson 2017. ISBN 978-1-4766-6737-9, S. 85.
  9. Oliver Krüger: Die mediale Religion: Probleme und Perspektiven der religionswissenschaftlichen und wissenssoziologischen Medienforschung. transcript, Bielefeld 2012. ISBN 978-3-8376-1874-7, S. 18.