Populationsdynamik
Die Populationsdynamik ist ein Teilgebiet der Biologie, speziell der Ökologie, das die Veränderungen der Größe einer Population von Lebewesen beschreibt. Der Begriff wird auch für die Entwicklung der Anzahl der Individuen einer Population selbst, also den Gegenstand der Populationsdynamik als Wissenschaftsgebiet, benutzt.
Logistisches Wachstum
Für ein System, das nur eine einzige Art enthält (z.B. Bakterienkultur), wird die Dynamik der Population durch die logistische Wachstumskurve beschrieben. Einflussfaktoren sind
- die Geburtenrate
- die Sterberate
- der begrenzende Kapazitätsfaktor
In der Natur wird dieser idealisierte Fall durch weitere Faktoren beeinflusst:
- dichteunabhängige Faktoren, z.B.
- Klima
- Ressourcen wie Nahrung, Licht, Nährsalze
- dichteabhängige Faktoren, z.B.
- Raumangebot
- Versteckmöglichkeiten
- Gedrängefaktor
- Auswanderung
Synökologische Aspekte
Natürliche, aber auch die meisten künstlichen Systeme, bestehen aus mehreren Arten, zwischen denen verschiedene Wechselwirkungen bestehen:
Strategien
Die Populationsdynamik von Arten wird nicht zuletzt durch unterschiedliche Vermehrungsstrategien beeinflusst. Dabei geht es um die Frage, wie die begrenzten Ressourcen an Energie und Stoffen einer Generation für die nächste Generation verfügbar gemacht werden.
- r-Strategie: Arten mit dieser Strategie produzieren viele Nachkommen, an die jeweils nur geringe Ressourcen weitergegeben werden. Ein Beispiel dafür sind Grasfrösche. Jedes Weibchen legt 3000-4000 Eier mit geringem Nahrungsvorrat im Dottersack, eine Brutpflege findet nicht statt. Die meisten Kaulquappen erreichen nicht das Erwachsenenalter. Diese Arten sind in der Lage, neue Lebensräume rasch zu besiedeln. Bei hoher intraspezifischer Konkurrenz und großen Druck an Räubern hat diese Strategie jedoch Nachteile.
- K-Strategie: Arten mit dieser Strategie produzieren nur wenige Nachkommen, die jedoch durch fortgeschrittene Entwicklung und insbesondere durch Brutfürsorge und Brutpflege häufig erwachsen und fortpflanzungsfähig werden. Beispiele hierfür sind Elefanten, Menschen, Wale. Arten mit dieser Strategie können auch in stark strukturierten Lebensräumen und lang entwickelten Ökosystemen die jeweilige Kapazitätsgrenze ausschöpfen.
Population als System
Im Folgenden soll auf Grund systemtheoretischer Überlegungen eine mathematische Modellierung entwickelt werden. Es wird zunächst davon ausgegangen, dass die Ressourcen für die Population unbegrenzt vorhanden sind. In Abweichung von manchen Literaturstellen werden Geburtenrate (birthrate) und Sterberate (mortality rate) als systeminterne Steuergrößen angesehen. Eine Populationsänderung zum Beispiel durch Geburt wird also nicht als Folge eines Zuflusses von außen aufgefasst. (Dies träfe eher auf Einwanderung zu). Wechselwirkungen mit der Umwelt in Form von Zu- oder Abwanderungen werden ebenfalls nicht berücksichtigt.
- Die Geburtenrate ist die positive Steuergröße: Je größer die Geburtenrate ist, um so größer wird die Population.
- Die Sterberate ist die negative Steuergröße: Je größer die Sterberate ist, um so kleiner wird die Population.
Population als isoliertes System ohne Rückwirkung
Einfluss der Geburtenrate
Es wird nur der Einfluss der Geburtenrate auf die Änderungsgeschwindigkeit der Populationsgröße N betrachtet:
Daraus ergibt sich (durch Integration) unter der Voraussetzung, dass die Geburtenrate konstant ist () für die Populationsgröße zu jedem beliebigen Zeitpunkt t mit der Ausgangsgröße N(t=0) =N0:
(1)
Dies ergibt ein positives lineares Wachstum, dessen Wachstumsgeschwindigkeit nur von der Geburtenrate abhängt: Je höher die Gebrutenrate ist, desto rascher erfolgt das Wachstum.
Dieses System kann als Modell für Insektenstaaten (Bienen, Ameisen, Termiten) oder andere Tierpopulationen (Wolfsrudel) gelten, bei welchen nur ein Weibchen Junge zur Welt bringt, allerdings unter Vernachlässigung der Sterberate. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass die Modellierung zu einem kontinuierlichen Wachstum führt, das aber in der Natur in diskreten Schritten erfolgt. Auch dürfte die Geburtenrate nur zeitweise unter Idealbedingungen konstant sein.
Einfluss der Sterberate
Für die Sterberate ergibt sich:
mit = c2 = const > N0:
(2)
Damit ergibt sich ein negatives lineares Wachstum.
Die Extinktionszeit, die Zeit also, wann die Population ausgestorben ist, lässt sich mit berechnen
In der Natur gibt es hierfür keine Entsprechung, da hier die Sterberate stets von der Populationsgröße abhängt. Eine regelmäßige Entnahme von Tieren zum Beispiel aus einer Schlachtvieh-Herde würde schon der Veränderung in einem offenen System entsprechen.
Einfluss von Geburten- und Sterberate
Werden Geburten- und Sterberate gleichzeitig berücksichtigt, ergibt sich die zeitliche Veränderung der Population aus:
Einsetzen der Gleichungen (1) und (2) und anschließende Integration ergeben:
Zwar liegt jetzt immer noch lineares Wachstum vor, ob aber die Population zu- oder abnimmt oder stagniert, hängt von der Größe der Geburten- und Sterberate ab:
- c1>c2: positives Wachstum
- c1<c2: negatives Wachstum mit
- c1=c2: Nullwachstum (Stagnation)
Population als isoliertes System mit Rückwirkung
In der Natur hängen Geburten- und Sterberate von der Populationsdichte und von der Kapazität des Ökosystems ab.
unabhängge Geburtenrate und abhängige Sterberate
Im Folgenden soll die Geburtenrate weiterhin von der Populationsgröße unabhängig sein, während die Sterberate von der Populationsdichte abhängt: (Je größer die Populationsdichte ist, desto größer ist die Sterberate). Aus dieser Proportionalität ergibt sich mit Hilfe des Proportionalitätsfaktors c2 = const > 0 die Gleichung
Für die Änderungsgeschwindigkeit der Populationsgröße auf Grund der Sterberate allen ergibt sich damit:
(3)
daraus ergibt sich durch Integration:
die Einbeziehung der konstanten, von der Populationsdichte unabhängigen Geburtenrate, ergibt:
Durch Integration ergibt sich die Gleichung
Dieses System kann in einen von N0 verschiedenen Gleichgewichtszustand übergehen. Gleichgewicht herrscht dann, wenn genau so viele geboren werden wie auch wieder sterben, wenn also , oder auch wenn die Änderungsrate der Populationsgröße ist: Aus Fehler beim Parsen (Syntaxfehler): {\displaystyle \frac {dN}{dt} = c_1 – c_2 N_{eq}(t) = 0} ergibt sich damit für die Populationsgröße im Gleichgewicht (equilibrium):
Wenn befindet sich das System von Anfang im Gleichgewicht und damit im stationären Zustand, trotz Zuwachs durch Geburt und Verlust durch Tod ändert sich die Populationsdichte nicht, es liegt Nullwachstum vor. Andernfalls wird (mathematisch) der Gleichgewichtszustand erst mit erreicht. Der Zeitpunkt , ab dem man praktisch von Gleichgewicht sprechen kann, ließe sich mit der Festlegung berechnen, dass ein im Vergleich zu minimaler UNterschied von N (zum Beispiel 0,01 %) bereits als Gleichgewichtssituation betrachtet wird.
Halbwertszeit der Gleichgewichtskurve:
In Anlehnung an die Enzymkinetik ließe sich ein Zeit berechnen, die der Michaeliskonstante entspricht. t½Neq wäre der Zeitpunkt, an dem die Population die Hälfte der Gleichgewichtsgröße erreicht hat:
Gebruten- und Sterberate abhängig
- Tragen in Populationen alle Weibchen zur Geburtenrate bei, ist auch die Geburtenrate von der Populationsdichte abhängig: ~ N. (Je größer die Populationsdichte, desto größer die Geburtenrate.) Aus dieser Proportionalität ergibt sich mit Hilfe des Proportionalitätsfaktors c1 = const > 0 die Gleichung .
- Für die Änderungsgeschwindigkeit der Populationsgröße auf Grund der Gebrutenrate ergibt sich :damit:
- daraus ergibt sich durch Integration:
Damit ergibt sich für die Änderungsgeschwindigkeit der Populationsgröße unter Einbeziehung von Geburten- und Sterberate:
- daraus ergibt sich durch Integration:
Fallunterscheidungen:
- c1 = c2: Nullwachstum (stationär) bei N0
- c1 > c2: positives exponentielles Wachstum (beschleunigte Zunahme)
- c1 < c2: negatives exponentielles Wachstum (verzögerte Abnahme)
Dieses System hat keinen von N<sb>0 verschiedenen Gleichgewichtszustand.
- Bei einer realen Population hängen allerdings Geburten- und Sterberate nicht nur von der Populationsdichte sondern auch vom Abstand der Population von der Kapazitätsgrenze, das ist die im System maximal mögliche Populationsgröße, ab: Je näher eine Population an der Kapazitätsgrenze ist (je kleiner also die Differenz K-N), desto niedriger wird die Geburtenrate und desto höher wird die Sterberate.