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Qasr Abu Rukba

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Qasr Abu Rukba
Limes Limes Arabiae et Palaestinae
Abschnitt Limes Arabicus
(vordere Limeslinie)
Datierung (Belegung) spätrömisch bis
frühbyzantinischen
Typ Burgus
Größe 10,50 m × 10,90 m[1]
Bauweise Stein
Erhaltungszustand gut erhaltenes, rund 9,7O m hoch erhaltenes Bauwerk
Ort Qasr Abu Rukba
Geographische Lage 31° 6′ 42,2″ N, 35° 52′ 47,5″ O
Höhe 954 m
Vorhergehend Qasr Bshir (Castra Praetorii Mobeni)
(vordere Limeslinie) (nördlich)
Anschließend Umm Ubtulah
(vordere Limeslinie) (südlich)

Qasr Abu Rukba, das auch unter dem Namen Abu Rukbe bekannt wurde,[2] ist die moderne Bezeichnung eines spätantiken Burgus der römischen und byzantinischen Grenztruppen. Das gut erhaltene Bauwerk befindet sich im Gouvernement al-Karak in Jordanien.

Lage und Forschungsgeschichte

Der Burgus wurde an der in diesem Bereich südöstlich-nordwestlich orientierten Hangkante eines Plateaus errichtet. Er bot seiner Besatzung eine ausgezeichnete Aussicht auf Fajj el-Useikhir sowie auf die jordanische Wüstenzone im Osten.[1] Von dieser strategisch herausragenden Position fällt das Gelände nach Nordosten auf einer 590 Meter langen Gefällstrecke fast 60 Meter zum Wadi Abu Rukba hin ab. Nur 1,35 Kilometer südwestlich des Burgus befindet sich ein kleiner Wachturm auf einer leichten Erhebung am dortigen Endpunkt des Plateaus.[3]

Zum ersten Mal wurde der Burgus während der in den Jahren 1897 und 1898 durchgeführten Forschungsreisen des österreichischen Althistorikers Alfred von Domaszewski (1856–1927) und des deutsch-amerikanischen Philologen Rudolf Ernst Brünnow (1858–1917) wissenschaftlich untersucht. Die beiden zeichneten nicht nur den ersten Aufriß und Grundriß des Bauwerks, sondern dokumentierten die Befunde auch mittels Photographien.[2] Von Domaszewski und Brünnow besuchten als akribische Forscher nicht nur den römischen Limes sondern viele weitere antiken Stätten der einstigen Provinz Arabia.

Trotz dieser frühen Untersuchungen gehörte der Limes im heutigen Jordanien in der Folgezeit bis Anfang der 1980er Jahre zu den am wenigsten untersuchten Grenzregionen des Römischen Reiches. Den ausschlaggebenden Beitrag zur modernen Erforschung des spätantiken Limes Arabicus leisteten die Untersuchungen des amerikanischen Provinzialrömischen Archäologen Samuel Thomas Parker, der mit einer Mannschaft aus Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen von 1980 bis 1989 archäologische Expeditionen unternahm. Als Leiter des Limes Arabicus Projects legte er dabei seinen Schwerpunkt auf den römischen Grenzverlauf in Zentraljordanien. Unter Parker wurde der Burgus erneut vermessen und ein weiterer Plan gezeichnet, der die Ergebnisse des ersten Planes bestätigte und ergänzte.[4]

Baugeschichte

Der große, gut erhaltene rechteckige Burgus besitzt einen Umfang von 10,50 m × 10,90 Metern. Mit seinen vier Ecken orientiert sich das Bauwerk fast genau nach den Haupthimmelsrichtungen. Im Osten und Norden haben sich Reste einer steinernen Vorfeldsicherung des Burgus in Form einer Einfriedung erhalten. Parker konnte während seiner Untersuchungen noch bis zu 27 aufgemauerte Schichten feststellen und in der Nordwestecke eine noch vorhandene Höhe von bis zu 9,70 Metern dokumentieren. Damit war dieser Burgus während seiner Nutzungsdauer mindestens drei Stockwerke hoch. Die Mauern haben eine durchschnittliche Stärke von 1,30 Metern und bestehen aus behauenen Bruchsteinblöcken die in Mörtel gesetzt waren und lagenhaft verlegt wurden. Im zweiten Stockwerk waren sowohl in der Südwest- als auch der Südostwand zwei Schlitzfenster eingelassen worden; der 1,35 Meter breite ebenerdige Eingang befand sich im Nordwesten.[1] Ebenfalls an der Nordwestseite befand sich eine steinerne Treppe, durch die der erste Stock des Burgus erreicht werden konnte. Die Treppe lief über den Eingang hinweg. Die in der Außenmauer verankerten roh gehauenen Treppensteine waren 0,85 Meter lang und zwischen 0,45 und 0,40 Meter breit. 0,90 Meter über dem Eingang befand sich eine 2,10 Meter breite Zwischenplattform der Treppe.[2]

Mehrere nahe gelegene Zisternen versorgten unter anderem die Grenzschutzsoldaten mit Wasser. Diese in der Wüstenzone wichtigen Wassereservoirs befinden sich entlang der Straßentrasse, die von Fajj el-Useikhir auf das Plateau hinaufsteigt und nach Norden in Richtung des Legionslagers Betthorus[5] führt. Möglicherweise entstanden die Zisternen um den Verkehr auf dieser Route überwachen zu können, da die Reisenden hier einen Halt einlegen konnten.[1]

Datierung

Parker nutzte bei seinen Forschungsexpeditionen zum spätantiken Limes Arabicus ein stratigraphisches Schema auf, das der vereinfachten Zuordnung für die gesicherten römischen und byzantinischen Funde und Befunde dient.[6][7]

Stratum Zeitstellung ungefähre Datierung
VII frührömisch I−IV ca. 63 v. Chr.–135 n. Chr.
VI spätrömisch I−III ca. 135–284
VI spätrömisch IV ca. 284–324
VB frühbyzantinisch I ca. 324–363
VA frühbyzantinisch II ca. 363–392
IV frühbyzantinisch III−IV ca. 392–491
III spätbyzantinisch I−II ca. 491–565

Architektonisch läßt sich der Burgus nach Parkers Studien der spätrömischen Epoche zuordnen. Es gibt deutliche konstruktive Ähnlichkeiten wie sie am Praetorium Mobeni, am Legionslager Betthorus, am Qasr el-Maqhaz sowie an anderen Fundplätzen beobachtet werden können. Diese Datierung wird durch an dem Burgus gesammelte Keramikfragmente aus der spätrömisch-frühbyzantinischen Periode gestützt, die sowohl im Rahmen des Limes Arabicus Projects als auch während einer früheren Untersuchung ausgewertet werden konnten. Parker kam daher zu dem Schluß, die Errichtung des Burgus der Regierungszeit des Kaisers Diokletian (284−305) zuzuordnen.[8] Die an dieser Fundstelle geborgene nabatäische Keramik deutet auf eine bereits früher erfolgte Nutzung dieser Fundstätte hin.[1] Während dessen Amtszeit hatte der damalige Statthalter der Provinz Arabia, Aurelius Asclepiades, auch das Praetorium Mobeni[9] errichten lassen.[10][11][12]

Während der Forschungen von Parker wurden insgesamt 36 Keramikfragmente gesammelt. Deren Auswertung ergab folgendes Ergebnis:[1]

Anzahl Zeitstellung Bemerkung
1 eisenzeitlich ca. 1200–332 v. Chr.
26 frührömisch-nabatäisch ca. 63 v. Chr.–135 n. Chr.
9 spätrömisch-frühbyzantinisch ca. 135–491 n. Chr.

Eine singuläre Bronzemünze aus der Mamlukenzeit gehörte ebenfalls zum Fundgut.[1]

Literatur

  • Samuel Thomas Parker (Hrsg.): The Roman Frontier in Central Jordan. Final Report on the Limes Arabicus Project, 1980–1989 (= Dumbarton Oaks Studies 40), Washington, D.C., 2006, ISBN 978-0-88402-298-5, S. 105.
  • Samuel Thomas Parker: The Roman Limes in Jordan. In: Studies in the History and Archaeology of Jordan 3 (1987), S. 151−164; hier: S. 158, Abb. 7

Anmerkungen

  1. a b c d e f g Samuel Thomas Parker (Hrsg.): The Roman Frontier in Central Jordan. Final Report on the Limes Arabicus Project, 1980–1989 (= Dumbarton Oaks Studies 40), Washington, D.C., 2006, ISBN 978-0-88402-298-5, S. 105.
  2. a b c Alfred von Domaszewski, Rudolf Ernst Brünnow: Die Provincia Arabia auf Grund zweier in den Jahren 1897 und 1898 unternommenen Reisen und der Berichte früherer Reisender beschrieben. Band 2, Trübner, Straßburg 1904, S. 42−45. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „Domaszewski_1904_42-45“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  3. Wachturm
  4. Samuel Thomas Parker: The Roman Limes in Jordan. In: Studies in the History and Archaeology of Jordan 3 (1987), S. 151−164; hier: S. 158, Abb. 7
  5. Legionslager Betthorus
  6. Samuel Thomas Parker, John Wilson Betlyon, Michael R. Toplyn: Preliminary Report on the 1987 Season of the Limes Arabicus Project (= Bulletin of the American Schools of Oriental Research. Supplementary Studies 26). Preliminary Reports of ASOR-Sponsored Excavations 1983–1987, The American Schools of Oriental Research, 1990, S. 89–136; hier: S. 90.
  7. Samuel Thomas Parker: Romans and Saracens. A History of the Arabian Frontier. (= Dissertation Series/American Schools of Oriental Research 6), Eisenbrauns, Winona Lake 1986, ISBN 0-89757-106-1. S. 11.
  8. Samuel Thomas Parker: The Roman Limes in Jordan. In: Studies in the History and Archaeology of Jordan 3 (1987), S. 151−164; hier: S. 158, Abb. 7.
  9. Praetorium Mobeni
  10. Samuel Thomas Parker: The Limes Arabicus Project. The 1985 Campaign. In: Annual of the Department of Antiquities of Jordan 30, 1986, S. 233–252; hier: S. 247.
  11. Hans-Peter Kuhnen: Wüstengrenze des Imperium Romanum – Die Schicksalsgrenze Roms im Orient von Augustus bis Heraclius. In: Hans-Peter Kuhnen (Hrsg.): Wüstengrenze des Imperium Romanum. Der römische Limes in Israel und Jordanien. Nünnerich-Asmus, Mainz 2018, ISBN 978-3-96176-010-7, S. 1–116; hier: S. 138.
  12. CIL 3, 14149.

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