Münchner Abkommen
Das Münchner Abkommen wurde von den zur Lösung der Sudetenkrise am 29. September zur Münchner Konferenz zusammengekommenen Regierungschefs Großbritanniens, Frankreichs, Italiens und Deutschlands in der Nacht zum 30. September 1938 im Münchner Führerbau am Königsplatz unterzeichnet.
Unter Vermittlung Mussolinis (auf Initiative Görings) – und in Abwesenheit eines Vertreters der Tschechoslowakei – gaben die Premierminister Großbritanniens, Chamberlain, und Frankreichs, Daladier, mit dem Abkommen Hitler ihre Zustimmung zum Anschluss des Sudetenlandes, dessen Bevölkerung ganz überwiegend deutschsprachig war und den Anschluß mehrheitlich wünschte, an das Deutsche Reich. Die mit Frankreich und der Tschechoslowakei verbündete Sowjetunion wurde nicht eingeladen.
Großbritannien und Frankreich sahen diesen Beschluss als notwendige Maßnahme, um einen Krieg zu verhindern (Appeasement-Politik) und garantierten dafür den Fortbestand des tschechoslowakischen Reststaates. Die Vertreter der Tschechoslowakei, die nicht an der Konferenz teilnehmen durften – allen voran der damalige Staatspräsident Edvard Beneš – fühlten sich verraten. Deswegen wird es von der tschechischen Bevölkerung als Münchner Verrat bezeichnet oder scherzhaft „Über uns, ohne uns“. Das Münchner Abkommen ist bis heute im Bewusstsein der Tschechen als schwarzes Datum in der Geschichte lebendig geblieben.
Die Sowjetunion lehnte das Münchner Abkommen und seine Folgen ab. Sie bot der Tschechoslowakei und Frankreich militärische Hilfe bei der Durchsetzung des bestehenden Beistandsabkommens an, die abgelehnt wurde. Jüngste Forschungen etwa von Richard Overy weisen darauf hin, dass das militärische Beistandsangebot mit erheblichen Truppenbewegungen sowie Teilmobilisierung der Roten Armee verbunden war, es sich also nicht nur um eine diplomatische Geste gehandelt hat.
In den Augen der Sowjetunion bewiesen die Westmächte mit dem Münchner Abkommen, dass sie sogar mit den Nationalsozialisten zusammen arbeiteten, um die Sowjetunion zu isolieren. Folgerichtig stellte diese ihre Außenpolitik um und suchte die Annäherung an Deutschland. Damit gehört das Münchner Abkommen zur Vorgeschichte des Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes.
Hitler und das Münchner Abkommen
Hitler wurde gegen seinen Willen von Mussolini, Göring nach München gedrängt. Er selbst sah die Sudetenkrise als Gelegenheit, seinen Krieg im Osten ohne Intervention der Westmächte anfangen zu können. Das Münchner Abkommen empfand er als Niederlage. Bis in seine letzten Bunkermonologe vertrat er die Ansicht, 1938 wäre der richtige Moment zum Kriegsbeginn gewesen. Wie er allerdings diesen Krieg gegen die Westmächte und die Sowjetunion hätte führen wollen, verriet er nicht.
Noch im Vorfeld des Polenkriegs verfolgte ihn der Schatten von München: "Meine größte Sorge ist, dass in letzter Minute wieder ein Schweinehund mit einem Vermittlungsplan kommt", sagte er zu seinen Generälen. Mit "Schweinehund" waren erkennbar Göring und Mussolini gemeint. Trotzdem muss gesagt werden, dass der Rückgewinn des Sudetenlandes ein großer Erfolg für Hitler war, da er dieses Gebiet erwarb ohne auch nur eine einzige Kugel abzufeuern.
Siehe auch
- Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges
- Protektorat Böhmen und Mähren
- Beneš-Dekrete
- Sudetenland (Provinz)
- Sudetenland (Reichsgau)
- Wiener Schiedsspruch
Weblinks
- Münchner Abkommen im Wortlaut
- Hintergrundbericht zur Stellung der Sudetendeutschen zum Münchner Abkommen
- Krejčí, Oskar: "Geopolitics of the Central European Region. The view from Prague and Bratislava" Bratislava: Veda, 2005. 494 p. (Free download)