Positronen-Emissions-Tomographie

Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) ist ein bildgebendes Verfahren der Nuklearmedizin, das Schnittbilder von lebenden Organismen erzeugt.
Grundlage der PET ist die Darstellung der Verteilung einer radioaktiv markierten Substanz (Radiopharmakon) im Organismus. Dabei werden die Struktur, vor allem aber biochemische und physiologische Vorgänge abgebildet (funktionelle Bildgebung). Im Gegensatz zur herkömmlichen Szintigrafie verwendet die PET jedoch Radiopharmaka, die Positronen emittieren.
Prinzip



Radiopharmaka
Radiopharmaka (auch Tracer genannt) sind Substanzen, die mit einem Radionuklid markiert sind. In der PET werden unter anderem 18F, 11C, 13N oder 15O verwendet. Das sind radioaktive Isotope der Elemente Fluor, Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff. Mit diesen radioaktiven Isotopen lassen sich Moleküle herstellen, die der Organismus nicht von ihren nichtradioaktiven Pendants unterscheiden kann und die deshalb in den gewöhnlichen Stoffwechsel eingehen. Andere Tracer sind natürlichen Stoffen chemisch zumindest ähnlich. Zum Beispiel wird 18F-Fluor-Desoxyglukose (FDG) von den Zellen wie Glukose aufgenommen, obwohl an einer Stelle des Moleküls eine Hydroxylgruppe durch das Radionuklid 18F ersetzt ist. Da FDG nach der Phosphorylierung nicht weiterverstoffwechselt wird, findet eine Anreicherung in der Zelle statt. Anhand des Zerfalls von 18F kann FDG aufgespürt werden. Die Verteilung von FDG im Körper erlaubt Rückschlüsse auf den Glukosestoffwechsel verschiedener Gewebe. Dies ist besonders für die frühe Diagnose von Krebserkrankungen von Vorteil, da eine Tumorzelle typischerweise aufgrund eines erhöhten Stoffwechsel viel Glukose verbraucht und dementsprechend FDG anreichert.
Radionuklide
Für die PET eignen sich solche Radionuklide, die beim Zerfall Positronen aussenden (β+-Zerfall). Ein Positron tritt nach kurzer Distanz (durchschnittlich ca. 2-3 mm) in Wechselwirkung mit einem Elektron (sog. Annihilation). Dabei werden beide Teilchen vernichtet, und es entstehen zwei Photonen (Gammastrahlung), die sich in einem Winkel von ungefähr 180° voneinander entfernen. Diese Vernichtungsstrahlung trifft gleichzeitig an zwei Stellen des Detektorrings auf und ermöglicht so den Nachweis und eine Schätzung der Lokalisation der Positronenemission.
Bilderzeugung
Das Radiopharmakon wird dem Probanden per Injektion oder Inhalation verabreicht. Der Proband wird auf einem beweglichen Tisch so positioniert, dass der zu untersuchende Körperabschnitt im Zielbereich der Detektoren liegt. Das Herzstück des PET-Scanners besteht aus einigen hundert ringförmig angeordneten γ-Detektoren (häufig aus Bismutgermanat (BiGeO), Lutetiumyttriumorthosilikat (LuYSiO) oder Lutetiumoxyorthosilikat (LuSiO)), die in Koinzidenz geschaltet sind: Werden zwei γ-Quanten nahezu gleichzeitig detektiert (d.h. während eines Zeitfensters von ca. 10 Nanosekunden), wird dies als Positron-Elektron-Vernichtung auf der gedachten Linie zwischen den signalgebenden Detektoren angenommen (sogn. Line Of Response (LOR) bzw. Koinzidenzlinie).
Aus einer Vielzahl solcher Ereignisse kann ein Schnittbild und ein dreidimensionales Modell berechnet werden. Die Auflösung eines PET-Scanners ist höher als die einer herkömmlichen szintigrafischen Gammakamera. Weil das Koinzidenz-Messverfahren keine massiven Kollimatorblenden benötigt, ist auch die Zählausbeute um ein Vielfaches höher, was auch dynamische Messungen ermöglicht.
PET/CT
Ein Problem der PET ist die begrenzte Ortsauflösung (ca. 4-5 mm). Seit einigen Jahren bieten deshalb verschiedene Hersteller (Siemens, Philips, General Electric) Geräte an, die einen PET-Scanner mit einem Computertomografen (CT) kombinieren. Für die nahe Zukunft ist dies auch mit MRT-Geräten geplant. Der Patient wird unmittelbar hintereinander durch beide Detektorringe (Gantries) gefahren. Die entstehenden Bilder werden im Computer fusioniert; meist wird die CT-Information in Graustufen, und die PET-Information farbig überlagert. Diese Methode kombiniert die hohe Ortsauflösung (ca. < 1 mm) einer CT mit den Stoffwechselinformationen aus der PET. Hierdurch ist es möglich, die aus dem CT gewonnenen anatomischen Informationen mit der funktionellen Information aus dem PET zu kombinieren.
Wegen der höheren Kosten eines PET/CT-Scanners (s. u.) wird stattdessen oft mittels moderner Software eine Überlagerung (sogenannte Soft-Fusion bzw. Koregistrierung) von CT-Bildern und PET-Daten berechnet; mithilfe gemeinsamer Referenzpunkte wie z.B. Knochenstrukturen. Das ist auch mit MRT-Bildern möglich. Je nach Einsatzgebiet ist die "hard-fusion" mittels PET/CT-Scanners oder die "soft-fusion" vorzuziehen.
Anwendungen

In der klinischen Anwendung ergänzt die PET die stärker strukturell orientierten bildgebenden Verfahren der diagnostischen Radiologie. Hierbei sind Untersuchungszeiten von ca. 1-2 Std. üblich:
- Onkologie: Das Radiopharmakon FDG wird von vielen bösartigen Tumoren angereichert (metabolic trapping). Daher eignet sich FDG-PET zur Diagnose, Stadienbestimmung und Verlaufsbeobachtung von Krebserkrankungen.
- Neurologie: Zur Funktionsuntersuchung des Gehirns wird dem Probanden radioaktiver Sauerstoff (15O) zur Inhalation gegeben. Anschließend lässt sich die Durchblutung des Gehirns in der PET abbilden. Höhere Durchblutung in einem Hirnareal lässt auf höhere neuronale Aktivität schließen. Häufiger wird jedoch 18F-FDG eingesetzt, um die Stoffwechselaktivität des Gehirns zu beurteilen.
- Kardiologie: FDG-PET kann zum Nachweis chronisch minderdurchbluteter Bereiche innerhalb des Herzmuskels herangezogen werden.
In der Forschung findet das Verfahren breiten Einsatz wegen seiner Möglichkeiten der Darstellung biochemischer Vorgänge (molecular imaging). Zum Beispiel konnten in Experimenten, wie im angehängten Bild sichtbar, mittels der PET Zusammenhang/Funktion verschiedener Gehirnarealen (sog. Hemisphären) nachgewiesen werden.
Kosten
PET gehört nicht nur zu den effektivsten, sondern auch zu den teuersten bildgebenden Verfahren in der modernen Medizin. Die Kosten einer PET Untersuchung betragen ca. 1000 €, die einer PET/CT bis zu 1700 €. Die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland übernimmt diese Kosten in der Regel nicht, im Gegensatz zur Praktik in anderen europäischen Staaten.
Grenzen
Da PET auf der Verabreichung einer radioaktiven Substanz beruht, muss die Indikation zurückhaltend gestellt werden. Die PET zählt im Gegensatz z.B. zur Angiografie zu den nicht-invasiven Bildgebungsverfahren.
Die verwendeten Radionuklide sind kurzlebig (Halbwertzeit z.B. 18F: 110 min, 11C: 20 min). Sie müssen daher für eine konkrete Untersuchung zeitnah produziert werden und können nicht sehr weit transportiert werden. Daher muss zusätzlich zum Scanner meist ein Teilchenbeschleuniger verfügbar sein, was hohe Anschaffungs- und Betriebskosten mit sich bringt.
Ortsauflösung
Die erreichbare Ortsauflösung wird durch mehrere Faktoren limitiert:
- Die Positronen sind unmittelbar nach ihrer Entstehung zu schnell, um mit einem Elektron zu annihilieren. Sie entfernen sich daher im Körper eine kurze Strecke vom Ort ihrer Entstehung, wobei sie durch Wechselwirkung mit anderen Teilchen stetig an Energie verlieren. Dadurch ist der beobachtete aktive Annihilationsbereich etwas größer als der eigentlich interessante Bereich mit dem verabreichten Radionuklid. Die bis zur letztendlichen Annihilation zurückgelegte Wegstrecke ist abhängig von der Energie der Positronen bei deren Entstehung - und damit vom verwendeten Radionuklid. Sie liegt in der Größenordnung von einigen Millimetern und damit im Bereich der mit TOF-PET erreichbaren Auflösung. Für 18F beispielsweise beträgt die Reichweite der Positronen ca. 2,4 mm.
- Die Emission der Photonen erfolgt nicht exakt kollinear, sondern mit einer kleinen Abweichung zum idealen 180°-Winkel. Da bei der Rekonstruktion der Auftreffwinkel der Photonen üblicherweise nicht gemessen werden kann, muss zur Rekonstruktion jedoch eine Gerade als Line-of-Respone (LOR) angenommen werden, wodurch bei Ganzkörper-PETs ebenfalls ein Fehler im Bereich einiger weniger Millimeter entsteht. Dieser Fehler ist jedoch im Gegensatz zur erstgenannten Fehlerquelle theoretisch vermeidbar. Entsprechende Detektoren mit Messung des Eintrittswinkels sind noch in der Entwicklungsphase.
Aktuelle Forschungsthemen
Trotz der langen Historie der PET, wird weltweit an der Verbesserung des Verfahrens gearbeitet. Hier sollen einmal kurz einige aktuelle Forschungspunkte aufgelistet werden:
- Auf Grund der stetig steigenden Auflösung neuer Positronen-Emissions-Tomographen und der trotzdem verhältnismäßig langen Aufnahmezeiten (1-2 Std.), wird das Problem von Patientenbewegungen während einer Untersuchung immer aktueller. Es gibt daher weltweit immer mehr Forschungsgruppen die sich diesem Thema widmen und versuchen, mit Hilfe von Bewegungserfassungssystemen (sog. Motion-Tracking) die Bewegung des Patienten während der Untersuchung aufzuzeichnen und um dann ggf. bei starken Bewegungen die Rohdaten einer Aufnahme so zu modifizieren, dass quasi bewegungsfreie Schnittbilder erzeugt werden können. [1]
- Experimentelle Entwicklungen zur Steigerung der Ortsauflösung von PET sind - bisher nur anwendbar für kleine Tiergehirne (Ratten) - bis zur praktischen Anwendung fortgeschritten; hier ist die internationale Zusammenarbeit von Forschungsinstituten mit Namen CRYSTAL CLEAR zu nennen, die eine neue Generation von Scannern entwickelt haben. Ortsauflösungen von ca. < 1,6 mm sind erreichbar. [2][3][4][5]
- Eine derzeit noch in der Entwicklung befindliche Methode zur Steigerung der Auflösung bei der PET ist der Ansatz des sog. "Time-of-Flight PET (TOF)". Dabei wird versucht innerhalb des typischen Koinzidenzfensters von etwa 10 ns die Zeitdifferenz zwischen dem Auftreffen der beiden Gammaquanten messbar zu machen. Somit könnte nicht nur eine Aussage über den Verlauf der Line-Of-Response getroffen werden, sondern auch über die etwaige Position der stattgefundenen Annihilation auf dieser Linie. Dies würde insbesondere die momentan recht aufwändigen analytischen sowie iterativen Bildrekonstruktionsverfahren vereinfachen und neue Wege im Bereich der verbesserten Bildbearbeitung bei der PET ermöglichen. Erste kommerzielle Geräte wie z.B. der Gemini-TF implementieren dieses TOF-Prinzip bereits.
Forschungseinrichtungen
In Deutschland befassen sich folgende Forschungseinrichtungen mit der Weiterentwicklung und den Grenzen der PET:
- Forschungszentrum Rossendorf
- Forschungszentrum Jülich
- Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg
- Technische Universität München, Nuklearmedizin
- Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Nuklearmedizin
Ähnliche Verfahren
Weblinks
- Hoffnung für Krebspatienten - Frontal21 (ZDF) Beitrag vom 02.11.2004
- Let's Play PET - Sehr gut illustrierte Einführung zu PET (englisch)
- Nuclear Medicine Information - PET Themensammlung (englisch)
- Möglichkeiten und Grenzen
- PET-Standort in der Nähe finden - Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin