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Johann Peter Boßler

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Johann Peter Boßler auch Bossler sowie Bosler genannt (* irrtüml. 1687 eigtl. 1689 in Lichtenberg; † 1742 in Darmstadt) war als Büchsenmachermeister ein deutscher Kunsthandwerker und Waffenhersteller. Er stand als hochfürstlich hessen-darmstädtischer Hofbüchsenmacher in landgräflichen Diensten.

Herkunft und Leben

Genealogie

Nachfahrentafel der Büchsenmacher Boßler des Lichtenberger Stamms ausgehend von Christmann Boßler

Johann Peter Boßler erlernte sein Handwerk bis zum Gesellen in den thüringischen Orten Zella und Suhl der sogenannten Rüstkammer Europas.[1] Lange Zeit wurde in der Waffenkunde angenommen, dass Johann Peter Boßler ebenfalls in Zella geboren sein müsste.

Gründliche genealogische Forschung und die Beachtung bereits niedergeschriebener regionaler Arbeiten zeigte auf, dass der Hofbüchsenmacher Johann Peter Boßler in Lichtenberg, einem Ort im heutigen Landkreis Darmstadt-Dieburg geboren wurde. Er war der letztgeborene Sohn des Büchsenschäfters, Constabel und Burggrafen zu Lichtenberg Christmann Boßler (* um 1643; † 1690) und dessen zweiter Gattin Anna Eleonora Beilstein (* 1658; † 1732).[2] Damit entstammt er dem Lichtenberger Stamm des südhessischen Geschlechts der Boßler.

Johann Peter Boßlers Vater der Lichtenberger Burggraf Christian (bzw. Christmann) Boßler wird urkundlich als Büchsenmacher sowie Büchsenschäfter genannt.[3][4][5]

Seine Halbbrüder und Neffen sind urkundlich ebenfalls mit dem Beruf des Büchsenmachers belegt. Dazu waren sie als fürstliche Kontrolleure der Kellerei Lichtenberg im Staatsdienst der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt tätig und als fürstliche Burggrafen zu Lichtenberg Angehörige der landgräflichen Hofverwaltung.[5]

Bereits Johann Peters Großvater Martin Boßler (* 1616; † 1694) ist urkundlich für das Jahr 1669 in alten Musterungslisten der Zent Ober-Ramstadt neben der ursprünglich korrekten Namensform Boßler in der Schreibung Bosler verzeichnet.[6]

Der Büchsenmachermeister Andreas Boßler aus Umstadt, Sohn des Büchsenmachers Johann Andreas Boßler aus dessen 1700 in Groß-Bieberau geschlossener Ehe mit der Umstädterin Maria Juliana Schwartzenberg,[7][8] wird urkundlich am 2. Mai 1771 im Ratsprotokoll der Stadt Umstadt als Büchsenmacher Andreas Bosler genannt. Die Urkunde beschreibt eine Meinungsdifferenz mit einem Händler jüdischer Herkunft.[9] Der Büchsenmachermeister Andreas Boßler war ein Neffe des Hofbüchsenmachers Johann Peter Boßler. Er wurde, wie andere Mitglieder des boßlerschen Geschlechts, urkundlich ebenso in der Schreibweise Bosler genannt.

Wirken

1710 kehrte Boßler zurück in die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und war im spätesten Fall seit 1715 als Hofbüchsenmacher tätig. Anno 1718 reichte er bei der Schlosserzunft zu Darmstadt seine Meisterstücke ein. Die Stücke waren sogenannte Hammer-Prenner und feinmechanisch so anspruchsvoll gearbeitet, dass die einzelnen Bestandteile alternierend ausgetauscht werden konnten.[10]

Später wurde Johann Peter Boßler Begründer der eigenständigen Büchsenmacherzunft zu Darmstadt. Büchsen, die von Johann Peter Boßler gefertigt wurden, befinden sich zusammen mit denen seines ältesten Sohnes, dem hochfürstlich hessen-darmstädtischen Hofwindbüchsenmacher Friedrich Jacob Boßler (* 1717; † 1793) in Windsor Castle, dem Tower of London, der königlichen Gewehr-Galerie in Dresden und im Jagdmuseum Jagdschloss Kranichstein.[10]

Die museale Sammlung in Kranichstein enthält zwei von Johann Peter Boßler geschaffene Windbüchsen mit einem achtkantigen Lauf und der Zündeinrichtung Radschloss.[10]

Er ehelichte Maria Dorothea verehel. Boßler mit der er zwei Töchter sowie den oben genannten Sohn hatte,[11] dessen Waffen ihren Absatz ebenso bis nach London fanden[12] und der am landgräflichen Hof eine hohe Reputation genoss.

Boßler war ein nicht unbedeutender Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung der ehemaligen Residenzstadt Darmstadt.[12] Seine Waffen signierte er mit Bosler.[10] Sie fanden bereits ihren Weg in den Auktionskatalog von Christie's.

Namhaftester Lehrling der Hofbüchsenmacher Boßler war Johann Christian Breithaupt, der 1762 zum Gründer des bis heute familiengeführten Unternehmens F. W. Breithaupt & Sohn wurde.[13]

Im Taufeintrag seiner Tochter Catharina Elisabetha vom 20. Mai 1715 im lutherischen Kirchenbuch von Darmstadt wird Johann Peter Boßler bereits als Hofbüchsenmacher ausgewiesen

Johann Peter Bossler war der Großvater des bedeutenden Musikverlegers Heinrich Philipp Boßler auch Bossler genannt (* 1744; † 1812).[11] Die Begabung seines namhaften Enkels im handwerklichen Bereich, die dieser als fürstlicher Kupferstecher und Münzgraveur bewies, soll auf Johann Peter Boßler zurückgehen.[14]

Durch seine Schwester Anna Barbara Klinger, geb. Boßler, (* 1674; † 1747) war deren Enkel Friedrich Maximilian Klinger (* 1752; † 1831) ein Neffe zweiten Grades zu Johann Peter Boßler.[15]

Literatur

  • Hans Schneider: Der Musikverleger Heinrich Philipp Bossler 1744–1812. Mit bibliographischen Übersichten und einem Anhang Mariane Kirchgeßner und Boßler. Selbstverlag Schneider, Tutzing 1985, ISBN 3-7952-0500-X, S. 15, 22.
  • Christie's: FINE ANTIQUE FIREARMS FROM THE W. KEITH NEAL COLLECTION. London 9. November 2000, (OCLC 1031227412), S. 160.
  • Wolfgang Weitz: Bosler. Büchsenmacher und Kupferstecher in Darmstadt, Nidda 2001, (OCLC 634901431).
  • Alexa-Beatrice Christ: Bossler, Johann Peter. In: Stadtlexikon Darmstadt, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-8062-1930-3 (Digitalisat).
  • Marcel Bossler: Eine kleine Schrift die Genealogie und Abkunft des Hofbüchsenmachers zu Darmstadt Johann Peter Boßler (Bosler) beleuchtend. Band I. – Geschichte der hessischen Familie Boßler, Bad Rappenau 2019, ISBN 978-3-00-063737-7. (Stammtafel enthalten auf S. 16.)

Einzelnachweise

  1. Gerd Manig, Dieter Schellenberger: 475 Jahre Suhl. Sutton Verlag, Erfurt 2002, ISBN 3-89702-371-7, S. 10 (Digitalisat).
  2. Marcel Bossler: Eine kleine Schrift die Genealogie und Abkunft des Hofbüchsenmachers zu Darmstadt Johann Peter Boßler (Bosler) beleuchtend sowie die Historie, Bedeutung und den Ursprung des frühen Geschlechts der Boßler über das Amt Lichtenberg nach Darmstadt und Neckarsteinach betreffend. Hrsg.: Marcel Bossler. Band I. – Geschichte der hessischen Familie Boßler. Selbstverlag M. Bossler, Bad Rappenau 2019, ISBN 978-3-00-063737-7, S. 14–16, 20.
  3. Prof. Dr. Diethard Köhler: Familien in Billings, Nonrod, Meßbach, Steinau, Hausen, Lichtenberg 1635–1750. Band III: Adreßbuch vorderer Odenwald 1635–1750. Ober-Ramstadt 1987, OCLC 74995810, Hausen und Lichtenberg: Familien vor 1700.
  4. Karl Eidenmüller: Familienbuch Wersau/Odenwald mit Bierbach 1640–1807. Hrsg.: Hessische familiengeschichtliche Vereinigung e. V. Band 79 – Forschungen zur hessischen Familien- und Heimatkunde, Nr. 10. Darmstadt 1992, OCLC 165380088, S. 66.
  5. a b Johannes Feick: Lichtenberg im Odenwald in Vergangenheit und Gegenwart – nach den Quellen geschildert. Band 2. Kommissionsverlag Ludwig Saeng, Darmstadt 1903, OCLC 179967333, S. 106.
  6. Ulrich Kirschnick: Die Bevölkerung der Zent Ober Ramstadt-Lichtenberg von 1659 bis 1695. Hrsg.: Hessische familiengeschichtliche Vereinigung e. V. Band 75 – Forschungen zur hessischen Familien- und Heimatkunde, Nr. 8. Darmstadt 1991, OCLC 31205965, S. 38, 68, 69.
  7. Prof. Dr. Diethard Köhler: Familien in Billings, Nonrod, Meßbach, Steinau, Hausen, Lichtenberg 1635–1750. Band III: Adreßbuch vorderer Odenwald 1635–1750. Ober-Ramstadt 1987, OCLC 74995810, Hausen und Lichtenberg: Familien 1700–1750.
  8. Lutherisches Kirchenbuch Groß-Umstadt – Nr. 3, Geburten und Eheschließungen (1666–1739), Zentralarchiv der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Darmstadt.
  9. Georg Brenner und Wilfried Köbler: Sie waren Umstädter – Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Umstadt, Raibach, Klein-Umstadt, Kleestadt und Semd. Hrsg.: Stad Groß-Umstadt. Verlag der Stadt Groß-Umstadt, Groß-Umstadt 2010, DNB 1009058770, Teil II – Sie waren Umstädter, S. 100.
  10. a b c d Wolfgang Weitz: Bosler. Büchsenmacher und Kupferstecher in Darmstadt. Nidda 2001, OCLC 634901431, S. 2–6.
  11. a b Hans Schneider: Der Musikverleger Heinrich Philipp Bossler 1744–1812. Mit bibliographischen Übersichten und einem Anhang Mariane Kirchgeßner und Boßler. Selbstverlag Hans Schneider, Tutzing 1985, ISBN 3-7952-0500-X, S. 15.
  12. a b Dr. Rainer Maaß: Handbuch kultureller Zentren der Frühen Neuzeit – Städte und Residenzen im alten deutschen Sprachraum. Hrsg.: Wolfgang Adam und Siegrid Westphal. Band 1 – Augsburg–Gottorf. de Gruyter, Berlin/Boston 2012, ISBN 978-3-11-020703-3, S. 341 (Digitalisat).
  13. Magistrat der Stadt Darmstadt (Hrsg.): Darmstadt in der Zeit des Barock und Rokoko. Band 1 Katalogbuch zur Ausstellung in Darmstadt Mathildenhöhe vom 6. September bis 9. November 1980. Darmstadt 1980, OCLC 10857248, S. 110.
  14. Hans Schneider: Der Musikverleger Heinrich Philipp Bossler 1744–1812. Mit bibliographischen Übersichten und einem Anhang Mariane Kirchgeßner und Boßler. Selbstverlag Hans Schneider, Tutzing 1985, ISBN 3-7952-0500-X, S. 22.
  15. Marcel Boßler: Der berühmte Sturm-und-Drang-Dichter Friedrich Maximilian von Klinger aus Frankfurt mit geklärten Odenwälder Wurzeln. In: Hessische familiengeschichtliche Vereinigung e. V. (Hrsg.): Hessische Genealogie. Jahrgang 3, Heft 2, 2020, ISSN 2626-0220, S. 28.