Masturbation
Unter Masturbation, Onanie oder Ipsation versteht man die geschlechtliche Selbstbefriedigung, im Volksmund "Wichsen" genannt (kommend von der schnellen Tätigkeit des Schuheputzens). Masturbation kommt vom lateinischen manustupratio (von manus „Hand” und stuprum „Unzucht”: geschlechtliche Selbstbefriedigung). Ipsation kommt wahrscheinlich vom lateinischen ipse (selbst).
Geschichtlicher Hintergrund
Das Wort „Onanie” geht auf die biblische Gestalt Onan zurück. Im ersten Buch Mose (Genesis, Kapitel 38) wird die Geschichte von Onan erzählt. Onan musste die Witwe seines verstorbenen Bruders Ger heiraten, um in dessen Namen Nachkommen zu zeugen. Dies war früher ein üblicher Brauch, da das Alte Testament alle noch lebenden Brüder als „Ersatzehemann” (Levirat oder Schwagerehe) verpflichtet.
Von Onan heißt es wörtlich in der Bibel: „Aber da Onan wusste, dass der Same nicht sein eigen sein sollte, wenn er einging zu seines Bruders Weib, ließ er’s auf die Erde fallen und verderbte es, auf dass er seinem Bruder nicht Samen gäbe. Das gefiel Gott dem Herrn übel, was er tat, und er tötete ihn auch.” (1.Mose 38,9-10)
Es ist offensichtlich, dass diese Geschichte nichts mit Selbstbefriedigung zu tun hat. Onan vollzog den Geschlechtsverkehr mit seiner Schwägerin und nahm im entscheidenden Augenblick das Glied aus der Scheide. Der Geschlechtsverkehr wurde unterbrochen. Wissenschaftler nennen das coitus interruptus. Entscheidend an der Geschichte ist, dass Gott Onan tötete, weil er gegen ein ausdrückliches Gottesgebot handelte. Onan dachte nur an sich, und es war ihm ein Dorn im Auge, Kinder zeugen zu sollen, die ihm später nicht gehören und mit deren Arbeitskraft er nicht rechnen konnte. Er handelte ausgesprochen lieblos gegen die Frau und das jüdische Gesetz.
Techniken und Statistiken
Die meisten Menschen befriedigen sich in unregelmäßigen Abständen selbst. Statistisch betrachtet masturbieren mehr Männer als Frauen und sie tun dies auch häufiger. Viele davon entdecken die Masturbation - und ihren eigenen Körper - bereits in der frühen Pubertät, einige erst später und manche sogar schon als Kleinkind oder gar Säugling.
Masturbiert wird auf ganz unterschiedliche Weise: Jeder Mensch hat seine eigene Methode. Dennoch sind folgende Varianten besonders häufig:
männlich
Männer und Jungen benutzen oft die Hand, um ihren Penis zu streicheln und zu reiben. Aber es gibt auch welche, die ihren Penis an Gegenständen reiben oder ihn gegen diese schlagen. Bevorzugt stimuliert wird die Penisspitze, die so genannte Eichel. Sie reagiert höchst empfindlich auf Berührungen, weil dort viele Nervenenden zusammenlaufen. Noch empfindlicher ist das Vorhautbändchen, das so genannte Frenulum, das an der Unterseite des Penis dort liegt, wo sich die Eichel mit der Vorhaut verbindet.
weiblich
Frauen und Mädchen masturbieren oft mit gespreizten Beinen, im Liegen und mit den Fingern. Dabei ist das wichtigste Lustzentrum die Klitoris, die am vorderen Ende der Vagina sitzt, dort, wo die kleinen Schamlippen zusammentreffen. Der sichtbare Teil der Klitoris ist etwa erbsengroß und wie der Penis des Mannes ein so genannter Schwellkörper, durchzogen von Blutgefäßen und etlichen hochsensiblen Nervenenden, die für die sexuelle Erregung sorgen, wenn sie gereizt werden.
Andere präferieren dagegen die Bauchlage, manchmal unter Verwendung eines weichen Gegenstandes. Manche gelangen auch allein durch Zusammenpressen der Oberschenkel und Anspannen der Beckenmuskulatur zum Orgasmus oder stimulieren sich mit Hilfe eines Wasserstrahls. Es gibt auch technische Hilfsmittel wie Vibratoren und Dildos.
Weitere Varianten
Neben den direkten erogenen Zonen an Penis und Vagina können auch andere Regionen des menschlichen Körpers stimuliert werden, beispielsweise die Brustwarzen oder auch der After. Das Onanieren erfolgt oft unter starker Beteiligung der Phantasie. Durch optische Reize, durch Musik, durch das Betrachten erotischer Fotos oder Filme, durch ein warmes Bad und durch akustische Reize können die beim Onanieren empfunden Lustgefühle gesteigert werden.
Gelenkigen Menschen ist auch die orale Selbstbefriedigung möglich; man spricht dann bei Männern von Autofellatio und bei Frauen entsprechend von Autocunnilingus.
Medizinisch-psychologische Bewertung
Das Missverständnis der „Onanie”, kirchliche Sexualmoral und Prüderie haben im Laufe der Geschichte die Selbstbefriedigung mit jenem Makel behaftet, der ihr bis heute in manchen Kreisen anhängt.
Falsche Vorstellungen kursierten über Jahrhunderte, dass „Selbstbefleckung” die gesunde geschlechtliche Entwicklung eines Knaben behindere und zur Gehirnerweichung und zum Rückenmarksschwund führe. Auch Krebs, Wahnsinn oder Lepra sollten angeblich die Folge der Masturbation sein. Dies ist medizinisch nicht haltbar. Wie die kulturgeschichtichen Forschungen von Laqueur zeigen, war diese Herausstellung angeblicher gesundheitlicher Gefahren gerade in der geistigen Welt der Aufklärung weit verbreitet.
Dagegen galt schon im antiken Griechenland die Masturbation als vollständig akzeptierte Spielart gesunder Sexualität.
Heute weiß man, dass Masturbation normalerweise nicht mit gesundheitlichen Schäden verbunden ist, und viele Menschen sind der Auffassung, dass Selbstbefriedigung kein Ersatz für etwas ist, sondern eine eigenständige Form der Sexualität, die dem persönlichen Lustgewinn dient und für die Entwicklung einer gesunden Sexualität hilfreich ist. Masturbation wird nur dann als störend oder sogar krankhaft gewertet, wenn sie öffentlich bzw. zwanghaft ausgeübt und zur Sucht wird. Vom psychologischen Standpunkt aus ist Suchtverhalten in jedem Lebensbereich mit Risiken und möglichen Gefährdungen der eigenen Person oder anderer verbunden - so natürlich auch im Hinblick auf die Selbstbefriedigung. Für solche Menschen gibt es inzwischen Selbsthilfegruppen ähnlich den Anonymen Alkoholikern.
Katholische Wertung
Der "Katechismus der Katholischen Kirche" bezeichnet Masturbation als "eine in sich schwere ordnungswidrige Handlung". Selbstbefriedigung wird als Ausdruck einer auf das eigene Ich bezogenen Haltung angesehen, die der "personalen Liebe" im Wege stehe. Gleichwohl könne "affektive Unreife, die Macht eingefleischter Gewohnheiten, Angstzustände und weitere psychische oder gesellschaftliche Faktoren [...] die moralische Schuld vermindern oder sogar auf ein Minimum beschränken" (Nr. 2352). Die Haltung von der Sündighaftigkeit der Masturbation ist jedoch auch in der katholischen Kirche nicht unumstritten.
Kritiker halten die offizielle Position der katholischen Kirche für abwegig und gefährlich. Abwegig, weil die von fast allen Menschen praktizierte Masturbation niemandem Schaden zufügt. Gefährlich, weil der Versuch christlicher Eltern, die Masturbation ihrer Kinder zu unterdrücken, bei diesen zu schweren Schuldgefühlen und Neurosen führen könne.
Siehe auch: Sexualforschung/Sexologie, Sexualkunde, Sexualpsychologie, Sexualmedizin, Wichsen, Orgasmus
Literatur
- Shere Hite: Das sexuelle Erleben der Frau, 1977, ISBN 3-44211-252-4
- Thomas W. Laqueur: Solitary Sex – A Cultural History of Masturbation. Zone Books, 2003, ISBN 1-89095-132-3
Weblinks
- http://www.solotouch.com/main/main.htm (englisch)
- http://www.ahs-online.de/texte/material0401.php3
- http://www.netdoktor.at/sex_partnerschaft/fakta/selbstbefriedigung_maedchen.shtml
- http://www.netdoktor.at/sex_partnerschaft/fakta/selbstbefriedigung_buben.shtml
- http://www.sgipt.org/gipt/sex/onanie/hbsb.htm
- http://www.the-clitoris.com/german/html/g_masturb.htm (englisch, teilweise mit deutscher Übersetzung)
- http://www.jackinworld.com/ (englisch)
- http://www.sexaa.org/ (englisch)