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Arrow-Theorem

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Das von Kenneth Arrow entdeckte und nach ihm benannte Arrow-Theorem, auch als Arrow-Paradox oder Unmöglichkeitstheorem bezeichnet, zeigt, dass es unmöglich ist, ein Wahlverfahren zu konstruieren, welches gewissen scheinbar trivialen Bedingungen genügt.

Arrow befasste sich seit seinem Studium mit der Frage, ob es möglich ist, eine social welfare function mathematisch zu beschreiben, also eine Funktion, die aus Einzelpräferenzen eine kollektive Präferenzliste erstellt. Solche Funktionen umfassen nicht nur Wahlverfahren im engeren Sinne, sondern sind ein wichtiges Konstrukt der Wirtschaftswissenschaften, insbesondere der Makroökonomie.

Triviale Funktionen, die etwa die Präferenzliste von vornherein festlegen oder nur von einem Individuum abhängig machen, sind leicht konstruierbar. Arrow interessierte, welche Bedingungen man nach gesundem Menschenverstand an ein akzeptables Verfahren stellen müsste und ob ein solches Verfahren konstruierbar ist. Erstaunlicherweise fand er, dass bereits fünf scheinbar einfache Bedingungen nicht miteinander vereinbar sind und folglich ein Verfahren, das diese erfüllt, nicht existiert. Einen mathematischen Beweis dafür publizierte er 1951 in seiner Dissertation Social Choice and Individual Values. In folgenden Publikationen vereinfachte er den Beweis und reduzierte die Zahl der Bedingungen auf 4.

Die vier Bedingungen lassen sich folgendermaßen umschreiben:

  1. Universalität und Wahl: Das Verfahren liefert zu jeder Kombination individueller Präferenzen ein Ergebnis. Dieses Ergebnis, die kollektive Präferenzliste, ist transitiv, so dass nicht etwa A vor B, B vor C und C vor A geordnet wird. Jedes Ergebnis kann durch entsprechende Wahl erreicht werden, das heißt, es wird nicht etwa vorher festgelegt.
  2. Pareto Kriterium“: Wenn alle Individuen Alternative A vor Alternative B ordnen, dann steht auch im Ergebnis A vor B. (Achtung, dies ist eine schwächere Forderung als Pareto-Effizienz!)
  3. Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen: Die Ordnung zweier Alternativen im Ergebnis hängt nur von den individuellen Anordnungen dieser Alternativen zueinander ab, nicht etwa davon, wie sie relativ zu anderen stehen. Das heißt, ob im Ergebnis A vor B steht, hängt nur davon ab, ob die Individuen A vor B, gleich B oder niedriger B gesetzt haben, nicht aber davon, wie sie außerdem noch C anordnen.
  4. Ausschluss der Diktatur: Es gibt kein Individuum, dessen Präferenzen automatisch das Gesamtergebnis festlegen.

Daneben ist noch anzunehmen, dass es mindestens drei Alternativen und eine endliche Zahl von Individuen gibt. Man beachte, dass diese Bedingungen für einen korrekten Beweis mathematisch formalisiert werden müssen. Die ersten beiden Bedingungen ergeben überhaupt erst eine Wahl in der umgangssprachlichen Bedeutung des Wortes.

Zum Beweis reicht elementare Logik und Mengenlehre aus. Es wird ein Wahlausgang konstruiert, der dazu führt, dass mindestens eine der Bedingungen verletzt wird. Dieser konstruierte Ausgang ähnelt dem Condorcet-Paradoxon.

Am leichtesten könnte das Paradox durch Aufgabe der vierten Forderung vermieden werden. Dies wird in der Praxis aber verständlicherweise nicht gewünscht.

Die kritische Bedingung ist die dritte. In abgeschwächter Form vermeidet sie den Widerspruch, weswegen einige Forscher dazu neigen, sie nur in abgeschwächter Form zu fordern. Arrow selbst verteidigte sie allerdings. Ohne Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen können Wähler gezwungen sein, gegen ihre eigentliche Präferenz zu wählen („taktisches Wählen“); dieser Fall tritt auch in den allermeisten in der Realität eingesetzten Wahlverfahren ein.

Das Paradox wäre eventuell auch vermeidbar, wenn es möglich wäre, den Präferenzen kardinale Werte zuzuordnen; das obige Verfahren geht nur von Ordnungsrelationen aus. Das Theorem gab hierzu einige Denkanstöße, die auch philosophischen Wert haben: die Grundfrage ist, ob es möglich ist, den Nutzen verschiedener Personen zu vergleichen und damit kardinal zu messen.

Literatur

Siehe auch

Sozialwahltheorie, homo oeconomicus, Pareto-Optimierung