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Ione Robinson

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Ione Robinson (geboren am 3. Oktober 1910 in Portland, Oregon, gestorben im November 1989 inParis) war eine US-amerikanische Künsterin, Schriftstellerin, Journalistin und (während der 1920er bis 1940er-Jahre) Mitglied kultureller und gehobener Gesellschaftskreise. Sie verdankt einen gewissen Bekanntheitsgrad ihren Berichten über die mexikanischen Muralisten, darunter solchen über Diego Rivera und David Alfaro Siqueiros, die sie in ihrem Buch A Wall to Paint on 1946 veröffentlichte. Darin berichtet sie ausserdem über den Spanischen Bürgerkrieg, dessen Zeugin sie im Jahre 1938 in Barcelona wurde.

Leben und Werk

Ausbildung

Robinson studierte von 1925 bis 1926 am Otis Art Institute in Los Angeles. 1927 nahm sie an einem Sommerkurs der Pennsylvania Academy teil. Anlässlich eines ersten Besuchs in New York im August 1927 entschied sie sich, dort zu bleiben und als Privatlehrerin in Woodstock, NY zu arbeiten. In der Folge arbeitete sie für den Designmöbelhändler Frankl Galleries, und assistierte Rockwell Kent bei der Herstellung von Holzschnitten. Kents Arbeit charakterisierte sie mit den Worten: «Ich mag Rockwells kalte, harte Linien und Formen in seinen Gemälden nicht. In seinen schwarzweissen Arbeiten wirkt diese Technik jedoch kraftvoll.» Robinson schloss in dieser Zeit Bekanntschaft mit Elena Krylenko und Max Eastman, Freunden von Leo Trotsky. Von diesem Moment an bis in die 1940er-Jahre, in denen sie sich definitiv in Frankreich niederliess, gelang es ihr, sich in einflussreichen und wohlhabenden Kreisen New Yorks und Neu Englands fortlaufend stärker zu vernetzen.

In der Muralistenszene 1929–32

1928 besuchte Robinson Paris das erste Mal, 1929 Florenz und Neapel. Nach ihrer Rückkehr in die USA traf sie bei den Eastmans George Biddle, der ihr anbot, sie bei Diego Rivera hinsichtlich einer Mitarbeit vorzustellen. Ebenfalls 1929 erhielt sie die Gelegenheit, Zeichnungen in der Galerie Weyhe in New York City auszustellen. Kurz danach reiste sie nach Mexiko Stadt und wurde dort empfangen durch den Sohn und die Tochter José Vasconcelos Calderóns, eines ehemaligen mexikanischen Erziehungsministers, der 1921 zusammen mit andern die Bewegung der Muralisten angestossen hatte (unter anderem durch die Vergabe von staatliche Aufträge an Schulgebäuden). Mithilfe ihres Empfehlungsschreibens Biddles gelang es Robinson, Rivera zu treffen, der sie einlud, an seinem Epopeya-Wandgemälde mitzuarbeiten. Die praktische Arbeit schloss die Vergrösserung von Skizzen und ihre Übertragung auf die Wand ein. Darüber hinaus nahm sie bei der Reparatur beschädigter Fresken Riveras im Erziehungsministerium teil. Die Arbeiten wurden von Robinson und Ramón Alva Guadarrama ausgeführt, mit zusätzlichen Helfern. Gleichenjahrs sass Robinson Rivera Modell für die Allegorie der Beständigkeit seines Freskozyklus im neu erbauten Gesundheitsministerium. Während Ihres Aufenthalts genoss sie das Gastrecht der Fotografin Tina Modotti. Innert kurzer Zeit lernte sie viele Mitglieder der Muralisten- und Literatenszene kennen, dazu Persönlichkeiten wie Sergei Eisenstein und den Journalisten Joe Freeman, den damaligen Vertreter der sowjetischen Nachrichtenagentur TASS in Mexiko, den sie schliesslich, Ende 1929, heiratete. Bereits 1931 wurde das Paar wieder geschieden. Zu tief waren die geistigen Gegensätze zwischen dem Stalinisten mit jüdisch-orthodoxem Hintergrund Freeman und der mittelständisch-liberalen Robinson.

Zurück in New York 1930 traf Robinson José Clemente Orozco, der sie wohl mit Alma Reed, der Besitzerin von Delphic Studios, bekanntmachte. Hier erhielt sie die Gelegenheit, ihre mexikanischen Zeichnungen auszustellen. Orozco lenkte Robinsons Aufmerksamkeit ausserdem auf Spain, wo die Monarchie im Begriff stand, gestürzt zu werden.

Mit einem Stipendium der John Simon Guggenheim-Stiftung konnte Robinson ab Frühling 1931 bis Anfang 1932 abermals zehn Monate in Mexiko verbringen. Kurze Zeit assistierte sie dort Victor Arnautoff bei der Ausführung von Teilen Riveras Wandgemälde im Nationalpalast, während Rivera in Kalifornien arbeitete. Dies verursachte böses Blut: Rivera schien Robinson persönlich für seinen Ausschluss aus der mexikanischen kommunistischen Partei 1929 verantwortlich zu machen, an dem Joe Freeman offensichtlich beteiligt war. Frida Kahlo, seit 1929 Riveras Ehefrau, erfuhr von Robinsons Mitarbeit im Nationalpalast, die sie in der Folge aufgeben musste. Während ihres Aufenthalts traf sie Jean Charlot, einen der Pioniere des mexikanischen Muralismus, der seine Erfahrungen in seinem Buch The Mexican Mural Renaissance, 1920–1925 festhielt. Eine weitere Bekanntschaft schloss sie mit dem aus Utah stammenden Paul Higgins Stevenson alias Pablo O'Higgins, der in den 1930er-Jahren eine zentrale Rolle in der Vermittlung zwischen US-amerikanischen Neuankömmlingen und den Wandmalern in Mexiko, insbesondere Rivera, spielte. Im «Dorf Tlalpam» unterrichtete Robinson zusammen mit dem japanischen Maler Kitagawa in einer Freiluftmalschule. Sie vertiefte ihre Kenntnisse vorab der mexikanischen Kolonialkunst auf Reisen an verschiedene Orte und im Studium der Sammlung der Akademie San Carlos.

WPA, New York, Barcelona 1931–38

Die – abermals unglückliche – Heirat 1933 mit John Dallet, einem Abkömmling einer reichen Plantagenbesitzerfamilie aus dem Süden der USA, ermöglichte Robinson in den folgenden Jahren ein materiell sorgenfreies Leben. Gleichenjahrs verlor sie durch einen Autounfall ihre Mutter und einen Bruder. Die Geburt ihrer Tochter Anne Dallet 1935, die sie nach der Trennung von ihrem Ehemann der Obhut der Familie Dallet überlassen musste, bewog sie, ihre Erlebnisse der Jahre 1927 bis 1939 niederzuschreiben. Sie konnte diese 1946 veröffentlichen.

1936 konnte Robinson in einem WPA-Projekt ohne Unterstützungscharakter teilnehmen. Sie erhielt die Möglichkeit, den jungen Malern Emilio Luis Amero Mimiaga, Antonio Pujol Jiménez und Luis Arenal Bastar bei der Ausführung von Wandgemälden im Bellevue Hospital in New York zu assistieren. Hieraus ergab sich ein eigenes Projekt: die Darstellung von sähenden und erntenden Bauern. Die Ausführung des Entwurfs wurde schliesslich abgelehnt. Ein zweites Angebot für ein Gemälde im Welfare Gefängnis wies sie zurück. 1938 versuchte sie erfolglos Luis Quintanilla einen Auftrag an der Columbia Universität zu verschaffen.

Anlässlich eines erneuten Aufenthalts in Frankreich entschied Robinson zu einem Besuch Barcelonas, um die Situation der bedrängten Spanischen Republik persönlich zu bezeugen. Auf Durchreise in London konnte sie mit Winston Churchill ein Gespräch führen, der kalauerte, sie solle sich nicht in Barcelona bombardieren lassen, sondern in London zu bleiben, bis sie dort bombardiert würde, ein «bei weitem historischeres Ereignis». Ernsthaft riet ihr Churchill, das erste Schiff nach Hause zu nehmen und ihr Volk aufzurütteln, den Ereignissen in Europa nicht untätig zuzusehen. Nichtsdestotrotz reiste Robinson nach Barcelona, wo sie Gelegenheit hatte, Kinderheime zu besuchen und sowohl Fotoaufnahmen als auch Zeichnungen deren Insassen anzufertigen. Durch die Vermittlung von Luis Quintanilla traf sie Angehörige der Regierung und Kommandanten der republikanischen Streitkräfte, darunter General Bibiano Fernández Osorio y Tafall, mit dem sie sich eng befreundete und der sie an die Ebrofront mitnahm, wo «Touristen» normalerweise nicht zugelassen waren. Ebenfalls traf sie hier David Alfaro Siqueiros, der sich – wie Antonio Pujol ein strammer Kommunist – der republikanischen Armee angeschlossen hatte und angesichts seiner Erfahrung in der Mexikanischen Revolution der 1910er-Jahre zum Obersten ernannt worden war. Siqueiros, den sie 1929 in Mexiko kennengelernt hatte, war 1936 in New York ein regelmässiger Gast Robinsons gewesen.

Vor ihrer Rückkehr in die USA nahm Robinson eine Einladung von Alfred und Dorothy Oeschner, amerikanischen Journalisten, nach Berlin an. Sie verfasste eine Beschreibung der Göring-Kaserne in Wedding mit Ausführungen des Projektleiters zur deutschen (respektive nationalsozialistischen) Sicht der Kunst am Bau-Förderung im Vergleich zu derjenigen der WPA. Ihre in Spanien verfassten Arbeiten stellte Robinson mehrfach in den USA und Mexiko aus und versuchte so, Unterstützung für die Republik zu gewinnen.

Frankreich

Ab den 1940er-Jahren hielt sich Robinson mehrheitlich in Frankreich auf und arbeitete dort als Illustratorin für Zeitschriften wie Vogue. Aus einer weiteren Heirat oder Liaison stammt ihr Sohn Michael Robinson. Ihre Tochter Anne Ione Brady (-Dallet) führte in Paris gemäss dem Bericht eines US-amerikanischen Touristen von 1974 ein Geschäft mit handwerklichen Produkten und hielt zu dieser Zeit regelmässigen Kontakt zu ihrer Mutter aufrecht. Sie brachte ihrerseits einen Sohn namens C.J. Dallet zur Welt.

Künstlerische Arbeiten

  • Die Familie, 1931, Gemälde.
  • Mädchen, 1932, Gemälde.
  • Antoine Nr. 1, 1937, Gemälde.
  • Feindliche Flugzeite beobachtend, Barcelona, [1938], Bleistift auf Papier.
  • Nach der Bombardierung, [1938], Bleistift auf Papier.
  • [Mutter mit Kleinkind] In einem Heim, Barcelona, [1938], Bleistift auf Papier.
  • [Mutter und Kind] In einem Heim, Barcelona, [1938], Bleistift auf Papier.
  • [Zwei Kinder] In einem Heim, Barcelona, [1938], pencil on paper.
  • Junge und Mädchen, Barcelona, [1938], Bleistift auf Papier.
  • Völkermord-Waise, 1938.
  • Kind mit Brotstück, 1938, Gemälde.
  • Mädchen mit Gras, 1938, Gemälde.
  • Junger Republikaner [Junge], 1938, Gemälde.
  • Junge Republikanerin [Mädchen], 1938, Gemälde.
  • Kleines Mädchen im Heim in Barcelona, 1938, Fotografie.
  • Republikanischer Junge, Barcelona, 1938, Fotografie.
  • [Mann im] Konzentrationslager, Argelés, [1939], Bleistift auf Papier.
  • [Mann und Junge im] Konzentrationslager, Argelés, [1939], Bleistift auf Papier.
  • Republikanischer Junge mit französischem Soldaten im Konzentrationslager, Argelés, [1939], Fotografie.
  • Republikanische Kinder [Junge und Mädchen] an Bord eines Flüchtlingsschiffs der S.E.R.E. (spanische Flüchtlingshilfe), [1939], Fotografie.
  • Junge aus Madrid, Mexikanisch-spanische Schule, Morelia, Mexiko, [1939], Fotografie.
  • Spanische Kinder, Mexikanisch-spanische Schule, Morelia, Mexiko, [1939], Fotografie.
  • Kleines Mädchen auf Bett im Schlafsaal (mit republikanischer Bettwäsche), Schule, [1939], Fotografie.
  • Waisenmädchen, Schule, [1939], Fotografie.
  • Florenz, 1944, Bleistift auf Papier.
  • Londoner Junge, "Bombardierung", 1945, Bleistift auf Papier.

Ausstellungen und Auszeichnungen

Veröffentlichungen von Ione Robinson

  • André Siegfried, (Übersetzung: Doris Hemming, H. H. Hemming, Illustrations by Ione Robinson), Impressions of South America, New York Harcourt 1933.
  • A Wall to Paint on, New York, E.P. Dutton and Co., 1946.
  • Stunden mit Wols, Wien 1947.
  • Talking to Giacommetti, Vogue, Nov. 1, 1948.
  • Wols à bâtons rompus, Oeil 1959.

Publikationen über Ione Robinson

  • Teresa del Conde, Pintora sin muros ni barreras, La Jornada, 17.3.1998.
  • Jonathan Skinner, Christopher J. B. Dallett, La retirada : the Spanish republican diaspora, 1938–1939 : the paintings, drawings, and photographs of Ione Robinson, New York 2002
  • La diáspora española recordada en fotos, El Litoral [Santa Fé, Argentina], 17.11.2002.
  • Andrew Hemingway, Artists on the Left. American Artists and the Communist Movement 1926–1956, Yale University Press, New Haven und London 2002, S. 27.
  • Ione Robinson : arte pola liberdade: fotografías e debuxos 1938-1939: Casa da Parra, Santiago de Compostela : Xunta de Galicia, [2007].
  • Stephanie J. Smith, The Painter and the Communist: Gender, Culture, and the Fleeting Marriage of Ione Robinson and Joseph Freeman, 1929–1932, Journal of Women's History, Johns Hopkins University Press, Band 31, Heft 3, Herbst 2019, S. 12–34.
  • Francie Cate-Arries, Ione Robinson and the Art of Bearing Witness. Picturing Trauma in the Ruins of War, in: Nancy Berthier, Vicente Sánchez-Biosca (Ed.), Retóricas del miedo. Imágenes de la Guerra Civil Española, Madrid 2012.
  • Román Gubern, Paul Hammond, Luis Buñuel, The Red Years 1929-1939, Wisconsin, University of Wisconsin Press, 2012, S. 312.