Kernkraftwerk
Ein Kernkraftwerk (Abkürzung KKW) oder auch - nicht ganz korrekt - Atomkraftwerk (Abkürzung AKW) ist eine Anlage zur Gewinnung von elektrischer Energie durch Kernspaltung. Die Erzeugung elektrischer Energie geschieht indirekt: Die Wärme, die bei der Kernspaltung entsteht, wird auf ein Kühlmedium übertragen, wodurch sich dieses erwärmt. Als Kühlmedium wird in westeuropäischen Kernkraftwerken meist leichtes Wasser (H2O) verwendet, es kann jedoch auch ein flüssiges Metall (wie etwa Natrium) oder ein Gas (wie etwa Helium) verwendet werden. Die auf das Kühlmittel übertragene Wärmeenergie wird nun meist dazu benutzt, Wasserdampf zu erzeugen, der wiederum eine Turbine an. Im Falle der leichtwassergekühlten Kernkraftwerke kann das Kühlmittel aber auch direkt verdampft und mit diesem Dampf die Turbine angetrieben werden. Bei gasgekühlten Kernkraftwerke kann das erwärmte Gas auch direkt auf die Turbine geleitet werden. Geplant, aber zur Zeit noch nicht realisierbar sind Kernkraftwerke, die Kernfusion als Wärmequelle verwenden. Diese Kraftwerke werden meist als Fusionskraftwerke bezeichnet.
Der wichtigste Bestandteil eines Kernkraftwerks ist der Kernreaktor. In ihm finden die Spaltungsprozesse statt. Es ist üblich, Kernkraftwerke mit mehreren Kernreaktoren zu bauen. In einem solchen Fall spricht man von mehreren Reaktorblöcken. Die in Kernkraftwerken am häufigsten eingesetzen Reaktoren sind Siedewasserreaktoren und Druckwasserreaktoren. Daneben gibt es noch andere Konzepte wie Brutreaktoren und Hochtemperaturreaktoren, die teilweise als Forschungsreaktoren betrieben werden oder wurden.
In den Kraftwerken wird bei der Spaltung schwerer Atomkerne die Bindungsenergie der Atomkerne in thermische Energie umgewandelt (der so genannte Massendefekt). In Siedewasserreaktoren bringt diese thermische Energie direkt Wasser zum Sieden und erzeugt somit Wasserdampf. In Druckwasserreaktoren erhitzt die Spaltung dagegen unter starkem Druck stehendes Wasser. Dieses Wasser wird durch einen Wärmetauscher geleitet und bringt dort Wasser in einem anderen Kreislauf zum Sieden. Durch dieses Vorgehen wird erreicht, dass die für die Stromerzeugung nötigen Anlagen nicht radioaktiv kontaminiert werden. Mit dem Dampf werden schließlich Wärmekraftmaschinen gespeist, die Generatoren zur Erzeugung des elektrischen Stroms antreiben.
Ein Reaktor kann in seinem Neutronenfluss kontrolliert und gestoppt werden, indem man Neutronen absorbierende Körper in den Reaktorkern führt. Diese Steuerstäbe enthalten zum Beispiel Cadmium oder Bor.
Als Kernbrennstoff wird in den meisten Atomkraftwerken Uran verwendet. Es gibt auch Kraftwerke, die mit Plutonium betrieben werden. Plutonium als Brennstoff ist rechnerisch effizienter als Uran, allerdings ist dieses Element stark radioaktiv, hochgiftig und problematisch in der Handhabung. Deshalb verwenden nur wenige Staaten Plutonium als Kernbrennstoff.
Die Energien der Kerne sind gewaltig, jedoch sind mit ihnen große Risiken für die Umwelt verbunden. Die Spaltprodukte, also die ausgebrannten Brennstoffstäbe, sind stark radioaktiv und enthalten Nuklide verschiedener Halbwertszeiten.
Die Spaltprodukte werden entweder verdünnt und wieder in die Umwelt abgegeben oder sie werden aufkonzentriert und gelagert. Je nach Halbwertszeit sind sie in einigen Jahren bis zu einigen Jahrmillionen zu stabilen Elementen zerfallen. Durch langfristige Lagerung lässt sich die Strahlung reduzieren. Neben der normalen Strahlenbelastung gibt es noch das Risiko eines GAU. Dabei gerät die Kernspaltung außer Kontrolle und Spaltprodukte dringen aus dem Kraftwerk zum Teil unkontrolliert nach außen. In jüngster Zeit wird ebenfalls über das Risiko von Terroranschlägen auf Kernkraftwerke debattiert.
Das erste Kernkraftwerk der Welt wurde 1954 in Obninsk bei Moskau erfolgreich in Betrieb genommen (elektrische Leistung 5 MW). In den meisten frühen Kernkraftwerken kamen Siedewasserreaktoren zum Einsatz, da diese einfacher zu konstruieren sind. Inzwischen sind dagegen Druckwasserreaktoren üblich, die als sicherer angesehen werden. Fast alle deutschen Kernkraftwerke wurden von der Siemens AG oder deren ehemaliger Tochter, der Kraftwerk-Union (KWU) gebaut.
Der neueste Auftrag (2004) für einen Druckwasserreaktor von 1,6 GW Leistung wurde vom finnischen Energieversorgungsunternehmen Teollisuuden Voima Oy (TVO) für den Standort Olkiluoto an ein Konsortium von Siemens und Framatom erteilt. Der Privat finanzierte Reaktor soll im Jahre 2009 an das Netz gehen.
2003 waren in Deutschland durchschnittlich 18 Kernkraftwerke am Netz, und produzierten 165 Terawattstunden Strom. Das entspricht 27,7% der gesamten Bruttoerzeugung (Quelle: Statistisches Bundesamt)
Siehe auch: Kernenergie, Liste der Kernkraftanlagen, Liste der Kernkraftwerke in Deutschland, Liste der Kernreaktoren in Österreich, Strahlenschutz, Atomkraftgegner, GAU, Liste der nuklearen Unfälle, Kernschmelze