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9. Sinfonie (Beethoven)

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Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie in d-Moll (op. 125) gilt als einer der Höhepunkte des gesamten sinfonischen Schaffens.

Es ist die letzte vollendete Sinfonie Beethovens und beeinflusste die gesamte romantische Sinfonik. Bekanntestes Charakteristikum der Symphonie ist die Verwendung von Gesangssolisten und gemischtem Chor im Finalsatz; der Text, der mit den berühmten Worten "Freude, schöner Götterfunken" beginnt, stammt aus der Ode an die Freude von Friedrich Schiller. 1972 wurde das Hauptthema des letzten Satzes offiziell zur Europahymne bestimmt und 1985 von der Europäischen Gemeinschaft als deren offizielle Hymne angenommen („Sie versinnbildlicht die Werte, die sie alle teilen sowie die Einheit in der Vielfalt“).

Besetzung

Die Sinfonie hat folgende Besetzung:

  • 1 Piccoloflöte
  • 2 Flöten
  • 2 Oboen
  • 2 Klarinetten in B/A
  • 2 Fagotte
  • 1 Kontrafagott
  • 4 Hörner in D
  • 2 Trompeten in D
  • 3 Posaunen
  • Pauken
  • Große Trommel, Becken, Triangel
  • Streicher
  • vierstimmiger Chor
  • Solisten: Sopran, Alt, Tenor, Bariton

Anlage

Die Satzbeschreibungen lauten:

  1. Satz Allegro ma non troppo, un poco maestoso - d-Moll
  2. Satz Molto vivace- Presto - d-Moll
  3. Satz Adagio molto e cantabile- Andante moderato - B-Dur
  4. Satz Presto - Allegro assai- Andante maestoso- Allegro energico,sempre ben marcato-Allegro ma non tanto- Prestissimo - d-Moll/D-Dur

Text

O Freunde, nicht diese Töne!
Sondern laßt uns angenehmere
anstimmen und freudenvollere.
Freude! Freude!
Freude, schöner Götterfunken
Tochter aus Elysium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligtum!
Deine Zauber binden wieder
Was die Mode streng geteilt;
Alle Menschen werden Brüder,
(Schillers Original:
Was der Mode Schwert geteilt;
Bettler werden Fürstenbrüder,)
Wo dein sanfter Flügel weilt.
Wem der große Wurf gelungen,
Eines Freundes Freund zu sein;
Wer ein holdes Weib errungen,
Mische seinen Jubel ein!
Ja, wer auch nur eine Seele
Sein nennt auf dem Erdenrund!
Und wer's nie gekonnt, der stehle
Weinend sich aus diesem Bund!
Freude trinken alle Wesen
An den Brüsten der Natur;
Alle Guten, alle Bösen
Folgen ihrer Rosenspur.
Küsse gab sie uns und Reben,
Einen Freund, geprüft im Tod;
Wollust ward dem Wurm gegeben,
Und der Cherub steht vor Gott.
Froh, wie seine Sonnen fliegen
Durch des Himmels prächt'gen Plan,
Laufet, Brüder, eure Bahn,
Freudig, wie ein Held zum Siegen.
Seid umschlungen, Millionen!
Diesen Kuß der ganzen Welt!
Brüder, über'm Sternenzelt
Muß ein lieber Vater wohnen.
Ihr stürzt nieder, Millionen?
Ahnest du den Schöpfer, Welt?
Such' ihn über'm Sternenzelt!
Über Sternen muß er wohnen.
Seid umschlungen, Millionen!
Diesen Kuß der ganzen Welt!
Brüder, über'm Sternenzelt
Muß ein lieber Vater wohnen.
Seid umschlungen,
Diesen Kuß der ganzen Welt!
Freude, schöner Götterfunken
Tochter aus Elysium,
Freude, schöner Götterfunken, Götterfunken.

Entstehungsgeschichte

Beethoven fertigte erste Skizzen zu der Sinfonie im Jahr 1815 an. Der letzte Satz mit dem bedeutenden Chorfinale ähnelt in der Satztechnik und Motiv sehr der Chorfantasie in c-Moll von 1808, der so genannten „Kleinen Neunten“, dass man annimmt, dass er schon um 1800 begonnen hat, sich mit dem Material auseinanderzusetzen. Die vollständige Komposition dauerte jedoch bis in das Jahr 1824.

Obwohl die Absicht der Vertonung von Schillers Hymne fast das ganze Leben Beethovens begleitete, war es nicht immer eindeutig, ob nun wirklich ein Chor oder ein rein instrumentales Finale das Werk abschließen sollte. Eine Entscheidung für den Chor fiel wahrscheinlich erst gegen Ende des Jahres 1823.

Uraufführung

Die Sinfonie wurde am 7. Mai 1824 im Kaiserlichen und Königlichen Hoftheater zu Wien (dem Kärntnertortheater) uraufgeführt. Solisten der Uraufführung waren Henriette Sontag (Sopran), Caroline Unger (Alt), Anton Haitzinger (Tenor) und Joseph Seipelt (Bariton). Beethoven, der bereits völlig ertaubt war, stand beim Schlusssatz mit dem Rücken zum Publikum und las die Worte der Sänger von ihrem Munde ab. Nach der Aufführung brach ein frenetischer Beifall los, und die Zuschauer riefen immer wieder „Vivat, Vivat!“. Beethoven stand solange ruhig dem Chor zugewandt, bis die Sängerin Caroline Unger ihn behutsam an der Schulter fasste und ihn zum Publikum drehte. Er sah die begeisterte Menge und verbeugte sich dankend. Es war der letzte große Auftritt Beethovens. Nach diesem Tag zog er sich zurück.

Analyse

Kopfsatz: Allegro ma non troppo, un poco maestoso

Der erste Satz der 9. Symphonie ist ein Sonatenhauptsatz mit verhältnismäßig kurzer Reprise und überdimensionaler Coda. Der Satz umfasst fast 600 Takte. Dem ersten Thema ist eine Einleitung vorangestellt, die nicht in d-Moll, sondern in A beginnt (Tongeschlecht nicht festgelegt, da Terz fehlt = Leere Quinte). Dieses A enpuppt sich also als Dominante zur Haupttonart d-Moll und in Takt 17 beginnt das Hauptthema (Akkordbrechungen in d-Moll) in punktiertem Rhythmus. Nach einer Ausweichung nach Es-Dur kehrt die Musik wieder zur Ruhe zurück und die Einleitung steht auch vor dem Nachsatz, dieses Mal in d. Der Nachsatz steht bereits in der Untermediante B-Dur (deutet auf Romantik hin) und in Takt 80 beginnt die Überleitung (mit eigenem Thema) zum 2.Themenkomplex, dem Seitensatz in B-Dur. Der Seitensatz bringt 3 Themen, ein lyrisches und zwei eher martialische Themen. Nach diesem Seitensatz folgt eine zweitelige Schlussgruppe, die in B-Dur endet. Auch die Durchführung beginnt mit der Einleitung, wieder auf A, sie ist in vier Abschnitte unterteilt, der dritte Abschnitt ist ein großes Doppelfugato. Die Reprise hat keinen Nachsatz und bleibt auch großteils in d-moll (bzw. Dur) Die Coda verlässt die Tonika nicht mehr und enthält ein neues, trauermarschartiges Thema. Der Satz endet im Unisono (Akkordbrechung d-Moll).

Scherzo: Molto vivace

Langsamer Satz: Adagio e molto cantabile

Finale: Presto - Allegro ma non troppo - Vivace - Adagio cantabile - Allegro - Allegro moderato - Allegro

Verschiedenes

  • Die Sinfonie ist Friedrich Wilhelm III. von Preußen gewidmet.
  • Bei den Olympischen Spielen 1956, 1960 und 1964 trat jeweils eine gesamtdeutsche Olympiamannschaft unter den Klängen der Ode an die Freude an.
  • Am 2. Oktober 1990, dem Vorabend der deutschen Wiedervereinigung, fand im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt in Ost-Berlin der letzte Staatsakt der DDR-Regierung unter Lothar de Maizière mit der Aufführung von Beethovens 9. Sinfonie durch Kurt Masur statt.
  • 2003 wurde die Originalpartitur der 9. Sinfonie in das Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen. Dazu wurde die Sinfonie von der Philharmonie der Nationen unter der Leitung von Justus Frantz aufgeführt.
  • Alexander de Large, Charakter im Roman Uhrwerk Orange (Originaltitel: A Clockwork Orange) von Anthony Burgess, vergöttert die 9. Sinfonie und Beethoven. Sie ist untrennbar mit dem gleichnamigen Film von Stanley Kubrick verbunden.
  • Es wird allgemein angenommen, dass die endgültige Länge einer CD von Philips und Sony auf Drängen von Herbert von Karajan auf 74 Minuten festgelegt wurde, um die 9. Sinfonie vollständig und ohne CD-Wechsel hören zu können.
  • In Japan wird die 9. Sinfonie seit ihrer Erstaufführung durch deutsche Kriegsgefangene im Lager Bandō jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit landesweit von vielen professionellen und Amateurchören aufgeführt.
  • Im Film Equilibrium – Killer of Emotions ist der Beginn des ersten Satzes der 9. Sinfonie in einer Schlüsselszene zu hören.
  • Ursprünglich war der Text, welcher von Friedrich Schiller 1785 gedichtet wurde als Text für ein Trinklied gedacht (Quelle: http://www.mdr.de/artour/2006561.html).
  • Die einzige vom Originaltext abweichende Aufnahme stellt die "Ode an die Freiheit", von Leonard Bernstein zur Wiedervereinigung in Berlin aufgeführt (erschienen bei Deutsche Grammophon), dar.

Literatur

Renate Ulm (Hrsg.): Die 9 Sinfonien Beethovens, Bärenreiter, Kassel 1994, ISBN 3761812418