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Farbwahrnehmung

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Die Farbwahrnehmung ist ein Teilbereich des Sehens bei Menschen und auch manchen Tieren, der es ermöglicht, Farbe wahrzunehmen.

Auf die Sinnesorgane (Augen) treffende Lichtstrahlung (Farbreiz) wird von den Sehzellen in Farbvalenz umgewandelt und vom Gehirn in einen Sinneseindruck (Farbeindruck) umgewandelt. Dieser Vorgang wird als Farbsehen bezeichnet, die Gesamtheit der Verarbeitung als Farbsinn.

Die Farbwahrnehmung hängt von unterschiedlichen Faktoren ab:

  • Natur des Lichtes (natürliches Licht oder Kunstlicht)
  • Reflexionseigenschaften des Körpers
  • Aufbau der Netzhaut und persönliche Lichtwellenverarbeitung


Physiologie: Der Farbsinn

Sichtbare Strahlung

Datei:Spektrum.png

Die sichtbare Strahlung für Menschen ist die elektromagnetische Strahlung des Lichtspektrums, das den Wellenlängenbereich von etwa 380 bis 780 nm und damit einen Frequenzumfang von ziemlich genau einer Oktave umfasst. Unter besonderen Umständen muss das Spektrum von 300 bis 820 nm berücksichtigt werden (vorhergehende chirurgische Eingriffe am Auge, künstliche Lichtquellen).

Die Sehzellen

Die optische Wahrnehmung des Menschen geschieht durch bestimmte Sinneszellen in der Netzhaut, den Sehzellen (Photorezeptoren). Von diesen gibt es zwei Grundtypen: Die Stäbchen erkennen nur Schwarz-Weiß-Kontraste und sind bei geringer Lichtintensität aktiv, die Zapfen (Farbrezeptoren; nicht: „Zäpfchen“) dienen der Farbwahrnehmung. Die Zapfen wiederum sind in drei Ausprägungen vorhanden, die für die drei Grundfarben Rot (L-Zapfen (long – lange Wellenlänge)), Grün (M-Zapfen (medium)) und Blau (S-Zapfen (short)) besonders sensitiv sind, wobei die blauempfindlichen S-Zapfen seltener auftreten – nur 12 Prozent aller Zapfen sind beim Menschen S-Zapfen. Die Zapfendichte ist in der annähernden Netzhautmitte (Punkt des schärfsten Sehens, Fovea centralis) am größten, am Rand des Gesichtfeldes sind hingegen kaum noch Zapfen zu finden, dafür viele Stäbchen – unter anderem für Wahrnehmung schneller Bewegungen und die stäbchenvermittelte Nachtsicht. In der Fovea centralis gibt es dafür keine Stäbchen, daher kann man nachts zum Beispiel schwach sichtbare Sterne nur sehen, wenn man etwas an ihnen "vorbeischaut".

Farbreiz, Farbvalenz und Farbeindruck

Der Farbreiz ist die Strahlungsleistung, die in den Zapfen der Netzhaut des Auges absorbiert wird. Er ist die physikalische Ursache von Farbvalenz und Farbempfindung.

Farbvalenz ist diejenige Eigenschaft einer ins Auge fallenden Strahlung (Farbreiz), die das Verhalten dieses Farbreizes in der additiven Mischung mit anderen Farbreizen bestimmt; sie beschreibt die Wertigkeit der Strahlung für die additive Mischung. Die Farbvalenz ist die physiologische Vorstufe der Farbempfindung, sie ist eindeutig charakterisiert durch die Erregungszustände der drei Zapfenarten des menschlichen Auges.

Allerdings ist auch deren Ergebnis noch nicht der Farbeindruck. Dieser entsteht erst im Gehirn unter Berücksichtigung der mittleren Gesamthelligkeit und der Farbkonstanzleistungen des Gehirns: Die Reizantwort der drei Zapfenarten, das trichromatische Sehen, tritt nicht direkt ins Bewusstsein, sondern wird von dafür vorgesehenen Gehirnzellen zunächst in drei neue Parameter umgewandelt: Schwarz/Weiß, Rot/Grün, Blau/Gelb. Dieser neue, ebenfalls dreidimensionale Farbraum kommt daher der subjektiven menschlichen Farbwahrnehmung näher als das Zapfenraum-Modell, und diese sechs Farben werden von Menschen als die reinsten Farben empfunden.

Siehe auch: die Spektralfarben

Farbe und Helligkeit

Datei:Vlambdaps.png
V(lambda)-Kurve: Hellempfindlichkeitskurve für Nacht-(links) und Tagsehen

Erst ab einer bestimmten Helligkeit ist die Dreidimensionalität der Farbenwelt gegeben, das trichromatische Sehen mit den Zapfen, die jeweils unterschiedliche Rhodopsine enthalten (dieser Helligkeitsbereich wird in der V(lambda)-Kurve dargestellt). Diese drei Zapfentypen, deren Erregungen die Farbvalenz der einfallenden Strahlung als untrennbare Gesamtwirkung der drei Einzelerregungen liefern, haben unterschiedliche spektrale Empfindlichkeitskurven beim durchschnittlichen farbnormalsichtigen Beobachter. Normiert auf gleiche Gesamtflächen der drei Kurvenzüge ergeben sich die Normspektralwertfunktionen. Wenn also jeder Rezeptor 1/3 der Gesamterregung liefert, dann wird unbunt (weiß, grau oder schwarz) empfunden. Die Größe der Gesamterregung () ergibt die Farbhelligkeit. Der Farbton ist durch die relativen Erregungen , , gegeben: usw. Da gilt: , braucht man nur zwei Anteile ( und ) anzugeben, um einen Farbton eindeutig zu kennzeichnen. In einer --Ebene ist nur ein Dreieck möglich, weil es keine negativen Erregungen gibt. Die Ecken des Dreiecks können nicht erreicht werden, weil es keinen Farbreiz gibt, der nur einen Farbrezeptor erregt. Der Spektralfarbenzug schließt sich nicht. Um den Bogen zu schließen, braucht man die Mischfarben zwischen Violett und Rot, die Purpurgerade. Es ergibt sich die Normfarbtafel nach DIN 5033.

Der Zapfenerregungsraum als Farbraummodell

Unterschiedliche Sättigungen der Farben zum Weiß oder zum Schwarz hin können mit einer zweidimensionalen Normfarbtafel jedoch nicht berücksichtigt werden. Hierzu braucht man ein dreidimensionals Gebilde, den Farbraum, wie beispielsweise eine Kugel, bei der ein Weißpol und ein Schwarzpol vorhanden sind, und ein Farbkreis den Äquator bildet.

Sollen aber alle Farbtöne gleich unterschiedlich von einander entfernt sein, verändert sich diese Kugel zu einem seltsam geformten Farbkörper, in dem sie bei Blau einen Bauch bekommt, sich bei Purpur und Rot abflacht, sowie bei Gelb ein weit herausstehendes 'Knie' (eine Ecke) bekommt. Dieser subjektiv bestimmte Körper deckt sich erstaunlicherweise mit dem möglichen, aus den Zapfenerregungsfunktionen errechneten Erregungsraum.

Ferner muss bei der Zapfenerregung zwischen der Erregung durch reflektiertes Licht (subtraktive Farbmischung) und der Erregung durch mehrere monochromatische Lichtquellen (additive Farbmischungen) unterschieden werden. Mit reflektiertem Licht können nicht alle Erregungszustände der Photorezeptoren erreicht werden, der entstehende Farbkörper ist kleiner und liegt im Innern des aus den physiologischen Zapfenerregungen heraus möglichen Raumes. Weiteres hierzu siehe Entstehung von Farben.

Metamere Farbgleichheit

Jede Kombination von Anregungen der drei Zapfenarten durch die auf die Netzhaut treffende Strahlung bewirkt einen spezifischen Reiz. Dabei können unterschiedliche spektrale Zusammensetzungen des Lichts beim Menschen den gleichen Farbeindruck hervorrufen; diesen Effekt nennt man metamere Farbgleichheit. Diese macht man sich in der Technik zu nutze: Mit Hilfe dreier schmalbandiger Lichtquellen, zum Beispiel der drei Leuchtphosphore auf Fernsehbildschirmen, wird ein Großteil der in der Realität vorkommenden Farbeindrücke auf dem Bildschirm nachgebildet. Zum Beispiel kann durch Addition von etwas rotem mit viel blauem (kurzwelligem) Licht der Farbeindruck "violett" erzeugt werden, obwohl spektralreines Violett noch kurzwelliger als das Blau wäre. (Dieses gemischte Violett hat allerdings eine etwas geringere maximale Farbsättigung und sieht aus, als hätte man dem spektralreinen Violett noch ein klein wenig Grau hinzugegeben.)

Entstehung der Farbwahrnehmung

Das Farbensehen musste sich entwickeln, da die Einstrahlung auf unserem Planeten mit der Tageszeit stark variiert. Morgens und abends gibt es eher langwelliges (rotes) Licht, mittags eher kurzwelliges (blaues).

Dies fällt uns jedoch nicht auf, da wir ein hervorragendes Farbkonstanzsystem besitzen und uns dessen Fehlen nicht vorstellen können. Ohne dieses System würde eine rote Kirsche Morgens eher weiß und Mittags eher schwarz aussehen, eine unreife grüne Kirsche Morgens schwarz und Mittags weiß. Nur mit einem monochromatischen Sehfarbstoff ausgestattet, könnten wir uns nicht in unserer Umwelt zurechtfinden, da sich unsere Nahrung, Feinde und Umgebung im Laufe eines Tages und bei Änderung der Lichtverhältnisse durch beispielsweise unterschiedliche Bewölkung optisch völlig verändern würden. Ein langsames System vergleicht ständig den Eingang von blauem und gelbem Licht in unseren Zapfen und 'berechnet' quasi eine Farbanpassung unser Wahrnehmung (dies beschrieb auch schon Helmholtz durch das Blau-Gelb-System, das Farbkonstanz ermöglicht; in der Fotografie kann man diese Unterschiede durch Aufnahmen mit Kunstlichtfilmen bei Tag, oder Tageslichtfilmen bei Kunstlicht nachvollziehen). Das Blau-Gelb-System funktioniert, indem die mittlere Intensität aller Blauzapfen mit den Eingängen von Rot- und Grünzapfen gemeinsam verglichen wird.

Neben dem Blau-Gelb-System gibt es noch das schnelle Rot-Grün-System, mit dessen Hilfe Kanten wahrgenommen werden. Hierbei wird die Differenz von Rotzapfensignal und Grünzapfensignal mit der Summe beider verglichen, was bei Isoluminanzbedingungen beider Zapfen zum Verschwinden scharfer Kanten unter Laborbedingungen führen kann (minimally distinct border-Phänomen).

Das Signal des Rotzapfens alleine wird vermutlich zur Bewegungsdetektion langsamer Bewegungen verwendet.

Karl Ewald Konstantin Hering verfasste die Gegenfarbtheorie.

Farbwahrnehmung im Tierreich

Tiere haben unterschiedliche Farbwahrnehmungen. Dies hängt auch damit zusammen, dass sich in der Evolutionsgeschichte das Sehen unabhängig voneinander mehrfach entwickelt hat, jeweils mit unterschiedlichen Grundkonzepten. Obwohl sich alle Wahrnehmungsapparate zu erstaunlich ähnlichen Fähigkeiten hin entwickelt haben, sind dennoch auch Unterschiede geblieben, insbesondere darin, welche Rezeptoren genutzt werden und auf welche Wellenlängen diese wie reagieren. Die meisten Wahrnehmungsapparate haben ihr Hauptaktionsfeld im Bereich des Lichtes, das für den Menschen sichtbar ist, dennoch gibt es sowohl im ultravioletten wie im infraroten Bereich für einige Tiere Farben, die der Mensch nicht wahrnehmen kann. Auch die Art, wie und welche Farben im sichtbaren Licht wahrgenommen werden, kann bei Tieren vom menschlichen Sehen abweichen.

Untersuchungsmethoden

Der Nachweis von Farbenwahrnehmung im Tierreich setzt die Fähigkeit des Lernens voraus. Es ist deshalb nicht ganz klar, ob das nur schwach entwickelte Farbensehen der nicht-staatenbildenden Insekten, etwa bei Drosophila, eine Folge der Lernschwäche oder eine Schwäche des Sehsystems ist.

Möglich wäre auch, dass komplexe Verrechnung der Farbinformation unabhängig von der Helligkeit für einige Nachttiere in der Evolution kein Vorteil bot und deshalb nicht entwickelt wurde. Das würde erklären, warum Hauskatzen, die sehr gut lernen und mehrere Zapfentypen besitzen, fast nicht auf Farben zu dressieren sind: zur Jagdzeit bei der Nacht ist für die Katze Grau wichtiger.

Insekten

Bei Insekten wurde das Farbensehen insbesondere bei der Honigbiene untersucht. Karl von Frisch hat gezeigt, dass man Bienen nach ihren Farbempfindungen fragen kann, indem man sie auf farbige Plättchen mit Futterbelohnung dressiert. Für den Nachweis echten Farbensehens reicht es dabei nicht aus, dass ein Tier immer wieder auf die einmal als futterträchtig erfahrene Farbe zurückkehrt, denn es könnte ja die Helligkeit wie in einem Schwarz-Weißfilm gelernt haben. Der Sinnesreiz Farbe wird nur dann erkannt, wenn sie unabhängig von der Helligkeit immer wieder gewählt wird. Frisch prüfte dies, indem er den Bienen Farbplättchen verschiedener Helligkeit der belohnten Farbe in Konkurrenz mit anderen Farben zur Auswahl anbot, und feststellte, dass die Farbe bei der Entscheidung Priorität hat.

Wirbeltiere

Niedere Wirbeltiere und unter den Säugetieren die Beuteltiere verfügen meist über vier Zapfentypen, sie werden daher Tetrachromaten genannt. Neben den L-, M- und S-Zapfen verfügen sie über einen UV-Zapfen, der im Bereich von weniger als 380 nm absorbiert. Da man dieses – im Vergleich zum Menschen komplexere – tetrachromatische Farbsystem bei Beuteltieren, Vögeln und Fischen findet, geht man davon aus, dass es den ursprünglichen Typus des Wirbeltier-Sehsystems darstellt.

Primaten

Primaten können im Allgemeinen Farben sehen. Wie Untersuchungen an Affen am japanischen Nationalen Forschungsinstitut in Tsukuba ergaben (in "Current Biology" Bd.14, S. 1267, 2004), ist die Fähigkeit, Farbe unabhängig von der Helligkeit wahrzunehmen, nicht angeboren. Dies stellte man bei in monochromatischem Licht aufgewachsenen Affen fest, die ein farbiges Objekt immer dann nicht wiedererkennen konnten, wenn dies bei abweichenden Beleuchtungsverhältnissen Licht unterschiedlicher Wellenlänge reflektierte.

Fische

Man vermutet, dass Fische in Korallenriffen oft viele Farben wahrnehmen können.

Entwicklungsgeschichte unseres Farbensehens

Unsere Vorfahren, die höheren Säugetiere, lebten meist nachtaktiv – im Gegensatz zu den älteren tetrachromatischen Wirbeltieren wie Reptilien und Vögeln. Von den 4 vorhandenen Zapfen (für UV, Blau (S), Grün (M) und Rot (L)) blieben nur die begrenzenden UV- und L-Zapfen übrig, da das Spektrum der S- und M-Zapfen von den bei größerer Dunkelheit sehenden, im Grünbereich absorbierenden Stäbchen quasi übernommen werden konnte.

Als unsere näheren Vorfahren unter den Affen wieder tagaktiv wurden, musste am Tag wieder nur mit Zapfen gesehen werden, da die Stäbchen für den Gebrauch bei Tageslicht zu lichtempfindlich sind. Der ursprüngliche UV-Zapfen reduzierte so seine höchste Empfindlichkeit wieder zum blauen, langwelligeren, Licht hin, wodurch die Fähigkeit, UV-Licht zu sehen, verlorenging.

Vor wenigen Millionen Jahren teilte sich der L-Zapfen erneut in zwei unterschiedliche Zapfen, unsere sekundären M- und L-Zapfen, auf. Diese haben noch immer ein im Vergleich zu anderen Lebewesen sehr dicht beieinander liegendes Absorptionsmaximum – dadurch ist der gelbe Bereich des Spektrums für den Menschen auch so schmal und der Grüne relativ breit.

Wie noch heute bei einigen Affenarten, waren vermutlich auch bei uns zunächst v.a. die Frauen Trichromaten, da die Langwellenzapfen auf dem geschlechtsspezifischen X-Chromosom codiert sind. Dieses ist bei Frauen zweimal, bei Männern aber nur einmal vorhanden. Dadurch ist auch die Rot-Grün-Blindheit bei Männern immer noch relativ häufig: Wenn nämlich ein X-Chromosom an der entsprechenden Stelle beschädigt ist, kann bei Frauen das andere einspringen, bei Männern gibt es diese Möglichkeit nicht.

Siehe auch