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Transpersonale Psychotherapie

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Es gibt nicht "die" Transpersonale Psychotherapie, obwohl das immer wieder von einzelnen Vertretern behauptet wird. Die transpersonalen Verfahren der Psychotherapie teilen nur die eine Annahme miteinander, dass ein wie auch immer definiertes Transzendentes, also Trans-Personales, sowohl existent als auch für die psychische Entwicklung und Gesundheit des Einzelnen relevant ist. Die Erfahrung dieses Transzendenten in Form veränderter Bewusstseinszustände kann hingegen nicht als allgemein verbindendes oder verbindliches Merkmal transpersonaler Psychotherapien gelten.

Tiefenpsychologische Verfahren

Analytische Psychologie (Jung) Transpersonale Psychologie war von Anfang an immer eng verbunden mit einem psychotherapeutischen Anliegen, also dem Bemühen um die Heilung des an seiner Seele erkrankten Menschen. Die frühesten und noch immer verbreitetsten dieser Ansätze sind die Verfahren, die direkt der tiefenpsychologischen Schule entstammen oder von ihr inspiriert wurden. Allen voran C. G. Jung hat mit seiner Analytischen Psychologie ein Psychotherapiesystem geschaffen, das ganz und gar durchdrungen ist von seinen Forschungen und persönlichen Erfahrungen im Bereich von Mythologie, Theologie, fernöstlicher Spiritualität, mittelalterlicher Mystik und Alchemie sowie dem „Okkulten“ wie es sich in parapsychologischen Phänomenen offenbart. Damit ist C. G. Jung immer auch transpersonaler Psychologe. Viele seiner Konzepte werden zwar gerne ohne Bezug zum Transzendenten verwendet (so die Archetypenlehre als evolutionsbiologische Conditio humana), aber sie entspringen eben doch Jungs eigenem Bezug zu einer transzendenten Wirklichkeit und sind damit als Werkzeuge einer transzendentalen Psychotherapie geschaffen worden. Das eben erwähnte Konzept von Archetypen basiert auf der Beobachtung überall auf der Welt wiederkehrender Urbilder, die Jung als Ausdruck und Widerspiegelung gemeinsamer seelischer Elemente identifizierte (z. B. des Schattens als eigene verborgene negative Seiten). C. G. Jungs Konzeption des Therapieprozesses in der Art einer zunehmenden Identifikation mit dem eigentlichen Wesenskern (Individuationsprozess) lehnt sich an das Modell einer spirituellen Reise an, deren Ziel die „wahre“ Mitte ist (das Zentrum des Mandalas). Jungs Traumdeutung bezieht entsprechend der Idee einer Teilhabe am Ganzen der mythologischen Menschheitstraditionen (kollektives Unterbewusstes) im Unterschied zu der Freuds je nach geistlichem Niveau des Träumers auch religiöse und mythologische Symbolik mit ein. Die Analytische Psychologie C. G. Jungs war freilich ein recht eigenständiges Geschöpf ihres genialen Vaters und mit dessen eigener Persönlichkeit eng verknüpft.

Initiatische Therapie (Dürckheim)

Als sich der Psychologie-Professor Karlfried Graf Dürckheim , der in Japan den Zen-Buddhismus studiert hatte, am Wohnort seiner späteren Frau Maria Hippius im Schwarzwalddorf Todtmoos-Rütte niederließ, begann eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen beiden. Das Ergebnis war eine Therapieform, die Initiatische Therapie, die die Analytische Psychologie C. G. Jungs mit fernöstlichen Ansätzen spiritueller Übung vereint und weiterentwickelt hat. Neben einer Jungianischen Analyse mit besonderer Bedeutung der Traumdeutung spielt dementsprechend in der Initiatischen Therapie Meditation (vor allem Hara-Meditation mit Konzentration auf die Leibmitte, aber auch „Bewegungsmeditation“ wie Tai Chi, Aikido und Yoga) eine Hauptrolle. Ein drittes, wesentliches Element sind ausübende Therapieformen, die beide genannten Traditionen um Elemente unmittelbaren Erlebens bereichern. Hierzu gehört vor allem die Initiatische Leibarbeit, die ein vertieftes körperliches und emotionales Erleben anstrebt durch selbstgesteuerte (z. B. Atembeobachtung) und reaktive Erfahrungen (bei der der Therapeut Prozesse durch sein Einwirken auf den Körper des Klienten auslöst). Die Arbeit mit Ton, therapeutisches Zeichnen und Musiktherapie folgen jeweils dem Prinzip, dass der Klient spüren soll, was in ihm und aus ihm heraus wirken möchte und sich nicht von Gedanken und den üblichen alltäglichen Annahmen leiten lässt. Dabei durchläuft der Klient Stufen von einer allgemeinen Einstimmung über den eigentlichen therapeutischen Prozess bis zur Erfahrung transzendenter Selbst-Qualitäten.

Prozessorientierte Psychologie (Mindell) Arnold Mindell, der Begründer der POP, ist Physiker und Jungianischer Psychotherapeut. Aufgrund der Erfahrung, dass sich seelische Manifestationen des Unbewussten im Traum von solchen Manifestationen durch den Körper, seine Krankheiten oder Abläufe, nicht trennen lassen, spricht Mindell vom "Traumkörper". Nicht nur Traum und Körper, sondern auch veränderte Bewusstseinszustände, z. B. meditativer Art oder von Trance bilden einen Weg zu unbewussten Botschaften, die Problemen, Krankheiten oder psychischen Störungen ihren Sinn geben. Er beschreibt auch die Vorstellung einer "Traumzeit" bei australischen/pazifischen Ureinwohnern als eine Form des kollektiven "Überbewussten", das dem "weisen Prozess" zugrunde liegt, der sich auch in der Therapie offenbart. Durch die Annahme eines Eingebettetseins des individuellen "Unterbewussten" in ein höheres "Überbewusstes" zeigt Mindell, dass er der transpersonalen Tradition zugehört. Ebenfalls setzte sich Mindell mit den Erfahrungen des Körpers (Traumkörpers) in Nahtoderlebnissen auseinander.

Humanistische Psychologie

Transpersonale Psychotherapie in den USA Die transpersonale Psychotherapie ist ein Kind der Humanistischen Bewegung, die sich ab den 50er und 60er Jahren, von Abraham Maslow und anderen ausgehend, zum Ziel setzte, die sehr defizitbetonte Psychologie ihrer Zeit durch den Blick auf die Potientiale und positiven Erfahrungsmöglichkeiten des Menschen zu bereichern. Unter ihnen war es Anthony J. Sutich , der den Begriff "transpersonal" in die wissenschaftliche Debatte einführte, indem er 1968 einen Artikel unter diesem Namen veröffentlichte, auch wenn es offenbar Stanislav Grof war, der den Begriff entdeckte und Sutich vorschlug, aber nicht selbst veröffentlichte. Von Sutich stammt jedenfalls die erste veröffentlichte Definition dessen, was diese, von ihm so genannte „Vierte Kraft der Psychologie“ (nach Behaviorismus, Psychoanalyse und Humanistischer Psychologie) ausmacht. Dieser Ansatz führte zwangsläufig zur Entdeckung des potentiell positiven psychischen Faktors "Spiritualität". Dennoch wäre es verfehlt, die transpersonale Psychotherapie als eine Schule zu bezeichnen, die der Humanistischen Psychologie angehört. Im hier verwendeten Sinn, ist Transpersonale Psychologie viel mehr ein Gattungsbegriff und die humanistische Ausrichtung ist nur eine seiner Ausprägungen.


Abgesehen von den Protagonisten der transpersonalen Bewegung, die bereits erwähnt wurden, waren es Personen wie Frances Vaughan und Roger Walsh sowie Robert Frager, die eine um Eigenständigkeit bemühte Therapieschule der Transpersonalen Psychologie aus der Humanistischen Bewegung heraus zu begründen versuchten. Besonders R. Frager erwarb sich das Verdienst, das Institute of Transpersonal Psychology in Palo Alto als Ausbildungs- und Forschungsinstitut für Transpersonale Psychotherapeuten gegründet zu haben. Trotz zahlreicher Veröffentlichungen bleibt das eigenständige Profil der Transpersonalen Psychotherapie von Palo-Alto relativ unscharf abgrenzbar gegenüber anderen hier vorgestellten therapeutischen Systemen. Transpersonale Wurzeln lassen sich aber auch in anderen humanistischen Therapien finden, vor allem in der Gestalttherapie von Perls.


Holotropes Atmen (Grof) Aus der Psychoanalyse kommend, sich dann aber mehr der humanistischen Bewegung verbunden fühlend, ging Stanislav Grof einen eigenen Weg, der zunächst mittels des damals noch legalen LSD 25 Forschungen zu veränderten Bewusstseinsformen durchführte. Nach dem Verbot der Substanz entwickelte er ein Verfahren zur Provokation annähernd ähnlicher Zustände durch Hyperventilationstechniken. Grofs Erkenntnis, dass in solchen Bewusstseinszuständen Erfahrungen gemacht werden, die sich durch naturwissenschaftliche und herkömmliche psychotherapeutische Modelle nicht erklären lassen, führte ihn zu einem psychotherapeutischen Ansatz, der besonderes Gewicht auf die unmittelbare Erfahrung solcher Bewusstseinszustände legt. Dabei scheinen zwei Klassen von Erfahrungen auf, nämlich solche, die Grof als Erinnerungen an den Geburtsvorgang verortet, und solche, die sich auf universale, das persönliche oder sogar menschliche Bewusstsein übersteigende Phänomene beziehen. Während die traumatischen Erinnerungen an den Geburtsvorgang nach Grof häufige Erstursache psychischer Störungen des späteren Erwachsenen sind, handelt es sich nur bei den Erfahrungen, in einem anderen Menschen-, Tier- oder Pflanzenleben zu stecken um echte trans-personale Erfahrungen. Beide Erfahrungsklassen sollen im Wiederdurchleben in der holotropen Therapie und der Aufarbeitung durch den geschützten, geführten Rahmen im Individuum zur Versöhnung gelangen.



Ansätze verschiedener Provenienz

Psychosynthese (Assagioli) Roberto Assagioli (1888-1974) ist m. E. zu Unrecht nur wenigen Eingeweihten ein Begriff. Nach Bekanntschaft mit der jungen Psychoanalyse begann er schon ab den 1920er Jahren ein eigenes therapeutisches Verfahren zu begründen, dass er pikanterweise „Psychosynthese“ nannte, als wollte er das, was die Psychoanalyse auseinander nahm, zu einer höheren, gelungenen Einheit führen. Die Psychosynthese beruht auf Assagiolis Persönlichkeitsmodell (dem „Ei“), das neben dem psychoanalytischen Unbewussten ein Überbewusstes, neben dem bewussten Selbst auch ein transpersonales Selbst postuliert, das wie das indische Purusha oder Atman zugleich individuell ist und Anteil hat am überindividuellen Transzendenten. Der psychotherapeutische Prozess ist angelegt auf die Entwicklung des personalen Selbst vor der Entwicklung des transpersonalen. Der Klient wird vom Realitätsprinzip, wo der Wille herrscht, zum Einheitsprinzip, wo die Liebe herrscht *) , geführt. Für die personale Ebene gelten die Prinzipien Selbsterkenntnis – einschließlich dessen, was Jung den Schatten nennt (die Schattenseite der eigenen Psyche), Verwandlung dieser negativer Energien in positive, Disidentifikation, das heißt Lösung von kognitiv-emotionalen Verstrickungen, und Erschaffung eines idealen Selbstmodells, das die persönliche Weiterentwicklung fördert. Assagioli hat eine Reihe von Techniken und Übungen teils selbst entwickelt, teils den spirituellen Traditionen entnommen, die wie ein verhaltenstherapeutisch konzipiertes, individuell anzupassendes Übungsprogramm wirken.


Logotherapie (Frankl) Victor Frankls Logotherapie und Existenzanalyse wurden durch die Psychoanalyse und die Philosophie Heideggers und Husserls beeinflusst. Von Martin Buber stammt der Akzent auf der Konstitution des Ich in der Beziehung zum Du. Ihr charakteristischer Beitrag aber ist die Beschäftigung mit der Sinnfrage, die Frankl eindeutig positiv beantwortet (es gibt einen Lebenssinn, selbst in größter Not), ohne einen Inhalt für die Antwort oder die Suche nach diesem Sinn vorzugeben. Wegen ihres eindeutigen Bezuges zu einer den Menschen transzendierenden Wirklichkeit, die ihn als letzten Sinn-Grund aufhebt, wird die Existenzanalyse und das daraus abgeleitete Therapieverfahren Logotherapie oft als transpersonales Psychotherapieverfahren bezeichnet. Dabei hat sich Frankl von einer transpersonalen Psychotherapie ausdrücklich distanziert. So schreibt er: "Wir sollten versuchen, die Tür zur Transzendenz offen zu halten, also nicht durch Reduktionismus zu verrammeln, aber es ist nicht unseres Amtes, diese Tür zu durchschreiten oder gar unsere Patienten dazu zu drängen es zu tun...". Frankl wurzelt ganz in der abendländischen jüdisch-christlichen Theologie und Philosophie, fühlt sich weniger der mystischen als der "exoterischen" Tradition seiner monotheistischen Heimatreligion verbunden. Aber er weist mit diesen Wurzeln auch über ein nur psychophysisch verstandenes Menschsein hinaus und betont, dass dem Menschen als geistigem Wesen eine wie auch immer geartete immaterielle Dimension wesensmäßig stets zueigen ist.



Transpersonale Verhaltenstherapie

Die Transpersonale Verhaltenstherapie ist eine sehr junge Entwicklung, die unter diesem Begriff erst seit kurzem existiert. Es gibt deshalb keine enzyklopädisch übereinstimmend benutzbare Definition von ihr. Eine mögliche Ausgestaltungsform wird auf [1] beschrieben sowie unter [2].


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